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Privatschulen - gebührenpflichtige Schulen und Hochschulen in der Bundesrepublik

Der Begriff Privatschulen bezeichnet alle nicht öffentlichen, d. h. nicht staatlichen Schulen in der Bundesrepublik. Ihre Träger sind Kirchen, Stiftungen, Vereinigungen, aber auch Privatpersonen. Zwar legt das Grundgesetz in Artikel 7 Absatz 1 fest, dass die Schulaufsicht beim Staat liegt, doch muss das Bildungssystem auch dazu beitragen, dass der Einzelne seine Grundrechte wahrnehmen kann. Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit oder Glaubens- und Meinungsfreiheit und der gesellschaftliche Pluralismus sollen gestärkt werden. Deshalb garantiert Artikel 7 Absatz 4-6 des Grundgesetzes das Recht auf Einrichtung und Betrieb von Privatschulen. Privatschulen sollen vor allem diejenigen Bildungsaufgaben wahrnehmen, die vom Staat nicht ausreichend berücksichtigt werden. Mit ihrem Bildungsangebot sollen sie das öffentliche Schulwesen bereichern und durch besondere Formen des Unterrichts und der Erziehung fördern.
Dabei unterscheidet das Schulrecht zwischen Ersatz- und Ergänzungsschulen. Wenn die Privatschulen die Funktion von öffentlichen Schulen erfüllen sollen, muss die staatliche Schulaufsicht eine Genehmigung erteilen, wobei für Grund- und Hauptschulen besondere Bestimmungen gelten. Diese Ersatzschulen haben Anspruch auf finanzielle Förderung durch öffentliche Zuschüsse, und ihre Zeugnisse bzw. Abschlüsse sind allgemein anerkannt.
Die Ergänzungsschulen sind dagegen nur anzeigepflichtig, weil ihre Lehrangebote über den gesetzlich festgelegten Rahmen schulischer Bildung hinaus zusätzliche Lerninhalte anbieten. Da die Kulturhoheit in der Bundesrepublik bei den Ländern liegt, regeln diese mit ihren jeweiligen Schulgesetzen die Frage der Zulassung und Ausstattung von Privatschulen.
Im allgemeinen Sprachgebrauch sind an die Stelle des Begriffs Privatschule die Bezeichnungen Freie Schule oder Schule in freier Trägerschaft getreten. Nur wenige der privaten Schulen sind heute noch exklusive oder gar elitäre Einrichtungen. Mehrheitlich handelt es sich dabei um regionale Tagesschulen mit alternativen pädagogischen Konzepten, und zumindest theoretisch müssen sie für jeden frei zugänglich sein, unabhängig von Einkommen oder Herkunft.
Die Schulen in freier Trägerschaft haben sich in der Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen, Vereinigungen und Verbände gemeinnütziger Schulen in freier Trägerschaft in Berlin zusammengeschlossen. Dort erhält man auch genauere Auskünfte zu den einzelnen Schulen.

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Schularten
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es mehrere tausend Privatschulen - staatlich anerkannte und genehmigte freie Schulen - und mehr als 60 nicht staatliche Hochschulen. Etwa eine halbe Million Schüler besuchen eine allgemeinbildende Freie Schule, das sind knapp fünf Prozent aller Schüler. An privaten Hochschulen werden rund 30.000, das sind zwei Prozent aller Studierenden, ausgebildet. Die höchste Quote erreichen Privatschulen in der Sekundarausbildung mit einem Schüleranteil von zehn Prozent bei den Gymnasien. Damit nehmen die privaten Schulen und Hochschulen statistisch gesehen im Bildungswesen eher eine Randposition ein. Allerdings kann sich dieses Bild je nach Ausbildungszweig verändern.
Die Freien Schulen sind mehrheitlich konfessionell gebundene Einrichtungen. An erster Stelle steht dabei die katholische Kirche mit über 1.000 Schulen, die von Orden, Klöstern, Stiftungen, Schulvereinen, gemeinnützigen Verbänden oder auch den Bistümern getragen werden. Das katholische Schulangebot umfasst fast alle Bereiche der Ausbildung von der Grundschule bis zur Hochschule. Daneben gibt es katholische Gesamtschulen, Internate und verschiedene Schulen für Behinderte; der Sektor des zweiten Bildungswegs wird ebenso abgedeckt wie das Feld der berufsbildenden Schulen. Im Hochschulwesen ist die katholische Kirche besonders stark im Bereich der Sozialwissenschaften vertreten; annähernd 40 Prozent aller Erstsemester dieser Fachrichtung sind an einer katholischen Fachhochschule eingeschrieben. Darüber hinaus tritt die katholische Kirche als Trägerin von Ergänzungsschulen auf, deren Bildungsangebote besonders auf die Bedürfnisse von Flüchtlingen und Aussiedlern zugeschnitten sind.
Mit mehr als 800 Schulen bilden die evangelischen Landeskirchen, das Diakonische Werk und andere Institutionen der evangelischen Kirche den zweitgrößten Träger Freier Schulen. Das Hauptangebot konzentriert sich auf Realschulen und Gymnasien, die mehrheitlich als Internate betrieben werden und der Förderung von Behinderten, Benachteiligten und Hochbegabten, aber auch von musisch besonders Begabten oder Leistungssportlern dienen. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die pflegerischen, sozialpädagogischen und hauswirtschaftlichen Berufsfachschulen und Fachhochschulen. Zudem bieten die Diakonischen Werke Behinderten in den Berufssonderschulen eine Möglichkeit, berufliche Qualifikationen zu erlangen. Als überbetriebliche Ausbildungsstätte sind sie inzwischen Teil der Berufsbildungswerke und werden vom Arbeitsamt gefördert.
Eine Sonderstellung im Rahmen der Primarbildung nehmen die Montessori-Schulen ein, deren pädagogisches Konzept darauf zielt, die Anlagen eines Kindes durch Selbsterziehung zu fördern.
An den Freien Schulen werden häufig pädagogische Konzepte erprobt, die später von der staatlichen Schulpädagogik übernommen werden. So gingen z. B. von den Waldorfschulen entscheidende Impulse für die integrierten Gesamtschulen aus. Auf der Grundlage der Anthroposophie Rudolf Steiners erhalten alle Schüler an den Waldorf- bzw. Rudolf-Steiner-Schulen eine zwölfjährige Schulbildung, wobei ein starkes Gewicht auf dem künstlerischen und handwerklichen Unterricht liegt; nach dem 12. bzw. 13. Schuljahr kann die Schule mit Fach- bzw. Hochschulreife abgeschlossen werden. In der Bundesrepublik gibt es 132 Waldorfschulen in den alten und zwölf in den neuen Bundesländern, an denen knapp 60.000 Schüler unterrichtet werden. Die Schulen werden jeweils von einem Schulverein oder einer Genossenschaft getragen, denen alle Eltern und Lehrer angehören. An einzelnen Schulen werden allgemeine und berufliche Ausbildung integriert, z. B. an der Rudolf-Steiner-Schule in Nürnberg und der Hibernia-Schule "Wanne-Eickel" in Herne.
Darüber hinaus gibt es in der Bundesrepublik über 40 Sonderschulen und Heime, in denen in Anlehnung an die englische Camphill-Bewegung Kinder mit Entwicklungsstörungen nach den Prinzipien der anthroposophischen Heilpädagogik betreut und unterrichtet werden.
Auf die reformpädagogische Bewegung geht auch der pädagogische Ansatz der 18 Internatsschulen zurück, die in der Vereinigung deutscher Landerziehungsheime zusammengeschlossen sind. Sie führen die Idee von Hermann Lietz fort, der mit der Odenwaldschule das erste Landerziehungsheim gründete und der die pädagogische Aufgabe der Schule in der umfassenden Persönlichkeits- und Charakterbildung der Schüler sah. Die naturverbundene Lebensweise und körperliche Arbeit sollen ebenso wie die Kooperation zwischen Lehrern und Schülern dazu beitragen, die Schüler zu Individuen mit hoher sozialer Kompetenz zu erziehen. Zudem fördern alle Landerziehungsheime den Schüleraustausch. In Salem am Bodensee kann man das "Interationale Baccaulareat" erlangen, an der Ecole d'Humanité in der Schweiz werden Prüfungen abgehalten, die auch zum Studium an englischen oder amerikanischen Colleges oder Universitäten berechtigen, in Louisenlund bei Schleswig wurde eine spezielle Europaklasse eingerichtet, in der Kinder aus England, Deutschland und Frankreich acht Wochen lang gemeinsam unterrichtet werden. Die meisten Landerziehungsheime, die vor allem als Gymnasien geführt werden, liegen in Süddeutschland und unterrichten jeweils zwischen rund 90 und 500 Schülern.
Der Reformpädagogik verpflichtet ist auch die von Peter Petersens gegründete Jenaer Universitätsschule.
Ganz neue Wege gehen die so genannten Alternativschulen, auch Elternschulen genannt, indem sie versuchen, die Lerninhalte wie die Lernstruktur freier als andere Schulen zu gestalten und die Eltern als Teil in den Schulbetrieb zu integrieren. Bislang gibt es etwa 20 solcher Schulen in der Bundesrepublik.


Aus dem Zusammenschluss privater Handelsschulen ist der Bundesverband Deutscher Privatschulen (VDP) hervorgegangen. Der Verband vertritt etwa 1.000 allgemeinbildende und berufsbildende Privatschulen und ist die älteste Vereinigung von Schulen in freier Trägerschaft in Deutschland. Die Mitglieder sind in ihrer weltanschaulichen oder konfessionellen Ausrichtung frei. Als Träger der Mitgliedsschulen können gemeinnützige Vereine, Stiftungen oder Gesellschaften und natürliche wie juristische Personen auftreten; aufgrund der Gemeinnützigkeit werden viele Schulen mit öffentlichen Geldern bezuschusst.
Obwohl im VDP allgemeinbildende Schulen vertreten sind, liegt seine Bedeutung vor allem im Bereich der Berufs- und Erwachsenenbildung. Gemäß der Ausrichtung seiner Mitgliedsschulen ist der VDP in folgende Fachgruppen gegliedert: allgemein bildende Schulen, Wirtschaftsschulen, naturwissenschaftlich-technische Schulen, Sprachschulen und Schulen für medizinische und pflegerische Berufe sowie die Arbeitsgemeinschaft Computer und Beruf. Das Angebot der Verbandsschulen ist äußerst vielfältig; etwa 16 Prozent aller Berufsfachschüler und rund 40 Prozent aller Fachschüler in der Bundesrepublik erhalten ihre Ausbildung an einer Freien Schule, z. B. als chemische, pharmazeutische oder Informatik-Assistenten, Fremdsprachenkorrespondentinnen, Sekretärinnen, Übersetzer und Dolmetscherinnen, EDV-Fachleute, Techniker, Betriebswirte, Sport- und Musiklehrer. Im Auftrag des Arbeitsamtes werden Umschulungsprogramme realisiert; verschiedene Schulen bieten berufsbegleitende Fortbildungsmaßnahmen an, z. B. zum Bilanzbuchhalter oder Fachwirt; es gibt spezielle Programme zur Wiedereingliederung von Zeitsoldaten oder beruflichen Rehabilitation, Sprachausbildung für Ausländer sowie Angebote für die überbetriebliche Ausbildung. Darüber hinaus sind dem VDP freie Unterrichtseinrichtungen angeschlossen, die neben allgemein bildenden, wirtschaftlichen, sprachlichen, schreibtechnischen und gewerblich-technischen Lehrgängen in der Jugend- und Erwachsenenbildung auch Kurse im musikalischen, sportlichen und medizinischen Bildungssektor anbieten. Anders als die staatlichen Schulen können die Privatschulen in der Regel schneller auf wirtschaftliche Veränderungen und die damit verbundenen neuen Anforderungen an die berufliche Qualifikation reagieren. Deshalb kommt es vor, dass Verbandsschulen auch Ausbildungsgänge anbieten, für die noch kein staatliches Qualifikationsprofil festgelegt ist. Deshalb hat der VDP ein umfassendes bundeseinheitliches Zertifikatwesen aufgebaut, das dazu beitragen soll, dass solche Fortbildungen gewissen Mindeststandards genügen. Genauere Auskünfte erteilt der Bundesverband Deutscher Privatschulen, Schulen in freier Trägerschaft e. V. in Frankfurt/Main, dort kann man auch die Ansprechpartner für die einzelnen Fachgruppen und Landesverbände erfragen.


Eine Sonderform der Privatschulen sind die Fernlehrinstitute, die beruflichen Unterricht, aber auch Abiturlehrgänge anbieten. Ihre Angebote und Ergebnisse werden von der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht bzw. vom Bundesinstitut für Berufsbildungsforschung überprüft.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche Schulen und Hochschulen, die Ausbildungsgänge für bestimmte Berufsgruppen anbieten, wie z. B. Presse- oder Filmakademien. Die Preise unterscheiden sich je nach Träger; detaillierte Informationen erhält man am besten bei den jeweiligen Berufsverbänden.

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Bafög

Kosten
Die Ausbildung an einer Privatschule kann teuer sein. Das ist aber nicht immer der Fall. Wie teuer der Besuch einer Freien Schule ist, hängt vor allem davon ab, mit welchen Mitteln sich diese finanziert. Die Vielfalt der Finanzierungsmöglichkeiten ist nicht zuletzt der Grund für die großen Unterschiede im Preis-Leistungs-Verhältnis der Schulen in freier Trägerschaft. Finanziell besser gestellt sind in jedem Fall die Ersatzschulen. Laut Grundgesetz müssen auch Privatschulen für jeden frei zugänglich sein, d. h., Schulgelder dürfen niemanden am Besuch einer Schule hindern. Deshalb sind die Länderregierungen verpflichtet, zumindest die Ersatzschulen mit Zuschüssen zu unterstützen, um den Pluralismus im Bildungswesen zu garantieren. Allerdings schwankt die Förderung je nach Land und Schultyp, private Gymnasien erhalten im Allgemeinen höhere öffentliche Zuwendungen als andere Schulen. Die Ergänzungsschulen sind mehrheitlich auf eigene Mittel angewiesen. Am kostengünstigsten sind die konfessionell gebundenen Schulen, weil ihre Träger die ungedeckten Kosten aus eigenen Mitteln decken. Normalerweise wird wie an den öffentlichen Schulen gar kein Schulgeld erhoben, oder es ist sehr gering, z. B. an allgemein bildenden Schulen bis zu 50 DM pro Monat.
Alle anderen freien Schulen müssen die Kosten, die nicht durch staatliche Zuschüsse gedeckt werden, aus privaten Einnahmequellen bestreiten. Dazu gehören Spenden, die Beiträge von Eltern, aber auch Schulgelder. Zudem verfügen viele Schule über ein Netz von Ehemaligen, die mit regelmäßigen Zuwendungen den Schulbetrieb am Laufen halten. Für die Ausbildung an einem privaten Internat müssen die Eltern mit bis zu 3.000 DM monatlich rechnen, die konfessionellen Internate kosten zwischen 800 DM und 1.000 DM und liegen damit im Preisniveau etwa auf der gleichen Höhe wie die staatlichen Schulen. Manche private Träger versuchen die finanziellen Hürden zu verringern, indem sie die Schulgelder nach Einkommensgruppen staffeln, Stipendien vergeben oder Ermäßigungen für Geschwister gewähren.

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Investition
Noch schwieriger stellt sich die Situation für Alternativ- und Ergänzungsschulen dar, die ihren Haushalt vollständig selbst finanzieren müssen. Deshalb können beispielsweise die Preise zwischen einigen hundert und mehreren tausend Mark für eine berufliche Fortbildungsmaßnahme variieren. Die Frage, ob sich solche Investitionen lohnen, hängt insbesondere von individuellen Präferenzen ab. Das Renommee einer Schule zahlt sich später im Allgemeinen in barer Münze aus, weil es den Zugang zu hochdotierten Jobs erleichtert. Umgekehrt kann sich eine bestimmte Ausbildung, z. B. im medizinisch-therapeutischen Bereich, auch dann lohnen, wenn sie zwar nicht mit einem höheren Gehalt honoriert wird, aber für die eigene Tätigkeit neue Perspektiven eröffnet.
Abgesehen von privaten Stipendien können die Schüler von Ersatzschulen und in Ausnahmefällen auch diejenigen von Ergänzungsschulen durch verschiedene Programme der Bundesregierung oder der Länderregierungen gefördert werden. Dazu zählen Ausbildungsbeihilfen gemäß Bafög, Maßnahmen zur Berufsbildung, Umschulung oder die berufliche Rehabilitation durch das Arbeitsförderungsgesetz, Sozialmaßnahmen und Integrationsprogramme.

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Zukunft
Die Vertreter aus Politik und Wirtschaft sind sich darin einig, dass das Bildungswesen grundlegend reformiert werden muss, soll es den Anforderungen an zukünftige Qualifikationen gewachsen sein. Ob dies jedoch zu einer stärkeren Privatisierung des Schulwesens führen wird, ist momentan noch nicht abzusehen. Ein wesentlicher Faktor wird sein, inwiefern es dem staatlichen Bildungswesen gelingt, adäquate Instrumente zu entwickeln, um den veränderten Ansprüchen an seine Einrichtungen zu genügen. Sollten z. B. tatsächlich Studiengebühren eingeführt werden, würde dadurch ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zwischen staatlichen und privaten Hochschulen wegfallen, so dass die Entscheidung für die eine oder andere Form der Ausbildung von ganz anderen Kriterien bestimmt würde als bisher. Zweifelsohne wird die europäische Integration neue Impulse für das gesamte Bildungswesen geben. Damit wird sie auch die Kreativität im freien Schul- und Hochschulwesen fördern.

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Finanzierung der Ausbildung

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