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- Erörterung zu dem Thema:
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- Die Problematik der Luftverschmutzung am Beispiel des
- Schwefeldioxyds (SO2)
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- │ Gliederung │
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- A) Einleitung
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- B) Hauptteil
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- I. Die Entstehung von SO2
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- II. Schäden durch SO2
- 1. An der Natur und Umwelt
- 2. Am Menschen
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- III. Grundsätzliche Lösungsansätze
- 1. SO2 in harmlosere Stoffe umwandeln
- 2. SO2-Entstehung durch Brennstoffwahl vermeiden
- 3. Alternative Energien
- 4. Reduzierung des Energiebedarfs
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- IV. Probleme bei der Verwirklichung von Lösungsansätzen
- 1. Technische Probleme
- 2. Wirtschaftliche Probleme
- 3. Wissenschaftliche Probleme
- 4. Schadstoffimport aus dem Ausland
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- V. Realistische Forderungen zur Problementschärfung
- 1. Politische Maßnahmen des Staates
- 2. Vereinfachung der Verwaltungs- / Genehmigungsverfahren
- 3. Forschungskooperation
- 4. Schutz der Baumbestände
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- C) Schlußbemerkungen
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- Unser Wald stirbt, die Qualität des Grundwassers nimmt ab, die
- Vielfalt der Pflanzen- und Tierwelt wird immer weiter reduziert,
- und auch der Mensch ist in seiner Gesundheit direkt betroffen.
- Für alle diese bedrohlichen Entwicklungen wird stets ein
- Hauptverursacher genannt: die hohe Luftverschmutzung.
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- Tagtäglich gelangen Unmengen von Verunreinigungen in Form von
- Kleinstpartikeln (Staub und Schwermetalle) sowie Gasen
- (Schwefeldioxyd, Stickoxyde, Kohlenmonoxyd und Kohlendioxyd, Ozon
- u. a.) in die Luft. Die Wissenschaftler streiten sich bis heute
- über die genauen Auswirkungen und Zusammenhänge, inzwischen wird
- aber allgemein anerkannt, daß die Luftverschmutzung die
- Hauptschuld trifft, zumal über diesen Weg die Schadstoffe
- großflächig verteilt werden. Da ein Hauptluftverschmutzer das
- Schwefeldioxyd (SO2) ist, soll nachfolgend am Beispiel dieser
- chemischen Verbindung der Problemkomplex erläutert werden.
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- Schwefeldioxyd entsteht bei der Verbrennung von schwefelhaltigen
- (zumeist fossilen) Brennstoffen. Jede Kohle enthält z. B. von
- natur aus in geringem Umfang Schwefel, der mit der Kohle zu
- Schwefeldioxyd verbrennt. So stammt das schädliche Schwefeldioxyd
- zu über der Hälfte aus Kraft- und Fernheizwerken, zu mehr als
- einem Viertel aus der Industrie und "nur" zu etwa 13 Prozent aus
- Haushalten bzw. zu rund 3 Prozent aus dem Autoverkehr.
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- SO2 und die verschiedenen anderen gasförmigen Schwefelverbindungen
- haben vielfältige schädliche Auswirkungen zur Folge. Die durch
- die Verbrennung entstandenen Schwefelverbindungen besitzen eine
- Lebensdauer von nur wenigen Tagen, dann werden sie entweder
- ausgewaschen oder bilden klimabeeinflussende Aerosole. Sie tragen
- somit zum sauren Regen mit allen seinen Folgen wie z. B. eine
- Übersäuerung des Bodens, Nährstoffauswaschungen, Schädigungen von
- Fischbeständen als auch von Blatt- und Wurzelwerk der Vegetation
- bei. Auch die direkten volkswirtschaftlichen Schäden nehmen
- dadurch in erheblichem Maße zu. Hier sind insbesondere die
- Schäden an kulturhistorisch bedeutsamen Baudenkmälern sowie an
- Stahl- und Betonkonstruktionen zu erwähnen. Die jährlichen
- Instandhaltungskosten werden von Experten alleine für das Jahr
- 1981 auf über drei Milliarden DM geschätzt. Die mit den
- Schwefelverbindungen verschmutzte Luft schädigt aber auch den
- Menschen selbst, indem sie Reizungen der Atemwege bewirkt. Eine
- permanente Aufnahme dieser Verschmutzungen führt zu
- Atemwegserkrankungen wie chronische Bronchitis, Bronchialasthma
- und Lungenemphyseme.
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- Die Notwendigkeit zur Reduzierung der Schwefelverbindungen in der
- Luft ist inzwischen von allen Seiten als zwingend anerkannt. Es
- gibt jedoch zum Teil große Differenzen über die Höhe und die
- Einführungsfristen von Grenzwerten. Es existieren mehrere
- grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten, die SO2-Emissionen zu
- reduzieren.
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- Die erste Lösungsmöglichkeit besteht darin, das bei der
- Verbrennung entstehende SO2 durch technische Maßnahmen, wie z.
- B. einer Rauchgasentschwefelungsanlage, zu reduzieren bzw. in
- harmlosere Stoffe zu verwandeln.
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- Der zweite Lösungsansatz beruht auf der Überlegung, Brennstoffe
- mit möglichst geringem Schwefelgehalt zu verwenden. Es ist
- einleuchtend, daß umso weniger schädliche Schwefelverbindungen
- entstehen, je weniger Schwefel am Verbrennungsprozeß beteiligt
- ist.
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- Der dritte Ansatz geht davon aus, die Verbrennungsvorgänge selbst
- soweit wie möglich zu reduzieren. Dazu muß man wissen, daß der
- Sinn der Verbrennung überwiegend in der Energieerzeugung liegt,
- also für die Strom- bzw. Wärmeerzeugung und für
- Fortbewegungsmittel (Autos etc.). Folglich könnte man die
- Verbrennung zum Zwecke der Energieerzeugung durch den Umstieg auf
- alternative, verbrennungslose Energieerzeugungs- und
- -umwandlungsmethoden ersetzen. Die Errichtung von Atomkraftwerken
- stellt allerdings keine richtige Ausweichmöglichkeit zur
- Energieerzeugung dar, weil die Kosten für die Errichtung von
- Kernkraftwerken, welche die derzeitig arbeitenden konventionellen
- Kraftwerke ablösen könnten, die Investitionen zur
- Rauchgasentschwefelung um ein Vielfaches übersteigen würden, ganz
- abgesehen von den schwerwiegenden Risiken der Atomkraft.
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- Die vierte Möglichkeit zur Reduzierung der Luftverschmutzung
- besteht schlicht und einfach darin, den Energieverbrauch zu
- reduzieren. Hierzu gehören neben der Entwicklung und dem Einsatz
- von energiesparenden Maschinen auch der vernünftige Umgang mit der
- Energie. Man bedenke nur einmal die Unmengen von Strom, die in
- den Industriestaaten für Beleuchtungs- und Zierzwecke oder aus
- Bequemlichkeit verschwendet werden.
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- Um es gleich vorweg zu nehmen: So einfach, wie es auf den ersten
- Blick scheint, ist die Lösung der Probleme nicht. Da gibt es zum
- einen technische Probleme. Anlagen zur Rauchgasentschwefelung
- sind heute weitgehend ausgereift und erreichen einen Wirkungsgrad
- von 80 bis zu 98 Prozent, d. h. dieser Prozentsatz an SO2 wird
- aus dem Rauchgas "herausgefiltert". Die Rauchgasentschwefelung
- (RGE) führt jedoch nicht zu einer endgültigen Lösung des
- Luftverschmutzungsproblems. Einerseits benötigen derartige
- Anlagen sehr viel Platz (eine RGE-Anlage benötigt etwa genauso
- viel Standfläche wie das dazugehörige Kraftwerk selbst) und
- verschlechtern auch den Wirkungsgrad der Energieerzeugung.
- Andererseits entstehen je nach der Art der RGE-Anlage verschiedene
- Endprodukte wie Gips oder Stickstoffdünger, die unterschiedlich
- verwendbar sind. Weil diese Endprodukte jedoch in sehr großen
- Mengen anfallen und eine verhältnismäßig schlechte Qualität
- aufweisen (der Gips enthält z. B. Schwermetalle), kann der Markt
- nicht die gesamten Endproduktmengen aufnehmen. Deshalb müssen die
- riesigen Restmengen deponiert werden. Das ist nicht gerade eine
- elegante Lösung, zumal dadurch eine Gefährdung des Grundwassers
- entstehen kann.
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- Bedenkt man nun, daß sich durch die RGE nur die SO2-Emission
- reduziert, die anderen Schadstoffemissionen jedoch unverändert
- hoch bleiben, kann man die RGE nur als eine Notlösung ansehen.
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- Doch das sind nicht die einzigen Probleme. Allen Lösungsansätzen
- zur Reinhaltung der Luft ist eines gemeinsam: sie kosten Geld, und
- zwar sehr viel Geld. So sind z. B. schwefelarme Brennstoffe
- teurer als normale Brennstoffe, die Filterungs-Anlagen fallen
- ebenfalls sehr stark ins Gewicht, ganz abgesehen von den
- Forschungskosten. Alle diese Kosten werden zwangsläufig auf den
- "kleinen Mann" umgelegt, sei es durch eine Erhöhung der
- Strompreise oder durch eine Erhöhung von Steuern und Abgaben zum
- Schutze der Umwelt und des Menschen.
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- Die Industrie, die Hauptverursacher von Luftverschmutzungen,
- argumentiert, daß eine zwangsweise Einführung von Filteranlagen zu
- teuer wäre und die internationale Wettbewerbsfähigkeit
- beeinträchtigen würde. Ein Industrievertreter sprach
- beispielsweise davon, daß in unserem hochindustrialisierten Land
- gewisse Risiken für die Vegetation in Kauf genommen werden müssen.
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- Andere Sprecher der Wirtschaft stellen sich auf den Standpunkt, es
- sei verfrüht, bereits jetzt kostspielige Maßnahmen einzuleiten,
- solange die wahren Ursachen nicht eindeutig festgestellt und
- bewiesen worden sind. Zwangsläufig stellt sich hier die Frage, ob
- es dann nicht bereits zu spät ist.
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- Rund die Hälfte der SO2-Emissionen, die auf dem Gebiet der BRD
- niedergehen, stammen aus benachbarten Ländern. Selbst wenn die
- von Deutschland ausgehenden SO2-Emissionen auf null reduziert
- würden, kämen noch immer beachtliche Mengen an SO2 aus dem Ausland
- herein. Den Nachbarländern der BRD geht es nicht anders.
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- Es ist höchste Zeit, daß etwas sinnvolles getan wird, um unsere
- Umwelt und uns Menschen zu schützen. Je früher, desto besser.
- Doch man handelt erst dann, wenn eine gewisse Schmerzschwelle
- überschritten wird, wenn es zu Krankheit und Tod gekommen ist.
- Deshalb tut man sich mit dem vorbeugenden Umweltschutz reichlich
- schwer. Bisher handelt man noch nach dem Prinzip, Fehler zu
- korrigieren anstatt sie zu vermeiden. Das muß sich ändern.
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- Hier ist an erster Stelle der Eingriff des Staates gefragt. Er
- muß für eine baldmögliche Einführung von scharfen Grenzwerten bei
- allen Schadstoffemissionen sorgen. Nur der Staat als Gesetzgeber
- besitzt hierzu die Macht. Selbstverständlich dürfen
- Kontrollmöglichkeiten zur Einhaltung der Grenzwerte nicht fehlen.
- Dies könnte z. B. durch den Einbau von plombierten Sonden bei
- allen größeren Schadstoffverursachern erfolgen. Alle diese
- Maßnahmen kosten natürlich viel Geld. Es spricht einiges dafür,
- dieses Geld durch Steuern und Abgaben zu erheben, welche die
- Verursacher von Schadstoffemissionen zu bezahlen haben. Die Höhe
- der Zahlungen müßte sich danach richten, wieviele Schadstoffe der
- Verursacher in die Umwelt abgibt. Durch die Anwendung des
- Verursacherprinzips werden marktwirtschaftliche Regelungsgesetze
- aktiviert, indem die Verursacher die Möglichkeit haben, die Höhe
- ihrer Zahlungen nach einer Kosten-Nutzen-Analyse selbst zu
- bestimmen: Je mehr Geld der Verursacher in den Umweltschutz
- investiert, desto weniger Steuern und Abgaben hat er zu zahlen.
- Vorausgesetzt, die Steuern und Abgaben werden ausreichend hoch
- festgelegt, ergibt sich automatisch der gewünschte Erfolg: Die
- Reduzierung der Schadstoffemissionen.
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- Wer jetzt sagt, solche scharfen Maßnahmen würden die Wirtschaft
- ruinieren, der täuscht sich. In Japan verfährt man seit den 70er
- Jahren nach dem oben erläuterten Prinzip. So zählen die in Japan
- geltenden Gesetze für den Ausstoß von Schadstoffen zu den
- schärfsten in der Welt. Und es ist weithin bekannt, daß es der
- japanischen Wirtschaft gewiß nicht schlecht geht.
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- Um die baldmögliche Einführung von umweltschonenden Anlagen nicht
- unnötig zu behindern, ist es zusätzlich erforderlich, das
- Verwaltungs- und Genehmigungsverfahren von derartigen Anlagen zu
- vereinfachen und zu beschleunigen und vor allem sehr viel
- durchsichtiger zu gestalten. Dies gilt besonders für die
- Verwaltung in der Bundesrepublik Deutschland. In der BRD müssen
- außerdem eine Reihe von Gesetzeslücken geschlossen werden. So
- brauchen beispielsweise Kraftwerke mit geringer Größe keine
- Rauchgasentschwefelungsanlage einbauen, selbst wenn sie neu gebaut
- werden. Das hatte zur Folge, daß einige Kraftwerksbetreiber
- beschlossen, nur noch Kraftwerke mit geringerer Größe zu
- errichten, um die Kosten für die RGE-Anlagen zu sparen.
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- Zusätzlich zu den nationalen staatlichen Maßnahmen ist auch eine
- bessere internationale Kooperation erforderlich. Die Unmengen von
- Schadstoffen können nur dann deutlich gesenkt werden, wenn alle
- Staaten dieser Erde daran mitarbeiten. Das erfordert eine
- entsprechende Außenpolitik jedes einzelnen Staates. Dazu gehört
- auch eine sinnvolle Koordination im Bereich der Forschung. Es
- müssen nicht nur ausreichende finanzielle Mittel bereitgestellt
- werden. Es ist vielmehr auch notwendig, die Forschungen
- aufeinander abzustimmen, sonst wird man eines Tages festellen
- müssen, daß alle das gleiche gemacht haben.
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- Eine weitere Forderung zur Reduzierung der Schadstoffemissionen
- ist der Schutz und der Ausbau unserer Baumbestände, insbesondere
- auch des Regenwaldes. Bäume sind in der Lage, Schadstoffe aus der
- Luft herauszufiltern bzw. umzuwandeln. Nebenbei erzeugen sie den
- für uns lebensnotwendigen Sauerstoff. Es wäre töricht, diese
- "natürlichen Reinigungsanlagen" leichtfertig zu zerstören.
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- Nicht zuletzt ist es auch erforderlich, unsere Einstellung zu
- unserer Umwelt grundlegend zu verändern. Wir müssen uns bewußt
- werden, daß uns durch eine zerstörte Umwelt sehr viel an
- Lebensqualität verloren geht. Wir Menschen sind ein Teil dieser
- Umwelt und jeder negative Einfluß auf die Umwelt bewirkt letztlich
- auch eine Schädigung des Menschen. Die wirtschaftlichen
- Eigeninteressen sollten wir zugunsten der gesamten Menschheit
- zurückstellen. Uns drohen ökologische Katastrophen ungewissen
- Ausmaßes. Sicher ist nur das eine: Es werden sich Auswirkungen
- zeigen, wenn wir nicht bald damit beginnen, unsere Umwelt weltweit
- zu schützen.
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- Quellen:
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- 1. "Zehn Milliarden für bessere Luft - Eine Diskussion über die
- Rauchgasentschwefelung." Aus: bild der wissenschaft 1/1985
- Seiten 109 ff.
- 2. "Rauchgasentschwefelung - Zum Beispiel das Großkraftwerk
- Mannheim." Aus: bild der wissenschaft 12/1984 Seiten 80 ff.
- 3. "Umweltschutz in Japan - Wer Dreck macht, muß zahlen." Aus:
- bild der wissenschaft 6/1985 Seiten 92 ff.
- 4. "Sauerer Regen und andere Katastrophen". Aus:
- Cousteau-Umweltlesebuch 2 (1. Auflage; Verlagsgemeinschaft
- Ernst Klett), Seiten 52 - 63
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