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1993-07-16
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24KB
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465 lines
Exkurs:
ZUM EINSATZ VON COMPUTER-LERNPROGRAMMEN IM SCHUL- UND BILDUNGSWESEN
(Dipl. päd. Rainer Wagenhäuser)
Gliederung:
1. Gegenwärtige Verbreitung und Nutzung des Computers an
Bildungseinrichtungen: Bestandsaufnahme und offene Fragen
2. Lernprogramme am "Sharewaremarkt"
3. Möglichkeiten und Grenzen der Integration von PC-Lernprogrammen
in den Unterricht und die außerschulische Jugendarbeit:
a.) Erfolgt ein Kommunikationsverlust durch den Computer ?
b.) Kann die Maschine den Lehrer "ersetzen" ?
c.) Wo und wie können Computer-Lernprogramme wirkungsvoll
eingesetzt werden ?
d.) Warum übt der Computer auf Kinder und Jugendliche eine so
große Faszination aus ?
e.) Spielen und Lernen - ein Widerspruch ?
4. Resümee
1. GEGENWÄRTIGE VERBREITUNG UND NUTZUNG DES COMPUTERS AN
BILDUNGSEINRICHTUNGEN: BESTANDSAUFNAHME UND OFFENE FRAGEN
Die beigefügte umfangreiche Literaturliste, die nur einen Teil der
deutschsprachigen Literatur zum Thema "Lernen am Computer"
wiedergibt, veranschaulicht eindrucksvoll die Aktualität des
Themas. Es stehen sich in diesem Zusammenhang immer noch zwei
gegensätzliche "Parteien" gegenüber: eine "skeptische", welche die
negativen Begleiterscheinungen hervorhebt und befürchtet, daß die
Lehrerpersönlichkeit durch die Maschine verdrängt bzw. ersetzt
werden könnte, sowie die "Befürworter", die von einem großen
Nutzen der Integration von Lernprogrammen in das Bildungswesen
ausgehen und eine Nutzung dieser Möglichkeiten als unausweichlich
betrachten.
Wird durch die Integration neuer Informations- und Kommunikations-
medien der schulische Bildungsauftrag, die Erziehung zu einer
mündigen, eigenverantwortlichen Persönlichkeit, preisgegeben oder
sind vielmehr Befürchtungen, daß die Schule nicht mehr den
Qualifikationsanforderungen der modernen Gesellschaft genügt,
berechtigt ?
Führen Ressentiments gegenüber den neuen Medien seitens Teilen der
pädagogischen Fachwelt und Praxis eine "neue Bildungskrise" (Sogar
von einem "drohenden Computeranalphabetismus" ist die Rede) im
Vergleich zum Standard anderer Industrienationen herbei ?
Seitens übergeordneter Stellen scheinen die Befürchtungen, im
internationalen Vergleich den Anschluß zu verlieren, Gehör zu
finden, wie es z.T. auch Aussagen und Verlautbarungen aus den
Bildungsministerien verdeutlichen.
Sogar ein gezielter Computereinsatz in den Grundschulen, welcher
nach einer wissenschaftlichen Studie der Universität Koblenz-Landau
und dem Modellversuch CLIP (Lernen im Primarbereich) zu einem
pädagogisch bedeutsamen Lernzuwachs führt, wird z.B. von Alfons
Rissberger vom Kultusministerium Rheinland-Pfalz befürwortet, um
gerade leistungsschwächeren Kindern ein individuelleres und
differenzierteres Lernen zu ermöglichen.
Von dieser Aufgeschlossenheit gegenüber dem Medium Computer ist
jedoch in der Praxis selbst, den Schulen und sonstigen
Bildungseinrichtungen, weniger zu spüren. Offenbar bestehen hier
noch Unsicherheiten und Skepsis gegenüber dem didaktischen Einsatz
des Computers. Wie sich in einigen Befragungen herausstellte, ist
ein großer Teil des jeweiligen Lehrerkollegiums, ebenso wie die
pädagogischen Fachkräfte in den außerschulischen Bildungsein-
richtungen im Umgang mit dem PC selbst überfordert. Sowohl
Defizite im diesbezüglichen Fachwissen als auch der eigenen
Bereitschaft im Zugang zu diesem Medium verhindern eine
intensivere Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten eines
didaktischen Einsatzes von PC-Lernprogrammen in der beruflichen
Praxis.
Zwar hatten bereits 1989 ca. 80 bis 90 % der Schulen ab der
Sekundarstufe Computer angeschafft (vgl Karl Frey 1989, S. 639),
jedoch der regelmäßige Einsatz im Unterricht beschränkt sich wohl
auf wenige "Computerfreaks" innerhalb der Lehrerschaft, die sich
auch privat intensiv mit dem PC beschäftigen.
Dieser Beitrag soll die konträren Positionen unter die Lupe nehmen
und in einer differenzierten Betrachtungsweise eine "Vermittlungs-
rolle" unternehmen. Es soll dabei auch ansatzweise geklärt werden,
wo Vor- und Nachteile, Möglichkeiten und Grenzen des
Computereinsatzes im Bildungsbereich liegen und wie bzw. welche
Lernprogramme\Lernspiele sinnvoll in der schulischen und
außerschulischen Praxis eingesetzt werden können. Dabei kann der
Artikel natürlich nur einen Überblick bieten. Details zu einzelnen
Fachbereichen und Programmen können im "Lernprogramm\Lernspiel-
Lexikon" bzw. im "Spiele-Lexikon" nachgelesen werden.
2. LERNPROGRAMME AM SHAREWAREMARKT:
Das "Lernprogramm-Lexikon" soll einen Überblick über die auf dem
(Shareware)-Markt befindliche Software bieten. Vor wenigen Jahren
wurde das "Sharewarekonzept" (erst eingehend prüfen, Bezahlung und
Registrierung nur bei Zufriedenheit mit dem Produkt) zurecht noch
"belächelt", da nur wenig qualitativ hochwertige Lernprogramme im
Bereich der Shareware zu finden waren. Inzwischen konnte jedoch
sowohl von der didaktischen Strukturierung als auch von der
graphischen Ausstattung und der Vielseitigkeit der Qualitätsstand
der kommerziellen Lern-Software erreicht bzw. zum nicht unerheb-
lichen Teil sogar übertroffen werden.
Sharewareprogramme bieten dabei den großen Vorteil, daß sie direkt
vom Autor bezogen werden können, sodaß der Kostenaufwand
wesentlich geringer ist. Für durchschnittlich 20 bis 50 DM, oft
sogar kostenlos als "Freeware" bzw. "Public Domain", sind die
aufgeführten Programme in der Vollversion erhältlich. Sogenannte
"Prüfversionen", welche zum Teil bereits über alle Optionen
verfügen, können bei jedem Sharewarehändler gegen einen geringen
Unkostenbeitrag (ca. 2 bis 5 DM) bezogen werden, um die
Verwendbarkeit des Programmes für die eigenen Bedürfnisse zu
testen. Die Adressenliste einiger Händler und Bezugsquellen
schicken wir Ihnen gerne zu.
Da wir aus eigener Erfahrung die chronische Mittelknappheit im
pädagogischen Bereich kennen, stellt der Sharewaremarkt somit eine
interessante Alternative dar, ohne großen Kostenaufwand geeignete
Lernprogramme aller Art zu beziehen und einsetzen zu können.
Auch viele pädagogisch wertvolle Denk- und Geschicklichkeitsspiele
hat der Sharewaremarkt zu bieten. Eine Übersicht hierüber kann
unserem SHAREWARE-SPIELE-LEXIKON (derzeit Vers. 3.0) entnommen
werden.
3. MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN DER INTEGRATION VON PC-LERNPROGRAMMEN
IN DEN UNTERRICHT UND DIE AUSSERSCHULISCHE JUGENDARBEIT:
In den folgenden Kapiteln sollen Vor- und Nachteile des
computergestützten Unterrichts gegenüber den herkömmlichen
didaktischen Prinzipien untersucht werden.
a.) ERFOLGT EIN KOMMUNIKATIONSVERLUST DURCH DEN COMPUTER ?
Die Sorgen von Pädagogen und Psychologen um Realitätsverluste und
eine kommunikative Vereinsamung durch neue Medien sind hinlänglich
bekannt. Der Computer wird dabei als "reaktives Medium "
betrachtet, welches keine echte zwischenmenschliche Kommunikation
zuläßt und nur auf die jeweiligen Eingaben des Anwenders reagiert.
Zwar kann die potentielle Reichhaltigkeit einer Lehrer-Schüler-
Interaktion natürlich nicht erreicht werden. Eine Reduktion der
"sozialen Realität" konnte jedoch in Untersuchungen keineswegs
nachgewiesen werden. Durch den Einsatz des Computers als Lern- und
Spielmedium erhöht sich vielmehr nach dem derzeitigen Forschungs-
stand die inhaltsbezogene Kommunikation der Schüler untereinander,
welche z.T. auch außerhalb des Unterrichts, nicht nur in der Form
von "Computerspielen", ihre Fortsetzung findet.
"Computer bringen Schüler in der Schule zum Sprechen. Für viele
Außenstehende ein Paradox! Ein Sekundäreffekt der Schülerunter-
haltung ist die höhere Schulleistung. Der Mechanismus ist oft
repliziert worden: Wenn Schüler zu zweit oder zu dritt einen
Lehrstoff oder eine Problemlösung durchsprechen, sind
Behaltensleistungen und Transfer in strukturell ähnlichen Gebieten
besser als ohne Kommunikation." (Frey S. 649)
Diese Stimulation der Ko