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Chaos Computer Club 1997 February
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1997-02-28
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8KB
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214 lines
Seite 8 Ausgabe 52 Ausgabe 52 Seite 9
einesTelefonchips "alters". Ed Cummings selbst
hofft auf eine breitangelegte Negativ-Publicity
und Lobbyarbeit gegen diese neuen Gesetze, die
der staatlichen Willkür Tür und Tor öffnen. In
einem Brief vom 21.Juli 1995 gibt er seiner ex-
tremen Frustration darüber Ausdruck, daß eine
effektive Vorbereitung seiner Verteidigung
durch die monatelange Untersuchungshaft fast
unmöglich sei, da ihm der Zugriff auf nötige
Ressourcen fehle.Außerdem habe er seinen Job,
seine gesamten Ersparnisse und mehrere Mo-
nate seines Lebens ("maybe more") verloren,
seine Gesundheit sei angegriffen (ihm wurde
wiederholt eine für die Wiedererlangung der
Funktionsfähigkeit seines Armes notwendige
physikalische Therapie verwehrt), und über-
haupt durchlebe er gerade "a living hell". Es
sei extrem frustrierend, sich auf die Hilfe ande-
rer verlassen zu müssen in bezug auf Dinge, die
er selber, wäre er nicht eingeschlossen, perfekt
erledigen könnte. Zitat Ed: "Times like these
make you realize who your friends really are."
Der Ausgang seines Prozesses berührt uns
auch im fernen Europa, weil sich hier auf EU-
Ebene durch Anticharnbrieren von TRANCE
TELECOM und Thomson-CSF ähnliche Ent-
wicklungen anbahnen und vergleichbare
Rechtsverordnungen in der Mache sind. Wenn
etwa in diesem Text der 56 Bit DES-Schlüssel
für Py-TV-Programme so enthalten wäre (Kon-
junktiv), daß das jeweils niedrigste Bit von Wort
20, 40, 60, 80, 100 .... nur hintereinander ge-
setzt werden müßte, dann wäre das Steganogra-
phie und diese Zeitschrift "kriminell" - so die
EU-Planung.
Um es noch einmal deutlich zu machen: es
geht im Prozeß gegen Ed Cummings NICHT
um eine strafbare ElANi)LUNG, sondern "nur"
um einenVORSAl~dazu. Die Rechtsauslegung
davon ist genauso dehnbar wie der Satz "Der
VERSUCH ist strafbar". L)er Musterprozeß zu
"verbotenen Bauteilen" birgt die Gefahr, daß die
"Gesinnungsjustiz" der Nazizeit wieder einge-
führt wird. Denn allein die Behauptung, daß in
einem Text wie diesem hier"verbotene Bits"
VORSÄTZLICfl enthalten seien, könnte zu ei-
ner Bestrafung fahren. Außerdem müßte die
Strafbegründung geheim bleiben, weil sich ja
sonst der Sinn des Urteils ad absurdum führen
würde.
Zur Erläuterung von "Gesinnungsjustiz": Zu
Zeiten von Adolf Hitler hieß die Gesinnungs-
jostiz "Willensstrafrecht". Der "totale Staat"
brauchte "totale Kontrolle", auch die des Wil-
lens. 1934 führte der Nazi-Justizminister Dr.
Guertner vor der deutschen Presse aus: "es darf
daher keinen Unterschied mehr machen, ob z.B.
ein beabsichtigter Mord gelungen ist oder nicht.
Entscheidend kann für die Strafbemessung aus-
schließlich der verbrecherischeWille sein. Hier
liegt eine der wichtigsten Neuerungen des kom-
menden deutschen Strafrechts".
Rund 60 Jahre später soll auf EU-Ebene mit
Hilfe von u.a. France TELECOM die Nazi-Ju-
stiz des "Willensstrafrechtes" auf Computerebe-
ne perfektioniert werden. In den USA läuft das
auf Bauteilebene genauso.
Der erste Prozeßtermin gegen Bernie S. war
für den 31.Juli 1995 festgelegt worden, wurde
aber inzwischen auf den 8.September 1995 ver-
schoben. Der Richter hat auch mittlerweile ei-
ner Kautions-Anhörung zugestimmt, die aller-
dings erst am 7.9.95, also einen Tag vor dem
Prozeßtermin, stattfinden wird.
An folgende Snail Mall Adresse kann Ber-
nie S. geschrieben werden:
Ed Cummings 48919-066 FCI FairtonA-Left
P. O. Box 420 Fairton, NJ 08320
Auch e-mails an folgenden Account werden
weitergeleitet: bemies @ 2600.com
Nomade (Qellen Summer Issue 2600 l Mail-
verkehr dtber 2600 mit Bernie S./ ASCII-Aus-
tausch {it}NAU) `'
.^
~c ~nten~ctjteuber - Das wissenschaftliche Fachblatt für Datenreisende ~,
1.
Chirac und der Atom-Kohl
Von Wau Holland
Unterirdische Atomversuche und oberirdi-
sche Satellitenplanungen haben einen Zusam-
menhang. Denn wer Atombomben für den
Kriegseinsatz testet, braucht Spionagesatelliten.
Für den Fall, daß es da mit der deutsch-ame-
rikanischen Koordination nicht klappt, hat Kohl
die "französische Atom-Karte" im Almel. Des-
halb sollen Deutschlands Steuerzahler drei Mil-
liarden Markzahlen, damit Chiracs Atombom-
ben Augen bekommen. "Wir machen mit" war
die bisher wenig bekannte Haltung von Kohl.
Am 7 Juli 1995 wurde der militärische Be-
obachtungssatellit HELIOS 1A mit Ariane V75
gestartet. Vier Tage später traf Kohl auf dem
Kurzgipfel in Straßburg Chirac und deutete ein
Verschieben der Zustimmung auf September an.
Es kann sein, daß der deutsche Zuschuß von
drei Milliarden Mark für französische Spiona-
gesatelliten nur dann gewährt wird, wenn Chir-
ac seine Atomtests auch tatsächlich durchführt.
Deutschland, so das Bonner Out-of-Area-
Ministerium braucht angeblich die Sat-Aufnah-
men für seine weltweiten Bundeswehreinsätze.
Allerdings ist anzunehmen, daß die USA im
Kriegsfall Satellitenbilder ebenso zuverlässig
liefern wie sie es bisher mit Positionierdaten von
anderen Satelliten tun.
Dafür gibt es ein Beispiel. Denn das satelli-
tengestützte "Global Positioning System" (GPS)
liefert in Friedenszeiten die weltweit empfang-
baren Positionsdaten absichtlich gestört. Des-
halb haben handelsübliche "zivile" Empfänger
nur eine Genauigkeit von 100 Metern bei Län-
gen- und Breiten-Koordinaten ~,Wo bin ich hier".
Das US-Militär kennt seine "Störungen". Eine
relativ kleine Anzahl von militärischen ~PS-
Empfängern errechnet daraus die auf 20 Meter
genauen Koordinaten.
Diese "bessere" Genauigkeit des Militärs hilft
Menschen, die auch geistig einen festen Stand-
ort haben, zu erkennen, wann ein Krieg beginnt.
Denn weil das USA-Militär beim Einmarsch in
Haiti nicht genug "Mil-genaue GPS-Geräte"
hatte, wurde pünktlich zu Beginn des Einmar-
sches die "GPS-Störung" abgeschaltet. Dadurch
wußte jeder Empflanger, der seine plötzlich auf
20 Meter genaue Position bemerkte,daß ,Jetzt"
irgendwo auf der Welt irgendwas losging. Das
Einschalten der Nachlichten brachte dann das
"wo" und das "was". In guten Schulen wird so-
was als "kombinatorische Logik" unterichtat
(etwas anders formuliert in: SATMARKT 8/95,
feles-Verl., Trier)
Doch zurück zum HELLIOS-System. Es gibt
billigere Alternativen. Lockhoed bietet bereits
für 500 MioDollar ein Komplettsystem samt
Stallt, Bodentechnik und Ersatzsatellit - aller-
dings ohne Garantie auf Abwesenheit von Trap-
doors in der Steuerung (siehe NASA-Hack).
Zusätzlich ist das Militär nicht mehr techni-
sche Spitze. Die USA kauften im Golfkrieg "zi-
vile" Bilder der SPOT- und LANDSAT-Syste~
me, weil auf Bildern von US-Militärsatelliten
die getarnten SCUD-Stellungen von Saddam
Hussein nicht zu sehen waren.
HELIOS als optisches System ist für Schön-
wetter-Spionage geeignet. Ab 1996 sollen drei
weitere HELIOS-Satelliten gestartet werden und
zuletzt HORUS, ein Radar-Satellit der DASA.
Für die drei blilliarden Mark zu Helios will
Frankreich die deutsch-französische Rüstungs-
agentur nach Bonn legen und das Gemein-
schaftsunternehmen DASA (Daimler-Benz
Aero-Space) mit der französischen Aerospatia-
le genehmigen.
Wenn "Boykott" gegen Frankreich sinnvoll
wäre, dann vielleicht gegen Kriegsvorberei-
tungskonzerne und nicht gegen Winzer
Viele Infos entstammen dem Beitrag "Schluß
mit dem HELIOS-Unfug!" von Wolfgang Möl-
ler-Streitbörger aus INFOSAT August 1995.
Dort steht im "Steckbrief" zu HELIOS 1A u.a.:
Mission: optische Aufklärung. Auflösung: I
Meter. Finanzierung: Frankreich 79%, Italien
14%, Spanien Wo. Federführung: franz. Vertei-
digungsministerium. Hauptauftragnehmer,
Raumsegment: franz. Raumfahrtbehörde CNES.
SD{e ~sitn~c~leuber - Das wissenschaftliche Fachblatt für Datenreisende l~
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