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Gewerbesteuer-Richtlinien - Paragraph 68


§ 68 Gewerbeverlust

(1) Nach § 10a GewStG wird der maßgebende Gewerbeertrag um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Durch die Fassung des § 10a GewStG ist klargestellt, daß der Gewerbeverlust vom maßgebenden Gewerbeertrag, also nach Berücksichtigung der Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und der Kürzungen nach § 9 GewStG abzuziehen ist.

(2) Für die Ermittlung des Gewerbeverlustes ist von dem Gewinn (Verlust) aus Gewerbebetrieb auszugehen, der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermitteln ist. Abschnitt 115 Abs. 2 EStR und Abschnitt 37 Abs. 1, 3 und 5 KStR gelten entsprechend für die Ermittlung des Gewerbeverlustes. Danach dürfen z.B. steuerfreie Sanierungsgewinne (§ 3 Nr. 66 EStG), steuerfreie Zinseinnahmen (§ 3a EStG), außer Ansatz bleibende ausländische Schachtelgewinne und steuerfreie Veräußerungsgewinne (§ 16 Abs. 4 EStG) nicht mit dem abziehbaren Verlust verrechnet werden, diesen also nicht mindern. Vgl. die BFH-Urteile vom 28.7.1959 (BStBl III S. 366) und vom 27.9.1968 (BStBl 1969 II S. 102) und den BFH-Beschluß vom 15.7.1968 (BStBl II S. 666). Ebenso dürfen die nach den Abschnitten 39 bis 41 nicht zum steuerpflichtigen Gewerbeertrag gehörenden Veräußerungsgewinne den Gewerbeverlust nicht mindern. Bei Wasserkraftwerken, die steuerbegünstigte und nicht steuerbegünstigte Anlagen betreiben, sind der einheitliche Gewerbesteuermeßbetrag und damit auch die Fehlbeträge nach § 10a GewStG für den Gewerbebetrieb insgesamt, ohne Trennung in steuerbegünstigte und nicht steuerbegünstigte Anlagen zu ermitteln. Vgl. das BFH-Urteil vom 22.9.1976 (BStBl 1977 II S. 251).

(3) Die Höhe des vortragsfähigen Gewerbeverlustes ist gesondert festzustellen. Eine gesonderte Feststellung (§ 10a GewStG in Verbindung mit den §§ 179 ff. AO) ist erstmals für den Erhebungszeitraum 1990 durchzuführen. Der Gewerbeverlust dieses Erhebungszeitraums umfaßt die Gewerbeverluste der Erhebungszeiträume seit 1985, soweit sie noch nicht gekürzt werden konnten. In den folgenden Erhebungszeiträumen ist vortragsfähiger Gewerbeverlust der vortragsfähige Gewerbeverlust des vorangegangenen Erhebungszeitraums abzüglich positiver Gewerbeertrag oder zuzüglich Gewerbeverlust dieses Erhebungszeitraums ggf. abzüglich Verlustverbrauch durch Ausscheiden von Gesellschaftern (vgl. Absatz 7).

(4) Der Gewerbeverlust unterscheidet sich von dem Verlustabzug im Sinne des § 10d EStG dadurch, daß seine Höhe durch die Hinzurechnungen und Kürzungen nach §§ 8 und 9 GewStG beeinflußt wird. Der nach den einkommensteuerrechtlichen (körperschaftsteuerrechtlichen) Vorschriften ermittelte Gewinn oder Verlust aus Gewerbebetrieb ist um die in §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge zu erhöhen bzw. zu vermindern. Dadurch kann sich ein Gewerbeverlust ergeben, obwohl einkommensteuerrechtlich ein Gewinn aus Gewerbebetrieb vorliegt. Andererseits kann sich trotz des Vorhandenseins eines Verlustabzugs ein positiver Gewerbeertrag ergeben.


B e i s p i e l e :

A. Gewinn aus Gewerbebetrieb                5.000 DM
Hinzurechnungen nach § 8 GewStG          +  1.000 DM
                                         -----------
Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen   6.000 DM
Kürzungen nach § 9 GewStG                -  8.000 DM
                                         -----------
Gewerbeverlust                              2.000 DM
                                         ===========

B. Laufender Verlust aus Gewerbebetrieb     2.000 DM
Hinzurechnungen nach § 8 GewStG          + 15.000 DM
                                         -----------
Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen  13.000 DM
Kürzungen nach § 9 GewStG                -  3.000 DM
                                         -----------
Verbleibender Betrag                       10.000 DM
Anrechenbarer Verlust aus Vorjahren      -  4.000 DM
                                         -----------
Gewerbeertrag                               6.000 DM
                                         ===========

(5) Die Berücksichtigung des Gewerbeverlustes setzt voraus, daß er bei demselben Unternehmen entstanden ist, dessen Gewerbeertrag im Anrechnungsjahr gekürzt werden soll (Unternehmensgleichheit). Die Berücksichtigung des Gewerbeverlustes ist außerdem an die Person des Unternehmers geknüpft, der den Verlust erlitten hat (Unternehmergleichheit). Das Erfordernis der Unternehmensgleichheit ergibt sich aus dem Objektcharakter der Gewerbesteuer. Das Erfordernis der Unternehmergleichheit ergibt sich aus der Regelung in § 10a Satz 3 GewStG. Vgl. die BFH- Urteile vom 4.2.1966 (BStBl III S. 374), vom 12.1.1978 (BStBl II S. 348) und vom 24.6.1981 (BStBl II S. 748).

(6) Ob die Voraussetzungen der Unternehmensgleichheit und der Unternehmergleichheit gegeben sind, ist nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen zu entscheiden. Danach muß die Frage, ob Unternehmensgleichheit anzunehmen ist, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten beurteilt werden. Vgl. das RFH-Urteil vom 18.10.1939 (RStBl 1940 S. 238). Es kommt darauf an, ob wesentliche Veränderungen im Unternehmen, z.B. im Aufbau, in der geschäftlichen Betätigung, in der Finanzierung oder hinsichtlich der Lieferanten und Abnehmer eingetreten sind. Vgl. die BFH-Urteile vom 28.4.1977 (BStBl II S. 666) und vom 12.1.1983 (BStBl II S. 425). Unternehmensgleichheit ist auch anzunehmen, wenn eine aus einer Betriebsaufspaltung hervorgegangene Vertriebs-GmbH auf die Personengesellschaft rückumgewandelt wird (vgl. das BFH-Urteil vom 28.5.1968, BStBl II S. 688). Voraussetzung für den Abzug des Gewerbeverlustes bei einer Körperschaft ist, daß sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch sind, die den Verlust erlitten hat. Vgl. § 8 Abs. 4 KStG. Für die Frage der Unternehmergleichheit ist im Fall der Umwandlung eines Unternehmens die Wahl der neuen Rechtsform des Unternehmens von entscheidender Bedeutung. Die Unternehmergleichheit ist z.B. nicht gegeben, wenn ein Einzelunternehmen nach dem Tod des Inhabers von dem Erben weitergeführt wird (vgl. das BFH-Urteil vom 14.1.1965, BStBl III S. 115). Sie ist auch zu verneinen, wenn eine Aktiengesellschaft in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt wird (vgl. das RFH-Urteil vom 26.8.1942, RStBl S. 1024). Dagegen ist die Unternehmergleichheit zu bejahen im Fall der formwechselnden Umwandlung nach den §§ 362 ff. des Aktiengesetzes 1965 sowie nach den §§ 63 bis 65 des Umwandlungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 6.11.1969 (BGBl. I S. 2081, BStBl I S. 806). Vgl. die BFH-Urteile vom 19.8.1958 (BStBl III S. 468), vom 9.9.1958 (BStBl 1959 III S. 48) und vom 8.4.1964 (BStBl III S. 306). Hat ein Steuerpflichtiger als Gesellschafter einer in Konkurs geratenen oder einer liquidierten und zum Teil auf ihn übertragenen OHG in Vorjahren Verluste erlitten, so können diese von dem Gewerbeertrag des Einzelunternehmens nicht gekürzt werden. Vgl. die BFH-Urteile vom 14.11.1968 (BStBl 1969 II S. 169) und vom 18.11.1970 (BStBl 1971 II S. 147).

(7) In den Fällen des Wechsels von Gesellschaftern bei Personengesellschaften und anderen Mitunternehmergemeinschaften muß die Beurteilung der Frage der Unternehmergleichheit auf jeden einzelnen Gesellschafter abgestellt werden, weil der Verlustabzug an die Person des Unternehmers (Mitunternehmers) geknüpft ist, der den Verlust erlitten hat. Es ist deshalb einerseits nicht erforderlich, daß die Personen der Mitunternehmer in ihrer Gesamtheit im Erhebungszeitraum der Anrechnung des Verlustes dieselben sind wie im Erhebungszeitraum der Entstehung des Verlustes. Andererseits kann eine Personengesellschaft, bei der ein Gesellschafter durch Tod ausgeschieden ist, den auf diesen Gesellschafter entfallenden Anteil an einem Gewerbeverlust auch dann nicht abziehen, wenn die übrigen Gesellschafter seine Erben sind (vgl. das BFH-Urteil vom 4.2.1966, BStBl III S. 374). Haben also nur einzelne Mitunternehmer gewechselt, so geht dadurch für die verbliebenen Mitunternehmer der Anspruch auf den Gewerbeverlust entsprechend ihrem Beteiligungsverhältnis im Jahr der Entstehung des Verlustes nicht verloren. Bei der Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft ist unter dem Gesichtspunkt der Unternehmeridentität der volle Gewerbeverlust des früheren Einzelunternehmers bei der Personengesellschaft abzugsfähig. Dies allerdings nur bis zu dem Betrag, der vom gesamten Gewerbeertrag der Personengesellschaft nach dem Verhältnis des Gewinnverteilungsschlüssels auf den früheren Einzelunternehmer als Mitunternehmer im Anrechnungsjahr entfällt. Vgl. das BFH-Urteil vom 12.1.1978 (BStBl II S. 348). Für Verluste eines Unternehmens, z.B. einer GmbH, die vor Begründung einer atypisch stillen Beteiligung entstanden sind (vgl. Abschnitt 16 Abs. 3 Satz 1), gelten diese Grundsätze entsprechend. Wird umgekehrt eine Personengesellschaft in eine Einzelfirma in der Weise umgewandelt, daß ein Mitunternehmer den Betrieb unverändert fortführt, so ist der Gewerbeverlust insoweit berücksichtigungsfähig, als er den vor und nach der Umwandlung beteiligten Unternehmer tatsächlich belastet. Es ist gleichgültig, ob der Unternehmerwechsel auf entgeltlicher oder unentgeltlicher Übertragung der Beteiligung, auf Erbfolge oder auf vorweggenommener Erbfolge beruht. Vgl. die BFH-Urteile vom 24.8.1954 (BStBl III S. 323), vom 19.12.1957 (BStBl 1958 III S. 210) und vom 23.7.1958 (BStBl III S. 426). Zur Frage des Unternehmerwechsels beim Organschaftsverhältnis zwischen dem früheren und jetzigen Gesellschafter einer Personengesellschaft vgl. das BFH-Urteil vom 8.1.1963 (BStBl III S. 188).

(8) Im Fall der Organschaft sind die vor der Gründung des Organschaftsverhältnisses beim Organ entstandenen Gewerbeverluste von dem getrennt ermittelten positiven Gewerbeertrag des Organs (vgl. Abschnitt 42) abzuziehen. Ein weitergehender Ausgleich mit dem Gewerbeertrag des Organträgers ist nicht zulässig. Vgl. das BFH-Urteil vom 31.1.1956 (BStBl III S. 91).

(9) Der Gewerbeverlust ist vom Amts wegen erstmals in dem auf das Entstehungsjahr unmittelbar folgenden Erhebungszeitraum zu berücksichtigen. Der Grundsatz, daß ein Gewerbeverlust insoweit verbraucht ist, als er durch positive Erträge gedeckt ist, gilt auch dann, wenn der Gewerbeertrag durch den Verlustabzug unter den Freibetrag von 36.000 DM für Einzelunternehmen und Personengesellschaften sinkt. Vgl. das BFH-Urteil vom 9.1.1958 (BStBl III S. 134).

(10) Gewerbeverluste, die in Betriebsstätten in der Deutschen Demokratischen Republik und in Berlin (Ost) entstanden sind, können im Gebiet des Geltungsbereichs des Grundgesetzes nicht berücksichtigt werden.


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