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Gewerbesteuer-Richtlinien - Paragraph 57


§ 57 Miet- und Pachtzinsen (§ 8 Nr. 7 GewStG)

(1) Eine Hinzurechnung der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen kommt nach § 8 Nr. 7 GewStG für Grundbesitz nicht in Betracht. Zum Grundbesitz in diesem Sinne gehören auch das Erbbaurecht und Gebäude, die auf fremdem Grund und Boden errichtet sind, selbst wenn sie nach bürgerlichem Recht wesentliche Bestandteile des Bodens geworden sind. Vgl. §§ 68 ff. BewG. Wegen des Erbbaurechts vgl. Abschnitt 52 Abs. 2. Dagegen ist z.B. eine Fährgerechtigkeit als ein nicht in Grundbesitz bestehendes Wirtschaftsgut des Anlagevermögens anzusehen. Vgl. das BFH-Urteil vom 26.11.1964 (BStBl 1965 III S. 293).

(2) Bei Verträgen über die Ausbeutung von Mineralvorkommen, die unter § 100 BewG fallen, ist die Überlassung der Grundstücke zur Ausbeutung der Vorkommen gewerbesteuerrechtlich nicht als Verpachtung von in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, sondern als entgeltliche Überlassung des Rechts des Grundstückseigentümers auf Ausbeutung des Vorkommens anzusehen. Vgl. die BFH-Urteile vom 7.10.1958 (BStBl 1959 III S. 5) und vom 12.5.1960 (BStBl III S. 466). Das gilt nicht nur für Bodenschätze, bei denen das Recht zur Gewinnung von dem Eigentum am Grundstück getrennt und als selbständiges Recht (Gerechtigkeit) behandelt wird (insbesondere Mineralgewinnungsrecht), sondern auch für solche Bodenbestandteile, deren Abbau dem unbeschränkten Verfügungs- und Ausbeuterecht des Eigentümers unterliegt (z.B. Kies, Sand, Basalt und Ton). Vgl. die BFH-Urteile vom 12.1.1972 (BStBl II S. 433) und vom 26.5.1976 (BStBl II S. 721). Eine Hinzurechnung der Pachtzinsen beim Pächter entfällt, soweit sie auf die Überlassung der Grundstücksoberfläche entfallen. Bei einem Betrieb, der auf Grund von Verträgen mit Grundstückseigentümern durch Naßbaggerei Sand und Kies an Flußufern abbaut, entfallen regelmäßig die Vergütungen in voller Höhe auf die Kies- und Sandausbeute, so daß ein Betrag für die Verpachtung der Bodenoberfläche nicht auszusondern ist. Vgl. das BFH-Urteil vom 21.8.1964 (BStBl III S. 557). Nach den BFH-Urteilen vom 6.7.1966 (BStBl III S. 599) und vom 6.3.1968 (BStBl II S. 478) ist der Begriff "Eigentum" in § 8 Nr. 7 GewStG weit auszulegen. Er umfaßt auch den Eigenbesitz (wirtschaftliches Eigentum) im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO. Förderzinsen, die für ein Ausbeuterecht, z.B. für Kies, Erdöl oder Erdgas, gezahlt werden, das bei der Einheitsbewertung aus besonderen Gründen dem Pächter als wirtschaftliches Eigentum zugerechnet worden ist, unterliegen daher nicht der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 7 GewStG. Sie sind auch keine Zinsen für Dauerschulden nach § 8 Nr. 1 GewStG. Sie treten vielmehr an die Stelle eines Kaufpreises und sind steuerlich nach den Grundsätzen über die Versteuerung betrieblicher Veräußerungsrenten zu behandeln. Vgl. das BFH-Urteil vom 6.10.1966 (BStBl 1967 III S. 45). Die Vorschrift des § 8 Nr. 7 GewStG ist insbesondere dann nicht anzuwenden, wenn die zur Ausbeutung von Bodenschätzen überlassenen Grundstücke im wirtschaftlichen Eigentum des vertraglich zur Ausbeutung Berechtigten stehen und ihm deshalb auch die sich aus dem Eigentum ergebende Abbauberechtigung wirtschaftlich gehört. Vgl. das BFH-Urteil vom 25.11.1966 (BStBl 1967 III S. 226).

(3) Bei der Beurteilung, ob ein Miet- oder Pachtvertrag vorliegt, kommt es darauf an, ob die Verträge ihrem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach Miet- oder Pachtverträge im Sinne des bürgerlichen Rechts sind. Vgl. das BFH-Urteil vom 31.7.1985 (BStBl 1986 II S. 304). So sind z.B. Zeitcharterverträge, d.h. Verträge mit Mannschaftsgestellung, und auf dem Gebiet des Verlagsrechts abgeschlossene Werknutzungsverträge sowie Verträge für die Überlassung von betrieblichen Erfahrungen (sog. Know-how) keine Miet- oder Pachtverträge im Sinne des § 8 Nr. 7 GewStG. Vgl. die BFH-Urteile vom 23.7.1957 (BStBl III S. 306) und vom 12.7.1960 (BStBl III S. 387). Das gleiche gilt für Lizenzverträge, die eine - wenn auch zeitlich befristete - Überlassung von gewerblichen Schutzrechten und von betrieblichen Erfahrungen, Geheimverfahren, ungeschützten Erfindungen, Rezepten u.a. (Know-how) zum Gegenstand haben. Sie enthalten, ungeachtet ihrer mannigfachen Erscheinungsformen, wesentliche pachtfremde Elemente, so daß sie nicht als Pachtverträge im Sinne der gewerbesteuerrechtlichen Vorschriften angesehen werden können. Vgl. das BFH-Urteil vom 14.2.1973 (BStBl II S. 412). Ein Mietvertrag und kein Lizenzvertrag liegt dagegen vor, wenn jemand mit Genehmigung und unter Ausnutzung von Lizenzen eines anderen Gegenstände selbst herstellt und nutzt, die mit der Herstellung nach dem Willen der Vertragspartner in das Eigentum des anderen Vertragsteils übergehen (antizipiertes Besitzkonstitut). Vgl. das BFH-Urteil vom 2.11.1965 (BStBl 1966 III S. 70). Bare-boatCharterverträge fallen unter § 8 Nr. 7 GewStG. Vgl. das BFH-Urteil vom 27.11.1975 (BStBl 1976 II S. 220). Ist bei einem gemischten Vertrag die Vermietung eine von den übrigen Leistungen trennbare Hauptleistung, z.B. Überlassung von Know-how und Vermietung von Spezialmaschinen, so ist die Hälfte des Entgelts, soweit es auf die Vermietung entfällt, dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen. Vgl. das BFH-Urteil vom 15.6.1983 (BStBl 1984 II S. 17). Überläßt der Gesellschafter einer Personengesellschaft dieser ein Wirtschaftsgut zur Nutzung, das er im Rahmen seines Gewerbebetriebs von einem Dritten (Vermieter) gemietet hat, und verpflichtet sich die Personengesellschaft gegenüber ihrem Gesellschafter, das zwischen diesem und dem Vermieter vereinbarte Nutzungsentgelt unmittelbar an den Vermieter zu zahlen, ist vorbehaltlich des Absatzes 7 die Hälfte der an den Vermieter gezahlten Mietzinsen nach § 8 Nr. 7 GewStG dem Gewerbeertrag der Personengesellschaft hinzuzurechnen. Vgl. das BFH-Urteil vom 31.7.1985 (BStBl 1986 II S. 304). Wird einem Schiffahrtsunternehmen von der Hafenverwaltung in einem besonderen Vertrag gestattet, den Güter- und Personenverkehr von einem näher gekennzeichneten Teil einer Kaianlage mit Vorrang vor anderen Hafenbenutzern abzuwickeln, so erfolgt keine Hinzurechnung für die Benutzung der Kaianlage. Vgl. das BFH-Urteil vom 9.11.1983 (BStBl 1984 II S. 149). Überläßt jedoch eine Stadt eine in ihrem Hafen belegene Kaje (Kai) einem Dritten zur ständigen Nutzung, ist das dafür zu zahlende Entgelt dann Mietzins im Sinne des § 8 Nr. 7 GewStG, wenn die Stadt verpflichtet ist, die Kaje herzurichten und für eine bestimmte Wassertiefe zu sorgen. Vgl. das BFH-Urteil vom 31.7.1985 (BStBl 1986 II S. 304).

(4) Für die Abgrenzung der Wirtschaftsgüter im Sinne des § 8 Nr. 7 GewStG ist von dem Begriff des Wirtschaftsguts im Sinne des § 4 EStG auszugehen. Voraussetzung für die Annahme eines Wirtschaftsguts im Sinne des § 8 Nr. 7 GewStG ist danach nur, daß eine wirtschaftliche Ausnutzung des Guts möglich ist. Wegen der Abgrenzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens vgl. das BFH-Urteil vom 23.4.1969 (BStBl II S. 439). Danach unterliegen z.B. die Mietzinsen für die Benutzung der Kühlanlage in einem städtischen Schlachthof der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 7 GewStG. Es kommt für die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 7 GewStG nicht darauf an, daß das Wirtschaftsgut auch bewertungsfähig im Sinne des Bewertungsgesetzes ist. Dagegen sind die sich aus der Geschäftslage gepachteter gewerblicher Räume ergebenden Vorteile, z.B. Kundenstamm, Konkurrenzlage und allgemeine Absatzmöglichkeiten, Wirtschaftsgüter im Sinne des § 8 Nr. 7 GewStG (§ 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG), wenn sie durch von der Raumpacht klar abgrenzbare Pachtzahlungen konkretisiert sind. Vgl. die BFH-Urteile vom 29.4.1970 (BStBl II S. 726), vom 14.10.1970 (BStBl 1971 II S. 28), vom 5.10.1971 (BStBl 1972 II S. 62) und vom 22.3.1972 (BStBl II S. 632). An der Voraussetzung der klaren Bestimmung der Pachtzahlungen für die Nutzung eines immateriellen Wirtschaftsguts (Geschäftswerts) fehlt es auch, wenn bei einem einheitlichen Pachtzins nur der auf die bloße Raummiete entfallende Teilbetrag feststeht. Vgl. das BFH-Urteil vom 14.8.1974 (BStBl 1975 II S. 178). Die Schätzung von Teilbeträgen kann nicht als klarer und eindeutiger Abgrenzungsfaktor angesehen werden. Vgl. das BFH-Urteil vom 30.3.1976 (BStBl II S. 463). Eine Hinzurechnung zum Gewerbeertrag von Pachtzinsen für immaterielle Wirtschaftsgüter kommt auch dann nicht in Betracht, wenn sich der auf sie entfallende Teil des einheitlich für die Nutzung des Inventars und der immateriellen Wirtschaftsgüter vereinbarten Pachtzinses nicht klar abgrenzen läßt. Vgl. das BFH-Urteil vom 10.5.1977 (BStBl II S. 667). In diesen Fällen des einheitlichen Pachtzinses bezieht sich die Hinzurechnung deshalb nur noch auf die u.U. geschätzten Pachtzinsen für die nicht in Grundbesitz bestehenden materiellen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Pachtzahlungen für die pachtweise Nutzung eines Apothekenbetriebs stellen für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über das Apothekenwesen vom 20.8.1960 (BGBl. I S. 697) auch nicht zum Teil Aufwendungen für die Benutzung eines im Eigentum eines Dritten stehenden Wirtschaftsguts des Anlagevermögens dar. Vgl. das BFH-Urteil vom 8.10.1969 (BStBl II S. 740). Zur Abgrenzung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zum Umlaufvermögen vgl. das BFH-Urteil vom 29.11.1972 (BStBl 1973 II S. 148).

(5) Unter Miet- und Pachtzinsen im Sinne des § 8 Nr. 7 GewStG sind nicht nur Barleistungen, sondern alle Entgelte zu verstehen, die der Mieter oder der Pächter für den Gebrauch oder die Nutzung des Gegenstandes an den Vermieter oder den Verpächter zu zahlen hat. Dazu gehört z.B. auch der Wert eines vom Mieter oder vom Pächter erstellten Gebäudes, wenn das Gebäude entschädigungslos in das Eigentum des zur Grundstücksüberlassung Verpflichteten übergeht und der Vermögenszuwachs seine Grundlage in dem Miet- oder Pachtvertrag hat. Vgl. das BFH-Urteil vom 26.7.1983 (BStBl II S. 755). Zu den Miet- und Pachtzinsen gehören ferner die Aufwendungen des Mieters oder Pächters für die Instandsetzung, Instandhaltung und Versicherung des Miet- oder Pachtgegenstandes, die er über seine gesetzliche Verpflichtung nach bürgerlichem Recht hinaus (§§ 582 ff. BGB) auf Grund vertraglicher Verpflichtungen übernommen hat. Vgl. das BFH-Urteil vom 27.11.1975 (BStBl 1976 II S. 220). Ist der Pächter einer gewerblichen Betriebseinrichtung dem Verpächter gegenüber verpflichtet, zur Abgeltung der Abnutzung eine Erneuerungsrückstellung zu bilden, so sind die dieser Rückstellung zugeführten Beträge als Teil der Pachtzinsen im Sinne des § 8 Nr. 7 GewStG anzusehen. Vgl. das RFH-Urteil vom 11.2.1941 (RStBl S. 292). Wegen der Monopolabgaben der Versorgungsunternehmen vgl. das RFH-Urteil vom 9.2.1943 (RStBl S. 508).

(6) Die Deutsche Bundespost überläßt den Fernsprechteilnehmern posteigene Fernsprechanlagen. Die Gebühren dafür sind in keinem Fall nach § 8 Nr. 7 GewStG dem Gewinn hinzuzurechnen.

(7) Miet- und Pachtzinsen sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des Mieters oder Pächters stets zur Hälfte hinzuzurechnen, wenn sie beim Empfänger nicht in einem Betrieb anfallen, der im Geltungsbereich des Gesetzes der Gewerbesteuer unterliegt. Vgl. das BFH-Urteil vom 4.9.1962 (BStBl III S. 514). Miet- und Pachtzinsen fallen nicht in einem der Gewerbesteuer unterliegenden Betrieb des Empfängers an, wenn dieser nach § 3 GewStG oder nach anderen Vorschriften (vgl. Abschnitt 35a) von der Gewerbesteuer befreit ist. Im Fall der Verpachtung von Gaststätten in Bahnhöfen oder auf Schiffen der Deutschen Bundesbahn steht die Rechtsnatur der Deutschen Bundesbahn der Hinzurechnung der Hälfte der Miet- oder Pachtzinsen zum gewerblichen Gewinn des Pächters nicht entgegen. Vgl. BFH-Urteil vom 27.5.1964 (BStBl 1965 III S. 655). Fallen sie beim Empfänger in einem Betrieb an, der der Gewerbesteuer unterliegt, so sind sie beim Mieter oder Pächter zur Hälfte nur dann hinzuzurechnen (und entsprechend bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des Empfängers zu kürzen, vgl. Abschnitt 63), wenn ein ganzer Betrieb oder Teilbetrieb Gegenstand des Miet- oder Pachtvertrags ist und die Miet- und Pachtzinsen 250.000 DM übersteigen. Bei der Anwendung dieser Grenze kommt es nicht auf den Gesamtbetrag der Miet- und Pachtzinsen an, die der Mieter oder Pächter zu zahlen hat, sondern maßgebend ist jeweils der Betrag, den der Mieter oder Pächter für den einzelnen Betrieb oder Teilbetrieb zu zahlen hat.

(8) Wegen der Hinzurechnung des Werts fremder Wirtschaftsgüter bei der Ermittlung des Gewerbekapitals vgl. Abschnitt 77 Abs. 4.


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