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Text File  |  1994-03-25  |  4.2 KB  |  75 lines

  1. Der "Vater der Atombombe" wird beschuldigt, ein Sicherheitsrisiko
  2. darzustellen, da er den kommunistischen Ideen einst nicht abge-
  3. neigt war und noch Verbindungen zu Freunden aus dieser Zeit hat.
  4. Aufgrund dieser Tatsache unterstellen ihm die Anwälte des Sicher-
  5. heitsausschusses den Konflikt der "geteilten Loyalität". Sie hal-
  6. ten einen "Physiker, der soundsoviele Freunde und Bekannte hat,
  7. die Kommunisten oder Mitreisende waren, für ein größeres Sicher-
  8. heitsrisiko."
  9. Außerdem muß Oppenheimers Einstellung zur Entwicklung der Wasser-
  10. stoffbombe untersucht werden: da sich Oppenheimer aus moralischen
  11. und ethischen Gründen gegen die Entwicklung der H-Bombe aus-
  12. sprach, wird ihm unterstellt, gegen die Interessen Amerikas
  13. gehandelt zu haben.
  14. In der Texprojektion zu dieser Szene faßt Kipphardt dieses Pro-
  15. blem kurz und prägnant zusammen:
  16. Vor allem dieser Aspekt veranlaßt den Ausschuß, Oppenheimer am
  17. Ende das Vertrauen zu entziehen, da "ihm grundsätzliche charak-
  18. terliche Mängel nachzuweisen sind."
  19. Das Stück ist in neun Szenen unterteilt. Behandelt werden zwar
  20. vordergründig die Anschuldigungen gegen Oppenheimer, unterschwel-
  21. lig taucht aber immer wieder die Frage auf, ob der Entdecker der
  22. Atombombe nach ihrer Anwendung "moralische Skrupel" hatte. Es
  23. dreht sich um den Konflikt der Forschung und deren Anwendung.
  24. Jeweils zwischen den ersten sechs Szenen fügte Kipphardt Zwi-
  25. schenszenen ein, die das Geschehen kommentieren und das zuvor
  26. behandelte Problem reflektieren. So spricht Oppenheimers Anwalt
  27. Marks in der dritten Zwischenszene die Fragen laut aus, ob es
  28. sich hierbei um ein "faires Verfahren" handle und ob "der moderne
  29. Staat der totale Überwachungsstaat" sein solle.
  30. Das Stück endet in der neunten Szene mit dem Bericht über das
  31. Ergebnis der Beratungen der Energiekommission und schließlich mit
  32. einem Schlußwort Oppenheimers, in dem er als Fazit aussagt: "Wir
  33. haben die Arbeit des Teufels getan, und wir kehren nun zu unseren
  34. wirklichen Aufgaben zurück."
  35. Kipphardt bediente sich der wahren Ereignisse, wie sie sich in
  36. den 50er Jahren in den USA abspielten, um ein dokumentarisches
  37. Stück zu schreiben, das sein Anliegen verdeutlichen sollte.
  38. Der Atomphysiker Julius Robert Oppenheimer wurde 1904 in New York
  39. geboren und studierte an der Harvard-Universität Physik.
  40. Als Chef der Atomforschungsanstalt Los Alamos in Neu-Mexiko lei-
  41. tete er den Bau der ersten Atombomben, die am  6. August 1945 die
  42. Städte Hiroshima und Nagasaki zerstörten. Als er das Ausmaß der
  43. Zerstörungen und die Gefährlichkeit der von ihm entwickelten Waf-
  44. fe erkannte, wollte er die Arbeit an der H-Bombe nicht mehr
  45. unterstützen und legte sein Amt als Direktor von Los Alamos nie-
  46. der.
  47. Als sich Oppenheimer im Oktober 1949 als Vorstand eines neunköp-
  48. figen Ausschusses erneut gegen die Weiterentwicklung der Wasser-
  49. stoffbombe aussprach, fühlten sich die Sicherheitsbehörden Ameri-
  50. kas in ihrem Verdacht bestätigt, Oppenheimers Sympathie für
  51. gewisse kommunistische Ideen (seine Verlobte Jean Tatlock war
  52. eine entschiedene Linksintellektuelle) sei verantwortlich für
  53. seine Bestrebungen. "Sie durchleuchteten die linke Vergangenheit
  54. des Physikers und sammelten so lange ,belastendes Material', bis
  55. im November 1954 die Akte Oppenheimer zu einem eineinhalb Meter
  56. hohen Stapel angewachsen war. Wenige Wochen später überreichte
  57. ihm die Atomenergiekommisson die ,Anklage': 23 Punkte beschäfti-
  58. gen sich mit Oppenheimers Verbindungen zu früheren Kommunisten;
  59. im letzten Punkt wurde ihm vorgeworfen, sich dem H-Bomben-Projekt
  60. widersetzt zu haben. Obwohl von 40 aufmarschierten Zeugen nur
  61. einer die Vorwürfe direkt bestätigte, wurde Oppenheimer wegen
  62. ,grundlegender Charaktermängel' als ,Sicherheitsrisiko' für die
  63. Vereinigten Staaten eingestuft."
  64. 1963 wurde Oppenheimer von John F. Kennedy rehabilitiert und
  65. erhielt den Enrico-Fermi-Preis. Er starb am 18. Februar 1967.
  66. "In der Sache J. Robert Oppenheimer ist ein Theaterstück, keine
  67. Montage von dokumentarischem Material. Der Verfasser sieht sich
  68. jedoch ausdrücklich an die Tatsachen gebunden, die aus den Doku-
  69. menten und Berichten zur Sache hervorgehen. Seine Hauptsächliche
  70. Quelle ist das 3000 Maschinenseiten umfassende Protokoll des
  71. Untersuchungsverfahrens gegen J. Robert Oppenheimer, das von der
  72. Atomenergiekommission der Vereinigten Staaten im Mai 1954 veröf-
  73. fentlicht wurde.
  74.  
  75.