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Chaos Computer Club 1997 February
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1997-02-28
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6KB
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212 lines
Seite 26_
Ausgabe 54
Von hinten durch die Brust ins Auge:
Die Telecom der Hand amerikanischer
Geheimdienste
Durch welche Hässige Kalkulation kam die
Telekom auf ihre neuen Gebühren?
Einerseits sollen sie notwendig für den freien
Wettbewerb sein, andererseits aber zu
planmäßigen Einnahmeverlusten in Milliarden-
höhe führen. Wie geht das zusammen?
Ein mögliches, nicht ganzlieh unwahrschein-
liches Szenario, daß auf Basis der verfügbaren
Informationen zusammenspekuliert wurde, sieht
in etwa so aus:
<BEGINN SPEKULATION>
Mit dem Ende des KaltenKrieges (TM) saßen
einige zehntausend hochbezahlte, engagierte
und teilweise auch talentierte Geheimdienstier
bei den diversen DreiBuchstaben Behörden in
den USA ohne wirklich attraktiven Feind da.
Endlich hatte man einigermaßen taugliche
Spionagesatelliten im Orbit, hinreichend große
Computer waren installiert, die eigenen
Netzwerke halbwegs sinnvoll konfiguriert und
dann sowas!
Die Suche nach neuen prestigeträchtigen Auf-
gabengebieten ergab einiges Interessantes Die
Sache mit der Drogenversorgung mußte endlich
mal geregelt werden und diese arabisch-mosle-
mischenFundislamudschahedins gerieten auch
langsam außer Kontrolle.Aber eigentlich...
Eigentlich war immer noch Plan 3 zur Uber-
nahme der Weltherrschaft auf ökonomischem
Wege in Kraft.
Und da gab es einige Probleme: Zwar hatte
das Iridium-Konsortium um Motorola technisch
gesehen den Grundstein für eine tatsächliche
Beherschung der weltweiten Kommunikation
gelegt, doch vergehen bis zur Realisierung noch
etliche Jahre.
Zudem drohten ausländische Konkurrenten
mit Iridium-ähnlichen
zunichte zu machen.
Eines der Hauptprobleme stellt dabei die
Deutsche Telekom dar.
Glücklicherweise bot die Situation in
Deutschland einige Hervoragende Angriffspunk-
te. Die geplante Öffnung des Marktes und die
massive Unsicherheit in den Führungsetagen
der Telekom ergaben ein hervoragendes Feld
filr verdeckte Operationen.
Der beste Weg, die Telekom zu schwächen
war und ist die Begünstigung ihrer Konkurrenz,
insbesondere von AT&T und anderen amerika-
nischen Gesellschaften. Um sich nicht in lang-
wierigen Kleinoperationen zu verzetteln, wurde
beschlossen,auf direktem Wege fehlerhafte Ent-
scheidungen bei den unerfahrenen Telekom-
Managern zu provozieren. Durch geschickte
Schachzüge konnte im ersten Schritt verhindert
werden, daß die Telekom wirklich erprobte
Führungskräfte aus großen Kommunikations-
konzernen anwerben konnte.
Die dazugekauften Manager stammen
größtenteils aus sachfremden Gebieten wie dem
Autobau oder waren bestenfalls aus
Hardwarekonzernen wie Alcatel abgeworben.
Dadurch entstand ein massiver Bedarf an
externen Beratungsleistungen, der vorwiegend
durch Unternehmensberatungen gedeckt wurde
und wird. Unternehmens- und Wirtschaftsbera-
tungsunternehmen sind seit langem ein belieb-
tes Tummelfeld von Geheimdiensten. Nirgend-
wo lassen sich sich so einfach und
kostengünstig Daten für die Industriespionage
gewinnen. Vor dem Unternehmensberater lassen
alle Manager die Hosen runter und packen die
realen Zahlen auf den Tisch. Außerdem lassen
sich Dank der Tatsache, daß Management-Prin-
zipien keine Wissenschaft sondern eine Weltan-
schaüng sind, nahezu beliebige Entscheidungen
Grundiert" untermauern und begründen.
System den schönen Plan
Diese einmalige Konstellation nutze der CIA
für eine wahrhaft genialen Plan.
SDie SDnicnde41c~cr - Das wissenschaftliche Fachblatt für Datenreisende
r
Ausgabe 54
Durch Beratungsfirmen wie Price Waterhou-
se, die schon seit längerem einen etwas
merkwürdigen Ruf genießen, wurde der
Telekom das alte Wundern ittel der Beraterzunft
schmackhaft gemacht: Business Units, die Auf-
teilung des tJntemehmens in kleinere, quasi
selbständige Einheiten mit interner Rechnungs-
stellung.
Dieses Konzept macht zwar in normalen
Unternehmen durchaus Sinn, da Entscheidungs-
wege verkürzt und Kosten transparenter
gemacht werden können. Die Telekom hat sich
aber bei der Umsetzung dieser Umstruktur-
ierung nebenbei auch die Trennung von Orts-
und Fernnetz aufschwatzen lassen -ein verhting-
nisvoller Fehler. Die buchhalterische Trennung
der beiden Netzbereiche führt natürlich zu
einem rechnerischen lötefinit auf der Ortsseite,
da hier die Investitionen deutlich höher liegen,
die Einnahmen aber vergleichsweise gering
sind.
Daß im internationalen Vergleich aber das
Ortsnetz als Zugang zum Fernnetz betrachtet
wird und von daher bei allen bedeutenden Tel-
cos attraktiv gehalten wird, ist offenbar keinem
der mit fürstlichen Honoraren eingekauften
Fremdmanager aufgefallen.(Wie gut informierte
Kreise berichten, forderte auf einer Telekom-
internen Tagung ein etwas niedrigrangigerer
Alttechniker unter dem Beifall der anwesenden
500 mittleren Führungskräfte, man solle den
Neumanagern erstmal haarkleinerläutern was
ein Telefon ist...)
Die Doppelstrategie des CIA hatte Erfolg.
Der Marktzugang für Telekom-Konkurenten
wurde erheblich erleichtert, das Management
der T ist auf lange Sicht sowohl im eigenen
Unternehmen als auch bei den Kunden solide
diskreditiert.
Durch den Zugriff der Unternehmensberater
und die massive Abhängigkeit von deren
Vorschlägen ist auch dielangermistige Kontrolle
gewährleistet. Insbesondere AT&T wird es dan-
ken.
Seite 27 !
Um auch im internationalen Bereich sicherzu-
stellen,daß amerikanische Interessen gewahrt
bleiben, lancierte man schon weit im voraus
über den bewährten Unternehmens-
,beratungsweg die Idee, daß zusätzlich zur Alli-
anz mit France Telekom eine Partnerschaft mit
einer amerikanischen Telefongesellschaft nütz-
lich wäre.
Rein zufällig hatte US Sprint unteresse an
einer solchen Kooperation, und schon gab es
einen hervorragenden Zugang zu zwei der
wichtigsten europäischenTelefongesellschaften.
Die Blauäugigkeit und Selbstgefälligkeit der
"Elite" der deutschen Industrie hat also
letztendlich dazugeführt, das eines der wichtig-
sten Unternehmen Deutschlands quasi unter der
Kontrolle fremder Mächte ist.
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Pik ~tell~c~ler,Ier - Das wissenschaftliche Fachblatt für Datenreisende.
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