![]() Begriff des einfachen Eigentumsvorbehalts Der Eigentumsvorbehalt ist neben Bürgschaft, Sicherungsübereignung, Pfandrecht und Forderungsabtretung das wichtigste Kreditsicherungsmittel. Er ist praktisch in allen Wirtschaftsbereichen üblich und das entscheidende Sicherungsmittel des Warenkreditgebers. Der einfache Eigentumsvorbehalt ist dadurch gekennzeichnet, daß der Verkäufer die Ware unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung übereignet. Der Kaufvertrag ist zwar wirksam, der Verkäufer bleibt aber solange Eigentümer der Ware, bis der Käufer den vereinbarten Kaufpreis in voller Höhe erbracht hat. Im Gesetz ist der Eigentumsvorbehalt nur in der spärlichen Regelung des § 455 BGB enthalten. Sie gibt für den Kaufvertrag (schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft) zwei Auslegungsregeln: Behält sich der Käufer das Eigentum an der Kaufsache vor, bedeutet dies im Zweifel, daß a) das Eigentum unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Zahlung des Kaufpreises als Vorleistung des Verkäufers auf den Käufer übertragen werden soll und b) der Verkäufer bei Zahlungsverzug des Käufers berechtigt ist, vom Kaufvertrag zurückzutreten. ![]() Der Zweck des Eigentumsvorbehalts besteht darin, den Verkäufer einer Ware gegen Verfügungen des Käufers und Zugriffe der Gläubiger des Käufers abzusichern. Gleichzeitig soll sich der Verkäufer mit dem Eigentumsvorbehalt gegen einen mangelnden Zahlungswillen des Käufers schützen können. Ohne die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehaltes und bei einem Vermögensverfall des Käufers, insbesondere im Konkurs des Käufers, gehört die verkaufte Sache zum Vermögen des Käufers, der Verkäufer kann lediglich seine Kaufpreisforderung geltend machen, die im Konkurs zuallerletzt aus dem verbleibenden Rest der Konkursmasse anteilmäßig - oftmals überhaupt nicht - beglichen wird. Bei der Vereinbarung eines Eigentumsvorbehaltes ist der Käufer ohne eine Zustimmung des Verkäufers zur Verfügung über die Ware nicht berechtigt. Gegen den Zugriff von Gläubigern des Schuldners auf das Vorbehaltsgut stehen dem Verkäufer alle Rechte aus dem Eigentum zu (z.B. Drittwiderspruchsklage, § 771 ZPO oder Aussonderungsanspruch im Konkurs § 43 KO). Kommt der Käufer seiner vertraglichen Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises nicht nach, hat der Verkäufer nach der Auslegungsregel des § 455 BGB das Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Dem Verkäufer bleibt damit sein Eigentum erhalten. ![]() Ein Eigentumsvorbehalt kann nur für bewegliche Sachen, nicht jedoch für Grundstücke (§ 925 Abs. 2 BGB), vereinbart werden. Forderungen oder Patent- und Lizenzrechte können ebenfalls unter Eigentumsvorbehalt vereinbart werden. Handelt es sich bei der Sache um einen wesentlichen Bestandteil einer anderen Sache (§§ 93, 94 BGB) kann ein Eigentumsvorbehalt ist die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts ausgeschlossen. Die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts muß nach der gesetzlichen Konzeption Bestandteil des Kaufvertrages sein. Käufer und Verkäufer müssen sich über ihn einigen (erfolgt zumeist in AGB). Ein Handelsbrauch, wonach ein Eigentumsvorbehalt im Zweifel als vereinbart gelten soll, ist abzulehnen, da von einem generellen Einverständnis des Kunden in diesen Fällen nicht ausgegangen werden kann. Neben der schuldrechtlichen Vereinbarung im Kaufvertrag muß der Eigentumsvorbehalt auch zum Inhalt des sachenrechtlichen Erfüllungsgeschäfts gemacht werden. Bei der Erfüllung des Kaufvertrages durch die sachenrechtliche Übereignung der Kaufsache (§ 929 S. 1 BGB) muß der Verkäufer, wenn er das Eigentum erst bei vollständigem Erhalt des Kaufpreises übertragen will, die Einigung über den Eigentumsübergang nur unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung anbieten. Dies braucht nicht ausdrücklich geschehen, denn für die Übereignungserklärung ist vor allem der Inhalt des zugrundeliegenden Kaufvertrags maßgebend. Enthält dieser einen Eigentumsvorbehalt, gilt er auch für die Übereignung als stillschweigend vereinbart. Der Abschluß eines Kaufvertrages begründet ein Besitzmittlungsverhältnis. Der Verkäufer wird mittelbarer, der Käufer unmittelbarer Besitzer. ![]() In den meisten Fällen ist der Eigentumsvorbehalt in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Verkäufers enthalten. Seine Wirksamkeit ist deshalb in diesen Fällen nach den Regeln über die Einbeziehung und Wirksamkeit von AGB-Klauseln zu beurteilen. Für den nichtkaufmännischen Verkehr ist zu beachten, daß die Vereinbarungen den Voraussetzungen des § 2 I AGBG entsprechen. Der Käufer muß auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Vertragsschluß hingewiesen werden. (§ 2 I Nr. 1 AGBG). Der Verkäufer muß dem Käufer zumindest die Möglichkeit verschaffen, sich vom Inhalt seiner AGB Kenntnis zu verschaffen. Der Hinweis muß derart gestaltet sein, daß auch ein Durchschnittskunde bei flüchtiger Betrachtung den Hinweis auf die Klausel, die den Eigentumsvorbehalt enthält nicht übersehen kann. Der Käufer muß weiterhin mit der Geltung der AGB einverstanden sein. In einem schriftlichen Angebot muß der Hinweis auf die Eigentumsvorbehaltsklausel leicht auffindbar im Text des Angebotsschreibens enthalten sein. Bei einem fernmündlichen Vertragsschluß wird die Frage, ob der Verkäufer auf die Eigentumsvorbehaltsklausel hinzuweisen hat, nicht einheitlich beantwortet. Da aber § 2 Abs. 1 AGBG eine zwingende Regelung enthält, ist davon auszugehen, daß der Verkäufer auch in diesen Fällen eine Hinweispflicht hat. Gegenüber Kaufleuten findet § 2 AGBG keine Anwendung (§ 24 AGBG). Eigentumsvorbehaltsklauseln gelten schon dann als in den Vertrag einbezogen, wenn der Käufer als Kaufmann vom Vorhandensein der AGB wußte oder bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt hätte wissen müssen, daß der Vertragspartner den Vertrag nur unter Einbeziehung seiner AGB abschließen wollte. Dabei kann entscheidend darauf abgestellt werden, ob die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts branchenüblich ist. Bei laufenden Geschäftsbeziehungen zwischen zwei Vertragsparteien ist eine stillschweigende Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts anzunehmen, wenn Verkäufer und Käufer bereits seit geraumer Zeit auf Grundlage der AGB mit enthaltener Eigentumsvorbehaltsklausel Verträge geschlossen haben. Besonderheiten bei kollidierenden AGB. In Fällen, in denen der Kunde AGB benutzt, die eine Eigentumsvorbehalts-Abwehrklausel enthalten, kann die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts gehindert sein. Die neuere Rechtsprechung entscheidet das Kollisionsproblem nach dem Einzelfall unter Berücksichtigung des Inhalts der jeweiligen Klauseln nach §§ 154, 155 BGB. Voraussetzung ist allerdings, daß sich die Parteien über die wesentlichen Vertragsbestandteile geeinigt haben und der Dissens bezüglich der widersprechenden AGB nicht völlig unerheblich ist. ![]() Hat der Verkäufer das Eigentum bei Lieferung bereits vollwirksam auf den Käufer übertragen, kann er danach keinen wirksamen Eigentumsvorbehalt mehr erklären. Die Frage, ob ein Eigentumsvorbehalt nach Lieferung durch Parteiwillen vereinbart werden kann, wird unterschiedlich beantwortet. Während die Rechtsprechung dies ablehnt und eine Rückübertragung des Eigentums auf den Verkäufer unter Vereinbarung eines konkreten Besitzmittlungsverhältnisses (§ 930 BGB) und eine erneute Übereignung an den Käufer, diesmal unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung (=Eigentumsvorbehalt) fordert, nimmt die Literatur in diesen Fällen die Rückübertragung des um das Anwartschaftsrecht des Käufers verminderte Eigentum auf den Verkäufer an. ![]() Bei der Haftung des Verkäufers für Rechtsmängel im Zusammenhang mit dem Eigentumsvorbehalt besteht gegenüber den allgemeinen Regeln (§ 434 BGB) das Problem, in welchem Zeitpunkt der Vorbehaltsverkäufer dem Vorbehaltskäufer die Kaufsache frei von Rechten Dritter verschaffen muß. Nach Ansicht der Rechtsprechung muß die Sache erst im Zeitpunkt des Bedingungseintritts (der vollständigen Erbringung des Kaufpreises) ohne Rechtsmängel, also frei von Rechten Dritter sein, da im Zusammenhang mit der Eigentumsverschaffungspflicht (§ 433 Abs. 1 BGB) Rechte Dritter erst zum Zeitpunkt des Übergangs des Eigentums beseitigt werden müssen. Für die Sachmängelgewährleistung gelten keine Besonderheiten, da der Eigentumsübergang für die Gewährleistung ohne Bedeutung ist. ![]() Das Sicherungsinteresse des Verkäufers wird durch die Vereinbarung eines einfachen Eigentumsvorbehalts nicht ausreichend gewahrt, so z.B. beim Verkauf von Waren von einem Groß- oder Zwischenhändler oder beim Verkauf von Rohmaterialien an einen verarbeitenden Betrieb. In diesen Fällen muß es dem Käufer möglich sein, mit der gelieferten Ware zu arbeiten, sie weiterzuverkaufen oder sie zu verarbeiten, insbesondere neue Waren herzustellen. Das Vorbehaltseigentum des Verkäufers geht ihm dann jedoch entweder durch Verarbeitung der Sache verloren, da der Hersteller der Sache dadurch Eigentümer wird (§ 950 BGB), oder er verliert es durch die Veräußerung der Sache an den Kunden des Käufers (§§ 929, 185 BGB). Der Verkäufer muß deshalb, will er sich äquivalent absichern, die Gegenstände als Sicherheit gewinnen, die durch die Verarbeitung der Sache wirtschaftlich an die Stelle der verarbeiteten Sache getreten sind. An die Stelle der verkauften Sache tritt der Ersatz, den der Vorbehaltskäufer, in Form einer neuen Sache, des Erlöses aus dem Weiterverkauf der Vorbehaltsware oder einer Forderung, anstelle der ursprünglichen Sache erlangt. Vereinbarung: Bei der einseitigen Vereinbarung eines verlängerten Eigentumsvorbehalts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten die gleichen Grundsätze, wie beim einfachen Eigentumsvorbehalt. Im nichtkaufmännischen Bereich ist § 2 AGBG zu beachten, im kaufmännischen Verkehr müssen die rechtsgeschäftlichen Voraussetzungen der §§ 145 ff. BGB, aufgrund eines ausdrücklichen Hinweises auf den Vorbehalt oder aufgrund stillschweigender Vereinbarung, erfüllt sein. In Fällen kollidierender AGB, also wenn der Käufer in seinen Vertragsbedingungen eine Abwehrklausel aufgenommen hat, ist ein verlängerter Eigentumsvorbehalt nicht wirksam vereinbart worden. Möglich bleibt jedoch in diesen Fällen die Annahme eines einfachen Eigentumsvorbehalts. ![]() In der Praxis stehen Lieferant und Abnehmer der Ware oftmals in laufenden Geschäftsbeziehungen. So kann es im Interesse des Lieferanten liegen, sich seine Sachsicherheit so lange wie möglich, insbesondere auch für andere offenstehende Forderungen gegen den Käufer zu erhalten. Dies kann durch die Erweiterung des einfachen Eigentumsvorbehaltes (=erweiterter Eigentumsvorbehalt) auf die noch offenen Forderungen geschehen. Erst wenn alle gesicherten Forderungen getilgt wurden, erwirbt der Vorbehaltskäufer Eigentum an dem Liefergegenstand. Über den einfachen erweiterten Eigentumsvorbehalt hinaus, der kaum Probleme aufwirft, haben sich in der Praxis weitere Erweiterungsformen gebildet. So soll beim sogenannten Kontokorrentvorbehalt das Eigentum an der gelieferten Sache solange vorbehalten bleiben, bis alle Forderungen des Lieferanten gegen den Abnehmer getilgt sind, wobei hiervon nicht nur die bestehenden, sondern auch künftige Forderungen umfaßt sind. Obwohl in solchen Fällen der Bedingungseintritt und damit der Eigentumsübergang auf unabsehbare Zeit verschoben wird, hält die Rechtsprechung den Kontokorrentvorbehalt grundsätzlich für zulässig (anders die Literatur). Die Anerkennung des Eigentumsvorbehalts in dieser Form soll jedoch dort seine Grenze finden, wo seine Ausdehnung auf andere Forderungen als die ursprüngliche Kaufpreisforderung dem Sinn des Kaufvertrages so sehr widerspricht, daß der Eigentumsvorbehalt einen Mißbrauch der Vertragsfreiheit bedeuten würde. Damit soll verhindert werden, daß der Eigentumsvorbehalt vom sachbezogenen Sicherungsmittel zum allgemeinen Sicherungsmittel wird. Eine weitere Erweiterungsform stellt der sogenannte Konzernvorbehalt dar. Das Eigentum wird hierbei nicht nur bis zur Bezahlung aller Forderungen des Lieferanten vorbehalten, die Bedingung tritt vielmehr erst dann ein, wenn auch die Forderungen von Unternehmen beglichen sind, die mit dem Lieferanten in einem Verbund i.S.v. § 15 AktG stehen. Der Konzernvorbehalt wird jedoch nach überwiegender Ansicht wegen Verstoß gegen § 138 BGB (Sittenwidrigkeit) für nichtig gehalten. Zudem dürfte er bei Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig gegen § 9 AGBG verstoßen und auch deshalb unwirksam sein. Vereinbarung: Für die Vereinbarung des erweiterten Eigentumsvorbehalts gelten die gleichen Grundsätze, wie beim einfachen Eigentumsvorbehalt. Klauseln, die eine Eigentumsvorbehalt nur auf solche Forderungen beziehen, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits entstanden (aber eventl. noch nicht fällig sind) sind, verstoßen nicht gegen §§ 3, 9 AGBG und sind damit wirksam. Im Rechtsverkehr mit Nicht-Kaufleuten, sind Klauseln, die einen erweiterten Eigentumsvorbehalt beinhalten, als unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG zu qualifizieren und damit unwirksam. |