home *** CD-ROM | disk | FTP | other *** search
/ Amiga ISO Collection / AmigaUtilCD2.iso / Misc / SM2.DMS / in.adf / Lektionen / 10-Minuten-Texte / 1.sm next >
Encoding:
Text File  |  1994-03-25  |  3.7 KB  |  66 lines

  1. Die nach dem Zweiten Weltkrieg aufgewachsenen jungen Leute lebten
  2. größtenteils innerhalb einer von ihren Eltern aufgebauten Wohl-
  3. standsgesellschaft. Allerdings lehnte ein Teil dieser ersten
  4. Nachkriegsgeneration das Konsumwachstum und den damit verbundenen
  5. Materialismus ab. Sie machten die USA zum Inbegriff des kommer-
  6. ziellen Gewinnstrebens (Kapitalismus) und zugleich für die wirt-
  7. schaftliche Stagnation in der dritten Welt verantwortlich. Auf
  8. grund dessen wurden zwangsläufig sowohl der Kommunismus als auch
  9. der Sozialismus als die einzig wahren Staatsformen hochstimu-
  10. liert. Neue Helden und Vorbilder entstanden in den Köpfen der
  11. Jugendlichen und Studenten, wie zum Beispiel Che Guevara in
  12. Lateinamerika, Mao Tse-tung in China, Ho Chi Minh in Nord-Vietnam
  13. und Fidel Castro in Kuba. Die junge Generation wollte auch nicht
  14. länger der Deutschen Politik passiv gegenüberstehen, deshalb
  15. schlossen sich einige entschiedene junge Leute 1966 zu einer
  16. Aktionsgemeinschaft, der sogenannten APO, deren Zielsetzung darin
  17. bestand, politische und gesellschaftliche Veränderungen und
  18. Reformen durchzusetzen, zusammen. Strukturell gesehen bestand
  19. diese sowohl aus einem eher gemäßigten Flügel als auch einem
  20. radikalen, revolutionären, teilweise anarchistisch "angehauchten"
  21. Block.
  22. Zu einer jener extremistischen Organisationen gehörte zweifels-
  23. ohne der SDS, der sogenannte Sozialistische Deutsche Studenten-
  24. bund.
  25. Dieser wollte vor allem in der Öffentlichkeit seine Ablehnung
  26. gegen den Vietnamkonflikt und die Rolle, die die USA dabei
  27. spielten, demonstrieren, den Kampf gegen die geplanten Notstands-
  28. gesetze und die bestehende Hochschulordnung der BRD führen und
  29. seine absolute Ablehnung des Axel-Springer-Verlages kundtun. Die-
  30. ser aktive Protest äußerte sich vor allem in Form von Demonstra-
  31. tionen, blutigen Straßenschlachten, Vandalismus oder Brandstif-
  32. tung, bei denen meistens die Universitätsmetropolen Berlin,
  33. Frankfurt, Hamburg und München zu Schauplätzen des Geschehens
  34. wurden. Als jedoch die Kampagne gegen die Notstandsgesetze schei-
  35. terte, "zerfiel die Bewegung in kleine, terroristische" Gruppie-
  36. rungen, welche sich hauptsächlich mit marxistischen Theorien oder
  37. revolutionärem Gedankengut beschäftigten.
  38. In dieser Zeit entstand die Parole "den Terrror von oben", sprich
  39. den Staat in jeglicher Hinsicht zu bekämpfen und zu terrorisie-
  40. ren, was entstand war die Ideologie einer Gruppe, die in diesem
  41. Jahrhundert die gesamte deutsche Bevölkerung und den Staat in
  42. Angst und Schrecken versetzt hat, nämlich die RAF.
  43. Im allgemeinen versteht man unter dem Begriff Terror bzw. Terrorismus
  44. eine Form der Machtausübung, die auf der systematischen Erzeugung von
  45. Angst und Schrecken beruht.
  46. Allerdings wird der politische Terrorismus als eine systematische,
  47. planmäßige Androhung oder Anwendung von Gewalt aus dem Untergrund
  48. definiert, deren Endziel darin besteht, den Staat zu verändern und
  49. die "Herrschaftseliten", bzw. "ihre prominentesten Repräsentanten",
  50. die sogenannten "top dogs" aus dem Weg zu räumen.
  51. Organisation, Durchführung und Struktur können bei jeder terroristi-
  52. schen Gruppierung verschieden sein, wie auch bei der RAF.
  53. Hingegen gab Ulrike Meinhof (vergleiche Anhang S. 23), ein Mit-
  54. glied der RAF, folgende kontäre Definition bezüglich des Begriffs
  55. Terrorismus ab.
  56. Terrorismus sei ihrer Meinung nach die Zerstörung von Versorgung-
  57. seinrichtungen, also Deichen, Wasserwerken, Krankenhäusern,
  58. Kraftwerken, eben allem, worauf die amerikanischen Bombenangriffe
  59. gegen Nord-Vietnam seit 1965 systematisch abzielten. Der Terro-
  60. rismus operiere mit der Angst der Massen, wobei die RAF hingegen
  61. diese in ihrem Apparat habe. Die Aktionen ihrer Gruppierung wür-
  62. den sich nie gegen das Volk, sondern vielmehr gegen den imperia-
  63. listischen Apparat richten. Kurz gesagt, die RAF bekämpfe viel-
  64. mehr den Terrorismus des Staates.
  65.  
  66.