Description
Atlas ICBM Silos In den fⁿnfziger Jahren hielt, nach der Entwicklung der Langstreckenbomber, der nΣchste gro▀e Entwicklungsschritt im Wettrⁿsten zwischen den USA und der Sowjetunion Einzug - die Langstrecken-Interkontinentalrakete (ICBM). Die US Air Force entwickelte das Waffensystem ATLAS (SM-65) und wandte sich 1958 an das US Army Corps of Engineers (Pioniere), das die Abschussbasen bauen sollte. Zu diesem Zeitpunkt war das Programm noch immer in der Entwicklungsphase, vieles war noch unklar und mu▀te immer wieder geΣndert werden. Das ging so weit, da▀ bereits erstellte Einbauten wieder abgerissen und entsprechend modifiziert werden mu▀ten. Auch die endgⁿltige Anzahl der ICBM-Einheiten war noch unbekannt und selbst ⁿber den fⁿr die Raketen und das Personal n÷tigen Schutz war man sich noch nicht ganz klar. Schlie▀lich entschied sich die USAF fⁿr eine bestimmte Strategie und beauftragte das Corps of Engineers Ballistic Missile Construction Office (CEBMCO), Basen fⁿr dreizehn ATLAS-Einheiten, verteilt ⁿber fast die gesamten USA, zu bauen. Diese Anlagen, pro Einheit zwischen fⁿnf und vierzehn Abschu▀basen, wurden zwischen 1958 und 1964 errichtet. Um die Fertigstellung voranzutreiben und m÷glichst bald einsatzbereit zu sein, wurden drei unterschiedliche Konfigurationen gebaut. Die ersten Objekte waren einfache, ⁿberirdische Anlagen, die innerhalb kⁿrzester Zeit gebaut werden konnten und wenig Wert auf den Schutz der Flugk÷rper legten. Im Jahr 1960 wurden die ersten Schwadronen auf solchen sog. Soft Sites in Dienst gestellt. Die Rakete selbst war hier in einem 31,5m x 46,6m gro▀en StahlbetongebΣude untergebracht. Zum Start konnte das Dach hydraulisch aufgeklappt, die 25,4m lange, mehr als 120 Tonnen schwere Rakete aufgerichtet und abgefeuert werden. Die nΣchste Stufe waren die Semi-Hard Sites, auch SΣrge genannt, die fⁿr die ATLAS E gebaut wurden. Auch hier war die Rakete liegend untergebracht, allerdings waren alle Installationen unterirdisch, so da▀ praktisch nur der Silodeckel hervorschaute. Das SilogebΣude hatte hier eine Gr÷sse von etwa 30m x 32m, wobei der seitliche Bereich als Betriebs- bzw. Werkstattbereich diente. Eine etwa zwanzig Meter lange R÷hre verband den Silobereich mit dem Kontrollzentrum. Den H÷hepunkt in der Entwicklung dieses Waffensystems stellte die ATLAS F dar. Sie war in sogenannten "Hard Sites", den ersten eigentlichen Vertikal-Silos, untergebracht. Der Siloschacht, der von 4,2m starken, 45 Tonnen schweren Tⁿren nach oben hin abgeschlossen wurde, hatte einen Durchmesser von fast sechzehn Metern und war 53 Meter tief. Die WandstΣrke betrug oben 3m, unten etwa 1,8m. Die Rakete wurde von einer "Crib" (Krippe) genannten Metallstruktur im Silo gehalten. Diese Konstruktion hing an vier Federn elastisch im Schacht. WΣhrend der Abschuss-Prozedur, die fⁿnfzehn bis drei▀ig Minuten beanspruchte, wurde der Flugk÷rper aufgetankt, dann von einem Aufzug ins Freie gehoben und schlie▀lich abgefeuert. Das erneute "Laden" des Silos hΣtte nach einem Abschuss etwa drei▀ig Tage gedauert. Hierbei wurden zwei Spezial LKW am Silomund mittels Bolzen verankert, die Rakete aufgerichtet und abgesenkt. Danach wurde der Gefechtskopf vom zweiten LKW aus auf Σhnliche Weise montiert. WΣhrend des Baus der dreizehn Abschuss-Komplexe kamen zw÷lf Arbeiter ums Leben. Der Grund lag einfach darin, da▀ Tag und Nacht, Sommer wie Winter unter schwierigsten UmstΣnden (Einstⁿrze, Wassereinbruch, starker Frost, gro▀e Hitze) gearbeitet werden mu▀te. Die Kosten pro Silo bzw. Abschuss-Objekt betrugen rund 20 Millionen US$. Auch die Kontrollzentren der verschiedenen Atlas-Modelle waren unterschiedlich ausgelegt. Handelte es sich bei den Typen D und E noch um rechteckige, einst÷ckige Bauten, so hatte das der F-Serie nun eine runde Form und zwei Etagen. Hier arbeitete eine Besatzung von nur acht Personen, fⁿr die vier Betten zur Verfⁿgung standen. Der Stress mu▀ unbeschreiblich gewesen sein. Mehrmals im Monat gab es ▄bungen, die bis zur Abschussklarheit des ICBM gingen. Da▀ es sich nur um eine ▄bung handelte, wurde immer erst dann klar, wenn der Befehl kam, den Flugk÷rper wieder in Ruhestellung zu bringen. Da der Gefechtskopf in jedem Fall immer erst nach dem Start scharf gemacht worden wΣre, gab es praktisch keinen fⁿr die Mannschaft erkennbaren Unterschied zwischen ▄bung und Ernstfall. Neben Silo und Kontrollzentrum gab es weitere GebΣude, so z.B. KFZ-Hallen, Wirtschafts- und Bⁿrobaracken, Tanks, mehrere feste und versenkbare Antennen. Die GelΣnde waren jeweils gro▀zⁿgig umzΣunt und mit der damals besten Sicherheitstechnik ausgerⁿstet. Trotz des hohen Aufwands war die Atlas-Serie nur kurz in Dienst und wurde schon sehr bald von Raketen mit Feststoff-TreibsΣtzen wie beispielsweise der Minuteman abgel÷st. Schon 1965 ging die letzte ATLAS-Einheit au▀er Dienst. Alles brauchbare Material wurde aus den Komplexen entfernt und die Anlagen verlassen. Die von Lockheed Martin hergestellten TrΣgerraketen wurden von ihren Gefechtsk÷pfen befreit und dienten teilweise noch bis 1994 dazu, Satelliten ins All zu transportieren. Nach der Stillegung wurden die Anlagen lange Zeit vergessen, bevor die Regierung sie an Privatleute bzw. Firmen verΣu▀erte. Aufgrund der Abgelegenheit und der sonstigen ungⁿnstigen Voraussetzungen fⁿr eine zivile Nutzung gab es sie eine Zeit lang recht gⁿnstig. Heute wechseln sie fⁿr eine Viertelmillion Dollar und mehr den Besitzer, angeboten werden sie u.a. von der Firma 20th Century Castles. Meist handelt es sich um Individualisten, die entweder ein ungew÷hnliches Gewerbe (z.B. Ultraleicht-Flugzeugbau, Hochsicherheits-Server) unterbringen m÷chten oder eine au▀ergew÷hnliche Wohnidee haben. Wir hatten Gelegenheit, zwei solche Anlagen im US-Bundesstaat Kansas zu besuchen. Beim ersten Objekt, das zur Forbes Air Force Base geh÷rte, handelt es sich um eine Abschussbasis fⁿr das Modell ATLAS E. Das horizontale Silo dient heute als Garage und Abstellbereich, die angrenzenden RΣume als Werkstatt. Durch einen Tunnel, der frⁿher zur HΣlfte mit Kabeln und Leitungen gefⁿllt war, gelangt man zum frⁿheren unterirdischen Kontrollbereich. ▄ber diesem, heute als Wohnung dienenden Bereich wurde ein GebΣude mit vielen Fenstern und Glasdach errichtet, so da▀ immer etwas Licht in die direkt unter dem Einstieg liegende Wohnkⁿche fΣllt. Die KFZ-Hallen und Antennen sind heute nicht mehr vorhanden, trotzdem stellt sich das GelΣnde an vielen Stellen noch relativ original dar. Aus einem anderen Komplex hat der Besitzer sogar noch die Original-Bedienkonsole retten k÷nnen. Die zweite Anlage geh÷rte zur Schilling Air Force Base und war mit einer ATLAS F bestⁿckt. Der heutige Besitzer baut das ehemalige Kontrollzentrum zur Wohnung aus und hat dabei schon einige Fortschritte gemacht - ohne Frage liegt aber noch ein weiter Weg vor ihm. Er hat selbst einmal in einem solchen Komplex gearbeitet und m÷chte mittel- bis langfristig eine Ausstellung und ein CafΘ im Siloschacht er÷ffnen. Dieser ist heute noch gΣhnend leer, die erwΣhnten, federnd hΣngenden Stockwerke aus Stahl wurden vor vielen Jahren demontiert. Auch dieses GelΣnde ist nicht mehr Original, auch hier fehlen die KFZ-Hallen und einige andere Einrichtungen. Verblieben sind neben den unterirdischen Bauwerken auch ZugangsgebΣude, LⁿftungsschΣchte, Antennensockel und weitere Details wie beispielsweise der Zaun. Zugegeben. diese Form des Wohnens ist extrem und bestimmt nicht fⁿr jeden geeignet. Das Gefⁿhl, an einem der ehemals m÷glichen Ursprungsorte des Dritten Weltkriegs zu leben, geht sicherlich an den Wenigsten spurlos vorⁿber.
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