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Text File  |  1992-09-18  |  31KB  |  556 lines

  1.  
  2.  
  3. "COMPUTERSPIELE UND PÄDAGOGIK" - EINE WOHLWOLLEND-KRITISCHE ANALYSE ZUM 
  4. PÄDAGOGISCHEN EINSATZ UND DEN POTENTIELLEN AUSWIRKUNGEN VON COMPUTERSPIELEN
  5.  
  6. Wagenhäuser Rainer (Dipl. Päd.)
  7.  
  8.  
  9. 1. Zur Entstehung des SHAREWARE-SPIELELEXIKONS und den Arten von
  10.    Computerspielen unter spezieller Berücksichtigung des Sharewaremarktes
  11.  
  12. 2. Die Faszination der Video- und Computerspiele: Warum sind diese bei 
  13.    Kindern und Jugendlichen derart beliebt?
  14.  
  15. 3. Abwägung der Vor- und Nachteile des Computers als Medium für Lern- und
  16.    Spielprogramme: Überwiegen die Gefahren oder die positiven Lerneffekte ?
  17.  
  18.  
  19.  
  20.  
  21.  
  22. 1. Zur Entstehung des SHAREWARE-SPIELELEXIKONS und den Arten von
  23.    Computerspielen unter spezieller Berücksichtigung des Sharewaremarktes
  24.  
  25. In meiner Untersuchung von mehreren hundert Lern- und Spielprogrammen 
  26. bin ich zu der Überzeugung gelangt, daß der Nutzen von Computerspielen
  27. eindeutig den "Schaden" überwiegt. Vor allem auf dem Sharewaremarkt kommen
  28. permanent geeignete Lern- und Spielprogramme zu einem akzeptablen Preis
  29. heraus, welche sehr unterschiedliche Förderungsmöglichkeiten bieten. Vom
  30. "Malbuch" bis zum "Tetrisclone", vom Geschicklichkeitsspiel bis zum
  31. Patiencespiel: Das Angebot erweist sich als vielseitig und breitgefächert. 
  32. Es kommt nur darauf an, die Spreu vom Weizen zu trennen und eine Übersicht 
  33. über die besten und pädagogisch wertvollsten Programme zu haben. Da ich 
  34. beruflich die Möglichkeit habe, zusammen mit Kindern und Jugendlichen diese 
  35. Programme in die Arbeit einzubeziehen, und gleichzeitig von der Masse der 
  36. Programme schier überflutet wurde, entstand dieses Vorhaben, in einem 
  37. "Lexikon" geeignete Lern- und Spielprogramme zu charakterisieren und nach 
  38. mehreren Kriterien auch zu bewerten. In einer ersten Etappe wurden dabei 
  39. vor allem die "Spielprogramme" unter die Lupe genommen. Die spezifischen 
  40. "Lernprogramme", welche natürlich nicht völlig davon zu trennen sind und 
  41. sich zum Teil sogar überschneiden, werden im "LERNPROGRAMM-LEXIKON", welches
  42. im September 1992 in der Version 1.0 erschienen ist, beschrieben.
  43. Eventuell werden weitere "Bände" mit Spielen, welche unter der Oberfläche
  44. "Windows" laufen, sowie kommerzieller Spielesoftware folgen, wobei
  45. allerdings anzumerken ist, daß hinsichtlich des pädagogischen Wertes die
  46. Sharewareprogramme in den meisten Bereichen eindeutig den kommerziellen
  47. Programmen überlegen sind.
  48.  
  49. Im folgenden werde ich, analog zur Einteilung im Lexikon, die getesteten
  50. Sharewarespiele in übergeordnete "Spielearten" zusammenfassen und die
  51. pädagogische Bedeutung der einzelnen Bereiche kurz andeuten. Da manche
  52. Spiele mehreren Bereichen zugeordnet werden könnten, fällt diese Einteilung 
  53. nicht leicht, beispielsweise bei den Tetrisvarianten oder den Patience-
  54. spielen.
  55.  
  56.  
  57. 1.1. Denk-, Strategie- und Taktikspiele
  58.  
  59. Hierzu gehören neben den diversen "klassischen" Brettspielumsetzungen,
  60. Schachprogrammen, Memory- und Puzzlespielen z.B. auch die Tetrisvarianten,
  61. und vieles mehr. Alle diese Spiele sprechen natürlich sehr unterschied-
  62. liche Bereiche an, für die einige Beispiele im folgenden genannt werden
  63. sollen:
  64.  
  65. Die diversen Varianten des "Tetris"-Spiels bieten eine wertvolle Förderung
  66. des räumlichen Vorstellungsvermögens und der Formerfassung, was zum Teil
  67. natürlich auch für die vielen Puzzles und Schiebepuzzles am Sharewaremarkt
  68. gilt. Brettspielumsetzungen a la Mühle oder Schach fördern sehr intensiv 
  69. das logische Denken, gerade durch die Notwendigkeit mehrere Züge weit
  70. vorausdenken zu müssen. Memoryspiele gewährleisten eine ausgezeichnete 
  71. Förderung der Konzentrations- und der Merkfähigkeiten. Rate- und Quizspiele 
  72. fördern eine Erweiterung des Allgemeinwissens.
  73.  
  74. Natürlich stellt sich hier die Frage, warum man bei den genannten Spielen
  75. nicht lieber das klassische "originale" Brettspiel wählt anstatt die
  76. Umsetzung am Computer. Auch hierfür sprechen gewichtige Gründe. Die
  77. Reaktionen des menschlichen Schach- oder Damepartners sind sicherlich
  78. interessanter als das anonyme Programm. Dennoch sollte man auch tolerant
  79. genug sein, den Anwender, auch wenn es sich um ein minderjähriges Kind
  80. handelt, weitgehend selbst wählen zu lassen, welches Medium bevorzugt
  81. wird, ohne, wie es leider gerade seitens der Pädagogik leider allzuoft der
  82. Fall ist, hier aufgrund der Antizipation bestimmter Gefahren abwertend zu
  83. urteilen. Optimal erscheint eine Mischung beider Bereiche, z.B. die
  84. Nutzung eines Schachprogramms zur Erweiterung der eigenen Fähigkeiten und
  85. zur Lösung spezifischer Schachprobleme (Aufstellung und Nachspielen von
  86. Partien) und das reale Messen am menschlichen Spielpartner.
  87.  
  88.  
  89. 1.2. Geschicklichkeits-, Konzentrations- und Reaktionsspiele:
  90.  
  91. Auch hier sind zum Teil taktische und strategische Elemente enthalten, im
  92. Vordergrund steht jedoch die geschickte Bewegung der "Spielfigur" mittels
  93. der Richtungstasten, Maus oder Joystick. Am beliebtesten sind die auch oft
  94. als "Jump and run" bezeichneten Hüpfspiele, in denen eine Figur auf der
  95. Suche nach bestimmten Gegenständen durch ein labyrinthähnliches bzw. von
  96. links nach rechts "scrollendes" Spielfeld bewegt wird (z.B. CRYSTAL CAVES,
  97. COSMO). Auch bei den diversen "Pacmanvarianten" wird die Reaktions-
  98. schnelligkeit, ebenso wie bei manchen "Sportsimulationen" auf eine harte
  99. Probe gestellt.
  100. Blitzschnelle Richtungswechsel und Reaktion ist gerade bei den
  101. "Wurmspielen" von Bedeutung, da man sehr aufpassen muß, mit der immer
  102. länger werdenden Spielfigur (Wurm bzw. Schlange) nicht an der
  103. Spielfeldbegrenzung oder am eigenen "Schwanz" zu kollidieren. In diesem
  104. Zusamenhang sind u.a. noch die "Breakoutvarianten", bei welchen mittels
  105. Ball und Schläger eine "Mauer" entfernt werden muß die anscheinend
  106. unvermeidlichen "Ballerspiele" und die Sportsimulationen zu erwähnen.
  107. Bei all diesen Spielen werden im unterschiedlichen Ausmaß neben der
  108. Reaktionsgeschwindigkeit und der Geschicklichkeit auch die Hand-Augen
  109. Koordination und die motorischen Fähigkeiten eingehend gefördert.
  110.  
  111.  
  112. 1.3. "Adventures":
  113.  
  114. Unter diesem Punkt sollen hier alle Spiele zusammengefaßt werden, bei
  115. denen der Spieler durch bestimmte (Text)Eingaben das Spielgeschehen
  116. beeinflußt und sich Schritt für Schritt durch eine vorgegebene, aber durch
  117. eigene Entscheidungen beeinflußbare "Geschichte" bewegt.
  118. Dabei soll zwischen den klassischen Textadventures und den moderneren
  119. Graphikadventures unterschieden werden. Oft handelt es sich auch um
  120. Mischformen, bei welchen gelegentliche graphische Elemente zur
  121. Illustration enthalten sind, aber keine "animierte"Handlung.
  122. Diese Text- und Graphikadventures erfordern und trainieren ein hohes Maß
  123. an Kombinationsfähigkeit und Problemlösungskonzepten. Auch kognitive
  124. Fähigkeiten werden dabei zum Teil angesprochen. In diesem Zusammenhang
  125. sind auch die sogenannten "Rollenspiele" zu nennen, in welchen meist eine
  126. selbstzusammengestellte "party" (Gruppe) durch eine feindliche,
  127. "phantastische" Landschaft gelotst wird. Zum Teil sind sicherlich auch
  128. diese Programme aus der pädagogischen Betrachtungsweise zu befürworten,
  129. aber es überwiegen hier doch eher bedenkliche, kriegerische Elemente. Auf
  130. dem Sharewaremarkt sind diese Spielprogramme im Gegensatz zum
  131. kommerziellen Markt nur von untergeordneter Bedeutung.
  132. Die "Jump and run"-Spiele, welche auch oft als "Actionadventures"
  133. bezeichnet werden, wurden dem Bereich der Geschicklichkeits- und
  134. Reaktionsspiele zugeordnet, da hier doch eher diese Elemente dominieren.
  135.  
  136.  
  137. 1.4. Patiencen, Mahjongg- und Solitärspiele:
  138.  
  139. Im Sharewarebereich existiert eine Vielzahl von Spielen, welche als
  140. "Solitärspiele", also als Spiele für nur eine Person konzipiert sind. Zwar
  141. fehlt hier das kommunikative Element, aber zumeist handelt es sich um eine
  142. recht interessante und knifflige Unterhaltung.
  143. Auch hier werden neben den Konzentrationsfähigkeiten und der Ausdauer die
  144. kognitiven Fähigkeiten und das logische Denken entsprechend geschult.
  145. Daher wäre es auch möglich gewesen, sie unter dem Überbegriff der Denk-,
  146. Strategie- und Taktikspiele einzureihen.
  147. Es überwiegen hier die klassischen Kartenspielpatiencen, wobei eine
  148. ungeheure Vielfalt unterschiedlichster Regelvariante