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Text File  |  1996-08-22  |  121KB  |  239 lines

  1. DIE VERWANDLUNG
  2. Franz Kafka
  3.  
  4. Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen TrΣumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt. Er lag auf seinem panzerartig harten Rⁿcken und sah, wenn er den Kopf ein wenig hob, seinen gew÷lbten, braunen, von bogenf÷rmigen Versteifungen geteilten Bauch, auf dessen H÷he sich die Bettdecke, zum gΣnzlichen Niedergleiten bereit, kaum noch erhalten konnte. Seine vielen, im Vergleich zu seinem sonstigen Umfang klΣglich dⁿnnen Beine flimmerten ihm hilflos vor den Augen. 
  5.  
  6. ╗Was ist mit mir geschehen?½, dachte er. Es war kein Traum. Sein Zimmer, ein richtiges, nur etwas zu kleines Menschenzimmer, lag ruhig zwischen den vier wohlbekannten WΣnden. ▄ber dem Tisch, auf dem eine auseinandergepackte Musterkollektion von Tuchwaren ausgebreitet war - Samsa war Reisender - hing das Bild, das er vor kurzem aus einer illustrierten Zeitschrift ausgeschnitten und in einem hⁿbschen, vergoldeten Rahmen untergebracht hatte. Es stellte eine Dame dar, die mit einem Pelzhut und einer Pelzboa versehen, aufrecht dasa▀ und einen schweren Pelzmuff, in dem ihr ganzer Unterarm verschwunden war, dem Beschauer entgegenhob. 
  7.  
  8. Gregors Blick richtete sich dann zum Fenster, und das trⁿbe Wetter - man h÷rte Regentropfen auf das Fensterblech aufschlagen - machte ihn ganz melancholisch. ╗Wie wΣre es, wenn ich noch ein wenig weiterschliefe und alle Narrheiten vergΣ▀e½, dachte er, aber das war gΣnzlich undurchfⁿhrbar, denn er war gew÷hnt, auf der rechten Seite zu schlafen, konnte sich aber in seinem gegenwΣrtigen Zustand nicht in diese Lage bringen. Mit welcher Kraft er sich auch auf die rechte Seite warf, immer wieder schaukelte er in die Rⁿckenlage zurⁿck. Er versuchte es wohl hundertmal, schlo▀ die Augen, um die zappelnden Beine nicht sehen zu mⁿssen, und lie▀ erst ab, als er in der Seite einen noch nie gefⁿhlten, leichten, dumpfen Schmerz zu fⁿhlen begann. 
  9.  
  10. ╗Ach Gott½, dachte er, ╗was fⁿr einen anstrengenden Beruf habe ich gewΣhlt! Tag aus, Tag ein auf der Reise. Die geschΣftlichen Aufregungen sind viel gr÷▀er, als im eigentlichen GeschΣft zu Hause, und au▀erdem ist mir noch diese Plage des Reisens auferlegt, die Sorgen um die Zuganschlⁿsse, das unregelmΣ▀ige, schlechte Essen, ein immer wechselnder, nie andauernder, nie herzlich werdender menschlicher Verkehr. Der Teufel soll das alles holen!½ Er fⁿhlte ein leichtes Jucken oben auf dem Bauch; schob sich auf dem Rⁿcken langsam nΣher zum Bettpfosten, um den Kopf besser heben zu k÷nnen; fand die juckende Stelle, die mit lauter kleinen wei▀en Pⁿnktchen besetzt war, die er nicht zu beurteilen verstand; und wollte mit einem Bein die Stelle betasten, zog es aber gleich zurⁿck, denn bei der Berⁿhrung umwehten ihn KΣlteschauer. 
  11.  
  12. Er glitt wieder in seine frⁿhere Lage zurⁿck. ╗Dies frⁿhzeitige Aufstehen½, dachte er, ╗macht einen ganz bl÷dsinnig. Der Mensch mu▀ seinen Schlaf haben. Andere Reisende leben wie Haremsfrauen. Wenn ich zum Beispiel im Laufe des Vormittags ins Gasthaus zurⁿckgehe, um die erlangten AuftrΣge zu ⁿberschreiben, sitzen diese Herren erst beim Frⁿhstⁿck. Das sollte ich bei meinem Chef versuchen; ich wⁿrde auf der Stelle hinausfliegen. Wer wei▀ ⁿbrigens, ob das nicht sehr gut fⁿr mich wΣre. Wenn ich mich nicht wegen meiner Eltern zurⁿckhielte, ich hΣtte lΣngst gekⁿndigt, ich wΣre vor den Chef hin getreten und hΣtte ihm meine Meinung von Grund des Herzens aus gesagt. Vom Pult hΣtte er fallen mⁿssen! Es ist auch eine sonderbare Art, sich auf das Pult zu setzen und von der H÷he herab mit dem Angestellten zu reden, der ⁿberdies wegen der Schwerh÷rigkeit des Chefs ganz nahe herantreten mu▀. Nun, die Hoffnung ist noch nicht gΣnzlich aufgegeben; habe ich einmal das Geld beisammen, um die Schuld der Eltern an ihn abzuzahlen - es dⁿrfte noch fⁿnf bis sechs Jahre dauern - , mache ich die Sache unbedingt. Dann wird der gro▀e Schnitt gemacht. VorlΣufig allerdings mu▀ ich aufstehen, denn mein Zug fΣhrt um fⁿnf.½ 
  13.  
  14. Und er sah zur Weckuhr hinⁿber, die auf dem Kasten tickte. ╗Himmlischer Vater!½, dachte er. Es war halb sieben Uhr, und die Zeiger gingen ruhig vorwΣrts, es war sogar halb vorⁿber, es nΣherte sich schon dreiviertel. Sollte der Wecker nicht gelΣutet haben? Man sah vom Bett aus, da▀ er auf vier Uhr richtig eingestellt war; gewi▀ hatte er auch gelΣutet. Ja, aber war es m÷glich, dieses m÷belerschⁿtternde LΣuten ruhig zu verschlafen? Nun, ruhig hatte er ja nicht geschlafen, aber wahrscheinlich desto fester. Was aber sollte er jetzt tun? Der nΣchste Zug ging um sieben Uhr; um den einzuholen, hΣtte er sich unsinnig beeilen mⁿssen, und die Kollektion war noch nicht eingepackt, und er selbst fⁿhlte sich durchaus nicht besonders frisch und beweglich. Und selbst wenn er den Zug einholte, ein Donnerwetter des Chefs war nicht zu vermeiden, denn der GeschΣftsdiener hatte beim Fⁿnfuhrzug gewartet und die Meldung von seiner VersΣumnis lΣngst erstattet. Es war eine Kreatur des Chefs, ohne Rⁿckgrat und Verstand. Wie nun, wenn er sich krank meldete? Das wΣre aber Σu▀erst peinlich und verdΣchtig, denn Gregor war wΣhrend seines fⁿnfjΣhrigen Dienstes noch nicht einmal krank gewesen. Gewi▀ wⁿrde der Chef mit dem Krankenkassenarzt kommen, wⁿrde den Eltern wegen des faulen Sohnes Vorwⁿrfe machen und alle EinwΣnde durch den Hinweis auf den Krankenkassenarzt abschneiden, fⁿr den es ja ⁿberhaupt nur ganz gesunde, aber arbeitsscheue Menschen gibt. Und hΣtte er ⁿbrigens in diesem Falle so ganz unrecht? Gregor fⁿhlte sich tatsΣchlich, abgesehen von einer nach dem langen Schlaf wirklich ⁿberflⁿssigen SchlΣfrigkeit, ganz wohl und hatte sogar einen besonders krΣftigen Hunger. 
  15.  
  16. Als er dies alles in gr÷▀ter Eile ⁿberlegte, ohne sich entschlie▀en zu k÷nnen, das Bett zu verlassen - gerade schlug der Wecker dreiviertel sieben - klopfte es vorsichtig an die Tⁿr am Kopfende seines Bettes. 
  17.  
  18. ╗Gregor½, rief es - es war die Mutter - , ╗es ist dreiviertel sieben. Wolltest du nicht wegfahren?½ Die sanfte Stimme! Gregor erschrak, als er seine antwortende Stimme h÷rte, die wohl unverkennbar seine frⁿhere war, in die sich aber, wie von unten her, ein nicht zu unterdrⁿckendes, schmerzliches Piepsen mischte, das die Worte f÷rmlich nur im ersten Augenblick in ihrer Deutlichkeit belie▀, um sie im Nachklang derart zu zerst÷ren, da▀ man nicht wu▀te, ob man recht geh÷rt hatte. Gregor hatte ausfⁿhrlich antworten und alles erklΣren wollen, beschrΣnkte sich aber bei diesen UmstΣnden darauf, zu sagen: ╗Ja, ja, danke Mutter, ich stehe schon auf.½ Infolge der Holztⁿr war die VerΣnderung in Gregors Stimme drau▀en wohl nicht zu merken, denn die Mutter beruhigte sich mit dieser ErklΣrung und schlⁿrfte davon. Aber durch das kleine GesprΣch waren die anderen Familienmitglieder darauf aufmerksam geworden, da▀ Gregor wider Erwarten noch zu Hause war, und schon klopfte an der einen Seitentⁿr der Vater, schwach, aber mit der Faust. ╗Gregor, Gregor½, rief er, ╗was ist denn?½ Und nach einer kleinen Weile mahnte er nochmals mit tieferer Stimme: ╗Gregor! Gregor!½ An der anderen Seitentⁿr aber klagte leise die Schwester: ╗Gregor? Ist dir nicht wohl? Brauchst du etwas?½ Nach beiden Seiten hin antwortete Gregor: ╗Bin schon fertig½, und bemⁿhte sich, durch die sorgfΣltigste Aussprache und durch Einschaltung von langen Pausen zwischen den einzelnen Worten seiner Stimme alles Auffallende zu nehmen. Der Vater kehrte auch zu seinem Frⁿhstⁿck zurⁿck, die Schwester aber flⁿsterte: ╗Gregor, mach auf, ich beschw÷re dich.½ Gregor aber dachte gar nicht daran aufzumachen, sondern lobte die vom Reisen her ⁿbernommene Vorsicht, auch zu Hause alle Tⁿren wΣhrend der Nacht zu versperren. 
  19.  
  20. ZunΣchst wollte er ruhig und ungest÷rt aufstehen, sich anziehen und vor allem frⁿhstⁿcken, und dann erst das Weitere ⁿberlegen, denn, das merkte er wohl, im Bett wⁿrde er mit dem Nachdenken zu keinem vernⁿnftigen Ende kommen. Er erinnerte sich, schon ÷fters im Bett irgendeinen vielleicht durch ungeschicktes Liegen erzeugten, leichten Schmerz empfunden zu haben, der sich dann beim Aufstehen als reine Einbildung herausstellte, und er war gespannt, wie sich seine heutigen Vorstellungen allmΣhlich aufl÷sen wⁿrden. Da▀ die VerΣnderung der Stimme nichts anderes war, als der Vorbote einer tⁿchtigen Verkⁿhlung, einer Berufskrankheit der Reisenden, daran zweifelte er nicht im geringsten. 
  21.  
  22. Die Decke abzuwerfen war ganz einfach; er brauchte sich nur ein wenig aufzublasen und sie fiel von selbst. Aber weiterhin wurde es schwierig, besonders weil er so ungemein breit war. Er hΣtte Arme und HΣnde gebraucht, um sich aufzurichten; statt dessen aber hatte er nur die vielen Beinchen, die ununterbrochen in der verschiedensten Bewegung waren und die er ⁿberdies nicht beherrschen konnte. Wollte er eines einmal einknicken, so war es das erste, da▀ es sich streckte; und gelang es ihm endlich, mit diesem Bein das auszufⁿhren, was er wollte, so arbeiteten inzwischen alle anderen, wie freigelassen, in h÷chster, schmerzlicher Aufregung. ╗Nur sich nicht im Bett unnⁿtz aufhalten½, sagte sich Gregor. 
  23.  
  24. Zuerst wollte er mit dem unteren Teil seines K÷rpers aus dem Bett hinauskommen, aber dieser untere Teil, den er ⁿbrigens noch nicht gesehen hatte und von dem er sich auch keine rechte Vorstellung machen konnte, erwies sich als zu schwer beweglich; es ging so langsam; und als er schlie▀lich, fast wild geworden, mit gesammelter Kraft, ohne Rⁿcksicht sich vorwΣrtsstie▀, hatte er die Richtung falsch gewΣhlt, schlug an den unteren Bettpfosten heftig an, und der brennende Schmerz, den er empfand, belehrte ihn, da▀ gerade der untere Teil seines K÷rpers augenblicklich vielleicht der empfindlichste war. 
  25.  
  26. Er versuchte es daher, zuerst den Oberk÷rper aus dem Bett zu bekommen, und drehte vorsichtig den Kopf dem Bettrand zu. Dies gelang auch leicht, und trotz ihrer Breite und Schwere folgte schlie▀lich die K÷rpermasse langsam der Wendung des Kopfes. Aber als er den Kopf endlich au▀erhalb des Bettes in der freien Luft hielt, bekam er Angst, weiter auf diese Weise vorzurⁿcken, denn wenn er sich schlie▀lich so fallen lie▀, mu▀te geradezu ein Wunder geschehen, wenn der Kopf nicht verletzt werden sollte. Und die Besinnung durfte er gerade jetzt um keinen Preis verlieren; lieber wollte er im Bett bleiben. 
  27.  
  28. Aber als er wieder nach gleicher Mⁿhe aufseufzend so dalag wie frⁿher, und wieder seine Beinchen wom÷glich noch Σrger gegeneinander kΣmpfen sah und keine M÷glichkeit fand, in diese Willkⁿr Ruhe und Ordnung zu bringen, sagte er sich wieder, da▀ er unm÷glich im Bett bleiben k÷nne und da▀ es das Vernⁿnftigste sei, alles zu opfern, wenn auch nur die kleinste Hoffnung bestⁿnde, sich dadurch vom Bett zu befreien. Gleichzeitig aber verga▀ er nicht, sich zwischendurch daran zu erinnern, da▀ viel besser als verzweifelte Entschlⁿsse ruhige und ruhigste ▄berlegung sei. In solchen Augenblicken richtete er die Augen m÷glichst scharf auf das Fenster, aber leider war aus dem Anblick des Morgennebels, der sogar die andere Seite der engen Stra▀e verhⁿllte, wenig Zuversicht und Munterkeit zu holen. ╗Schon sieben Uhr½, sagte er sich beim neuerlichen Schlagen des Weckers, ╗schon sieben Uhr und noch immer ein solcher Nebel.½ Und ein Weilchen lang lag er ruhig mit schwachem Atem, als erwarte er vielleicht von der v÷lligen Stille die Wiederkehr der wirklichen und selbstverstΣndlichen VerhΣltnisse. 
  29.  
  30. Dann aber sagte er sich: ╗Ehe es einviertel acht schlΣgt, mu▀ ich unbedingt das Bett vollstΣndig verlassen haben. Im ⁿbrigen wird auch bis dahin jemand aus dem GeschΣft kommen, um nach mir zu fragen, denn das GeschΣft wird vor sieben Uhr ge÷ffnet.½ Und er machte sich nun daran, den K÷rper in seiner ganzen LΣnge vollstΣndig gleichmΣ▀ig aus dem Bett hinauszuschaukeln. Wenn er sich auf diese Weise aus dem Bett fallen lie▀, blieb der Kopf, den er beim Fall scharf heben wollte, voraussichtlich unverletzt. Der Rⁿcken schien hart zu sein; dem wⁿrde wohl bei dem Fall auf den Teppich nichts geschehen. Das gr÷▀te Bedenken machte ihm die Rⁿcksicht auf den lauten Krach, den es geben mⁿ▀te und der wahrscheinlich hinter allen Tⁿren wenn nicht Schrecken, so doch Besorgnisse erregen wⁿrde. Das mu▀te aber gewagt werden. 
  31.  
  32. Als Gregor schon zur HΣlfte aus dem Bette ragte - die neue Methode war mehr ein Spiel als eine Anstrengung, er brauchte immer nur ruckweise zu schaukeln - , fiel ihm ein, wie einfach alles wΣre, wenn man ihm zu Hilfe kΣme. Zwei starke Leute - er dachte an seinen Vater und das DienstmΣdchen - hΣtten vollstΣndig genⁿgt; sie hΣtten ihre Arme nur unter seinen gew÷lbten Rⁿcken schieben, ihn so aus dem Bett schΣlen, sich mit der Last niederbeugen und dann blo▀ vorsichtig dulden mⁿssen, da▀ er den ▄berschwung auf dem Fu▀boden vollzog, wo dann die Beinchen hoffentlich einen Sinn bekommen wⁿrden. Nun, ganz abgesehen davon, da▀ die Tⁿren versperrt waren, hΣtte er wirklich um Hilfe rufen sollen? Trotz aller Not konnte er bei diesem Gedanken ein LΣcheln nicht unterdrⁿcken. 
  33.  
  34. Schon war er so weit, da▀ er bei stΣrkerem Schaukeln kaum das Gleichgewicht noch erhielt, und sehr bald mu▀te er sich nun endgⁿltig entscheiden, denn es war in fⁿnf Minuten einviertel acht, - als es an der Wohnungstⁿr lΣutete. ╗Das ist jemand aus dem GeschΣft½, sagte er sich und erstarrte fast, wΣhrend seine Beinchen nur desto eiliger tanzten. Einen Augenblick blieb alles still. ╗Sie ÷ffnen nicht½, sagte sich Gregor, befangen in irgendeiner unsinnigen Hoffnung. Aber dann ging natⁿrlich wie immer das DienstmΣdchen festen Schrittes zur Tⁿr und ÷ffnete. Gregor brauchte nur das erste Gru▀wort des Besuchers zu h÷ren und wu▀te schon, wer es war - der Prokurist selbst. Warum war nur Gregor dazu verurteilt, bei einer Firma zu dienen, wo man bei der kleinsten VersΣumnis gleich den gr÷▀ten Verdacht fa▀te? Waren denn alle Angestellten samt und sonders Lumpen, gab es denn unter ihnen keinen treuen ergebenen Menschen, der, wenn er auch nur ein paar Morgenstunden fⁿr das GeschΣft nicht ausgenutzt hatte, vor Gewissensbissen nΣrrisch wurde und geradezu nicht imstande war, das Bett zu verlassen? Genⁿgte es wirklich nicht, einen Lehrjungen nachfragen zu lassen - wenn ⁿberhaupt diese Fragerei n÷tig war - , mu▀te da der Prokurist selbst kommen, und mu▀te dadurch der ganzen unschuldigen Familie gezeigt werden, da▀ die Untersuchung dieser verdΣchtigen Angelegenheit nur dem Verstand des Prokuristen anvertraut werden konnte? Und mehr infolge der Erregung, in welche Gregor durch diese ▄berlegungen versetzt wurde, als infolge eines richtigen Entschlusses, schwang er sich mit aller Macht aus dem Bett. Es gab einen lauten Schlag, aber ein eigentlicher Krach war es nicht. Ein wenig wurde der Fall durch den Teppich abgeschwΣcht, auch war der Rⁿcken elastischer, als Gregor gedacht hatte, daher kam der nicht gar so auffallende dumpfe Klang. Nur den Kopf hatte er nicht vorsichtig genug gehalten und ihn angeschlagen; er drehte ihn und rieb ihn an dem Teppich vor ─rger und Schmerz. 
  35.  
  36. ╗Da drin ist etwas gefallen½, sagte der Prokurist im Nebenzimmer links. Gregor suchte sich vorzustellen, ob nicht auch einmal dem Prokuristen etwas ─hnliches passieren k÷nnte, wie heute ihm; die M÷glichkeit dessen mu▀te man doch eigentlich zugeben. Aber wie zur rohen Antwort auf diese Frage machte jetzt der Prokurist im Nebenzimmer ein paar bestimmte Schritte und lie▀ seine Lackstiefel knarren. Aus dem Nebenzimmer rechts flⁿsterte die Schwester, um Gregor zu verstΣndigen: ╗Gregor, der Prokurist ist da.½ ╗Ich wei▀½, sagte Gregor vor sich hin; aber so laut, da▀ es die Schwester hΣtte h÷ren k÷nnen, wagte er die Stimme nicht zu erheben. 
  37.  
  38. ╗Gregor½, sagte nun der Vater aus dem Nebenzimmer links, ╗der Herr Prokurist ist gekommen und erkundigt sich, warum du nicht mit dem Frⁿhzug weggefahren bist. Wir wissen nicht, was wir ihm sagen sollen. ▄brigens will er auch mit dir pers÷nlich sprechen. Also bitte mach die Tⁿr auf. Er wird die Unordnung im Zimmer zu entschuldigen schon die Gⁿte haben.½ 
  39.  
  40. ╗Guten Morgen, Herr Samsa½, rief der Prokurist freundlich dazwischen. ╗Ihm ist nicht wohl½, sagte die Mutter zum Prokuristen, wΣhrend der Vater noch an der Tⁿr redete, ╗ihm ist nicht wohl, glauben Sie mir, Herr Prokurist. Wie wⁿrde denn Gregor sonst einen Zug versΣumen! Der Junge hat ja nichts im Kopf als das GeschΣft. Ich Σrgere mich schon fast, da▀ er abends niemals ausgeht; jetzt war er doch acht Tage in der Stadt, aber jeden Abend war er zu Hause. Da sitzt er bei uns am Tisch und liest still die Zeitung oder studiert FahrplΣne. Es ist schon eine Zerstreuung fⁿr ihn, wenn er sich mit LaubsΣgearbeiten beschΣftigt. Da hat er zum Beispiel im Laufe von zwei, drei Abenden einen kleinen Rahmen geschnitzt; Sie werden staunen, wie hⁿbsch er ist; er hΣngt drin im Zimmer; Sie werden ihn gleich sehen, bis Gregor aufmacht. Ich bin ⁿbrigens glⁿcklich, da▀ Sie da sind, Herr Prokurist; wir allein hΣtten Gregor nicht dazu gebracht, die Tⁿr zu ÷ffnen; er ist so hartnΣckig; und bestimmt ist ihm nicht wohl, trotzdem er es am Morgen geleugnet hat.½ 
  41.  
  42. ╗Ich komme gleich½, sagte Gregor langsam und bedΣchtig und rⁿhrte sich nicht, um kein Wort der GesprΣche zu verlieren. ╗Anders, gnΣdige Frau, kann ich es mir auch nicht erklΣren½, sagte der Prokurist, ╗hoffentlich ist es nichts Ernstes. Wenn ich auch andererseits sagen mu▀, da▀ wir GeschΣftsleute - wie man will, leider oder glⁿcklicherweise - ein leichtes Unwohlsein sehr oft aus geschΣftlichen Rⁿcksichten einfach ⁿberwinden mⁿssen.½ ╗Also kann der Herr Prokurist schon zu dir hinein?½ fragte der ungeduldige Vater und klopfte wiederum an die Tⁿr. ╗Nein½, sagte Gregor. Im Nebenzimmer links trat eine peinliche Stille ein, im Nebenzimmer rechts begann die Schwester zu schluchzen. 
  43.  
  44. Warum ging denn die Schwester nicht zu den anderen? Sie war wohl erst jetzt aus dem Bett aufgestanden und hatte noch gar nicht angefangen sich anzuziehen. Und warum weinte sie denn? Weil er nicht aufstand und den Prokuristen nicht hereinlie▀, weil er in Gefahr war, den Posten zu verlieren und weil dann der Chef die Eltern mit den alten Forderungen wieder verfolgen wⁿrde? Das waren doch vorlΣufig wohl unn÷tige Sorgen. Noch war Gregor hier und dachte nicht im geringsten daran, seine Familie zu verlassen. Augenblicklich lag er wohl da auf dem Teppich, und niemand, der seinen Zustand gekannt hΣtte, hΣtte im Ernst von ihm verlangt, da▀ er den Prokuristen hereinlasse. Aber wegen dieser kleinen Unh÷flichkeit, fⁿr die sich ja spΣter leicht eine passende Ausrede finden wⁿrde, konnte Gregor doch nicht gut sofort weggeschickt werden. Und Gregor schien es, da▀ es viel vernⁿnftiger wΣre, ihn jetzt in Ruhe zu lassen, statt ihn mit Weinen und Zureden zu st÷ren. Aber es war eben die Ungewi▀heit, welche die anderen bedrΣngte und ihr Benehmen entschuldigte. 
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  46. ╗Herr Samsa½, rief nun der Prokurist mit erhobener Stimme, ╗was ist denn los? Sie verbarrikadieren sich da in Ihrem Zimmer, antworten blo▀ mit ja und nein, machen Ihren Eltern schwere, unn÷tige Sorgen und versΣumen - dies nur nebenbei erwΣhnt - Ihre geschΣftliche Pflichten in einer eigentlich unerh÷rten Weise. Ich spreche hier im Namen Ihrer Eltern und Ihres Chefs und bitte Sie ganz ernsthaft um eine augenblickliche, deutliche ErklΣrung. Ich staune, ich staune. Ich glaubte Sie als einen ruhigen, vernⁿnftigen Menschen zu kennen, und nun scheinen Sie pl÷tzlich anfangen zu wollen, mit sonderbaren Launen zu paradieren. De Chef deutete mir zwar heute frⁿh eine m÷glich ErklΣrung fⁿr Ihre VersΣumnisse an - sie betraf das Ihnen seit kurzem anvertraute Inkasso - , aber ich legte wahrhaftig fast mein Ehrenwort dafⁿr ein, da▀ diese ErklΣrung nicht zutreffen k÷nne. Nun aber sehe ich hier Ihren unbegreiflichen Starrsinn und verliere ganz und gar jede Lust, mich auch nur im geringsten fⁿr Sie einzusetzen. Und Ihre Stellung ist durchaus nicht die festeste. Ich hatte ursprⁿnglich die Absicht, Ihnen das alles unter vier Augen zu sagen, aber da Sie mich hier nutzlos meine Zeit versΣumen lassen, wei▀ ich nicht, warum es nicht auch Ihr Herren Eltern erfahren sollen. Ihre Leistungen in der letzten Zeit waren also sehr unbefriedigend; es ist zwar nicht die Jahreszeit, um besondere GeschΣfte zu machen, das erkennen wir an; aber eine Jahreszeit, um keine GeschΣfte zu machen, gibt es ⁿberhaupt nicht, Herr Samsa, darf es nicht geben.½ 
  47.  
  48. ╗Aber Herr Prokurist½, rief Gregor au▀er sich und verga▀ in der Aufregung alles andere, ╗ich mache ja sofort, augenblicklich auf. Ein leichtes Unwohlsein, ein Schwindelanfall, haben mich verhindert aufzustehen. Ich liege noch jetzt im Bett. Jetzt bin ich aber schon wieder ganz frisch. Eben steige ich aus dem Bett. Nur einen kleinen Augenblick Geduld! Es geht noch nicht so gut; wie ich dachte. Es ist mir aber schon wohl. Wie das nur einen Menschen so ⁿberfallen kann! Noch gestern abend war mir ganz gut, meine Eltern wissen es ja, oder besser, schon gestern abend hatte ich eine kleine Vorahnung. Man hΣtte es mir ansehen mⁿssen. Warum habe ich es nur im GeschΣfte nicht gemeldet! Aber man denkt eben immer, da▀ man die Krankheit ohne Zuhausebleiben ⁿberstehen wird. Herr Prokurist! Schonen Sie meine Eltern! Fⁿr alle die Vorwⁿrfe, die Sie mir jetzt machen, ist ja kein Grund; man hat mir ja davon auch kein Wort gesagt. Sie haben vielleicht die letzten AuftrΣge, die ich geschickt habe, nicht gelesen. ▄brigens, noch mit dem Achtuhrzug fahre ich auf die Reise, die paar Stunden Ruhe haben mich gekrΣftigt. Halten Sie sich nur nicht auf, Herr Prokurist; ich bin gleich selbst im GeschΣft, und haben Sie die Gⁿte, das zu sagen und mich dem Herrn Chef zu empfehlen!½ 
  49.  
  50. Und wΣhrend Gregor dies alles hastig ausstie▀ und kaum wu▀te, was er sprach, hatte er sich leicht, wohl infolge der im Bett bereits erlangten ▄bung, dem Kasten genΣhert und versuchte nun, an ihm sich aufzurichten. Er wollte tatsΣchlich die Tⁿr aufmachen, tatsΣchlich sich sehen lassen und mit dem Prokuristen sprechen; er war begierig zu erfahren, was die anderen, die jetzt so nach ihm verlangten, bei seinem Anblick sagen wⁿrden. Wⁿrden sie erschrecken, dann hatte Gregor keine Verantwortung mehr und konnte ruhig sein. Wⁿrden sie aber alles ruhig hinnehmen, dann hatte auch er keinen Grund sich aufzuregen, und konnte, wenn er sich beeilte, um acht Uhr tatsΣchlich auf dem Bahnhof sein. 
  51.  
  52. Zuerst glitt er nun einige Male von dem glatten Kasten ab, aber endlich gab er sich einen letzten Schwung und stand aufrecht da; auf die Schmerzen im Unterleib achtete er gar nicht mehr, so sehr sie auch brannten. Nun lie▀ er sich gegen die Rⁿckenlehne eines nahen Stuhles fallen, an deren RΣndern er sich mit seinen Beinchen festhielt. Damit hatte er aber auch die Herrschaft ⁿber sich erlangt und verstummte, denn nun konnte er den Prokuristen anh÷ren. 
  53.  
  54. ╗Haben Sie auch nur ein Wort verstanden?½, fragte der Prokurist die Eltern, ╗er macht sich doch wohl nicht einen Narren aus uns?½ ╗Um Gottes willen½, rief die Mutter schon unter Weinen, ╗er ist vielleicht schwer krank, und wir quΣlen ihn. Grete! Grete!½ schrie sie dann. ╗Mutter?½ rief die Schwester von der anderen Seite. Sie verstΣndigten sich durch Gregors Zimmer. ╗Du mu▀t augenblicklich zum Arzt. Gregor ist krank. Rasch um den Arzt. Hast du Gregor jetzt reden h÷ren?½ ╗Das war eine Tierstimme½, sagte der Prokurist, auffallend leise gegenⁿber dem Schreien der Mutter. 
  55.  
  56. ╗Anna! Anna!½ rief der Vater durch das Vorzimmer in die Kⁿche und klatschte in die HΣnde, ╗sofort einen Schlosser holen!½ Und schon liefen die zwei MΣdchen mit rauschenden R÷cken durch das Vorzimmer - wie hatte sich die Schwester denn so schnell angezogen? - und rissen die Wohnungstⁿre auf. Man h÷rte gar nicht die Tⁿre zuschlagen; sie hatten sie wohl offen gelassen, wie es in Wohnungen zu sein pflegt, in denen ein gro▀es Unglⁿck geschehen ist. 
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  58. Gregor war aber viel ruhiger geworden. Man verstand zwar also seine Worte nicht mehr, trotzdem sie ihm genug klar, klarer als frⁿher, vorgekommen waren, vielleicht infolge der Gew÷hnung des Ohres. Aber immerhin glaubte man nun schon daran, da▀ es mit ihm nicht ganz in Ordnung war, und war bereit, ihm zu helfen. Die Zuversicht und Sicherheit, mit welchen die ersten Anordnungen getroffen worden waren, taten ihm wohl. Er fⁿhlte sich wieder einbezogen in den menschlichen Kreis und erhoffte von beiden, vom Arzt und vom Schlosser, ohne sie eigentlich genau zu scheiden, gro▀artige und ⁿberraschende Leistungen. Um fⁿr die sich nΣhernden entscheidenden Besprechungen eine m÷glichst klare Stimme zu bekommen, hustete er ein wenig ab, allerdings bemⁿht, dies ganz gedΣmpft zu tun, da m÷glicherweise auch schon dieses GerΣusch anders als menschlicher Husten klang, was er selbst zu entscheiden sich nicht mehr getraute. Im Nebenzimmer war es inzwischen ganz still geworden. Vielleicht sa▀en die Eltern mit dem Prokuristen beim Tisch und tuschelten, vielleicht lehnten alle an der Tⁿre und horchten. 
  59.  
  60. Gregor schob sich langsam mit dem Sessel zur Tⁿr hin, lie▀ ihn dort los, warf sich gegen die Tⁿr, hielt sich an ihr aufrecht - die Ballen seiner Beinchen hatten ein wenig Klebstoff - und ruhte sich dort einen Augenblick lang von der Anstrengung aus. Dann aber machte er sich daran, mit dem Mund den Schlⁿssel im Schlo▀ umzudrehen. Es schien leider, da▀ er keine eigentlichen ZΣhne hatte, - womit sollte er gleich den Schlⁿssel fassen? - aber dafⁿr waren die Kiefer freilich sehr stark; mit ihrer Hilfe brachte er auch wirklich den Schlⁿssel in Bewegung und achtete nicht darauf, da▀ er sich zweifellos irgendeinen Schaden zufⁿgte, denn eine braune Flⁿssigkeit kam ihm aus dem Mund, flo▀ ⁿber den Schlⁿssel und tropfte auf den Boden. 
  61.  
  62. ╗H÷ren Sie nur½, sagte der Prokurist im Nebenzimmer, ╗er dreht den Schlⁿssel um.½ Das war fⁿr Gregor eine gro▀e Aufmunterung; aber alle hΣtten ihm zurufen sollen, auch der Vater und die Mutter: ╗Frisch, Gregor½, hΣtten sie rufen sollen, ╗immer nur heran, fest an das Schlo▀ heran!½ Und in der Vorstellung, da▀ alle seine Bemⁿhungen mit Spannung verfolgten, verbi▀ er sich mit allem, was er an Kraft aufbringen konnte, besinnungslos in den Schlⁿssel. Je nach dem Fortschreiten der Drehung des Schlⁿssels umtanzte er das Schlo▀; hielt sich jetzt nur noch mit dem Munde aufrecht, und je nach Bedarf hing er sich an den Schlⁿssel oder drⁿckte ihn dann wieder nieder mit der ganzen Last seines K÷rpers. Der hellere Klang des endlich zurⁿckschnappenden Schlosses erweckte Gregor f÷rmlich. Aufatmend sagte er sich: ╗Ich habe also den Schlosser nicht gebraucht½, und legte den Kopf auf die Klinke, um die Tⁿre gΣnzlich zu ÷ffnen. 
  63.  
  64. Da er die Tⁿre auf diese Weise ÷ffnen mu▀te, war sie eigentlich schon recht weit ge÷ffnet, und er selbst noch nicht zu sehen. Er mu▀te sich erst langsam um den einen Tⁿrflⁿgel herumdrehen, und zwar sehr vorsichtig, wenn er nicht gerade vor dem Eintritt ins Zimmer plump auf den Rⁿcken fallen wollte. Er war noch mit jener schwierigen Bewegung beschΣftigt und hatte nicht Zeit, auf anderes zu achten, da h÷rte er schon den Prokuristen ein lautes ╗Oh!½ aussto▀en - es klang, wie wenn der Wind saust und nun sah er ihn auch, wie er, der der NΣchste an der Tⁿre war, die Hand gegen den offenen Mund drⁿckte und langsam zurⁿckwich, als vertreibe ihn eine unsichtbare, gleichmΣ▀ig fortwirkende Kraft. Die Mutter - sie stand hier trotz der Anwesenheit des Prokuristen mit von der Nacht her noch aufgel÷sten, hoch sich strΣubenden Haaren - sah zuerst mit gefalteten HΣnden den Vater an, ging dann zwei Schritte zu Gregor hin und fiel inmitten ihrer rings um sie herum sich ausbreitenden R÷cke nieder, das Gesicht ganz unauffindbar zu ihrer Brust gesenkt. Der Vater ballte mit feindseligem Ausdruck die Faust, als wolle er Gregor in sein Zimmer zurⁿcksto▀en, sah sich dann unsicher im Wohnzimmer um, beschattete dann mit den HΣnden die Augen und weinte, da▀ sich seine mΣchtige Brust schⁿttelte.
  65.  
  66. Gregor trat nun gar nicht in das Zimmer, sondern lehnte sich von innen an den festgeriegelten Tⁿrflⁿgel, so da▀ sein Leib nur zur HΣlfte und darⁿber der seitlich geneigte Kopf zu sehen war, mit dem er zu den anderen hinⁿberlugte. Es war inzwischen viel heller geworden; klar stand auf der anderen Stra▀enseite ein Ausschnitt des gegenⁿberliegenden, endlosen, grauschwarzen Hauses - es war ein Krankenhaus - mit seinen hart die Front durchbrechenden regelmΣ▀igen Fenstern; der Regen fiel noch nieder, aber nur mit gro▀en, einzeln sichtbaren und f÷rmlich auch einzelnweise auf die Erde hinuntergeworfenen Tropfen. Das Frⁿhstⁿcksgeschirr stand in ⁿberreicher Zahl auf dem Tisch, denn fⁿr den Vater war das Frⁿhstⁿck die wichtigste Mahlzeit des Tages, die er bei der Lektⁿre verschiedener Zeitungen stundenlang hinzog. Gerade an der gegenⁿberliegenden Wand hing eine Photographie Gregors aus seiner MilitΣrzeit, die ihn als Leutnant darstellte, wie er, die Hand am Degen, sorglos lΣchelnd, Respekt fⁿr seine Haltung und Uniform verlangte. Die Tⁿr zum Vorzimmer war ge÷ffnet, und man sah, da auch die Wohnungstⁿr offen war, auf den Vorplatz der Wohnung hinaus und auf den Beginn der abwΣrts fⁿhrenden Treppe. 
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  68. ╗Nun½, sagte Gregor und war sich dessen wohl bewu▀t, da▀ er der einzige war, der die Ruhe bewahrt hatte, ╗ich werde mich gleich anziehen, die Kollektion zusammenpacken und wegfahren. Wollt Ihr, wollt Ihr mich wegfahren lassen? Nun, Herr Prokurist, Sie sehen, ich bin nicht starrk÷pfig und ich arbeite gern; das Reisen ist beschwerlich, aber ich k÷nnte ohne das Reisen nicht leben. Wohin gehen Sie denn, Herr Prokurist? Ins GeschΣft? Ja? Werden Sie alles wahrheitsgetreu berichten? Man kann im Augenblick unfΣhig sein zu arbeiten, aber dann ist gerade der richtige Zeitpunkt, sich an die frⁿheren Leistungen zu erinnern und zu bedenken, da▀ man spΣter, nach Beseitigung des Hindernisses, gewi▀ desto flei▀iger und gesammelter arbeiten wird. Ich bin ja dem Herrn Chef so sehr verpflichtet, das wissen Sie doch recht gut. Andererseits habe ich die Sorge um meine Eltern und die Schwester. Ich bin in der Klemme, ich werde mich aber auch wieder herausarbeiten. Machen Sie es mir aber nicht schwieriger, als es schon ist. Halten Sie im GeschΣft meine Partei! Man liebt den Reisenden nicht, ich wei▀. Man denkt, er verdient ein Heidengeld und fⁿhrt dabei ein sch÷nes Leben. Man hat eben keine besondere Veranlassung, dieses Vorurteil besser zu durchdenken. Sie aber, Herr Prokurist, Sie haben einen besseren ▄berblick ⁿber die VerhΣltnisse als das sonstige Personal, ja sogar, ganz im Vertrauen gesagt, einen besseren ▄berblick als der Herr Chef selbst, der in seiner Eigenschaft als Unternehmer sich in seinem Urteil leicht zu Ungunsten eines Angestellten beirren lΣ▀t. Sie wissen auch sehr wohl, da▀ der Reisende, der fast das ganze Jahr au▀erhalb des GeschΣfts ist, so leicht ein Opfer von Klatschereien, ZufΣlligkeiten und grundlosen Beschwerden werden kann, gegen die sich zu wehren ihm ganz unm÷glich ist, da er von ihnen meistens gar nichts erfΣhrt und nur dann, wenn er ersch÷pft eine Reise beendet hat, zu Hause die schlimmen, auf ihre Ursachen hin nicht mehr zu durchschauenden Folgen am eigenen Leibe zu spⁿren bekommt. Herr Prokurist, gehen Sie nicht weg, ohne mir ein Wort gesagt zu haben, das mir zeigt, da▀ Sie mir wenigstens zu einem kleinen Teil recht geben!½ 
  69.  
  70. Aber der Prokurist hatte sich schon bei den ersten Worten Gregors abgewendet, und nur ⁿber die zuckende Schulter hinweg sah er mit aufgeworfenen Lippen nach Gregor zurⁿck. Und wΣhrend Gregors Rede stand er keinen Augenblick still, sondern verzog sich, ohne Gregor aus den Augen zu lassen, gegen die Tⁿr, aber ganz allmΣhlich, als bestehe ein geheimes Verbot, das Zimmer zu verlassen. Schon war er im Vorzimmer, und nach der pl÷tzlichen Bewegung, mit der er zum letztenmal den Fu▀ aus dem Wohnzimmer zog, hΣtte man glauben k÷nnen, er habe sich soeben die Sohle verbrannt. Im Vorzimmer aber streckte er die rechte Hand weit von sich zur Treppe hin, als warte dort auf ihn eine geradezu ⁿberirdische Erl÷sung. 
  71.  
  72. Gregor sah ein, da▀ er den Prokuristen in dieser Stimmung auf keinen Fall weggehen lassen dⁿrfe, wenn dadurch seine Stellung im GeschΣft nicht aufs Σu▀erste gefΣhrdet werden sollte. Die Eltern verstanden das alles nicht so gut; sie hatten sich in den langen Jahren die ▄berzeugung gebildet, da▀ Gregor in diesem GeschΣft fⁿr sein Leben versorgt war, und hatten au▀erdem jetzt mit den augenblicklichen Sorgen so viel zu tun, da▀ ihnen jede Voraussicht abhanden gekommen war. Aber Gregor hatte diese Voraussicht. Der Prokurist mu▀te gehalten, beruhigt, ⁿberzeugt und schlie▀lich gewonnen werden; die Zukunft Gregors und seiner Familie hing doch davon ab! WΣre doch die Schwester hier gewesen! Sie war klug; sie hatte schon geweint, als Gregor noch ruhig auf dem Rⁿcken lag. Und gewi▀ hΣtte der Prokurist, dieser Damenfreund, sich von ihr lenken lassen; sie hΣtte die Wohnungstⁿr zugemacht und ihm im Vorzimmer den Schrecken ausgeredet. Aber die Schwester war eben nicht da, Gregor selbst mu▀te handeln. 
  73.  
  74. Und ohne daran zu denken, da▀ er seine gegenwΣrtigen FΣhigkeiten, sich zu bewegen, noch gar nicht kannte, ohne auch daran zu denken, da▀ seine Rede m÷glicher- ja wahrscheinlicherweise wieder nicht verstanden worden war, verlie▀ er den Tⁿrflⁿgel; schob sich durch die ╓ffnung; wollte zum Prokuristen hingehen, der sich schon am GelΣnder des Vorplatzes lΣcherlicherweise mit beiden HΣnden festhielt; fiel aber sofort, nach einem Halt suchend, mit einem kleinen Schrei auf seine vielen Beinchen nieder. Kaum war das geschehen, fⁿhlte er zum erstenmal an diesem Morgen ein k÷rperliches Wohlbehagen; die Beinchen hatten festen Boden unter sich; sie gehorchten vollkommen, wie er zu seiner Freude merkte; strebten sogar darnach, ihn fortzutragen, wohin er wollte; und schon glaubte er, die endgⁿltige Besserung alles Leidens stehe unmittelbar bevor. Aber im gleichen Augenblick, als er da schaukelnd vor verhaltener Bewegung, gar nicht weit von seiner Mutter entfernt, ihr gerade gegenⁿber auf dem Boden lag, sprang diese, die doch so ganz in sich versunken schien, mit einem Male in die H÷he, die Arme weit ausgestreckt, die Finger gespreizt, rief: ╗Hilfe, um Gottes willen Hilfe!½, hielt den Kopf geneigt, als wolle sie Gregor besser sehen, lief aber, im Widerspruch dazu, sinnlos zurⁿck; hatte vergessen, da▀ hinter ihr der gedeckte Tisch stand; setzte sich, als sie bei ihm angekommen war, wie in Zerstreutheit, eilig auf ihn; und schien gar nicht zu merken, da▀ neben ihr aus der umgeworfenen gro▀en Kanne der Kaffee in vollem Strome auf den Teppich sich ergo▀. 
  75.  
  76. ╗Mutter, Mutter½, sagte Gregor leise, und sah zu ihr hinauf. Der Prokurist war ihm fⁿr einen Augenblick ganz aus dem Sinn gekommen; dagegen konnte er sich nicht versagen, im Anblick des flie▀enden Kaffees mehrmals mit den Kiefern ins Leere zu schnappen. Darⁿber schrie die Mutter neuerdings auf, flⁿchtete vom Tisch und fiel dem ihr entgegeneilenden Vater in die Arme. Aber Gregor hatte jetzt keine Zeit fⁿr seine Eltern; der Prokurist war schon auf der Treppe; das Kinn auf dem GelΣnder, sah er noch zum letzten Male zurⁿck. Gregor nahm einen Anlauf, um ihn m÷glichst sicher einzuholen; der Prokurist mu▀te etwas ahnen, denn er machte einen Sprung ⁿber mehrere Stufen und verschwand; ╗Huh!½ aber schrie er noch, es klang durchs ganze Treppenhaus. Leider schien nun auch diese Flucht des Prokuristen den Vater, der bisher verhΣltnismΣ▀ig gefa▀t gewesen war, v÷llig zu verwirren, denn statt selbst dem Prokuristen nachzulaufen oder wenigstens Gregor in der Verfolgung nicht zu hindern, packte er mit der Rechten den Stock des Prokuristen, den dieser mit Hut und ▄berzieher auf einem Sessel zurⁿckgelassen hatte, holte mit der Linken eine gro▀e Zeitung vom Tisch und machte sich unter Fⁿ▀estampfen daran, Gregor durch Schwenken des Stockes und der Zeitung in sein Zimmer zurⁿckzutreiben. Kein Bitten Gregors half, kein Bitten wurde auch verstanden, er mochte den Kopf noch so demⁿtig drehen, der Vater stampfte nur stΣrker mit den Fⁿ▀en. 
  77.  
  78. Drⁿben hatte die Mutter trotz des kⁿhlen Wetters ein Fenster aufgerissen, und hinausgelehnt drⁿckte sie ihr Gesicht weit au▀erhalb des Fensters in ihre HΣnde. Zwischen Gasse und Treppenhaus entstand eine starke Zugluft, die FenstervorhΣnge flogen auf, die Zeitungen auf dem Tische rauschten, einzelne BlΣtter wehten ⁿber den Boden hin. Unerbittlich drΣngte der Vater und stie▀ Zischlaute aus, wie ein Wilder. Nun hatte aber Gregor noch gar keine ▄bung im RⁿckwΣrtsgehen, es ging wirklich sehr langsam. Wenn sich Gregor nur hΣtte umdrehen dⁿrfen, er wΣre gleich in seinem Zimmer gewesen, aber er fⁿrchtete sich, den Vater durch die zeitraubende Umdrehung ungeduldig zu machen, und jeden Augenblick drohte ihm doch von dem Stock in des Vaters Hand der t÷dliche Schlag auf den Rⁿcken oder auf den Kopf. Endlich aber blieb Gregor doch nichts anderes ⁿbrig, denn er merkte mit Entsetzen, da▀ er im RⁿckwΣrtsgehen nicht einmal die Richtung einzuhalten verstand; und so begann er, unter unaufh÷rlichen Σngstlichen Seitenblicken nach dem Vater, sich nach M÷glichkeit rasch, in Wirklichkeit aber doch nur sehr langsam umzudrehen. Vielleicht merkte der Vater seinen guten Willen, denn er st÷rte ihn hierbei nicht, sondern dirigierte sogar hie und da die Drehbewegung von der Ferne mit der Spitze seines Stockes. 
  79.  
  80. Wenn nur nicht dieses unertrΣgliche Zischen des Vaters gewesen wΣre! Gregor verlor darⁿber ganz den Kopf. Er war schon fast ganz umgedreht, als er sich, immer auf dieses Zischen horchend, sogar irrte und sich wieder ein Stⁿck zurⁿckdrehte. Als er aber endlich glⁿcklich mit dem Kopf vor der Tⁿr÷ffnung war, zeigte es sich, da▀ sein K÷rper zu breit war, um ohne weiteres durchzukommen. Dem Vater fiel es natⁿrlich in seiner gegenwΣrtigen Verfassung auch nicht entfernt ein, etwa den anderen Tⁿrflⁿgel zu ÷ffnen, um fⁿr Gregor einen genⁿgenden Durchgang zu schaffen. Seine fixe Idee war blo▀, da▀ Gregor so rasch als m÷glich in sein Zimmer mⁿsse. Niemals hΣtte er auch die umstΣndlichen Vorbereitungen gestattet, die Gregor brauchte, um sich aufzurichten und vielleicht auf diese Weise durch die Tⁿr zu kommen. Vielmehr trieb er, als gΣbe es kein Hindernis, Gregor jetzt unter besonderem LΣrm vorwΣrts; es klang schon hinter Gregor gar nicht mehr wie die Stimme blo▀ eines einzigen Vaters; nun gab es wirklich keinen Spa▀ mehr, und Gregor drΣngte sich - geschehe was wolle - in die Tⁿr. Die eine Seite seines K÷rpers hob sich, er lag schief in der Tⁿr÷ffnung, seine eine Flanke war ganz wundgerieben, an der wei▀en Tⁿr blieben hΣ▀liche Flecken, bald steckte er fest und hΣtte sich allein nicht mehr rⁿhren k÷nnen, die Beinchen auf der einen Seite hingen zitternd oben in der Luft, die auf der anderen waren schmerzhaft zu Boden gedrⁿckt - da gab ihm der Vater von hinten einen jetzt wahrhaftig erl÷senden starken Sto▀, und er flog, heftig blutend, weit in sein Zimmer hinein. Die Tⁿr wurde noch mit dem Stock zugeschlagen, dann war es endlich still. 
  81.  
  82. Erst in der AbenddΣmmerung erwachte Gregor aus seinem schweren ohnmachtsΣhnlichen Schlaf. Er wΣre gewi▀ nicht viel spΣter auch ohne St÷rung erwacht, denn er fⁿhlte sich genⁿgend ausgeruht und ausgeschlafen, doch schien es ihm, als hΣtte ihn ein flⁿchtiger Schritt und ein vorsichtiges Schlie▀en der zum Vorzimmer fⁿhrenden Tⁿr geweckt. Der Schein der elektrischen Stra▀enlampen lag bleich hier und da auf der Zimmerdecke und auf den h÷heren Teilen der M÷bel, aber unten bei Gregor war es finster. Langsam schob er sich, noch ungeschickt mit seinen Fⁿhlern tastend, die er erst jetzt schΣtzen lernte, zur Tⁿre hin, um nachzusehen, was dort geschehen war. Seine linke Seite schien eine einzige lange, unangenehm spannende Narbe und er mu▀te auf seinen zwei Beinreihen regelrecht hinken. Ein Beinchen war ⁿbrigens im Laufe der vormittΣgigen VorfΣlle schwer verletzt worden - es war fast ein Wunder, da▀ nur eines verletzt worden war - und schleppte leblos nach. 
  83.  
  84. Erst bei der Tⁿr merkte er, was ihn dorthin eigentlich gelockt hatte; es war der Geruch von etwas E▀barem gewesen. Denn dort stand ein Napf mit sⁿ▀er Milch gefⁿllt, in der kleine Schnitten von Wei▀brot schwammen. Fast hΣtte er vor Freude gelacht, denn er hatte noch gr÷▀eren Hunger, als am Morgen, und gleich tauchte er seinen Kopf fast bis ⁿber die Augen in die Milch hinein. Aber bald zog er ihn enttΣuscht wieder zurⁿck; nicht nur, da▀ ihm das Essen wegen seiner heiklen linken Seite Schwierigkeiten machte - und er konnte nur essen, wenn der ganze K÷rper schnaufend mitarbeitete - , so schmeckte ihm ⁿberdies die Milch, die sonst sein LieblingsgetrΣnk war, und die ihm gewi▀ die Schwester deshalb hereingestellt hatte, gar nicht, ja er wandte sich fast mit Widerwillen von dem Napf ab und kroch in die Zimmermitte zurⁿck. 
  85.  
  86. Im Wohnzimmer war, wie Gregor durch die Tⁿrspalte sah, das Gas angezⁿndet, aber wΣhrend sonst zu dieser Tageszeit der Vater seine nachmittags erscheinende Zeitung der Mutter und manchmal auch der Schwester mit erhobener Stimme vorzulegen pflegte, h÷rte man jetzt keinen Laut. Nun vielleicht war dieses Vorlesen, von dem ihm die Schwester immer erzΣhlte und schrieb, in der letzten Zeit ⁿberhaupt aus der ▄bung gekommen. Aber auch ringsherum war es so still, trotzdem doch gewi▀ die Wohnung nicht leer war. ╗Was fⁿr ein stilles Leben die Familie doch fⁿhrte½, sagte sich Gregor und fⁿhlte, wΣhrend er starr vor sich ins Dunkle sah, einen gro▀en Stolz darⁿber, da▀ er seinen Eltern und seiner Schwester ein solches Leben in einer so sch÷nen Wohnung hatte verschaffen k÷nnen. Wie aber, wenn jetzt alle Ruhe, aller Wohlstand, alle Zufriedenheit ein Ende mit Schrecken nehmen sollte? Um sich nicht in solche Gedanken zu verlieren, setzte sich Gregor lieber in Bewegung und kroch im Zimmer auf und ab. 
  87.  
  88. Einmal wΣhrend des langen Abends wurde die eine Seitentⁿre und einmal die andere bis zu einer kleinen Spalte ge÷ffnet und rasch wieder geschlossen; jemand hatte wohl das Bedⁿrfnis hereinzukommen, aber auch wieder zuviele Bedenken. Gregor machte nun unmittelbar bei der Wohnzimmertⁿr halt, entschlossen, den z÷gernden Besucher doch irgendwie hereinzubringen oder doch wenigstens zu erfahren, wer es sei; aber nun wurde die Tⁿr nicht mehr ge÷ffnet und Gregor wartete vergebens. Frⁿh, als die Tⁿren versperrt waren, hatten alle zu ihm hereinkommen wollen, jetzt, da er die eine Tⁿr ge÷ffnet hatte und die anderen offenbar wΣhrend des Tages ge÷ffnet worden waren, kam keiner mehr, und die Schlⁿssel steckten nun auch von au▀en. 
  89.  
  90. SpΣt erst in der Nacht wurde das Licht im Wohnzimmer ausgel÷scht, und nun war leicht festzustellen, da▀ die Eltern und die Schwester so lange wachgeblieben waren, denn wie man genau h÷ren konnte, entfernten sich jetzt alle drei auf den Fu▀spitzen. Nun kam gewi▀ bis zum Morgen niemand mehr zu Gregor herein; er hatte also eine lange Zeit, um ungest÷rt zu ⁿberlegen, wie er sein Leben jetzt neu ordnen sollte. Aber das hohe freie Zimmer, in dem er gezwungen war, flach auf dem Boden zu liegen, Σngstigte ihn, ohne da▀ er die Ursache herausfinden konnte, denn es war ja sein seit fⁿnf Jahren von ihm bewohntes Zimmer - und mit einer halb unbewu▀ten Wendung und nicht ohne eine leichte Scham eilte er unter das Kanapee, wo er sich, trotzdem sein Rⁿcken ein wenig gedrⁿckt wurde und trotzdem er den Kopf nicht mehr erheben konnte, gleich sehr behaglich fⁿhlte und nur bedauerte, da▀ sein K÷rper zu breit war, um vollstΣndig unter dem Kanapee untergebracht zu werden. 
  91.  
  92. Dort blieb er die ganze Nacht, die er zum Teil im Halbschlaf, aus dem ihn der Hunger immer wieder aufschreckte, verbrachte, zum Teil aber in Sorgen und undeutlichen Hoffnungen, die aber alle zu dem Schlusse fⁿhrten, da▀ er sich vorlΣufig ruhig verhalten und durch Geduld und gr÷▀te Rⁿcksichtnahme der Familie die Unannehmlichkeiten ertrΣglich machen mⁿsse, die er ihr in seinem gegenwΣrtigen Zustand nun einmal zu verursachen gezwungen war. 
  93.  
  94. Schon am frⁿhen Morgen, es war fast noch Nacht, hatte Gregor Gelegenheit, die Kraft seiner eben gefa▀ten Entschlⁿsse zu prⁿfen, denn vom Vorzimmer her ÷ffnete die Schwester, fast v÷llig angezogen, die Tⁿr und sah mit Spannung herein. Sie fand ihn nicht gleich, aber als sie ihn unter dem Kanapee bemerkte - Gott, er mu▀te doch irgendwo sein, er hatte doch nicht wegfliegen k÷nnen - erschrak sie so sehr, da▀ sie, ohne sich beherrschen zu k÷nnen, die Tⁿr von au▀en wieder zuschlug. Aber als bereue sie ihr Benehmen, ÷ffnete sie die Tⁿr sofort wieder und trat, als sei sie bei einem Schwerkranken oder gar bei einem Fremden, auf den Fu▀spitzen herein. Gregor hatte den Kopf bis knapp zum Rande des Kanapees vorgeschoben und beobachtete sie. Ob sie wohl bemerken wⁿrde, da▀ er die Milch stehen gelassen hatte, und zwar keineswegs aus Mangel an Hunger, und ob sie eine andere Speise hereinbringen wⁿrde, die ihm besser entsprach? TΣte sie es nicht von selbst, er wollte lieber verhungern, als sie darauf aufmerksam machen, trotzdem es ihn eigentlich ungeheuer drΣngte, unterm Kanapee vorzuschie▀en, sich der Schwester zu Fⁿ▀en zu werfen und sie um irgendetwas Gutes zum Essen zu bitten. Aber die Schwester bemerkte sofort mit Verwunderung den noch vollen Napf, aus dem nur ein wenig Milch ringsherum verschⁿttet war, sie hob ihn gleich auf, zwar nicht mit den blo▀en HΣnden, sondern mit einem Fetzen, und trug ihn hinaus. Gregor war Σu▀erst neugierig, was sie zum Ersatz bringen wⁿrde, und er machte sich die verschiedensten Gedanken darⁿber. Niemals aber hΣtte er erraten k÷nnen, was die Schwester in ihrer Gⁿte wirklich tat. Sie brachte ihm, um seinen Geschmack zu prⁿfen, eine ganze Auswahl, alles auf einer alten Zeitung ausgebreitet. Da war altes halbverfaultes Gemⁿse; Knochen vom Nachtmahl her, die von festgewordener wei▀er Sauce umgeben waren; ein paar Rosinen und Mandeln; ein KΣse, den Gregor vor zwei Tagen fⁿr ungenie▀bar erklΣrt hatte; ein trockenes Brot, ein mit Butter beschmiertes und gesalzenes Brot. Au▀erdem stellte sie zu dem allen noch den wahrscheinlich ein fⁿr allemal fⁿr Gregor bestimmten Napf, in den sie Wasser gegossen hatte. Und aus Zartgefⁿhl, da sie wu▀te, da▀ Gregor vor ihr nicht essen wⁿrde, entfernte sich eiligst und drehte sogar den Schlⁿssel um, damit nur Gregor merken k÷nne, da▀ er es so behaglich machen dⁿrfe, wie er wolle. Gregors Beinchen schwirrten, als es jetzt zum Essen ging. Seine Wunden mu▀ten ⁿbrigens auch schon vollstΣndig geheilt sein, er fⁿhlte keine Behinderung mehr, er staunte darⁿber und dachte daran, wie er vor mehr als einem Monat sich mit dem Messer ganz wenig in den Finger geschnitten, und wie ihm diese Wunde noch vorgestern genug weh getan hatte. 
  95.  
  96. ╗Sollte ich jetzt weniger Feingefⁿhl haben?½, dachte er und saugte schon gierig an dem KΣse, zu dem es ihn vor allen anderen Speisen sofort und nachdrⁿcklich gezogen hatte. Rasch hintereinander und mit vor Befriedigung trΣnenden Augen verzehrte er den KΣse, das Gemⁿse und die Sauce; die frischen Speisen dagegen schmeckten ihm nicht, er konnte nicht einmal ihren Geruch vertragen und schleppte sogar die Sachen, die er essen wollte, ein Stⁿckchen weiter weg. Er war schon lΣngst mit allem fertig und lag nun faul auf der gleichen Stelle, als die Schwester zum Zeichen, da▀ er sich zurⁿckziehen solle, langsam den Schlⁿssel umdrehte. Das schreckte ihn sofort auf, trotzdem er schon fast schlummerte, und er eilte wieder unter das Kanapee. Aber es kostete ihn gro▀e Selbstⁿberwindung, auch nur die kurze Zeit, wΣhrend welcher die Schwester im Zimmer war, unter dem Kanapee zu bleiben, denn von dem reichlichen Essen hatte sich sein Leib ein wenig gerundet und er konnte dort in der Enge kaum atmen. Unter kleinen ErstickungsanfΣllen sah er mit etwas hervorgequollenen Augen zu, wie die nichtsahnende Schwester mit einem Besen nicht nur die ▄berbleibsel zusammenkehrte, sondern selbst die von Gregor gar nicht berⁿhrten Speisen, als seien also auch diese nicht mehr zu gebrauchen, und wie sie alles hastig in einen Kⁿbel schⁿttete, den sie mit einem Holzdeckel schlo▀, worauf sie alles hinaustrug. Kaum hatte sie sich umgedreht, zog sich schon Gregor unter dem Kanapee hervor und streckte und blΣhte sich. 
  97.  
  98. Auf diese Weise bekam nun Gregor tΣglich sein Essen, einmal am Morgen, wenn die Eltern und das DienstmΣdchen noch schliefen, das zweitemal nach dem allgemeinen Mittagessen, denn dann schliefen die Eltern gleichfalls noch ein Weilchen, und das DienstmΣdchen wurde von der Schwester mit irgendeiner Besorgung weggeschickt. Gewi▀ wollten auch sie nicht, da▀ Gregor verhungere, aber vielleicht hΣtten sie es nicht ertragen k÷nnen, von seinem Essen mehr als durch H÷rensagen zu erfahren, vielleicht wollte die Schwester ihnen auch eine m÷glicherweise nur kleine Trauer ersparen, denn tatsΣchlich litten sie ja gerade genug. 
  99.  
  100. Mit welchen Ausreden man an jenem ersten Vormittag den Arzt und den Schlosser wieder aus der Wohnung geschafft hatte, konnte Gregor gar nicht erfahren, denn da er nicht verstanden wurde, dachte niemand daran, auch die Schwester nicht, da▀ er die anderen verstehen k÷nne, und so mu▀te er sich, wenn die Schwester in seinem Zimmer war, damit begnⁿgen, nur hier und da ihre Seufzer und Anrufe der Heiligen zu h÷ren. Erst spΣter, als sie sich ein wenig an alles gew÷hnt hatte - von vollstΣndiger Gew÷hnung konnte natⁿrlich niemals die Rede sein - , erhaschte Gregor manchmal eine Bemerkung, die freundlich gemeint war oder so gedeutet werden konnte. ╗Heute hat es ihm aber geschmeckt½, sagte sie, wenn Gregor unter dem Essen tⁿchtig aufgerΣumt hatte, wΣhrend sie im gegenteiligen Fall, der sich allmΣhlich immer hΣufiger wiederholte, fast traurig zu sagen pflegte: ╗Nun ist wieder alles stehengeblieben.½ 
  101.  
  102. WΣhrend aber Gregor unmittelbar keine Neuigkeit erfahren konnte, erhorchte er manches aus den Nebenzimmern, und wo er nur einmal Stimmen h÷rte, lief er gleich zu der betreffenden Tⁿr und drⁿckte sich mit ganzem Leib an sie. Besonders in der ersten Zeit gab es kein GesprΣch, das nicht irgendwie, wenn auch nur im geheimen, von ihm handelte. Zwei Tage lang waren bei allen Mahlzeiten Beratungen darⁿber zu h÷ren, wie man sich jetzt verhalten solle; aber auch zwischen den Mahlzeiten sprach man ⁿber das gleiche Thema, denn immer waren zumindest zwei Familienmitglieder zu Hause, da wohl niemand allein zu Hause bleiben wollte und man die Wohnung doch auf keinen Fall gΣnzlich verlassen konnte. Auch hatte das DienstmΣdchen gleich am ersten Tag - es war nicht ganz klar, was und wieviel sie von dem Vorgefallenen wu▀te - kniefΣllig die Mutter gebeten, sie sofort zu entlassen, und als sie sich eine Viertelstunde danach verabschiedete, dankte sie fⁿr die Entlassung unter TrΣnen, wie fⁿr die gr÷▀te Wohltat, die man ihr hier erwiesen hatte, und gab, ohne da▀ man es von ihr verlangte, einen fⁿrchterlichen Schwur ab, niemandem auch nur das Geringste zu verraten. 
  103.  
  104. Nun mu▀te die Schwester im Verein mit der Mutter auch kochen; allerdings machte das nicht viel Mⁿhe, denn man a▀ fast nichts. Immer wieder h÷rte Gregor, wie der eine den anderen vergebens zum Essen aufforderte und keine andere Antwort bekam, als: ╗Danke, ich habe genug½ oder etwas ─hnliches. Getrunken wurde vielleicht auch nichts. ╓fters fragte die Schwester den Vater, ob er Bier haben wolle, und herzlich erbot sie sich, es selbst zu holen, und als der Vater schwieg, sagte sie, um ihm jedes Bedenken zu nehmen, sie k÷nne auch die Hausmeisterin darum schicken, aber dann sagte der Vater schlie▀lich ein gro▀es ╗Nein½, und es wurde nicht mehr davon gesprochen. 
  105.  
  106. Schon im Laufe des ersten Tages legte der Vater die ganzen Verm÷gensverhΣltnisse und Aussichten sowohl der Mutter, als auch der Schwester dar. Hie und da stand er vom Tische auf und holte aus seiner kleinen Wertheimkassa, die er aus dem vor fⁿnf Jahren erfolgten Zusammenbruch seines GeschΣftes gerettet hatte, irgendeinen Beleg oder irgendein Vormerkbuch. Man h÷rte, wie er das komplizierte Schlo▀ aufsperrte und nach Entnahme des Gesuchten wieder verschlo▀. Diese ErklΣrungen des Vaters waren zum Teil das erste Erfreuliche, was Gregor seit seiner Gefangenschaft zu h÷ren bekam. Er war der Meinung gewesen, da▀ dem Vater von jenem GeschΣft her nicht das Geringste ⁿbriggeblieben war, zumindest hatte ihm der Vater nichts Gegenteiliges gesagt, und Gregor allerdings hatte ihn auch nicht darum gefragt. Gregors Sorge war damals nur gewesen, alles daranzusetzen, um die Familie das geschΣftliche Unglⁿck, das alle in eine vollstΣndige Hoffnungslosigkeit gebracht hatte, m÷glichst rasch vergessen zu lassen. Und so hatte er damals mit ganz besonderem Feuer zu arbeiten angefangen und war fast ⁿber Nacht aus einem kleinen Kommis ein Reisender geworden, der natⁿrlich ganz andere M÷glichkeiten des Geldverdienens hatte, und dessen Arbeitserfolge sich sofort in Form der Provision zu Bargeld verwandelten, das der erstaunten und beglⁿckten Familie zu Hause auf den Tisch gelegt werden konnte. Es waren sch÷ne Zeiten gewesen, und niemals nachher hatten sie sich, wenigstens in diesem Glanze, wiederholt, trotzdem Gregor spΣter so viel Geld verdiente, da▀ er den Aufwand der ganzen Familie zu tragen imstande war und auch trug. Man hatte sich eben daran gew÷hnt, sowohl die Familie, als auch Gregor, man nahm das Geld dankbar an, er lieferte es gern ab, aber eine besondere WΣrme wollte sich nicht mehr ergeben. Nur die Schwester war Gregor doch noch nahe geblieben, und es war sein geheimer Plan, sie, die zum Unterschied von Gregor Musik sehr liebte und rⁿhrend Violine zu spielen verstand, nΣchstes Jahr, ohne Rⁿcksicht auf die gro▀en Kosten, die das verursachen mu▀te, und die man schon auf andere Weise hereinbringen wⁿrde, auf das Konservatorium zu schicken. ╓fters wΣhrend der kurzen Aufenthalte Gregors in der Stadt wurde in den GesprΣchen mit der Schwester das Konservatorium erwΣhnt, aber immer nur als sch÷ner Traum, an dessen Verwirklichung nicht zu denken war, und die Eltern h÷rten nicht einmal diese unschuldigen ErwΣhnungen gern; aber Gregor dachte sehr bestimmt daran und beabsichtigte, es am Weihnachtsabend feierlich zu erklΣren. 
  107.  
  108. Solche in seinem gegenwΣrtigen Zustand ganz nutzlose Gedanken gingen ihm durch den Kopf, wΣhrend er dort aufrecht an der Tⁿre klebte und horchte. Manchmal konnte er vor allgemeiner Mⁿdigkeit gar nicht mehr zuh÷ren und lie▀ den Kopf nachlΣssig gegen die Tⁿr schlagen, hielt ihn aber sofort wieder fest, denn selbst das kleine GerΣusch, das er damit verursacht hatte, war nebenan geh÷rt worden und hatte alle verstummen lassen. ╗Was er nur wieder treibt½, sagte der Vater nach einer Weile, offenbar zur Tⁿre hingewendet, und dann erst wurde das unterbrochene GesprΣch allmΣhlich wieder aufgenommen. 
  109.  
  110. Gregor erfuhr nun zur Genⁿge - denn der Vater pflegte sich in seinen ErklΣrungen ÷fters zu wiederholen, teils, weil er selbst sich mit diesen Dingen schon lange nicht beschΣftigt hatte, teils auch, weil die Mutter nicht alles gleich beim ersten Mal verstand - , da▀ trotz allen Unglⁿcks ein allerdings ganz kleines Verm÷gen aus der alten Zeit noch vorhanden war, das die nicht angerⁿhrten Zinsen in der Zwischenzeit ein wenig hatten anwachsen lassen. Au▀erdem aber war das Geld, das Gregor allmonatlich nach Hause gebracht hatte - er selbst hatte nur ein paar Gulden fⁿr sich behalten - , nicht vollstΣndig aufgebraucht worden und hatte sich zu einem kleinen Kapital angesammelt. Gregor, hinter seiner Tⁿre, nickte eifrig, erfreut ⁿber diese unerwartete Vorsicht und Sparsamkeit. Eigentlich hΣtte er ja mit diesen ⁿberschⁿssigen Geldern die Schuld des Vaters gegenⁿber dem Chef weiter abgetragen haben k÷nnen, und jener Tag, an dem er diesen Posten hΣtte loswerden k÷nnen, wΣre weit nΣher gewesen, aber jetzt war es zweifellos besser so, wie es der Vater eingerichtet hatte. 
  111.  
  112. Nun genⁿgte dieses Geld aber ganz und gar nicht, um die Familie etwa von den Zinsen leben zu lassen; es genⁿgte vielleicht, um die Familie ein, h÷chstens zwei Jahre zu erhalten, mehr war es nicht. Es war also blo▀ eine Summe, die man eigentlich nicht angreifen durfte, und die fⁿr den Notfall zurⁿckgelegt werden mu▀te; das Geld zum Leben aber mu▀te man verdienen. Nun war aber der Vater ein zwar gesunder, aber alter Mann, der schon fⁿnf Jahre nichts gearbeitet hatte und sich jedenfalls nicht viel zutrauen durfte; er hatte in diesen fⁿnf Jahren, welche die ersten Ferien seines mⁿhevollen und doch erfolglosen Lebens waren, viel Fett angesetzt und war dadurch recht schwerfΣllig geworden. Und die alte Mutter sollte nun vielleicht Geld verdienen, die an Asthma litt, der eine Wanderung durch die Wohnung schon Anstrengung verursachte, und die jeden zweiten Tag in Atembeschwerden auf dem Sopha beim offenen Fenster verbrachte? Und die Schwester sollte Geld verdienen, die noch ein Kind war mit ihren siebzehn Jahren, und der ihre bisherige Lebensweise so sehr zu g÷nnen war, die daraus bestanden hatte, sich nett zu kleiden, lange zu schlafen, in der Wirtschaft mitzuhelfen, an ein paar bescheidenen Vergnⁿgungen sich zu beteiligen und vor allem Violine zu spielen? Wenn die Rede auf diese Notwendigkeit des Geldverdienens kam, lie▀ zuerst immer Gregor die Tⁿre los und warf sich auf das neben der Tⁿr befindliche kⁿhle Ledersofa, denn ihm war ganz hei▀ vor BeschΣmung und Trauer. 
  113.  
  114. Oft lag er dort die ganzen langen NΣchte ⁿber, schlief keinen Augenblick und scharrte nur stundenlang auf dem Leder. Oder er scheute nicht die gro▀e Mⁿhe, einen Sessel zum Fenster zu schieben, dann die Fensterbrⁿstung hinaufzukriechen und, in den Sessel gestemmt, sich ans Fenster zu lehnen, offenbar nur in irgendeiner Erinnerung an das Befreiende, das frⁿher fⁿr ihn darin gelegen war, aus dem Fenster zu schauen. Denn tatsΣchlich sah er von Tag zu Tag die auch nur ein wenig entfernten Dinge immer undeutlicher; das gegenⁿberliegende Krankenhaus, dessen nur allzu hΣufigen Anblick er frⁿher verflucht hatte, bekam er ⁿberhaupt nicht mehr zu Gesicht, und wenn er nicht genau gewu▀t hΣtte, da▀ er in der stillen, aber v÷llig stΣdtischen Charlottenstra▀e wohnte, hΣtte er glauben k÷nnen, von seinem Fenster aus in eine Ein÷de zu schauen, in welcher der graue Himmel und die graue Erde ununterscheidbar sich vereinigten. Nur zweimal hatte die aufmerksame Schwester sehen mⁿssen, da▀ der Sessel beim Fenster stand, als sie schon jedesmal, nachdem sie das Zimmer aufgerΣumt hatte, den Sessel wieder genau zum Fenster hinschob, ja sogar von nun ab den inneren Fensterflⁿgel offen lie▀. 
  115.  
  116. HΣtte Gregor nur mit der Schwester sprechen und ihr fⁿr alles danken k÷nnen, was sie fⁿr ihn machen mu▀te, er hΣtte ihre Dienste leichter ertragen; so aber litt er darunter. Die Schwester suchte freilich die Peinlichkeit des Ganzen m÷glichst zu verwischen, und je lΣngere Zeit verging, desto besser gelang es ihr natⁿrlich auch, aber auch Gregor durchschaute mit der Zeit alles viel genauer. Schon ihr Eintritt war fⁿr ihn schrecklich. Kaum war sie eingetreten, lief sie, ohne sich Zeit zu nehmen, die Tⁿre zu schlie▀en, so sehr sie sonst darauf achtete, jedem den Anblick von Gregors Zimmer zu ersparen, geradewegs zum Fenster und ri▀ es, als ersticke sie fast, mit hastigen HΣnden auf, blieb auch, selbst wenn es noch so kalt war, ein Weilchen beim Fenster und atmete tief. Mit diesem Laufen und LΣrmen erschreckte sie Gregor tΣglich zweimal; die ganze Zeit ⁿber zitterte er unter dem Kanapee und wu▀te doch sehr gut, da▀ sie ihn gewi▀ gerne damit verschont hΣtte, wenn es ihr nur m÷glich gewesen wΣre, sich in einem Zimmer, in dem sich Gregor befand, bei geschlossenem Fenster aufzuhalten. 
  117.  
  118. Einmal, es war wohl schon ein Monat seit Gregors Verwandlung vergangen, und es war doch schon fⁿr die Schwester kein besonderer Grund mehr, ⁿber Gregors Aussehen in Erstaunen zu geraten, kam sie ein wenig frⁿher als sonst und traf Gregor noch an, wie er, unbeweglich und so recht zum Erschrecken aufgestellt, aus dem Fenster schaute. Es wΣre fⁿr Gregor nicht unerwartet gewesen, wenn sie nicht eingetreten wΣre, da er sie durch seine Stellung verhinderte, sofort das Fenster zu ÷ffnen, aber sie trat nicht nur nicht ein, sie fuhr sogar zurⁿck und schlo▀ die Tⁿr; ein Fremder hΣtte geradezu denken k÷nnen, Gregor habe ihr aufgelauert und habe sie bei▀en wollen. Gregor versteckte sich natⁿrlich sofort unter dem Kanapee, aber er mu▀te bis zum Mittag warten, ehe die Schwester wiederkam, und sie schien viel unruhiger als sonst. Er erkannte daraus, da▀ ihr sein Anblick noch immer unertrΣglich war und ihr auch weiterhin unertrΣglich bleiben mⁿsse, und da▀ sie sich wohl sehr ⁿberwinden mu▀te, vor dem Anblick auch nur der kleinen Partie seines K÷rpers nicht davonzulaufen, mit der er unter dem Kanapee hervorragte. Um ihr auch diesen Anblick zu ersparen, trug er eines Tages auf seinem Rⁿcken - er brauchte zu dieser Arbeit vier Stunden - das Leintuch auf das Kanapee und ordnete es in einer solchen Weise an, da▀ er nun gΣnzlich verdeckt war, und da▀ die Schwester, selbst wenn sie sich bⁿckte, ihn nicht sehen konnte. WΣre dieses Leintuch ihrer Meinung nach nicht n÷tig gewesen, dann hΣtte sie es ja entfernen k÷nnen, denn da▀ es nicht zum Vergnⁿgen Gregors geh÷ren konnte, sich so ganz und gar abzusperren, war doch klar genug, aber sie lie▀ das Leintuch, so wie es war, und Gregor glaubte sogar einen dankbaren Blick erhascht zu haben, als er einmal mit dem Kopf vorsichtig das Leintuch ein wenig lⁿftete, um nachzusehen, wie die Schwester die neue Einrichtung aufnahm. 
  119.  
  120. In den ersten vierzehn Tagen konnten es die Eltern nicht ⁿber sich bringen, zu ihm hereinzukommen, und er h÷rte oft, wie sie die jetzige Arbeit der Schwester v÷llig erkannten, wΣhrend sie sich bisher hΣufig ⁿber die Schwester geΣrgert hatten, weil sie ihnen als ein etwas nutzloses MΣdchen erschienen war. Nun aber warteten oft beide, der Vater und die Mutter, vor Gregors Zimmer, wΣhrend die Schwester dort aufrΣumte, und kaum war sie herausgekommen, mu▀te sie ganz genau erzΣhlen, wie es in dem Zimmer aussah, was Gregor gegessen hatte, wie er sich diesmal benommen hatte, und ob vielleicht eine kleine Besserung zu bemerken war. Die Mutter ⁿbrigens wollte verhΣltnismΣ▀ig bald Gregor besuchen, aber der Vater und die Schwester hielten sie zuerst mit Vernunftgrⁿnden zurⁿck, denen Gregor sehr aufmerksam zuh÷rte, und die er vollstΣndig billigte. SpΣter aber mu▀te man sie mit Gewalt zurⁿckhalten, und wenn sie dann rief: ╗La▀t mich doch zu Gregor, er ist ja mein unglⁿcklicher Sohn! Begreift ihr es denn nicht, da▀ ich zu ihm mu▀?½, dann dachte Gregor, da▀ es vielleicht doch gut wΣre, wenn die Mutter hereinkΣme, nicht jeden Tag natⁿrlich, aber vielleicht einmal in der Woche; sie verstand doch alles viel besser als die Schwester, die trotz all ihrem Mute doch nur ein Kind war und im letzten Grunde vielleicht nur aus kindlichem Leichtsinn eine so schwere Aufgabe ⁿbernommen hatte. 
  121.  
  122. Der Wunsch Gregors, die Mutter zu sehen, ging bald in Erfⁿllung. WΣhrend des Tages wollte Gregor schon aus Rⁿcksicht auf seine Eltern sich nicht beim Fenster zeigen, kriechen konnte er aber auf den paar Quadratmetern des Fu▀bodens auch nicht viel, das ruhige Liegen ertrug er schon wΣhrend der Nacht schwer, das Essen machte ihm bald nicht mehr das geringste Vergnⁿgen, und so nahm er zur Zerstreuung die Gewohnheit an, kreuz und quer ⁿber WΣnde und Plafond zu kriechen. Besonders oben auf der Decke hing er gern; es war ganz anders, als das Liegen auf dem Fu▀boden; man atmete freier; ein leichtes Schwingen ging durch den K÷rper; und in der fast glⁿcklichen Zerstreutheit, in der sich Gregor dort oben befand, konnte es geschehen, da▀ er zu seiner eigenen ▄berraschung sich loslie▀ und auf den Boden klatschte. Aber nun hatte er natⁿrlich seinen K÷rper ganz anders in der Gewalt als frⁿher und beschΣdigte sich selbst bei einem so gro▀en Falle nicht. Die Schwester nun bemerkte sofort die neue Unterhaltung, die Gregor fⁿr sich gefunden hatte - er hinterlie▀ ja auch beim Kriechen hie und da Spuren seines Klebstoffes - , und da setzte sie es sich in den Kopf, Gregor das Kriechen in gr÷▀tem Ausma▀e zu erm÷glichen und die M÷bel, die es verhinderten, also vor allem den Kasten und den Schreibtisch, wegzuschaffen. 
  123.  
  124. Nun war sie aber nicht imstande, dies allein zu tun; den Vater wagte sie nicht um Hilfe zu bitten; das DienstmΣdchen hΣtte ihr ganz gewi▀ nicht geholfen, denn dieses etwa sechzehnjΣhrige MΣdchen harrte zwar tapfer seit Entlassung der frⁿheren K÷chin aus, hatte aber um die Vergⁿnstigung gebeten, die Kⁿche unaufh÷rlich versperrt halten zu dⁿrfen und nur auf besonderen Anruf ÷ffnen zu mⁿssen; so blieb der Schwester also nichts ⁿbrig, als einmal in Abwesenheit des Vaters die Mutter zu holen. Mit Ausrufen erregter Freude kam die Mutter auch heran, verstummte aber an der Tⁿr vor Gregors Zimmer. Zuerst sah natⁿrlich die Schwester nach, ob alles im Zimmer in Ordnung war; dann erst lie▀ sie die Mutter eintreten. Gregor hatte in gr÷▀ter Eile das Leintuch noch tiefer und mehr in Falten gezogen, das Ganze sah wirklich nur wie ein zufΣllig ⁿber das Kanapee geworfenes Leintuch aus. Gregor unterlie▀ auch diesmal, unter dem Leintuch zu spionieren; er verzichtete darauf, die Mutter schon diesmal zu sehen, und war nur froh, da▀ sie nun doch gekommen war. ╗Komm nur, man sieht ihn nicht½, sagte die Schwester, und offenbar fⁿhrte sie die Mutter an der Hand. Gregor h÷rte nun, wie die zwei schwachen Frauen den immerhin schweren alten Kasten von seinem Platze rⁿckten, und wie die Schwester immerfort den gr÷▀ten Teil der Arbeit fⁿr sich beanspruchte, ohne auf die Warnungen der Mutter zu h÷ren, welche fⁿrchtete, da▀ sie sich ⁿberanstrengen werde. Es dauerte sehr lange. Wohl nach schon viertelstⁿndiger Arbeit sagte die Mutter, man solle den Kasten doch lieber hier lassen, denn erstens sei er zu schwer, sie wⁿrden vor Ankunft des Vaters nicht fertig werden und mit dem Kasten in der Mitte des Zimmers Gregor jeden Weg verrammeln, zweitens aber sei es doch gar nicht sicher, da▀ Gregor mit der Entfernung der M÷bel ein Gefallen geschehe. Ihr scheine das Gegenteil der Fall zu sein; ihr bedrⁿcke der Anblick der leeren Wand geradezu das Herz; und warum solle nicht auch Gregor diese Empfindung haben, da er doch an die Zimmerm÷bel lΣngst gew÷hnt sei und sich deshalb im leeren Zimmer verlassen fⁿhlen werde. 
  125.  
  126. ╗Und ist es dann nicht so½, schlo▀ die Mutter ganz leise, wie sie ⁿberhaupt fast flⁿsterte, als wolle sie vermeiden, da▀ Gregor, dessen genauen Aufenthalt sie ja nicht kannte, auch nur den Klang der Stimme h÷re, denn da▀ er die Worte nicht verstand, davon war sie ⁿberzeugt, ╗und ist es nicht so, als ob wir durch die Entfernung der M÷bel zeigten, da▀ wir jede Hoffnung auf Besserung aufgeben und ihn rⁿcksichtslos sich selbst ⁿberlassen? Ich glaube, es wΣre das beste, wir suchen das Zimmer genau in dem Zustand zu erhalten, in dem es frⁿher war, damit Gregor, wenn er wieder zu uns zurⁿckkommt, alles unverΣndert findet und umso leichter die Zwischenzeit vergessen kann.½ 
  127.  
  128. Beim Anh÷ren dieser Worte der Mutter erkannte Gregor, da▀ der Mangel jeder unmittelbaren menschlichen Ansprache, verbunden mit dem einf÷rmigen Leben inmitten der Familie, im Laufe dieser zwei Monate seinen Verstand hatte verwirren mⁿssen, denn anders konnte er es sich nicht erklΣren, da▀ er ernsthaft danach hatte verlangen k÷nne, da▀ sein Zimmer ausgeleert wⁿrde. Hatte er wirklich Lust, das warme, mit ererbten M÷beln gemⁿtlich ausgestattete Zimmer in eine H÷hle verwandeln zu lassen, in der er dann freilich nach allen Richtungen ungest÷rt wⁿrde kriechen k÷nnen, jedoch auch unter gleichzeitigem schnellen, gΣnzlichen Vergessen seiner menschlichen Vergangenheit? War er doch jetzt schon nahe daran, zu vergessen, und nur die seit langem nicht geh÷rte Stimme der Mutter hatte ihn aufgerⁿttelt. Nichts sollte entfernt werden; alles mu▀te bleiben; die guten Einwirkungen der M÷bel auf seinen Zustand konnte er nicht entbehren; und wenn die M÷bel ihn hinderten, das sinnlose Herumkriechen zu betreiben, so war es kein Schaden, sondern ein gro▀er Vorteil. 
  129.  
  130. Aber die Schwester war leider anderer Meinung; sie hatte sich, allerdings nicht ganz unberechtigt, angew÷hnt, bei Besprechung der Angelegenheiten Gregors als besonders SachverstΣndige gegenⁿber den Eltern aufzutreten, und so war auch jetzt der Rat der Mutter fⁿr die Schwester Grund genug, auf der Entfernung nicht nur des Kastens und des Schreibtisches, an die sie zuerst allein gedacht hatte, sondern auf der Entfernung sΣmtlicher M÷bel, mit Ausnahme des unentbehrlichen Kanapees, zu bestehen. Es war natⁿrlich nicht nur kindlicher Trotz und das in der letzten Zeit so unerwartet und schwer erworbene Selbstvertrauen, das sie zu dieser Forderung bestimmte; sie hatte doch auch tatsΣchlich beobachtet, da▀ Gregor viel Raum zum Kriechen brauchte, dagegen die M÷bel, soweit man sehen konnte, nicht im geringsten benⁿtzte. 
  131.  
  132. Vielleicht aber spielte auch der schwΣrmerische Sinn der MΣdchen ihres Alters mit, der bei jeder Gelegenheit seine Befriedigung sucht, und durch den Grete jetzt sich dazu verlocken lie▀, die Lage Gregors noch schreckenerregender machen zu wollen, um dann noch mehr als bis jetzt fⁿr ihn leisten zu k÷nnen. Denn in einen Raum, in dem Gregor ganz allein die leeren WΣnde beherrschte, wⁿrde wohl kein Mensch au▀er Grete jemals einzutreten sich getrauen. Und so lie▀ sie sich von ihrem Entschlusse durch die Mutter nicht abbringen, die auch in diesem Zimmer vor lauter Unruhe unsicher schien, bald verstummte und der Schwester nach KrΣften beim Hinausschaffen des Kastens half. Nun, den Kasten konnte Gregor im Notfall noch entbehren, aber schon der Schreibtisch mu▀te bleiben. Und kaum hatten die Frauen mit dem Kasten, an den sie sich Σchzend drⁿckten, das Zimmer verlassen, als Gregor den Kopf unter dem Kanapee hervorstie▀, um zu sehen, wie er vorsichtig und m÷glichst rⁿcksichtsvoll eingreifen k÷nnte. Aber zum Unglⁿck war es gerade die Mutter, welche zuerst zurⁿckkehrte, wΣhrend Grete im Nebenzimmer den Kasten umfangen hielt und ihn allein hin und her schwang, ohne ihn natⁿrlich von der Stelle zu bringen. Die Mutter aber war Gregors Anblick nicht gew÷hnt, er hΣtte sie krank machen k÷nnen, und so eilte Gregor erschrocken im RⁿckwΣrtslauf bis an das andere Ende des Kanapees, konnte es aber nicht mehr verhindern, da▀ das Leintuch vorne ein wenig sich bewegte. Das genⁿgte, um die Mutter aufmerksam zu machen. Sie stockte, stand einen Augenblick still und ging dann zu Grete zurⁿck. 
  133.  
  134. Trotzdem sich Gregor immer wieder sagte, da▀ ja nichts Au▀ergew÷hnliches geschehe, sondern nur ein paar M÷bel umgestellt wⁿrden, wirkte doch, wie er sich bald eingestehen mu▀te, dieses Hin- und Hergehen der Frauen, ihre kleinen Zurufe, das Kratzen der M÷bel auf dem Boden, wie ein gro▀er, von allen Seiten genΣhrter Trubel auf ihn, und er mu▀te sich, so fest er Kopf und Beine an sich zog und den Leib bis an den Boden drⁿckte, unweigerlich sagen, da▀ er das Ganze nicht lange aushalten werde. Sie rΣumten ihm sein Zimmer aus; nahmen ihm alles, was ihm lieb war; den Kasten, in dem die LaubsΣge und andere Werkzeuge lagen, hatten sie schon hinausgetragen; lockerten jetzt den schon im Boden fest eingegrabenen Schreibtisch, an dem er als Handelsakademiker, als Bⁿrgerschⁿler, ja sogar schon als Volksschⁿler seine Aufgaben geschrieben hatte, - da hatte er wirklich keine Zeit mehr, die guten Absichten zu prⁿfen, welche die zwei Frauen hatten, deren Existenz er ⁿbrigens fast vergessen hatte, denn vor Ersch÷pfung arbeiteten sie schon stumm, und man h÷rte nur das schwere Tappen ihrer Fⁿ▀e. 
  135.  
  136. Und so brach er denn hervor - die Frauen stⁿtzten sich gerade im Nebenzimmer an den Schreibtisch, um ein wenig zu verschnaufen - , wechselte viermal die Richtung des Laufes, er wu▀te wirklich nicht, was er zuerst retten sollte, da sah er an der im ⁿbrigen schon leeren Wand auffallend das Bild der in lauter Pelzwerk gekleideten Dame hΣngen, kroch eilends hinauf und pre▀te sich an das Glas, das ihn festhielt und seinem hei▀en Bauch wohltat. Dieses Bild wenigstens, das Gregor jetzt ganz verdeckte, wⁿrde nun gewi▀ niemand wegnehmen. Er verdrehte den Kopf nach der Tⁿr des Wohnzimmers, um die Frauen bei ihrer Rⁿckkehr zu beobachten. 
  137.  
  138. Sie hatten sich nicht viel Ruhe geg÷nnt und kamen schon wieder; Grete hatte den Arm um die Mutter gelegt und trug sie fast. ╗Also was nehmen wir jetzt?½, sagte Grete und sah sich um. Da kreuzten sich ihre Blicke mit denen Gregors an der Wand. Wohl nur infolge der Gegenwart der Mutter behielt sie ihre Fassung, beugte ihr Gesicht zur Mutter, um diese vom Herumschauen abzuhalten, und sagte, allerdings zitternd und unⁿberlegt: ╗Komm, wollen wir nicht lieber auf einen Augenblick noch ins Wohnzimmer zurⁿckgehen?½ Die Absicht Gretes war fⁿr Gregor klar, sie wollte die Mutter in Sicherheit bringen und dann ihn von der Wand hinunterjagen. Nun, sie konnte es ja immerhin versuchen! Er sa▀ auf seinem Bild und gab es nicht her. Lieber wⁿrde er Grete ins Gesicht springen. 
  139.  
  140. Aber Gretes Worte hatten die Mutter erst recht beunruhigt, sie trat zur Seite, erblickte den riesigen braunen Fleck auf der geblⁿmten Tapete, rief, ehe ihr eigentlich zum Bewu▀tsein kam, da▀ das Gregor war, was sie sah, mit schreiender, rauher Stimme: ╗Ach Gott, ach Gott!½ und fiel mit ausgebreiteten Armen, als gebe sie alles auf, ⁿber das Kanapee hin und rⁿhrte sich nicht. ╗Du, Gregor!½ rief die Schwester mit erhobener Faust und eindringlichen Blicken. Es waren seit der Verwandlung die ersten Worte, die sie unmittelbar an ihn gerichtet hatte. Sie lief ins Nebenzimmer, um irgendeine Essenz zu holen, mit der sie die Mutter aus ihrer Ohnmacht wecken k÷nnte; Gregor wollte auch helfen - zur Rettung des Bildes war noch Zeit - , er klebte aber fest an dem Glas und mu▀te sich mit Gewalt losrei▀en; er lief dann auch ins Nebenzimmer, als k÷nne er der Schwester irgendeinen Rat geben, wie in frⁿherer Zeit; mu▀te dann aber untΣtig hinter ihr stehen; wΣhrend sie in verschiedenen FlΣschchen kramte, erschreckte sie noch, als sie sich umdrehte; eine Flasche fiel auf den Boden und zerbrach; ein Splitter verletzte Gregor im Gesicht, irgendeine Σtzende Medizin umflo▀ ihn; Grete nahm nun, ohne sich lΣnger aufzuhalten, soviel FlΣschchen, als sie nur halten konnte, und rannte mit ihnen zur Mutter hinein; die Tⁿr schlug sie mit dem Fu▀e zu. Gregor war nun von der Mutter abgeschlossen, die durch seine Schuld vielleicht dem Tod nahe war; die Tⁿr durfte er nicht ÷ffnen, wollte er die Schwester, die bei der Mutter bleiben mu▀te, nicht verjagen; er hatte jetzt nichts zu tun, als zu warten; und von Selbstvorwⁿrfen und Besorgnis bedrΣngt, begann er zu kriechen, ⁿberkroch alles, WΣnde, M÷bel und Zimmerdecke und fiel endlich in seiner Verzweiflung, als sich das ganze Zimmer schon um ihn zu drehen anfing, mitten auf den gro▀en Tisch. 
  141.  
  142. Es verging eine kleine Weile, Gregor lag matt da, ringsherum war es still, vielleicht war das ein gutes Zeichen. Da lΣutete es. Das MΣdchen war natⁿrlich in ihrer Kⁿche eingesperrt und Grete mu▀te daher ÷ffnen gehen. Der Vater war gekommen. ╗Was ist geschehen?½ waren seine ersten Worte; Gretes Aussehen hatte ihm wohl alles verraten. Grete antwortete mit dumpfer Stimme, offenbar drⁿckte sie ihr Gesicht an des Vaters Brust: ╗Die Mutter war ohnmΣchtig, aber es geht ihr schon besser. Gregor ist ausgebrochen.½ ╗Ich habe es ja erwartet½, sagte der Vater, ╗ich habe es euch ja immer gesagt, aber ihr Frauen wollt nicht h÷ren.½ 
  143.  
  144. Gregor war es klar, da▀ der Vater Gretes allzu kurze Mitteilung schlecht gedeutet hatte und annahm, da▀ Gregor sich irgendeine Gewalttat habe zuschulden kommen lassen. Deshalb mu▀te Gregor den Vater jetzt zu besΣnftigen suchen, denn ihn aufzuklΣren hatte er weder Zeit noch M÷glichkeit. Und so flⁿchtete er sich zur Tⁿr seines Zimmers und drⁿckte sich an sie, damit der Vater beim Eintritt vom Vorzimmer her gleich sehen k÷nne, da▀ Gregor die beste Absicht habe, sofort in sein Zimmer zurⁿckzukehren, und da▀ es nicht n÷tig sei, ihn zurⁿckzutreiben, sondern da▀ man nur die Tⁿr zu ÷ffnen brauche, und gleich werde er verschwinden. 
  145.  
  146. Aber der Vater war nicht in der Stimmung, solche Feinheiten zu bemerken; ╗Ah!½ rief er gleich beim Eintritt in einem Tone, als sei er gleichzeitig wⁿtend und froh. Gregor zog den Kopf von der Tⁿr zurⁿck und hob ihn gegen den Vater. So hatte er sich den Vater wirklich nicht vorgestellt, wie er jetzt dastand; allerdings hatte er in der letzten Zeit ⁿber dem neuartigen Herumkriechen versΣumt, sich so wie frⁿher um die VorgΣnge in der ⁿbrigen Wohnung zu kⁿmmern, und hΣtte eigentlich darauf gefa▀t sein mⁿssen, verΣnderte VerhΣltnisse anzutreffen. Trotzdem, trotzdem, war das noch der Vater? Der gleiche Mann, der mⁿde im Bett vergraben lag, wenn frⁿher Gregor zu einer GeschΣftsreise ausgerⁿckt war; der ihn an Abenden der Heimkehr im Schlafrock im Lehnstuhl empfangen hatte; gar nicht recht imstande war, aufzustehen, sondern zum Zeichen der Freude nur die Arme gehoben hatte, und der bei den seltenen gemeinsamen SpaziergΣngen an ein paar Sonntagen im Jahr und an den h÷chsten Feiertagen zwischen Gregor und der Mutter, die schon an und fⁿr sich langsam gingen, immer noch ein wenig langsamer, in seinen alten Mantel eingepackt, mit stets vorsichtig aufgesetztem Krⁿckstock sich vorwΣrts arbeitete und, wenn er etwas sagen wollte, fast immer stillstand und seine Begleitung um sich versammelte? 
  147.  
  148. Nun aber war er recht gut aufgerichtet; in eine straffe blaue Uniform mit Goldkn÷pfen gekleidet, wie sie Diener der Bankinstitute tragen; ⁿber dem hohen steifen Kragen des Rockes entwickelte sich sein starkes Doppelkinn; unter den buschigen Augenbrauen drang der Blick der schwarzen Augen frisch und aufmerksam hervor; das sonst zerzauste wei▀e Haar war zu einer peinlich genauen, leuchtenden Scheitelfrisur niedergekΣmmt. Er warf seine Mⁿtze, auf der ein Goldmonogramm, wahrscheinlich das einer Bank, angebracht war, ⁿber das ganze Zimmer im Bogen auf das Kanapee hin und ging, die Enden seines langen Uniformrockes zurⁿckgeschlagen, die HΣnde in den Hosentaschen, mit vebissenem Gesicht auf Gregor zu. 
  149.  
  150. Er wu▀te wohl selbst nicht, was er vor hatte; immerhin hob er die Fⁿ▀e ungew÷hnlich hoch, und Gregor staunte ⁿber die Riesengr÷▀e seiner Stiefelsohlen. Doch hielt er sich dabei nicht auf, er wu▀te ja noch vom ersten Tage seines neuen Lebens her, da▀ der Vater ihm gegenⁿber nur die gr÷▀te Strenge fⁿr angebracht ansah. Und so lief er vor dem Vater her, stockte, wenn der Vater stehen blieb, und eilte schon wieder vorwΣrts, wenn sich der Vater nur rⁿhrte. So machten sie mehrmals die Runde um das Zimmer, ohne da▀ sich etwas Entscheidendes ereignete, ja ohne da▀ das Ganze infolge seines langsamen Tempos den Anschein einer Verfolgung gehabt hΣtte. Deshalb blieb auch Gregor vorlΣufig auf dem Fu▀boden, zumal er fⁿrchtete, der Vater k÷nnte eine Flucht auf die WΣnde oder den Plafond fⁿr besondere Bosheit halten. Allerdings mu▀te sich Gregor sagen, da▀ er sogar dieses Laufen nicht lange aushalten wⁿrde, denn wΣhrend der Vater einen Schritt machte, mu▀te er eine Unzahl von Bewegungen ausfⁿhren. Atemnot begann sich schon bemerkbar zu machen, wie er ja auch in seiner frⁿheren Zeit keine ganz vertrauenswⁿrdige Lunge besessen hatte. Als er nun so dahintorkelte, um alle KrΣfte fⁿr den Lauf zu sammeln, kaum die Augen offenhielt; in seiner Stumpfheit an eine andere Rettung als durch Laufen gar nicht dachte; und fast schon vergessen hatte, da▀ ihm die WΣnde freistanden, die hier allerdings mit sorgfΣltig geschnitzten M÷beln voll Zacken und Spitzen verstellt waren - da flog knapp neben ihm, leicht geschleudert, irgend etwas nieder und rollte vor ihm her. Es war ein Apfel; gleich flog ihm ein zweiter nach; Gregor blieb vor Schrecken stehen; ein Weiterlaufen war nutzlos, denn der Vater hatte sich entschlossen, ihn zu bombardieren. 
  151.  
  152. Aus der Obstschale auf der Kredenz hatte er sich die Taschen gefⁿllt und warf nun, ohne vorlΣufig scharf zu zielen, Apfel fⁿr Apfel. Diese kleinen roten ─pfel rollten wie elektrisiert auf dem Boden herum und stie▀en aneinander. Ein schwach geworfener Apfel streifte Gregors Rⁿcken, glitt aber unschΣdlich ab. Ein ihm sofort nachfliegender drang dagegen f÷rmlich in Gregors Rⁿcken ein; Gregor wollte sich weiterschleppen, als k÷nne der ⁿberraschende unglaubliche Schmerz mit dem Ortswechsel vergehen; doch fⁿhlte er sich wie festgenagelt und streckte sich in vollstΣndiger Verwirrung aller Sinne. Nur mit dem letzten Blick sah er noch, wie die Tⁿr seines Zimmers aufgerissen wurde, und vor der schreienden Schwester die Mutter hervoreilte, im Hemd, denn die Schwester hatte sie entkleidet, um ihr in der Ohnmacht Atemfreiheit zu verschaffen, wie dann die Mutter auf den Vater zulief und ihr auf dem Weg die aufgebundenen R÷cke einer nach dem anderen zu Boden glitten, und wie sie stolpernd ⁿber die R÷cke auf den Vater eindrang und ihn umarmend, in gΣnzlicher Vereinigung mit ihm - nun versagte aber Gregors Sehkraft schon - die HΣnde an des Vaters Hinterkopf um Schonung von Gregors Leben bat. 
  153.  
  154. Die schwere Verwundung Gregors, an der er ⁿber einen Monat litt - der Apfel blieb, da ihn niemand zu entfernen wagte, als sichtbares Andenken im Fleische sitzen - , schien selbst den Vater daran erinnert zu haben, da▀ Gregor trotz seiner gegenwΣrtigen traurigen und ekelhaften Gestalt ein Familienmitglied war, das man nicht wie einen Feind behandeln durfte, sondern dem gegenⁿber es das Gebot der Familienpflicht war, den Widerwillen hinunterzuschlucken und zu dulden, nichts als zu dulden. Und wenn nun auch Gregor durch seine Wunde an Beweglichkeit wahrscheinlich fⁿr immer verloren hatte und vorlΣufig zur Durchquerung seines Zimmers wie ein alter Invalide lange, lange Minuten brauchte - an das Kriechen in der H÷he war nicht zu denken - , so bekam er fⁿr diese Verschlimmerung seines Zustandes einen seiner Meinung nach vollstΣndig genⁿgenden Ersatz dadurch, da▀ immer gegen Abend die Wohnzimmertⁿr, die er schon ein bis zwei Stunden vorher scharf zu beobachten pflegte, ge÷ffnet wurde, so da▀ er, im Dunkel seines Zimmers liegend, vom Wohnzimmer aus unsichtbar, die ganze Familie beim beleuchteten Tische sehen und ihre Reden, gewisserma▀en mit allgemeiner Erlaubnis, also ganz anders als frⁿher, anh÷ren durfte. 
  155.  
  156. Freilich waren es nicht mehr die lebhaften Unterhaltungen der frⁿheren Zeiten, an die Gregor in den kleinen Hotelzimmern stets mit einigem Verlangen gedacht hatte, wenn er sich mⁿde in das feuchte Bettzeug hatte werfen mⁿssen. Es ging jetzt meist nur sehr still zu. Der Vater schlief bald nach dem Nachtessen in seinem Sessel ein; die Mutter und Schwester ermahnten einander zur Stille; die Mutter nΣhte, weit unter das Licht vorgebeugt, feine WΣsche fⁿr ein ModengeschΣft; die Schwester, die eine Stellung als VerkΣuferin angenommen hatte, lernte am Abend Stenographie und Franz÷sisch, um vielleicht spΣter einmal einen besseren Posten zu erreichen. Manchmal wachte der Vater auf, und als wisse er gar nicht, da▀ er geschlafen habe, sagte er zur Mutter: ╗Wie lange du heute schon wieder nΣhst!½ und schlief sofort wieder ein, wΣhrend Mutter und Schwester einander mⁿde zulΣchelten. 
  157.  
  158. Mit einer Art Eigensinn weigerte sich der Vater, auch zu Hause seine Dieneruniform abzulegen; und wΣhrend der Schlafrock nutzlos am Kleiderhaken hing, schlummerte der Vater vollstΣndig angezogen auf seinem Platz, als sei er immer zu seinem Dienste bereit und warte auch hier auf die Stimme des Vorgesetzten. Infolgedessen verlor die gleich anfangs nicht neue Uniform trotz aller Sorgfalt von Mutter und Schwester an Reinlichkeit, und Gregor sah oft ganze Abende lang auf dieses ⁿber und ⁿber fleckige, mit seinen stets geputzte Goldkn÷pfen leuchtende Kleid, in dem der alte Mann h÷chst unbequem und doch ruhig schlief. 
  159.  
  160. Sobald die Uhr zehn schlug, suchte die Mutter durch leise Zusprache den Vater zu wecken und dann zu ⁿberreden, ins Bett zu gehen, denn hier war es doch kein richtiger Schlaf und diesen hatte der Vater, der um sechs Uhr seinen Dienst antreten mu▀te, Σu▀erst n÷tig. Aber in dem Eigensinn, der ihn, seitdem er Diener war, ergriffen hatte, bestand er immer darauf noch lΣnger bei Tisch zu bleiben, trotzdem er regelmΣ▀ig einschlief, und war dann ⁿberdies nur mit der gr÷▀ten Mⁿhe zu bewegen, den Sessel mit dem Bett zu vertauschen. Da mochten Mutter und Schwester mit kleinen Ermahnungen noch so sehr auf ihn eindringen, viertelstundenlang schⁿttelte er langsam den Kopf hielt, die Augen geschlossen und stand nicht auf. Die Mutter zupfte ihn am ─rmel, sagte ihm Schmeichelworte ins Ohr, die Schwester verlie▀ ihre Aufgabe, um der Mutter zu helfen, aber beim Vater verfing das nicht. Er versank nur noch tiefer in seinen Sessel. Erst bis ihn die Frauen unter den Achseln fa▀ten, schlug er die Augen auf, sah abwechselnd die Mutter und die Schwester an und pflegte zu sagen: ╗Das ist ein Leben. Das ist die Ruhe meiner alten Tage.½ Und auf die beiden Frauen gestⁿtzt, erhob er sich, umstΣndlich, als sei er fⁿr sich selbst die gr÷▀te Last, lie▀ sich von den Frauen bis zur Tⁿre fⁿhren, winkte ihnen dort ab und ging nun selbstΣndig weiter, wΣhrend die Mutter ihr NΣhzeug, die Schwester ihre Feder eiligst hinwarfen, um hinter dem Vater zu laufen und ihm weiter behilflich zu sein. 
  161.  
  162. Wer hatte in dieser abgearbeiteten und ⁿbermⁿdeten Familie Zeit, sich um Gregor mehr zu kⁿmmern, als unbedingt n÷tig war? Der Haushalt wurde immer mehr eingeschrΣnkt; das DienstmΣdchen wurde nun doch entlassen; eine riesige knochige Bedienerin mit wei▀em, den Kopf umflatterndem Haar kam des Morgens und des Abends, um die schwerste Arbeit zu leisten; alles andere besorgte die Mutter neben ihrer vielen NΣharbeit. Es geschah sogar, da▀ verschiedene Familienschmuckstⁿcke, welche frⁿher die Mutter und die Schwester ⁿberglⁿcklich bei Unterhaltungen und Feierlichkeiten getragen hatten, verkauft wurden, wie Gregor am Abend aus der allgemeinen Besprechung der erzielten Preise erfuhr. Die gr÷▀te Klage war aber stets, da▀ man diese fⁿr die gegenwΣrtigen VerhΣltnisse allzu gro▀e Wohnung nicht verlassen konnte, da es nicht auszudenken war, wie man Gregor ⁿbersiedeln sollte. Aber Gregor sah wohl ein, da▀ es nicht nur die Rⁿcksicht auf ihn war, welche eine ▄bersiedlung verhinderte, denn ihn hΣtte man doch in einer passenden Kiste mit ein paar Luftl÷chern leicht transportieren k÷nnen; was die Familie hauptsΣchlich vom Wohnungswechsel abhielt, war vielmehr die v÷llige Hoffnungslosigkeit und der Gedanke daran, da▀ sie mit einem Unglⁿck geschlagen war, wie niemand sonst im ganzen Verwandten- und Bekanntenkreis. 
  163.  
  164. Was die Welt von armen Leuten verlangt, erfⁿllten sie bis zum Σu▀ersten, der Vater holte den kleinen Bankbeamten das Frⁿhstⁿck, die Mutter opferte sich fⁿr die WΣsche fremder Leute, die Schwester lief nach dem Befehl der Kunden hinter dem Pulte hin und her, aber weiter reichten die KrΣfte der Familie schon nicht. Und die Wunde im Rⁿcken fing Gregor wie neu zu schmerzen an, wenn Mutter und Schwester, nachdem sie den Vater zu Bett gebracht hatten, nun zurⁿckkehrten, die Arbeit liegen lie▀en, nahe zusammenrⁿckten, schon Wange an Wange sa▀en; wenn jetzt die Mutter, auf Gregors Zimmer zeigend, sagte: ╗Mach' dort die Tⁿr zu, Grete½, und wenn nun Gregor wieder im Dunkel war, wΣhrend nebenan die Frauen ihre TrΣnen vermischten oder gar trΣnenlos den Tisch anstarrten. 
  165.  
  166. Die NΣchte und Tage verbrachte Gregor fast ganz ohne Schlaf. Manchmal dachte er daran, beim nΣchsten ╓ffnen der Tⁿr die Angelegenheiten der Familie ganz so wie frⁿher wieder in die Hand zu nehmen; in seinen Gedanken erschienen wieder nach langer Zeit der Chef und der Prokurist, die Kommis und die Lehrjungen, der so begriffstⁿtzige Hausknecht, zwei, drei Freunde aus anderen GeschΣften, ein StubenmΣdchen aus einem Hotel in der Provinz, eine liebe, flⁿchtige Erinnerung, eine Kassiererin aus einem HutgeschΣft, um die er sich ernsthaft, aber zu langsam beworben hatte - sie alle erschienen untermischt mit Fremden oder schon Vergessenen, aber statt ihm und seiner Familie zu helfen, waren sie sΣmtlich unzugΣnglich, und er war froh, wenn sie verschwanden. 
  167.  
  168. Dann aber war er wieder gar nicht in der Laune, sich um seine Familie zu sorgen, blo▀ Wut ⁿber die schlechte Wartung erfⁿllte ihn, und trotzdem er sich nichts vorstellen konnte, worauf er Appetit gehabt hΣtte, machte er doch PlΣne, wie er in die Speisekammer gelangen k÷nnte, um dort zu nehmen, was ihm, auch wenn er keinen Hunger hatte, immerhin gebⁿhrte. Ohne jetzt mehr nachzudenken, womit man Gregor einen besonderen Gefallen machen k÷nnte, schob die Schwester eiligst, ehe sie morgens und mittags ins GeschΣft lief, mit dem Fu▀ irgendeine beliebige Speise in Gregors Zimmer hinein, um sie am Abend, gleichgⁿltig dagegen, ob die Speise vielleicht nur verkostet oder - der hΣufigste Fall - gΣnzlich unberⁿhrt war, mit einem Schwenken des Besens hinauszukehren. Das AufrΣumen des Zimmers, das sie nun immer abends besorgte, konnte gar nicht mehr schneller getan sein. Schmutzstreifen zogen sich die WΣnde entlang, hie und da lagen KnΣuel von Staub und Unrat. In der ersten Zeit stellte sich Gregor bei der Ankunft der Schwester in derartige besonders bezeichnende Winkel, um ihr durch diese Stellung gewisserma▀en einen Vorwurf zu machen. Aber er hΣtte wohl wochenlang dort bleiben k÷nnen, ohne da▀ sich die Schwester gebessert hΣtte; sie sah ja den Schmutz genau so wie er, aber sie hatte sich eben entschlossen, ihn zu lassen. 
  169.  
  170. Dabei wachte sie mit einer an ihr ganz neuen Empfindlichkeit, die ⁿberhaupt die ganze Familie ergriffen hatte, darⁿber, da▀ das AufrΣumen von Gregors Zimmer ihr vorbehalten blieb. Einmal hatte die Mutter Gregors Zimmer einer gro▀en Reinigung unterzogen, die ihr nur nach Verbrauch einiger Kⁿbel Wasser gelungen war - die viele Feuchtigkeit krΣnkte allerdings Gregor auch und er lag breit, verbittert und unbeweglich auf dem Kanapee -, aber die Strafe blieb fⁿr die Mutter nicht aus. Denn kaum hatte am Abend die Schwester die VerΣnderung in Gregors Zimmer bemerkt, als sie, aufs h÷chste beleidigt, ins Wohnzimmer lief und, trotz der beschw÷rend erhobenen HΣnde der Mutter, in einen Weinkrampf ausbrach, dem die Eltern - der Vater war natⁿrlich aus seinem Sessel aufgeschreckt worden - zuerst erstaunt und hilflos zusahen; bis auch sie sich zu rⁿhren anfingen; der Vater rechts der Mutter Vorwⁿrfe machte, da▀ sie Gregors Zimmer nicht der Schwester zur Reinigung ⁿberlie▀; links dagegen die Schwester anschrie, sie werde niemals mehr Gregors Zimmer reinigen dⁿrfen; wΣhrend die Mutter den Vater, der sich vor Erregung nicht mehr kannte, ins Schlafzimmer zu schleppen suchte; die Schwester, von Schluchzen geschⁿttelt, mit ihren kleinen FΣusten den Tisch bearbeitete; und Gregor laut vor Wut darⁿber zischte, da▀ es keinem einfiel, die Tⁿr zu schlie▀en und ihm diesen Anblick und LΣrm zu ersparen. 
  171.  
  172. Aber selbst wenn die Schwester, ersch÷pft von ihrer Berufsarbeit, dessen ⁿberdrⁿssig geworden war, fⁿr Gregor, wie frⁿher, zu sorgen, so hΣtte noch keineswegs die Mutter fⁿr sie eintreten mⁿssen und Gregor hΣtte doch nicht vernachlΣssigt werden brauchen. Denn nun war die Bedienerin da. Diese alte Witwe, die in ihrem langen Leben mit Hilfe ihres starken Knochenbaues das ─rgste ⁿberstanden haben mochte, hatte keinen eigentlichen Abscheu vor Gregor. Ohne irgendwie neugierig zu sein, hatte sie zufΣllig einmal die Tⁿr von Gregors Zimmer aufgemacht und war im Anblick Gregors, der, gΣnzlich ⁿberrascht, trotzdem ihn niemand jagte, hin und herzulaufen begann, die HΣnde im Scho▀ gefaltet staunend stehen geblieben. Seitdem versΣumte sie nicht, stets flⁿchtig morgens und abends die Tⁿr ein wenig zu ÷ffnen und zu Gregor hineinzuschauen. Anfangs rief sie ihn auch zu sich herbei, mit Worten, die sie wahrscheinlich fⁿr freundlich hielt, wie ╗Komm mal herⁿber, alter MistkΣfer!½ oder ╗Seht mal den alten MistkΣfer!½ Auf solche Ansprachen antwortete Gregor mit nichts, sondern blieb unbeweglich auf seinem Platz, als sei die Tⁿr gar nicht ge÷ffnet worden. HΣtte man doch dieser Bedienerin, statt sie nach ihrer Laune ihn nutzlos st÷ren zu lassen, lieber den Befehl gegeben, sein Zimmer tΣglich zu reinigen! Einmal am frⁿhen Morgen - ein heftiger Regen, vielleicht schon ein Zeichen des kommenden Frⁿhjahrs, schlug an die Scheiben - war Gregor, als die Bedienerin mit ihren Redensarten wieder begann, derartig erbittert, da▀ er, wie zum Angriff, allerdings langsam und hinfΣllig, sich gegen sie wendete. Die Bedienerin aber, statt sich zu fⁿrchten, hob blo▀ einen in der NΣhe der Tⁿr befindlichen Stuhl hoch einpor, und wie sie mit gro▀ ge÷ffnetem Munde dastand, war ihre Absicht klar, den Mund erst zu schlie▀en, wenn der Sessel in ihrer Hand auf Gregors Rⁿcken niederschlagen wⁿrde. ╗Also weiter geht es nicht?½ fragte sie, als Gregor sich wieder umdrehte, und stellte den Sessel ruhig in die Ecke zurⁿck. 
  173.  
  174. Gregor a▀ nun fast gar nichts mehr. Nur wenn er zufΣllig an der vorbereiteten Speise vorⁿberkam, nahm er zum Spiel einen Bissen in den Mund, hielt ihn dort stundenlang und spie ihn dann meist wieder aus. Zuerst dachte er, es sei die Trauer ⁿber den Zustand seines Zimmers, die ihn vom Essen abhalte, aber gerade mit den VerΣnderungen des Zimmers s÷hnte er sich sehr bald aus. Man hatte sich angew÷hnt, Dinge, die man anderswo nicht unterbringen konnte, in dieses Zimmer hineinzustellen, und solcher Dinge gab es nun viele, da man ein Zimmer der Wohnung an drei Zimmerherren vermietet hatte. Diese ernsten Herren - alle drei hatten VollbΣrte, wie Gregor einmal durch eine Tⁿrspalte feststellte - waren peinlich auf Ordnung, nicht nur in ihrem Ziminer, sondern, da sie sich nun einmal hier eingemietet hatten, in der ganzen Wirtschaft, also insbesondere in der Kⁿche, bedacht. Unnⁿtzen oder gar schmutzigen Kram ertrugen sie nicht. ▄berdies hatten sie zum gr÷▀ten Teil ihre eigenen Einrichtungsstⁿcke mitgebracht. Aus diesem Grunde waren viele Dinge ⁿberflⁿssig geworden, die zwar nicht verkΣuflich waren, die man aber auch nicht wegwerfen wollte. Alle diese wanderten in Gregors Zimmer. Ebenso auch die Aschenkiste und die Abfallkiste aus der Kⁿche. Was nur im Augenblick unbrauchbar war, schleuderte die Bedienerin, die es immer sehr eilig hatte, einfach in Gregors Zimmer; Gregor sah glⁿcklicherweise meist nur den betreffenden Gegenstand und die Hand, die ihn hielt. Die Bedienerin hatte vielleicht die Absicht, bei Zeit und Gelegenheit die Dinge wieder zu holen oder alle insgesamt mit einemmal hinauszuwerfen, tatsΣchlich aber blieben sie dort liegen, wohin sie durch den ersten Wurf gekommen waren, wenn nicht Gregor sich durch das Rumpelzeug wand und es in Bewegung brachte, zuerst gezwungen, weil kein sonstiger Platz zum Kriechen frei war, spΣter aber mit wachsendem Vergnⁿgen, obwohl er nach solchen Wanderungen, zum Sterben mⁿde und traurig, wieder stundenlang sich nicht rⁿhrte. 
  175.  
  176. Da die Zimmerherren manchmal auch ihr Abendessen zu Hause im gemeinsamen Wohnzimmer einnahmen, blieb die Wohnzimmertⁿr an manchen Abenden geschlossen, aber Gregor verzichtete ganz leicht auf das ╓ffnen der Tⁿr, hatte er doch schon manche Abende, an denen sie ge÷ffnet war, nicht ausgenutzt, sondern war, ohne da▀ es die Familie merkte, im dunkelsten Winkel seines Zimmers gelegen. Einmal aber hatte die Bedienerin die Tⁿr zum Wohnzimmer ein wenig offen gelassen, und sie blieb so offen, auch als die Zimmerherren am Abend eintraten und Licht gemacht wurde. Sie setzten sich oben an den Tisch, wo in frⁿheren Zeiten der Vater, die Mutter und Gregor gegessen hatten, entfalteten die Servietten und nahmen Messer und Gabel in die Hand. Sofort erschien in der Tⁿr die Mutter mit einer Schⁿssel Fleisch und knapp hinter ihr die Schwester mit einer Schⁿssel hochgeschichteter Kartoffeln. Das Essen dampfte mit starkem Rauch. Die Zimmerherren beugten sich ⁿber die vor sie hingestellten Schⁿsseln, als wollten sie sie vor dem Essen prⁿfen, und tatsΣchlich zerschnitt der, welcher in der Mitte sa▀ und den anderen zwei als AutoritΣt zu gelten schien, ein Stⁿck Fleisch noch auf der Schⁿssel, offenbar um festzustellen, ob es mⁿrbe genug sei und ob es nicht etwa in die Kⁿche zurⁿckgeschickt werden solle. Er war befriedigt, und Mutter und Schwester, die gespannt zugesehen hatten, begannen aufatmend zu lΣcheln. 
  177.  
  178. Die Familie selbst a▀ in der Kⁿche. Trotzdem kam der Vater, ehe er in die Kⁿche ging, in dieses Zimmer herein und machte mit einer einzigen Verbeugung, die Kappe in der Hand, einen Rundgang um den Tisch. Die Zimmerherren erhoben sich sΣmtlich und murmelten etwas in ihre BΣrte. Als sie dann allein waren, a▀en sie fast unter vollkommenem Stillschweigen. Sonderbar schien es Gregor, da▀ man aus allen mannigfachen GerΣuschen des Essens immer wieder ihre kauenden ZΣhne heraush÷rte, als ob damit Gregor gezeigt werden sollte, da▀ man ZΣhne brauche, um zu essen, und da▀ man auch mit den sch÷nsten zahnlosen Kiefern nichts ausrichten k÷nne. ╗Ich habe ja Appetit½, sagte sich Gregor sorgenvoll, ╗aber nicht auf diese Dinge. Wie sich diese Zimmerherren nΣhren, und ich komme um!½ 
  179.  
  180. Gerade an diesem Abend - Gregor erinnerte sich nicht, wΣhrend der ganzen Zeit die Violine geh÷rt zu haben - ert÷nte sie von der Kⁿche her. Die Zimmerherren hatten schon ihr Nachtmahl beendet, der mittlere hatte eine Zeitung hervorgezogen, den zwei anderen je ein Blatt gegeben, und nun lasen sie zurⁿckgelehnt und rauchten. Als die Violine zu spielen begann, wurden sie aufmerksam, erhoben sich und gingen auf den Fu▀spitzen zur Vorzimmertⁿr, in der sie aneinandergedrΣngt stehen blieben. Man mu▀te sie von der Kⁿche aus geh÷rt haben, denn der Vater rief: ╗Ist den Herren das Spiel vielleicht unangenehm? Es kann sofort eingestellt werden.½ ╗Im Gegenteil½, sagte der mittlere der Herren, ╗m÷chte das FrΣulein nicht zu uns hereinkommen und hier im Zimmer spielen, wo es doch viel bequemer und gemⁿtlicher ist?½ ╗O bitte½, rief der Vater, als sei er der Violinspieler. Die Herren traten ins Zimmer zurⁿck und warteten. Bald kam der Vater mit dem Notenpult, die Mutter mit den Noten und die Schwester mit der Violine. Die Schwester bereitete alles ruhig zum Spiele vor; die Eltern, die niemals frⁿher Zimmer vermietet hatten und deshalb die H÷flichkeit gegen die Zimmerherren ⁿbertrieben, wagten gar nicht, sich auf ihre eigenen Sessel zu setzen; der Vater lehnte an der Tⁿr, die rechte Hand zwischen zwei Kn÷pfe des geschlossenen Livreerockes gesteckt; die Mutter aber erhielt von einem Herrn einen Sessel angeboten und sa▀, da sie den Sessel dort lie▀, wohin ihn der Herr zufΣllig gestellt hatte, abseits in einem Winkel. 
  181.  
  182. Die Schwester begann zu spielen; Vater und Mutter verfolgten, jeder von seiner Seite, aufmerksam die Bewegungen ihrer HΣnde. Gregor hatte, von dem Spiele angezogen, sich ein wenig weiter vorgewagt und war schon mit dem Kopf im Wohnzimmer. Er wunderte sich kaum darⁿber, da▀ er in letzter Zeit so wenig Rⁿcksicht auf die andern nahm; frⁿher war diese Rⁿcksichtnahme sein Stolz gewesen. Und dabei hΣtte er gerade jetzt mehr Grund gehabt, sich zu verstecken, denn infolge des Staubes, der in seinem Zimmer ⁿberall lag und bei der kleinsten Bewegung umherflog, war auch er ganz staubbedeckt; FΣden, Haare, Speiseⁿberreste schleppte er auf seinem Rⁿcken und an den Seiten mit sich herum; seine Gleichgⁿltigkeit gegen alles war viel zu gro▀, als da▀ er sich, wie frⁿher mehrmals wΣhrend des Tages, auf den Rⁿcken gelegt und am Teppich gescheuert hΣtte. Und trotz dieses Zustandes hatte er keine Scheu, ein Stⁿck auf dem makellosen Fu▀boden des Wohnzimmers vorzurⁿcken. 
  183.  
  184. Allerdings achtete auch niemand auf ihn. Die Familie war gΣnzlich vom Violinspiel in Anspruch genommen; die Zimmerherren dagegen, die zunΣchst, die HΣnde in den Hosentaschen, viel zu nahe hinter dem Notenpult der Schwester sich aufgestellt hatten, so da▀ sie alle in die Noten hΣtten sehen k÷nnen, was sicher die Schwester st÷ren mu▀te, zogen sich bald unter halblauten GesprΣchen mit gesenkten K÷pfen zum Fenster zurⁿck, wo sie, vom Vater besorgt beobachtet, auch blieben. Es hatte nun wirklich den ⁿberdeutlichen Anschein, als wΣren sie in ihrer Annahme, ein sch÷nes oder unterhaltendes Violinspiel zu h÷ren, enttΣuscht, hΣtten die ganze Vorfⁿhrung satt und lie▀en sich nur aus H÷flichkeit noch in ihrer Ruhe st÷ren. Besonders die Art, wie sie alle aus Nase und Mund den Rauch ihrer Zigarren in die H÷he bliesen, lie▀ auf gro▀e NervositΣt schlie▀en. Und doch spielte die Schwester so sch÷n. Ihr Gesicht war zur Seite geneigt, prⁿfend und traurig folgten ihre Blicke den Notenzeilen. Gregor kroch noch ein Stⁿck vorwΣrts und hielt den Kopf eng an den Boden, um m÷glicherweise ihren Blicken begegnen zu k÷nnen. War er ein Tier, da ihn Musik so ergriff ? Ihm war, als zeige sich ihm der Weg zu der ersehnten unbekannten Nahrung. Er war entschlossen, bis zur Schwester vorzudringen, sie am Rock zu zupfen und ihr dadurch anzudeuten, sie m÷ge doch mit ihrer Violine in sein Zimmer kommen, denn niemand lohnte hier das Spiel so, wie er es lohnen wollte. Er wollte sie nicht mehr aus seinem Zimmer lassen, wenigstens nicht, solange er lebte; seine Schreckgestalt sollte ihm zum erstenmal nⁿtzlich werden; an allen Tⁿren seines Zimmers wollte er gleichzeitig sein und den Angreifern entgegenfauchen; die Schwester aber sollte nicht gezwungen, sondern freiwillig bei ihm bleiben; sie sollte neben ihm auf dem Kanapee sitzen, das Ohr zu ihm herunterneigen, und er wollte ihr dann anvertrauen, da▀ er die feste Absicht gehabt habe, sie auf das Konservatorium zu schicken, und da▀ er dies, wenn nicht das Unglⁿck dazwischen gekommen wΣre, vergangene Weihnachten - Weihnachten war doch wohl schon vorⁿber? - allen gesagt hΣtte, ohne sich um irgendwelche Widerreden zu kⁿmmern. Nach dieser ErklΣrung wⁿrde die Schwester in TrΣnen der Rⁿhrung ausbrechen, und Gregor wⁿrde sich bis zu ihrer Achsel erheben und ihren Hals kⁿssen, den sie, seitdem sie ins GeschΣft ging, frei ohne Band oder Kragen trug. 
  185.  
  186. ╗Herr Samsa!½ rief der mittlere Herr dem Vater zu und zeigte, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, mit dem Zeigefinger auf den langsam sich vorwΣrtsbewegenden Gregor. Die Violine verstummte, der mittlere Zimmerherr lΣchelte erst einmal kopfschⁿttelnd seinen Freunden zu und sah dann wieder auf Gregor hin. Der Vater schien es fⁿr n÷tiger zu halten, statt Gregor zu vertreiben, vorerst die Zimmerherren zu beruhigen, trotzdem diese gar nicht aufgeregt waren und Gregor sie mehr als das Violinspiel zu unterhalten schien. Er eilte zu ihnen und suchte sie mit ausgebreiteten Armen in ihr Zimmer zu drΣngen und gleichzeitig mit seinem K÷rper ihnen den Ausblick auf Gregor zu nehmen. Sie wurden nun tatsΣchlich ein wenig b÷se, man wu▀te nicht mehr, ob ⁿber das Benehmen des Vaters oder ⁿber die ihnen jetzt aufgehende Erkenntnis, ohne es zu wissen, einen solchen Zimmernachbar wie Gregor besessen zu haben. Sie verlangten vom Vater ErklΣrungen, hoben ihrerseits die Arme, zupften unruhig an ihren BΣrten und wichen nur langsam gegen ihr Zimmer zurⁿck. Inzwischen hatte die Schwester die Verlorenheit, in die sie nach dem pl÷tzlich abgebrochenen Spiel verfallen war, ⁿberwunden, hatte sich, nachdem sie eine Zeit lang in den lΣssig hΣngenden HΣnden Violine und Bogen gehalten und weiter, als spiele sie noch, in die Noten gesehen hatte, mit einem Male aufgerafft, hatte das Instrument auf den Scho▀ der Mutter gelegt, die in Atembeschwerden mit heftig arbeitenden Lungen noch auf ihrem Sessel sa▀, und war in das Nebenzimmer gelaufen, dem sich die Zimmerherren unter dem DrΣngen des Vaters schon schneller nΣherten. Man sah, wie unter den geⁿbten HΣnden der Schwester die Decken und Polster in den Betten in die H÷he flogen und sich ordneten. Noch ehe die Herren das Zimmer erreicht hatten, war sie mit dem Aufbetten fertig und schlⁿpfte heraus. Der Vater schien wieder von seinem Eigensinn derartig ergriffen, da▀ er jeden Respekt verga▀, den er seinen Mietern immerhin schuldete. Er drΣngte nur und drΣngte, bis schon in der Tⁿr des Zimmers der mittlere der Herren donnernd mit dem Fu▀ aufstampfte und dadurch den Vater zum Stehen brachte. ╗Ich erklΣre hiermit½, sagte er, hob die Hand und suchte mit den Blicken auch die Mutter und die Schwester, ╗da▀ ich mit Rⁿcksicht auf die in dieser Wohnung und Familie herrschenden widerlichen VerhΣltnisse½ - hierbei spie er kurz entschlossen auf den Boden - ╗mein Zimmer augenblicklich kⁿndige. Ich werde natⁿrlich auch fⁿr die Tage, die ich hier gewohnt habe, nicht das Geringste bezahlen, dagegen werde ich es mir noch ⁿberlegen, ob ich nicht mit irgendwelchen - glauben Sie mir - sehr leicht zu begrⁿndenden Forderungen gegen Sie auftreten werde.½ Er schwieg und sah gerade vor sich hin, als erwarte er etwas. TatsΣchlich fielen sofort seine zwei Freunde mit den Worten ein: ╗Auch wir kⁿndigen augenblicklich.½ Darauf fa▀te er die Tⁿrklinke und schlo▀ mit einem Krach die Tⁿr. 
  187.  
  188. Der Vater wankte mit tastenden HΣnden zu seinem Sessel und lie▀ sich in ihn fallen; es sah aus, als strecke er sich zu seinem gew÷hnlichen AbendschlΣfchen, aber das starke Nicken seines wie haltlosen Kopfes zeigte, da▀ er ganz und gar nicht schlief. Gregor war die ganze Zeit still auf dem Platz gelegen, auf dem ihn die Zimmerherren ertappt hatten. Die EnttΣuschung ⁿber das Mi▀lingen seines Planes, vielleicht aber auch die durch das viele Hungern verursachte SchwΣche machten es ihm unm÷glich, sich zu bewegen. Er fⁿrchtete mit einer gewissen Bestimmtheit schon fⁿr den nΣchsten Augenblick einen allgemeinen ⁿber ihn sich entladenden Zusammensturz und wartete. Nicht einmal die Violine schreckte ihn auf, die, unter den zitternden Fingern der Mutter hervor, ihr vom Scho▀e fiel und einen hallenden Ton von sich gab. 
  189.  
  190. ╗Liebe Eltern½, sagte die Schwester und schlug zur Einleitung mit der Hand auf den Tisch, ╗so geht es nicht weiter. Wenn ihr das vielleicht nicht einsehet, ich sehe es ein. Ich will vor diesem Untier nicht den Namen meines Bruders aussprechen, und sage daher blo▀: wir mⁿssen versuchen, es loszuwerden. Wir haben das Menschenm÷gliche versucht, es zu pflegen und zu dulden, ich glaube, es kann uns niemand den geringsten Vorwurf machen.½ ╗Sie hat tausendmal Recht½, sagte der Vater fⁿr sich. Die Mutter, die noch immer nicht genug Atem finden konnte, fing in die vorgehaltene Hand mit einem irrsinnigen Ausdruck der Augen dumpf zu husten an. 
  191.  
  192. Die Schwester eilte zur Mutter und hielt ihr die Stirn. Der Vater schien durch die Worte der Schwester auf bestimmtere Gedanken gebracht zu sein, hatte sich aufrecht gesetzt, spielte mit seiner Dienermⁿtze zwischen den Tellern, die noch vom Nachtmahl der Zimmerherren her auf dem Tische lagen, und sah bisweilen auf den stillen Gregor hin. 
  193.  
  194. ╗Wir mⁿssen es loszuwerden suchen½, sagte die Schwester nun ausschlie▀lich zum Vater, denn die Mutter h÷rte in ihrem Husten nichts, ╗es bringt euch noch beide um, ich sehe es kommen. Wenn man schon so schwer arbeiten mu▀, wie wir alle, kann man nicht noch zu Hause diese ewige QuΣlerei ertragen. Ich kann es auch nicht mehr.½ Und sie brach so heftig in Weinen aus, da▀ ihre TrΣnen auf das Gesicht der Mutter niederflossen, von dem sie sie mit mechanischen Handbewegungen wischte. 
  195.  
  196. ╗Kind½, sagte der Vater mitleidig und mit auffallendem VerstΣndnis, ╗was sollen wir aber tun?½ 
  197.  
  198. Die Schwester zuckte nur die Achseln zum Zeichen der Ratlosigkeit, die sie nun wΣhrend des Weinens im Gegensatz zu ihrer frⁿheren Sicherheit ergriffen hatte. 
  199.  
  200. ╗Wenn er uns verstⁿnde½, sagte der Vater halb fragend; die Schwester schⁿttelte aus dem Weinen heraus heftig die Hand zum Zeichen, da▀ daran nicht zu denken sei. 
  201.  
  202. ╗Wenn er uns verstⁿnde½, wiederholte der Vater und nahm durch Schlie▀en der Augen die ▄berzeugung der Schwester von der Unm÷glichkeit dessen in sich auf, ╗dann wΣre vielleicht ein ▄bereinkommen mit ihm m÷glich. Aber so - ½ 
  203.  
  204. ╗Weg mu▀ es½, rief die Schwester, ╗das ist das einzige Mittel, Vater. Du mu▀t blo▀ den Gedanken loszuwerden suchen, da▀ es Gregor ist. Da▀ wir es solange geglaubt haben, das ist ja unser eigentliches Unglⁿck. Aber wie kann es denn Gregor sein? Wenn es Gregor wΣre, er hΣtte lΣngst eingesehen, da▀ ein Zusammenleben von Menschen mit einem solchen Tier nicht m÷glich ist, und wΣre freiwillig fortgegangen. Wir hΣtten dann keinen Bruder, aber k÷nnten weiter leben und sein Andenken in Ehren halten. So aber verfolgt uns dieses Tier, vertreibt die Zimmerherren, will offenbar die ganze Wohnung einnehmen und uns auf der Gasse ⁿbernachten lassen. Sieh nur, Vater½, schrie sie pl÷tzlich auf, ╗er fΣngt schon wieder an!½ Und in einem fⁿr Gregor gΣnzlich unverstΣndlichen Schrecken verlie▀ die Schwester sogar die Mutter, stie▀ sich f÷rmlich von ihrem Sessel ab, als wollte sie lieber die Mutter opfern, als in Gregors NΣhe bleiben, und eilte hinter den Vater, der, lediglich durch ihr Benehmen erregt, auch aufstand und die Arme wie zum Schutze der Schwester vor ihr halb erhob. 
  205.  
  206. Aber Gregor fiel es doch gar nicht ein, irgend jemandem und gar seiner Schwester Angst machen zu wollen. Er hatte blo▀ angefangen sich umzudrehen, um in sein Zimmer zurⁿckzuwandern, und das nahm sich allerdings auffallend aus, da er infolge seines leidenden Zustandes bei den schwierigen Umdrehungen mit seinem Kopfe nachhelfen mu▀te, den er hierbei viele Male hob und gegen den Boden schlug. Er hielt inne und sah sich um. Seine gute Absicht schien erkannt worden zu sein; es war nur ein augenblicklicher Schrecken gewesen. Nun sahen ihn alle schweigend und traurig an. Die Mutter lag, die Beine ausgestreckt und aneinandergedrⁿckt, in ihrem Sessel, die Augen fielen ihr vor Ermattung fast zu; der Vater und die Schwester sa▀en nebeneinander, die Schwester hatte ihre Hand um des Vaters Hals gelegt. 
  207.  
  208. ╗Nun darf ich mich schon vielleicht umdrehen½, dachte Gregor und begann seine Arbeit wieder. Er konnte das Schnaufen der Anstrengung nicht unterdrⁿcken und mu▀te auch hier und da ausruhen. 
  209.  
  210. Im ⁿbrigen drΣngte ihn auch niemand, es war alles ihm selbst ⁿberlassen. Als er die Umdrehung vollendet hatte, fing er sofort an, geradeaus zurⁿckzuwandern. E staunte ⁿber die gro▀e Entfernung, die ihn von seinem Zimmer trennte, und begriff gar nicht, wie er bei seiner SchwΣche vor kurze Zeit den gleichen Weg, fast ohne es zu merken, zurⁿckgelegt hatte. Immerfort nur auf rasches Kriechen bedacht, achtete er kaum da auf, da▀ kein Wort, kein Ausruf seiner Familie ihn st÷rte. 
  211.  
  212. Erst als er schon in der Tⁿr war, wendete er den Kopf, nicht vollstΣndig, denn er fⁿhlte den Hals steif werden, immerhin sah er noch, da▀ sich hinter ihm nichts verΣndert hatte, nur die Schwester war aufgestanden. Sein letzter Blick streifte die Mutter, die nun v÷llig eingeschlafen war. 
  213.  
  214. Kaum war er innerhalb seines Zimmers, wurde die Tⁿr eiligst zu gedrⁿckt festgeriegelt und versperrt. ▄ber den pl÷tzlichen LΣrm hinter sich erschrak Gregor so, da▀ ihm die Beinchen einknickten. Es war die Schwester, die sich so beeilt hatte. Aufrecht war sie schon da gestanden und hatte gewartet, leichtfⁿ▀ig war sie dann vorwΣrtsgesprungen, Gregor hatte sie gar nicht kommen h÷ren, und ein ╗Endlich!½ rief sie den Eltern zu, wΣhrend sie den Schlⁿssel im Schlo▀ umdrehte. 
  215.  
  216. ╗Und jetzt?½ fragte sich Gregor und sah sich im Dunkeln um. Er machte bald die Entdeckung, da▀ er sich nun ⁿberhaupt nicht mehr rⁿhren konnte. Er wunderte sich darⁿber nicht, eher kam es ihm unnatⁿrlich vor, da▀ er sich bis jetzt tatsΣchlich mit diesen dⁿnnen Beinchen hatte fortbewegen k÷nnen. Im ⁿbrigen fⁿhlte er sich verhΣltnismΣ▀ig behaglich. Er hatte zwar Schmerzen im ganzen Leib, aber ihm war, als wⁿrden sie allmΣhlich schwΣcher und schwΣcher und wⁿrden schlie▀lich ganz vergehen. Den verfaulten Apfel in seinem Rⁿcken und die entzⁿndete Umgebung, die ganz von weichem Staub bedeckt waren, spⁿrte er schon kaum. An seine Familie dachte er mit Rⁿhrung und Liebe zurⁿck. Seine Meinung darⁿber, da▀ er verschwinden mⁿsse, war wom÷glich noch entschiedener, als die seiner Schwester. In diesem Zustand leeren und friedlichen Nachdenkens blieb er, bis die Turmuhr die dritte Morgenstunde schlug. Den Anfang des allgemeinen Hellerwerdens drau▀en vor dem Fenster erlebte er noch. Dann sank sein Kopf ohne seinen Willen gΣnzlich nieder, und aus seinen Nⁿstern str÷mte sein letzter Atem schwach hervor. 
  217.  
  218. Als am frⁿhen Morgen die Bedienerin kam - vor lauter Kraft und Eile schlug sie, wie oft man sie auch schon gebeten hatte, das zu vermeiden, alle Tⁿren derartig zu, da▀ in der ganzen Wohnung von ihrem Kommen an kein ruhiger Schlaf mehr m÷glich war - , fand sie bei ihrem gew÷hnlichen kurzen Besuch an Gregor zuerst nichts Besonderes. Sie dachte, er liege absichtlich so unbeweglich da und spiele den Beleidigten; sie traute ihm allen m÷glichen Verstand zu. Weil sie zufΣllig den langen Besen in der Hand hielt, suchte sie mit ihm Gregor von der Tⁿr aus zu kitzeln. Als sich auch da kein Erfolg zeigte, wurde sie Σrgerlich und stie▀ ein wenig in Gregor hinein, und erst als sie ihn ohne jeden Widerstand von seinem Platze geschoben hatte, wurde sie aufmerksam. Als sie bald den wahren Sachverhalt erkannte, machte sie gro▀e Augen, pfiff vor sich hin, hielt sich aber nicht lange auf, sondern ri▀ die Tⁿr des Schlafzimmers auf und rief mit lauter Stimme in das Dunkel hinein: ╗Sehen Sie nur mal an, es ist krepiert; da liegt es, ganz und gar krepiert!½ 
  219.  
  220. Das Ehepaar Samsa sa▀ im Ehebett aufrecht da und hatte zu tun, den Schrecken ⁿber die Bedienerin zu verwinden, ehe es dazu kam, ihre Meldung aufzufassen. Dann aber stiegen Herr und Frau Samsa, jeder auf seiner Seite, eiligst aus dem Bett, Herr Samsa warf die Decke ⁿber seine Schultern, Frau Samsa kam nur im Nachthemd hervor; so traten sie in Gregors Zimmer. Inzwischen hatte sich auch die Tⁿr des Wohnzimmers ge÷ffnet, in dem Grete seit dem Einzug der Zimmerherren schlief; sie war v÷llig angezogen, als hΣtte sie gar nicht geschlafen, auch ihr bleiches Gesicht schien das zu beweisen. ╗Tot?½ sagte Frau Samsa und sah fragend zur Bedienerin auf, trotzdem sie doch alles selbst prⁿfen und sogar ohne Prⁿfung erkennen konnte. ╗Das will ich meinen½, sagte die Bedienerin und stie▀ zum Beweis Gregors Leiche mit dem Besen noch ein gro▀es Stⁿck seitwΣrts. Frau Samsa machte eine Bewegung, als wolle sie den Besen zurⁿckhalten, tat es aber nicht. ╗Nun½, sagte Herr Samsa, ╗jetzt k÷nnen wir Gott danken.½ Er bekreuzte sich, und die drei Frauen folgten seinem Beispiel. 
  221.  
  222. Grete, die kein Auge von der Leiche wendete, sagte: ╗Seht nur, wie mager er war. Er hat ja auch schon so lange Zeit nichts gegessen. So wie die Speisen hereinkamen, sind sie wieder hinausgekommen.½ TatsΣchlich war Gregors K÷rper vollstΣndig flach und trocken, man erkannte das eigentlich erst jetzt, da er nicht mehr von den Beinchen gehoben war und auch sonst nichts den Blick ablenkte. 
  223.  
  224. ╗Komm, Grete, auf ein Weilchen zu uns herein½, sagte Frau Samsa mit einem wehmⁿtigen LΣcheln, und Grete ging, nicht ohne nach der Leiche zurⁿckzusehen, hinter den Eltern in das Schlafzimmer. Die Bedienerin schlo▀ die Tⁿr und ÷ffnete gΣnzlich das Fenster. Trotz des frⁿhen Morgens war der frischen Luft schon etwas Lauigkeit beigemischt. Es war eben schon Ende MΣrz. 
  225.  
  226. Aus ihrem Zimmer traten die drei Zimmerherren und sahen sich erstaunt nach ihrem Frⁿhstⁿck um; man hatte sie vergessen. ╗Wo ist das Frⁿhstⁿck?½ fragte der mittlere der Herren mⁿrrisch die Bedienerin. Diese aber legte den Finger an den Mund und winkte dann hastig und schweigend den Herren zu, sie m÷chten in Gregors Zimmer kommen. Sie kamen auch und standen dann, die HΣnde in den Taschen ihrer etwas abgenutzten R÷ckchen, in dem nun schon ganz hellen Zimmer um Gregors Leiche herum. 
  227.  
  228. Da ÷ffnete sich die Tⁿr des Schlafzimmers, und Herr Samsa erschien in seiner Livree an einem Arm seine Frau, am anderen seine Tochter. Alle waren ein wenig verweint; Grete drⁿckte bisweilen ihr Gesicht an den Arm des Vaters. 
  229.  
  230. ╗Verlassen Sie sofort meine Wohnung!½ sagte Herr Samsa und zeigte auf die Tⁿr, ohne die Frauen von sich zu lassen. ╗Wie meinen Sie das?½ sagte der mittlere der Herren etwas bestⁿrzt und lΣchelte sⁿ▀lich. Die zwei anderen hielten die HΣnde auf dem Rⁿcken und rieben sie ununterbrochen aneinander, wie in freudiger Erwartung eines gro▀en Streites, der aber fⁿr sie gⁿnstig ausfallen mu▀te. ╗Ich meine es genau so, wie ich es sage½, antwortete Herr Samsa und ging in einer Linie mit seinen zwei Begleiterinnen auf den Zimmerherrn zu. Dieser stand zuerst still da und sah zu Boden, als ob sich die Dinge in seinem Kopf zu einer neuen Ordnung zusammenstellten. ╗Dann gehen wir also½, sagte er dann und sah zu Herrn Samsa auf, als verlange er in einer pl÷tzlich ihn ⁿberkommenden Demut sogar fⁿr diesen Entschlu▀ eine neue Genehmigung. Herr Samsa nickte ihm blo▀ mehrmals kurz mit gro▀en Augen zu. Daraufhin ging der Herr tatsΣchlich sofort mit langen Schritten ins Vorzimmer; seine beiden Freunde hatten schon ein Weilchen lang mit ganz ruhigen HΣnden aufgehorcht und hⁿpften ihm jetzt geradezu nach, wie in Angst, Herr Samsa k÷nnte vor ihnen ins Vorzimmer eintreten und die Verbindung mit ihrem Fⁿhrer st÷ren. Im Vorzimmer nahmen alle drei die Hⁿte vom Kleiderrechen, zogen ihre St÷cke aus dem StockbehΣlter, verbeugten sich stumm und verlie▀en die Wohnung. In einem, wie sich zeigte, gΣnzlich unbegrⁿndeten Mi▀trauen trat Herr Samsa mit den zwei Frauen auf den Vorplatz hinaus; an das GelΣnder gelehnt, sahen sie zu, wie die drei Herren zwar langsam, aber stΣndig die lange Treppe hinunterstiegen, in jedem Stockwerk in einer bestimmten Biegung des Treppenhauses verschwanden und nach ein paar Augenblicken wieder hervorkamen; je tiefer sie gelangten, desto mehr verlor sich das Interesse der Familie Samsa fⁿr sie, und als ihnen entgegen und dann hoch ⁿber sie hinweg ein Fleischergeselle mit der Trage auf dem Kopf in stolzer Haltung heraufstieg, verlie▀ bald Herr Samsa mit den Frauen das GelΣnder, und alle kehrten, wie erleichtert, in ihre Wohnung zurⁿck. 
  231.  
  232. Sie beschlossen, den heutigen Tag zum Ausruhen und Spazierengehen zu verwenden; sie hatten diese Arbeitsunterbrechung nicht nur verdient, sie brauchten sie sogar unbedingt. Und so setzten sie sich zum Tisch und schrieben drei Entschuldigungsbriefe, Herr Samsa an seine Direktion, Frau Samsa an ihren Auftraggeber, und Grete an ihren Prinzipal. WΣhrend des Schreibens kam die Bedienerin herein, um zu sagen, da▀ sie fortgehe, denn ihre Morgenarbeit war beendet. Die drei Schreibenden nickten zuerst blo▀, ohne aufzuschauen, erst als die Bedienerin sich immer noch nicht entfernen wollte, sah man Σrgerlich auf. ╗Nun?½ fragte Herr Samsa. Die Bedienerin stand lΣchelnd in der Tⁿr, als habe sie der Familie ein gro▀es Glⁿck zu melden, werde es aber nur dann tun, wenn sie grⁿndlich ausgefragt werde. Die fast aufrechte kleine Strau▀feder auf ihrem Hut, ⁿber die sich Herr Samsa schon wΣhrend ihrer ganzen Dienstzeit Σrgerte, schwankte leicht nach allen Richtungen. ╗Also was wollen Sie eigentlich?½ fragte Frau Samsa, vor welcher die Bedienerin noch am meisten Respekt hatte. ╗Ja½, antwortete die Bedienerin und konnte vor freundlichem Lachen nicht gleich weiter reden, ╗also darⁿber, wie das Zeug von nebenan weggeschafft werden soll, mⁿssen Sie sich keine Sorge machen. Es ist schon in Ordnung.½ Frau Samsa und Grete beugten sich zu ihren Briefen nieder, als wollten sie weiterschreiben; Herr Samsa, welcher merkte, da▀ die Bedienerin nun alles ausfⁿhrlich zu beschreiben anfangen wollte, wehrte dies mit ausgestreckter Hand entschieden ab. Da sie aber nicht erzΣhlen durfte, erinnerte sie sich an die gro▀e Eile, die sie hatte, rief offenbar beleidigt: ╗Adjes allseits½, drehte sich wild um und verlie▀ unter fⁿrchterlichem Tⁿrezuschlagen die Wohnung. 
  233.  
  234. ╗Abends wird sie entlassen½, sagte Herr Samsa, bekam aber weder von seiner Frau, noch von seiner Tochter eine Antwort, denn die Bedienerin schien ihre kaum gewonnene Ruhe wieder gest÷rt zu haben. Sie erhoben sich, gingen zum Fenster und blieben dort, sich umschlungen haltend. Herr Samsa drehte sich in seinem Sessel nach ihnen um und beobachtete sie still ein Weilchen. Dann rief er: ╗Also kommt doch her. La▀t schon endlich die alten Sachen. Und nehmt auch ein wenig Rⁿcksicht auf mich.½ Gleich folgten ihm die Frauen, eilten zu ihm, liebkosten ihn und beendeten rasch ihre Briefe. 
  235.  
  236. Dann verlie▀en alle drei gemeinschaftlich die Wohnung, was sie schon seit Monaten nicht getan hatten, und fuhren mit der Elektrischen ins Freie vor die Stadt. Der Wagen, in dem sie allein sa▀en, war ganz von warmer Sonne durchschienen. Sie besprachen, bequem auf ihren Sitzen zurⁿckgelehnt, die Aussichten fⁿr die Zukunft, und es fand sich, da▀ diese bei nΣherer Betrachtung durchaus nicht schlecht waren, denn aller drei Anstellungen waren, worⁿber sie einander eigentlich noch gar nicht ausgefragt hatten, ⁿberaus gⁿnstig und besonders fⁿr spΣter vielversprechend. Die gr÷▀te augenblickliche Besserung der Lage mu▀te sich natⁿrlich leicht durch einen Wohnungswechsel ergeben; sie wollten nun eine kleinere und billigere, aber besser gelegene und ⁿberhaupt praktischere Wohnung nehmen, als es die jetzige, noch von Gregor ausgesuchte war. WΣhrend sie sich so unterhielten, fiel es Herrn und Frau Samsa im Anblick ihrer immer lebhafter werdenden Tochter fast gleichzeitig ein, wie sie in der letzten Zeit trotz aller Plage, die ihre Wangen bleich gemacht hatte, zu einem sch÷nen und ⁿppigen MΣdchen aufgeblΣht war. Stiller werdend und fast unbewu▀t durch Blicke sich verstΣndigend, dachten sie daran, da▀ es nun Zeit sein werde, auch einen braven Mann fⁿr sie zu suchen. Und es war ihnen wie eine BestΣtigung ihrer neuen TrΣume und guten Absichten, als am Ziele ihrer Fahrt die Tochter als erste sich erhob und ihren jungen K÷rper dehnte. 
  237.  
  238.  
  239.