§ 47 Begriff der Dauerschulden (§ 8 Nr. 1 GewStG)
(1) Nach § 8 Nr. 1 GewStG ist dem gewerblichen Gewinn die Hälfte der bei seiner Ermittlung abgezogenen Entgelte für solche Schulden hinzuzurechnen, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs (Teilbetriebs) oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängen oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen. Die Verbindlichkeiten, die diesen Entgelten entsprechen, sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG in dem in dieser Vorschrift bestimmten Umfang für die Ermittlung des Gewerbekapitals dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs hinzuzurechnen, soweit sie bei der Feststellung des Einheitswerts abgezogen worden sind. Die so abgegrenzten Schulden werden als Dauerschulden bezeichnet.
(2) Grundsätzlich stellt jede Schuldaufnahme im Rahmen eines Gewerbebetriebs eine Verstärkung des Betriebskapitals dar, es sei denn, daß es sich um einen durchlaufenden Kredit (vgl. RFH-Urteil vom 12.9.1939, RStBl S. 1066) handelt. Zum Begriff des durchlaufenden Kredits vgl. das BFH-Urteil vom 2.8.1966 (BStBl 1967 III S. 27). Es ist ohne Bedeutung, ob die Schulden mit oder ohne Willen des Schuldners oder des Gläubigers entstanden sind, ob sie das Betriebsvermögen erhöht oder nur dessen Verminderung verhindert haben, ob die Gegenwerte am Stichtag noch vorhanden und ob die Schulden verzinslich sind. Vgl. das BFH-Urteil vom 27.6.1957 (BStBl III S. 287). Ob für den Betrieb ein Bedarf nach vermehrtem Kapital vorlag oder ob sich der Unternehmer durch die Aufnahme des Darlehns dem Darlehnsgeber gefällig erweisen wollte, ist einerlei. Ist ein Gewerbebetrieb an einer nicht gewerblichen Grundstücksgemeinschaft (Gesamthands- oder Bruchteilsgemeinschaft) beteiligt, so gehören auch die im Rahmen der Grundstücksgemeinschaft aufgenommenen Schulden anteilig zu den Schulden des Gewerbebetriebs. Vgl. das BFH-Urteil vom 28.1.1975 (BStBl II S. 516).
(3) Jedes selbständige Kreditgeschäft ist für sich zu betrachten. Es ist in der Regel nicht zulässig, mehrere Kreditgeschäfte mit demselben Kreditgeber oder mit verschiedenen Kreditgebern als eine Einheit anzusehen und davon die Beurteilung der Frage abhängig zu machen, ob eine Dauerschuld oder eine laufende Schuld vorliegt. Die von einem Kreditgeber gewährten Kredite sind jedoch als eine Einheit anzusehen, wenn sie in einem gewissen wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Vgl. das BFH-Urteil vom 6.6.1973 (BStBl II S. 670). Kredite verschiedener Kreditgeber sind ausnahmsweise als Einheit zu beurteilen, wenn die Bedingungen, nach denen die Kreditgeschäfte abzuwickeln sind, durch das Zusammenwirken der Kreditgeber zustande gekommen sind. Vgl. das BFH-Urteil vom 16.1.1974 (BStBl II S. 388).
(4) Ob eine Dauerschuld vorliegt, ist in jedem Fall Tatfrage. Für die Beurteilung des Sachverhalts kommt es nicht allein auf die Abmachung der Parteien, sondern auf das tatsächliche Geschäftsverhältnis an. Dabei ist in erster Linie der Charakter der Schuld zu berücksichtigen. Danach ist zwischen zum laufenden Geschäftsverkehr gehörigen Schulden und Schulden, die der Verstärkung des dauernd dem Betrieb gewidmeten Kapitals dienen, zu unterscheiden. Vgl. das BFH-Urteil vom 11.8.1959 (BStBl III S. 428). Zu der Unterscheidung nach dem Charakter der Schuld tritt als zweiter Beurteilungsmaßstab das zeitliche Moment. Ist unklar, ob ein Geschäftsvorfall als laufender einzuordnen ist, kann die lange Laufzeit eines Kredits Anzeichen dafür sein, daß der Kredit das Betriebskapital nicht nur vorübergehend verstärken soll und damit Dauerschuld ist. Vgl. das BFH-Urteil vom 18.12.1986 (BStBl 1987 II S. 446). In der Regel kann davon ausgegangen werden, daß Schulden mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr Dauerschulden sind. Verbindlichkeiten, die mit der Gründung oder dem Erwerb eines Betriebs, Teilbetriebs oder eines Anteils am Betrieb zusammenhängen, sind auch bei einer kürzeren Laufzeit Dauerschulden, wenn sie nicht dem laufenden Geschäftsverkehr zuzurechnen sind. Vgl. das BFH-Urteil vom 30.6.1971 (BStBl II S. 750). Entsprechendes gilt für Schulden, die mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängen. Eine Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs ist dann gegeben, wenn dem Vorgang als weitreichende Maßnahme oder schwerwiegende Investition ein dem Gründungs- oder Erwerbsvorgang vergleichbares Gewicht zukommt. Vgl. die BFH-Urteile vom 16.11.1978 (BStBl 1979 II S. 151) und vom 8.10.1981 (BStBl 1982 II S. 73). Schulden, die wirtschaftlich mit dem Erwerb eines Mitunternehmeranteils zusammenhängen, sind in jedem Falle Dauerschulden. Die Frage, ob die Darlehnsvaluta für die Beschaffung von Betriebsanlagen oder zur Finanzierung laufender Geschäftsvorfälle verwendet worden ist, kann hier nicht auftreten. Es ist auch nicht zu prüfen, ob durch die Schuldaufnahme das Betriebskapital der Mitunternehmerschaft verstärkt worden ist. Vgl. das BFH-Urteil vom 9.4.1981 (BStBl II S. 621). Zu der Frage, wie sich die durchschnittliche Laufzeit einer in laufenden Raten (z.B. Monatsraten) zu tilgenden Schuld bestimmt, die für die Anschaffung von Anlagegegenständen aufgenommen worden ist, vgl. die BFH-Urteile vom 13.4.1965 (BStBl III S. 416) und vom 20.7.1965 (BStBl III S. 620).
(5) Die Unterscheidung zwischen Schulden, die zum laufenden Geschäftsverkehr gehören, von den anderen Schulden ist nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorzunehmen. Zum laufenden Geschäftsverkehr gehören insbesondere Warenschulden sowie Wechselschulden und Bankschulden, die zur Bezahlung von Warenschulden oder Löhnen aufgenommen werden, sowie im allgemeinen auch Zollkredite auf Grund des § 223 AO und Lombardkredite. Vgl. die BFH-Urteile vom 18.8.1959 (BStBl III S. 430) und vom 1.12.1959 (BStBl 1960 III S. 51) und die RFH-Urteile vom 12.10.1938 (RStBl S. 1134) und vom 17.5.1939 (RStBl S. 890). Ein Zwischenkredit rechnet zum laufenden Geschäftsverkehr nur, wenn er einen bestimmten im laufenden Geschäftsverkehr auftretenden Geschäftsvorfall betrifft. Vgl. das BFH-Urteil vom 19.6.1980 (BStBl II S. 660). Zwischenkredite, die nicht zum laufenden Geschäftsverkehr gehören, sind auch bei einer Laufzeit von nicht mehr als einem Jahr Dauerschulden, wenn sie durch langfristige Kredite desselben Gläubigers ersetzt werden oder wenn sie mit der Gründung, dem Erwerb, der Erweiterung oder der Verbesserung des Betriebs zusammenhängen. Zu den Schulden, die der Verstärkung des dauernd dem Betrieb gewidmeten Kapitals dienen, gehören insbesondere Teilschuldverschreibungen (Anleihen und Obligationen), Hypothekenschulden (mit Ausnahme der Sicherungshypotheken), Bankdauerkredite und partiarische Darlehen. Auch die im Rahmen einer Unternehmenspacht von dem Pächter übernommene Verpflichtung, für die bei Pachtbeginn erhaltenen Rohstoffe, Halb- und Fertigfabrikate bei Aufhebung des Pachtverhältnisses dieselbe Vorratsmenge in gleicher Art und Güte zurückzugeben, stellt eine Dauerschuld dar (vgl. das BFH-Urteil vom 30.11.1965, BStBl 1966 III S. 51).
(6) Schulden, die nicht zum laufenden Geschäftsverkehr gehören, sind grundsätzlich Dauerschulden, wenn sie nicht binnen zwölf Monaten getilgt werden. Sie bleiben Dauerschulden bis zum Erlöschen des Schuldverhältnisses. Vgl. das BFH-Urteil vom 6.11.1985 (BStBl 1986 II S. 415). Das Vorhandensein von flüssigen Mitteln, die zur Tilgung ausreichen, steht der Annahme von Dauerschulden in der Regel nicht entgegen. Vgl. das RFH-Urteil vom 7.12.1938 (RStBl 1939 S. 330) und das BFH-Urteil vom 6.11.1985 (BStBl 1986 II S. 415). Das gilt auch dann, wenn die flüssigen Mittel in einem Guthaben auf einem anderen Konto bei demselben Kreditgeber bestehen und die Konten zu dem Zweck geführt werden, verschiedene Geschäftsbeziehungen dauernd getrennt voneinander zu behandeln. Vgl. das RFH-Urteil vom 11.3.1942 (RStBl S. 716). Eine Saldierung einer Dauerschuld mit einem Guthaben bei demselben Kreditgeber kann nur im Ausnahmefall bei Einheitlichkeit, Regelmäßigkeit oder gleichbleibender Zweckbestimmung der Kreditgeschäfte, bei regelmäßiger Verrechnung der Konten oder dann in Betracht kommen, wenn der über ein Konto gewährte Kredit jeweils zur Abdeckung der aus dem anderen Konto ausgewiesenen Schuld verwendet wird. Vgl. das BFH-Urteil vom 10.11.1976 (BStBl 1977 II S. 165). Zahlt ein Darlehensschuldner im Einvernehmen mit dem Gläubiger ein zu Beginn des Jahres in Anspruch genommenes Darlehen am Ende eines Kalenderjahrs zurück und wird das Darlehen auf Grund einer schon bei der Rückzahlung zwischen Darlehensschuldner und Darlehensgläubiger getroffenen Vereinbarung erneut gewährt und ausbezahlt, kann darin eine mißbräuchliche Umgehung des § 8 Nr. 1 GewStG liegen. Vgl. das BFH-Urteil vom 19.6.1985 (BStBl II S. 680).
(7) Schulden, die zum laufenden Geschäftsverkehr gehören, sind grundsätzlich keine Dauerschulden. Sie können jedoch unter Berücksichtigung des zeitlichen Moments Dauerschuldcharakter annehmen. Dafür gelten folgende Grundsätze:
1. Steht die Schuld mit einem bestimmten Geschäftsvorfall (z.B. Wareneinkauf, Finanzierung eines Ausfuhrgeschäfts) in unmittelbarem Zusammenhang, so liegt keine Dauerschuld vor, wenn die Schuld in der nach der Art des Geschäftsvorfalls üblichen Frist getilgt wird. Vgl. die BFH-Urteile vom 11.8.1959 (BStBl III S. 428), vom 18.8.1959 (BStBl III S. 430), vom 1.12.1959 (BStBl 1960 III S. 51), vom 2.5.1961 (BStBl III S. 537) und vom 12.6.1975 (BStBl II S. 784). Kredite zur Finanzierung von Warengeschäften gehören aber nur dann zum laufenden Geschäftsverkehr, wenn der unmittelbare Zusammenhang zwischen den einzelnen Krediten und bestimmten Warengeschäften von der Kreditaufnahme bis zum Ende der Abwicklung jedes einzelnen Warengeschäfts eindeutig nachgewiesen wird. Vgl. die BFH-Urteile vom 23.2.1967 (BStBl III S. 322) und vom 4.12.1976 (BStBl II S. 551). Kann ein Unternehmer mehrjährige Verträge mit Kunden nur unter der Voraussetzung abschließen, daß er diesen verzinsliche Kredite gewährt, und finanziert er diese Darlehen seinerseits durch Kreditaufnahme, führt diese bei ihm zu einer nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals und damit zu Dauerschulden. Vgl. das BFH-Urteil vom 11.12.1986 (BStBl 1987 II S. 443). Besteht das sachliche Substrat der eigentlichen Geschäftstätigkeit eines Unternehmens in dem Erwerb und dem Halten stiller Beteiligungen für einen längeren Zeitraum, hat der Erwerb von seiner Zweckbestimmung her keine Umlauf-, sondern Anlagefunktion mit der Folge, daß hierfür aufgenommene Schulden nicht zum laufenden Geschäftsverkehr gehören. Vgl. das BFH-Urteil vom 18.12.1986 (BStBl 1987 II S. 446). Kredite mit einer Laufzeit von mehr als zwölf Monaten, die ein Leasingunternehmen zur Finanzierung des Erwerbs von in seinem rechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum verbleibenden, jedoch längerfristig vermieteten Wirtschaftsgütern aufnimmt, sind Dauerschulden. Vgl. die BFH-Urteile vom 9.4.1981 (BStBl II S. 481) und vom 5.2.1987 (BStBl II S. 448). In Fällen, in denen auf Grund von Leasingverträgen über bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter die Leasinggegenstände dem Leasingnehmer zuzurechnen sind, gehören die vom Leasinggeber zur Finanzierung der Leasinggegenstände aufgenommenen Kredite bei ihm in der Regel zum laufenden Geschäftsverkehr. Sie können aber unter Berücksichtigung des zeitlichen Moments zu Dauerschulden werden. Im Hinblick auf die Besonderheiten des Leasinggeschäfts jedoch nur dann, wenn die Finanzierung über einen Zeitraum von sechs Jahren hinausgeht. Beim Leasingnehmer sind in diesen Fällen Kredite zur Finanzierung der Leasinggegenstände mit einer Laufzeit von mehr als zwölf Monaten Dauerschulden. Hierzu gehört insbesondere die Verpflichtung gegenüber dem Leasinggeber zur Leistung der Leasingraten.
2. Steht die Schuld mit mehreren bestimmten Geschäftsvorfällen in unmittelbarem Zusammenhang, ist aber aus dem Geschäftsverhältnis der Beteiligten zu schließen, daß ein bestimmter Mindestkredit dem Unternehmen dauernd gewidmet sein soll, so ist in Höhe des Mindestkredits eine Dauerschuld gegeben. Vgl. das BFH-Urteil vom 12.6.1975 (BStBl II S. 784) und Absatz 8.
3. Steht die Schuld nicht mit einem bestimmten Geschäftsvorfall in unmittelbarem Zusammenhang (z.B. Bankkredit), so stellt sie eine Dauerschuld dar, wenn sie nicht innerhalb von zwölf Monaten getilgt wird. Entsprechend sind auch Steuerschulden als Dauerschulden zu behandeln, wenn sie nicht binnen zwölf Monaten seit Zahlungsaufforderung (Steuerbescheid) getilgt werden. Vgl. die BFH-Urteile vom 11.8.1959 (BStBl III S. 428), vom 6.11.1962 (BStBl 1963 III S. 69) und vom 13.12.1962 (BStBl 1963 III S. 405). Solange für betriebliche Steuerschulden die Vollziehung ausgesetzt ist, gehören sie aber zum laufenden Geschäftsverkehr. Vgl. das BFH-Urteil vom 19.12.1973 (BStBl 1974 II S. 387). Zurückgeforderte Investitionszulagen nach §§ 1, 4, 4a, 4b des Investitionszulagengesetzes oder nach § 19 des Berlinförderungsgesetzes sind Dauerschulden, wenn sie nicht innerhalb von 12 Monaten seit Zahlungsaufforderung im Aufhebungs- oder Änderungsbescheid getilgt worden sind. Unter Umständen kann auch die Behandlung eines Mindestkredits als Dauerschuld in Betracht kommen, z.B. bei zeitlicher Überschneidung der jeweils für die Produktion einer bestimmten Saison aufgenommenen Kredite. Vgl. die BFH-Urteile vom 25.7.1961 (BStBl III S. 422) und vom 7.10.1971 (BStBl 1972 II S. 189). Ist eine im laufenden Geschäftsverkehr entstandene Verbindlichkeit zur Dauerschuld geworden, so bleibt sie es bis zum Erlöschen des Schuldverhältnisses.
(8) Kontokorrentschulden sind im allgemeinen laufende Schulden (vgl. die BFH-Urteile vom 17.3.1959, BStBl 1960 III S. 49, und vom 6.11.1964, BStBl 1965 III S. 195), es sei denn, daß aus dem Geschäftsverhältnis der Beteiligten geschlossen werden muß, daß trotz der äußeren Form des Kontokorrentverkehrs ein bestimmter Mindestkredit dem Unternehmen dauernd gewidmet werden soll. Dies ist der Fall hinsichtlich des Mindestbetrags der Schuld, die während des ganzen Wirtschaftsjahrs bestanden hat. Nur insoweit kann die Schuld als dauernde Verstärkung des Betriebskapitals angesehen werden.
B e i s p i e l :
Ein Unternehmen, dessen Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr übereinstimmt, hat einen Kontokorrentkredit in der Zeit vom 1.4.01 bis 30.11.02 (= 20 Monate) in wechselnder Höhe. Da der Mindestbetrag der Schuld weder 01 noch 02 das ganze Jahr über bestanden hat, ist in keinem der Wirtschaftsjahre eine Dauerschuld anzunehmen.
Hat der niedrigste Schuldenstand nur während ganz kurzer Zeit - bis zu sieben Tage - bestanden, so ist er für die Feststellung des als Dauerschuld in Betracht kommenden Mindestbetrags der Schuld unberücksichtigt zu lassen. Vgl. die RFH-Urteile vom 14.11.1938 (RStBl 1939 S. 160), vom 22.11.1938 (RStBl 1939 S. 216) und vom 22.6.1943 (RStBl S. 695). Das gilt auch bei Saisonbetrieben. Vgl. das RFH-Urteil vom 26.10.1938 (RStBl S. 1117) und das BFH-Urteil vom 25.7.1961 (BStBl III S. 422). Der Mindestbetrag der Schuld ist daher durch Außerachtlassen der niedrigsten - auch positiven - Kontostände an insgesamt sieben Tagen im Jahr zu ermitteln; Mindestschuld ist danach der Kreditbetrag, der dem Gewerbebetrieb an 358 - im Schaltjahr an 359 - Tagen im Jahr zur Verfügung stand.
B e i s p i e l :
Der Kontostand einer Kontokorrentschuld, die mit 4 v.H. zu verzinsen ist, hat in einem Wirtschaftsjahr in täglich unterschiedlicher Höhe zwischen 1 Mio. DM und 49.000 DM betragen. Die acht niedrigsten Kontostände lauteten auf
1. 49.000 DM,
2. 54.800 DM,
3. 58.600 DM,
4. 70.100 DM,
5. 105.000 DM,
6. 117.200 DM,
7. 121.400 DM,
8. 130.000 DM.
Als Dauerschuldzinsen sind die Hälfte von 4 v.H. von 130.000 DM, das sind 2.600 DM, hinzuzurechnen. Entsprechend würde, wenn die aufgezeigten Kontostände Nr. 1 an 3 Tagen, Nr. 2 an 2 Tagen und Nr. 3 an 2 Tagen bestanden hätten, von dem viertniedrigsten Kontostand mit 70.100 DM auszugehen sein, da die an insgesamt sieben Tagen bestehenden niedrigeren Kontostände Nr. 1 bis 3 außer Betracht bleiben müßten.
Werden die Zinsen aus einem Kontokorrentkredit - abweichend von den Salden in den Kontoauszügen - nach der Zinsstaffelmethode errechnet, so ist für die Bestimmung des Mindestbetrags für die Errechnung der Dauerschuldzinsen nicht von den Salden in den Kontoauszügen, sondern von den der Zinszahlung tatsächlich zugrunde gelegten Beträgen auszugehen. Vgl. das BFH-Urteil vom 28.7.1976 (BStBl II S. 792). Sind nach den vorstehenden Grundsätzen Kontokorrentschulden als Dauerschulden anzusehen, so können sie mit einem Guthaben auf einem anderen Konto bei derselben Bank jedenfalls dann nicht verrechnet werden, wenn das Guthaben infolge langfristiger Festlegung der Mittel z.Z. nicht zur Tilgung der Dauerschulden herangezogen werden kann. Vgl. das BFH-Urteil vom 31.7.1962 (BStBl III S. 540). Ein Kontokorrentkredit ist aber dann mit einem anderen Kredit derselben Bank zu einer Einheit zusammenzufassen, wenn der über das eine Konto gewährte Kredit jeweils zur Abgeltung der auf dem anderen Konto ausgewiesenen Schuld verwendet wird. Vgl. das BFH-Urteil vom 6.6.1973 (BStBl II S. 670). Kontokorrentverhältnisse mit verschiedenen Kreditgebern sind in der Regel - entsprechend ihrer schon durch die Verschiedenheit von Gläubiger und Schuldner gekennzeichneten Individualisierung - auch gewerbesteuerlich als selbständige Kreditgeschäfte anzusehen, es sei denn, daß die Bedingungen, nach denen ein Kredit abzuwickeln ist, durch das Zusammenwirken mehrerer Kreditgeber zustande gekommen sind. Vgl. das BFH-Urteil vom 16.1.1974 (BStBl II S. 388). Dem Mindestkredit eines Kontokorrentverhältnisses mit einem Kreditgeber wird der Charakter der Dauerschuld aber nicht dadurch genommen, daß der Kredit jeweils für die "notwendige" Zeit durch die Aufnahme eines entsprechenden Kredits oder die Erhöhung um einen entsprechenden Kredit bei einem anderen Kreditgeber abgedeckt wird, wenn für die Aufnahme oder Erhöhung keine wirtschaftlichen oder sonst beachtlichen nichtsteuerlichen Gründe vorliegen. Vgl. die BFH-Urteile vom 4.8.1977 (BStBl II S. 843), vom 5.11.1980 (BStBl 1981 II S. 219) und vom 20.11.1980 (BStBl 1981 II S. 223). Eine Schuld mit wechselndem Bestand kann nicht generell nur in Höhe des Mindestbestandes als Dauerschuld angesehen werden. Der Mindestbestand ist nur dann maßgeblich, wenn dieser erst die laufende Schuld zu einer Dauerschuld werden läßt. Vgl. das BFH-Urteil vom 8.2.1984 (BStBl II S. 379). Wegen der Ermittlung des Mindestbetrags der Schuld beim Gewerbekapital vgl. Abschnitt 76 Abs. 4.
(9) Wechselkredite sind Dauerschulden, wenn sie wirtschaftlich mit der Gründung des Betriebs oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängen oder wenn sie nach der Laufzeit der Wechsel nicht nur der vorübergehenden Verstärkung der Betriebsmittel dienen. Vgl. die BFH-Urteile vom 15.11.1983 (BStBl 1984 II S. 213) und vom 19.1.1984 (BStBl II S. 376). Auch ein Wechselkredit, dessen Laufzeit kurzfristig ist, kann die Eigenschaft einer Dauerschuld annehmen, wenn von vornherein beabsichtigt war, die Laufzeit des Wechsels auf nicht nur vorübergehende Dauer zu verlängern. Vgl. das RFH-Urteil vom 21.2.1939 (RStBl S. 711) und die BFH-Urteile vom 4.7.1969 (BStBl II S. 712) und vom 15.11.1983 (BStBl 1984 II S. 213) Wechselkredite können auch eng mit den einzelnen Warenposten zusammenhängen. Das ist der Fall, wenn ein Gewerbebetrieb für einzelne Warenlieferungen jeweils einen besonderen Wechselkredit erhält mit der Auflage, ihn mit dem Erlös aus den Waren abzudecken. Solche Sonderkredite sind nach den Ausführungen in den Absätzen 4 und 7 laufende Schulden. Das gilt auch dann, wenn der Unternehmer für die einzelnen Warenlieferungen jeweils Bankkredite erhält und der Bank zusätzlich auf einige Monate befristete Wechsel gibt, die von der Bank zur Refinanzierung bei einer anderen Bank verwendet werden. Vgl. die RFH-Urteile vom 17.5.1939 (RStBl S. 890) und vom 7.4.1943 (RStBl S. 517). Finanziert ein Kaufmann seine Wareneinkäufe im sogenannten Wechsel-Scheck-Verfahren, so entsteht im allgemeinen keine Dauerschuld, wenn die Wechsel mit den einzelnen Wareneinkäufen im Zusammenhang stehen. Vgl. das BFH-Urteil vom 22.6.1965 (BStBl III S. 484). Ist jedoch von vornherein beabsichtigt, die Laufzeit der Wechsel zu verlängern und den Wechselkredit für längere Zeit zur Verfügung zu stellen (Vorschuß - Lange-Sicht- Konto), so ist eine Dauerschuld gegeben (vgl. das vorstehend bezeichnete RFH-Urteil vom 7.4.1943). Entscheidend ist auch bei einer Vielzahl von Wechseln, deren Laufzeit sich überschneidet, nicht der sich danach ergebende äußerliche Eindruck, sondern das wirkliche wirtschaftliche Verhältnis. Wechselkredite, die ständig durch Begebung neuer Wechsel in der Weise revolviert werden, daß ein bestimmter Kredit über einen längeren Zeitraum als ein Jahr gewährt wird, sind Dauerschulden, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang mit einzelnen Warenlieferungen nicht hergestellt werden kann. Vgl. das BFH-Urteil vom 28.6.1978 (BStBl II S. 651). Voraussetzung ist, daß von vornherein eine Prolongationsmöglichkeit für einen Zeitraum von insgesamt mehr als einem Jahr verbindlich vereinbart war. Vgl. das BFH-Urteil vom 15.11.1983 (BStBl 1984 II S. 213).
(10) Bei Lebensversicherungsunternehmen gehören die Gewinnanteile der Versicherten, die gutgeschrieben und mit den aufgelaufenen Zinsen bei Fälligkeit der Versicherungssumme mitausgezahlt werden, nicht zu den laufenden Schulden. Vgl. das RFH-Urteil vom 11.6.1940 (RStBl S. 826). Die Deckungsrückstellung (Deckungsrücklage) der Lebensversicherungsunternehmen ist keine Dauerschuld im Sinne des Gewerbesteuergesetzes. Das gleiche gilt für die verzinslich angesammelten Gewinnanteile der Versicherungsnehmer, wenn die Gegenwerte ähnlichen Verfügungsbeschränkungen wie die Bestände des Deckungsstocks unterliegen. Vgl. das Gutachten des RFH vom 26.11.1943 (RStBl 1944 S. 171). Die Rückstellung für Beitragsrückerstattung ist als Dauerschuld zu behandeln, soweit die Gegenwerte nicht ähnlichen Verfügungsbeschränkungen unterliegen wie die Bestände des Deckungsstocks. Vgl. die BFH-Urteile vom 26.4.1960 (BStBl III S. 311), vom 4.4.1963 (BStBl III S. 264) und vom 11.4.1984 (BStBl II S. 598). Der Grundsatz, daß die Deckungsrückstellung keine Dauerschuld im Sinne des Gewerbesteuergesetzes ist, schließt nicht aus, daß Hypothekenschulden, die auf einem zum Deckungsstock gehörenden Grundstück lasten, Dauerschulden sein können. Vgl. das BFH-Urteil vom 21.7.1966 (BStBl III S. 630). Im Schadenversicherungsgeschäft stellt die Schadenrückstellung keine Dauerschuld dar. Die Schwankungsrückstellung ist dagegen als Dauerschuld zu behandeln. Vgl. die BFH-Urteile vom 12.6.1968 (BStBl II S. 715) und vom 19.1.1972 (BStBl II S. 390). Zum Dauerschuldcharakter der sog. Bardepots vgl. das BFH-Urteil vom 26.1.1972 (BStBl II S. 908).
(11) Schulden, deren Abdeckung gewährleistet ist, deren Rückzahlung aber wegen gesetzlicher, behördlicher oder ähnlicher Maßnahmen stockt, bleiben laufende Schulden. Bei diesen sogenannten Stillhalteschulden, die wegen der Dauer ihres Bestehens an sich zu den Dauerschulden (Absätze 4 und 6) gehören, fehlt es an der Voraussetzung der Verstärkung des Betriebskapitals (Absatz 4), wenn
1. der Schuldner glaubhaft machen kann, daß die von ihm betriebene Tilgung der Schuld allein wegen des gesetzlichen, behördlichen oder eines ähnlichen Eingreifens nicht möglich war,
2. unterstellt werden kann, daß bei Tilgung der Schuld die Inanspruchnahme anderweitigen Kredits nicht in Betracht gekommen wäre, und
3. die zur Rückzahlung des Kredits erforderlichen flüssigen Mittel dem Unternehmen jederzeit zur Verfügung gestanden haben.
Vgl. das RFH-Urteil vom 23.3.1943 (RStBl S. 509). Die Behandlung von Stillhalteschulden wie eine laufende Schuld beruht auf sachlichen Billigkeitserwägungen. Es handelt sich hierbei um eine Maßnahme nach § 163 AO. Vgl. das BFH-Urteil vom 6.11.1985 (BStBl 1986 II S. 415).
(12) Kredite, die zur Finanzierung einer Vorratshaltung aufgenommen werden, sind als Dauerschulden zu behandeln, wenn die Kredite nicht nur vorübergehend in Anspruch genommen werden. Das muß aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung auch dann gelten, wenn die Vorratshaltung auf behördlicher Anordnung beruht.
(13) Spareinlagen, die Brauereien von ihrer Kundschaft und von ihren Belegschaftsmitgliedern annehmen, sind grundsätzlich als Dauerschulden anzusehen. Dabei ist davon auszugehen, daß die gesamten Guthaben betrieblich eine Einheit bilden. Es ist für die Bemessung der Hinzurechnung der niedrigste Jahresstand der Spareinlagen als Dauerschuld anzusetzen. Vgl. das RFH-Urteil vom 3.8.1943 (RStBl S. 750).
(14) Schulden, die zum Zweck der Beteiligung an einer Personengesellschaft oder im Zusammenhang mit dem Erwerb einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft aufgenommen worden sind, sind ohne Rücksicht auf ihre Laufzeit stets wie Dauerschulden zu behandeln, wenn wegen der Beteiligung eine Kürzung nach § 9, Nr. 2, 2 a, 7 oder 8 und § 12 Abs. 3 Nr. 2, 2 a, 4 oder 5 GewStG in Betracht kommt.
(15) Die Unterscheidung der Verbindlichkeiten nach Schulden, die zum laufenden Geschäftsverkehr gehören, und anderen Schulden gilt auch für Rückstellungen. Gehören die den Rückstellungen zugrunde liegenden Verpflichtungen zum laufenden Geschäftsverkehr, so sind sie bei der Ermittlung des Gewerbekapitals nicht hinzuzurechnen. Das ist z.B. auch bei Rückstellungen der Fall, die der Pächter eines Unternehmens für die Verpflichtung bildet, das übernommene Anlagevermögen in ordnungsmäßigem Zustand zu erhalten, ausgeschiedene Wirtschaftsgüter zu ersetzen und bei Beendigung des Pachtverhältnisses einen technisch weiterentwickelten Betrieb zurückzugeben (Erneuerungsverpflichtung). Das gleiche gilt für Rückstellungen, die ein Abbauunternehmen für die Rekultivierung der gepachteten Flächen bildet (Rekultivierungsverpflichtungen) oder die ein Gewerbebetrieb für die Verpflichtung bildet, nach Auslaufen von Gestattungsverträgen Leitungen zu entfernen und Grundstücke wiederherzustellen. Vgl. die BFH-Urteile vom 11.11.1964 (BStBl 1966 III S. 53), vom 29.10.1974 (BStBl 1975 II S. 114) und vom 8.9.1976 (BStBl 1977 II S. 9). Ferner gilt dies in der Regel auch für Rückstellungen wegen drohender Haftpflicht- und Gewährleistungsansprüche, für Rückstellungen für Bergschäden sowie für Rückstellungen infolge Verletzung von Patentrechten. Vgl. die BFH-Urteile vom 13.3.1964 (BStBl III S. 344), vom 14.11.1968 (BStBl 1969 II S. 266) und vom 6.2.1985 (BStBl II S. 431). Für Rückstellungen für Pensions- und Rentenanwartschaften, die im laufenden Geschäftsverkehr begründet sind, kommt ebenfalls eine Hinzurechnung als Dauerschuld im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG nicht in Betracht. Vgl. das BFH-Urteil vom 4.12.1962 (BStBl 1963 III S. 93). Wegen der Hinzurechnung von Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen nach § 8 Nr. 2 GewStG vgl. Abschnitt 52 Abs. 2.