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- Rimnee und Narayd
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- Rimnee blickte auf. Sie spürte die Berührung dieses Wesens, dieses wunderbaren
- schönen Wesens, das ihr die Wärme und das Leben wiedergebracht hatte. Noch
- verband sie der Zauber, den sie gewoben hatte... und seine Neugier.
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- Vorsichtig berührte er sie weiter, und die Hand strich zart wie ein Windhauch
- über ihre Wangen, umschmeichelte die zarten Züge, aus denen langsam das Leid
- wich. Rimnee hob die Hand und ließ sie über seinen Arm gleiten, weiter hinauf.
- So zart, so weich, so warm. Sie hob den Kopf und ließ die Strahlen des goldenen
- Himmelslichtes ihre Haut liebkosen. Rimnee spürte den Atem des Lebens und rief
- nach ihm, wollte ihn spüren wie einst, da sie noch jung und frei gewesen war.
- Und mit einem Mal warf sie die Hüllen ab, die sie so lange getragen, und in
- denen sie gefangen war wie ein Vogel.
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- Sie war die Erde, die aus dem Schoß all die Wesen gebar, die Leben schenkte
- und es wieder in sich nahm. Sie war die Kühle, die Dunkelheit, die Wärme. Sie
- durchpulste die Glut des Feuers, die Strahlen der Sonne hoben ihren Geist zu
- den Sternen und führten sie, auf den Winden reitend, zu neuen Welten und in die
- Freiheit. Bei all diesem war sie nicht allein. Da war jemand neben ihr, bei
- ihr, in ihr. Sie kannte seinen Namen und er schmeckte so süß wie der Wein
- seiner Lippen. Er war so seidig wie das Schwarz seiner Haare, und so kühl und
- weich wie seine Haut.
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- Rimnee sah, und sah doch auch nicht. Wer er war, woher er kam, sie konnte es
- spüren - aber nicht begreifen, sie konnte es sehen - aber nicht erkennen. Sie
- ließ sich von der Schönheit in die Freiheit tragen und das Leben in sich
- bringen. Immer mächtiger pulsierte es in ihr und vertrieb mit Lichtblitzen die
- letzten Spuren der Finsternis und Kälte aus dem Körper, der nicht wirklich
- gelebt hatte. Und in sie strömte schließlich die Flut der Schöpfung und ein
- Strom der Kraft.
- Und dies ließ sie schließlich befreit zu Boden sinken, so wie die Götter sie
- geschaffen hatten, doch reicher gekleidet als zuvor.
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- "Narayd..." murmelte Rimnee und erspürte die Linien seines Körpers mit ihren
- Händen. Plötzlich erfaßte sie ein Schauder und sie klammerte sich an ihn.
- "Narayd ... bitte gib mir noch einmal deine Wärme und Liebe ..."
- Weiterer Worte bedurfte es nicht. Rimnee hatte einst ihrer Harfe liebliche
- Klänge entlockt, aber nun spielte sie mit der Erfahrung ihres Lebens eine neue,
- aufregende und wunderbare Melodie auf dem Instrument seines Körpers.
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- Zuerst sanft und behutsam, um zu verzaubern und zu bannen, dann jubelierend,
- als sie die Saiten fand, die wie gehörte Klänge hervorbrachten, Akkorde von
- solcher Mächtigkeit, daß sie selber unter ihnen erbebte. Und als schließlich
- der Bogen die Saite fand, strich er auch seine eigene Melodie der Zärtlichkeit,
- dann eine der Wildheit, des Lebens, der Freiheit. Rimnee spürte die Spannung
- der Saiten ihrer Harfe und erzitterte jedes Mal, daran glaubend, daß sie
- zerspränge. Es war das Lied des Lebens, das sie erneut spielten und sangen.
- Ihre Finger erzeugten die Melodie, ihre Körper den Rhythmus, und ihre Stimmen
- fanden die Worte dazu. Es war ein Lied der Geburt und des Beginns. Eines der
- Freude. Die Klänge vereinten sich zu einem triumphalen Finale und verklangen
- leise...
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- Rimnee fühlte sich müde und erschöpft aber glücklich. Sie sank auf das weiche
- Laken der Erde zurück und umarmte Narayd. Und so entdeckte die Nacht zwei
- Schlafende zwischen den Büschen. Der Mond blinzelte einige Wolken beiseite, um
- ihre schimmernden Körper in Silber zu hüllen ... und ein kühler Wind
- streichelte die glitzernden Perlen fort, die ihre Haut bedeckten und von dem
- zeugten, was geschah...
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