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Mein beliebter Schriftsteller - MILAN KUNDERA


MILAN KUNDERA

Lebenslauf, Werke

Milan Kundera wurde am 1.4.1929 in Brno geboren. Sein Vater, Ludvφk Kundera (1891-1971), war Musikwissenschaftler und Rektor der Musik-Hochschule in Brno. Bereits als Gymnasiast schrieb Milan Kundera erste Gedichte. Nach dem Krieg schlug er sich als Arbeiter und Jazzmusiker durch, bevor er ein Studium aufnahm. Er studierte Musik, Filmwissenschaften und Literatur an der Prager Karls-UniversitΣt. Nach seinem Studium wurde er zuerst Assistent und dann Professor an der FilmfakultΣt der Prager Akademie fⁿr Musik und Dramatik. Er ver÷ffentlichte Gedichte, Essays und Theaterstⁿcke. Gleichzeitig war er Redaktionsmitglied bei den Literaturzeitschriften ôLiterarnφ novinyö und ôListyö. 1948 trat Kundera wie so viele Intellektuelle voller Enthusiasmus in die kommunistische Partei ein, 1950 wurde er wegen individualistischen Neigungen aus der Partei ausgeschlossen. Nachdem er 1952 sein Studium beendet hatte, wurde er Lektor fⁿr Weltliteratur an der Film-FakultΣt. Noch einmal von 1956 bis 1970 trat er der kommunistischen Partei bei. 1953 ver÷ffentlichte er sein erstes Buch und war Mitte der fⁿnfziger Jahre auch als ▄bersetzer, Essayist und Theaterautor tΣtig. Bekannt wurde er nach Gedichtsammlungen durch das dreibΣndige Prosawerk äDas Buch der lΣcherlichen Liebeô(Sm∞ÜnΘ lßsky), entstanden und ver÷ffentlicht zwischen 1958 und 1968. In seinem ersten Roman, "Der Scherz" (Äert, 1967), setzte er sich mit dem Stalinismus auseinander. Nach dem sowjetischen Einmarsch am 21.08.1968 verlor er als einer der Hauptakteure der Reformbewegung des niedergeschlagenen äPrager Frⁿhlingsô seine Dozentur, Kunderas Bⁿcher wurden aus allen ÷ffentlichen Bibliotheken des Landes entfernt. Wegen seines Engagements im Prager Frⁿhling wurde ihm 1970 ein Publikationsverbot auferlegt. Sein zweiter Roman, "Das Leben ist anderswo" (Äivot je jinde), erschien 1973 bereits in Paris. 1975 folgte Kundera einem Lehrauftrag der UniversitΣt Rennes (Bretagne, Frankreich). In 1979 entzog ihm die tschechische Regierung als Reaktion auf "Das Buch vom Lachen und Vergessen" (Kniha smφchu a zapom∞nφ) die Staatsbⁿrgerschaft der Tschechoslowakei. Die folgenden Romane durften in der ╚SSR nicht mehr ver÷ffentlicht werden. Seit 1981 ist er franz÷sischer Staatsbⁿrger. Seit 1985 gibt er nur noch schriftlich Interviews, da er sich oft als unrichtig zitiert empfand. 1986 hatte Kundera sein erstes auf Franz÷sisch verfa▀tes Oeuvre, den Essay äL Art du Romanô (Die Kunst des Romans, Um∞nφ romßnu) ver÷ffentlicht. "Die Unsterblichkeit" (Nesmrtelnost) war 1990 sein erster in Frankreich geschriebener Roman. Nach seinem mehrjΣhrigen Lehrauftrag fⁿr vergleichende Sprachwissenschaften an der UniversitΣt von Rennes bis 1978 ist Kundera seit 1991 Mitglied des Lektorenkollegiums des renommierten Pariser Gallimard-Verlags. Er lebt nun zusammen mit seiner Frau, V∞ra Hrabßnkovß, in Paris. In seinem 1994 erschienenen Essay ôLes testaments trahisö (Verratene VermΣchtnisse, ZrazenΘ testamenty) rechnete er mit VerfΣlschern, Interpreten und ▄bersetzern ab, zu deren Opfern er sich auch selbst zΣhlt. So lie▀ er in Deutschland Romane neu ⁿbersetzen. In Frankreich ⁿberprⁿfte er selbst nachtrΣglich die ▄bertragungen jedes seiner auf Tschechisch geschriebenen Werke. Kunderas neuere Romane sind der 1994 erschienene "Die Langsamkeit" (Pomalost) und "Die IdentitΣt" aus 1998. In 2000 schlie▀lich ver÷ffentlicht Kundera das aktuelle Werk "Die Unwissenheit", jedoch zunΣchst in spanischer Fassung unter dem Titel ôLa Ignoranciaö. Die Ver÷ffentlichung in der Originalsprache Franz÷sisch und in Deutsch erfolgt einige Monate spΣter in 2001.
Kundera bezieht seine Inspirationen, wie er oft genug betont, aus der Renaissance und aus der AufklΣrung mit Boccacio, Rabelais, Sterne, Diderot, aber auch im Werk von Musil, Gombrowitz, Broch, Kafka und Heidegger. Nicht nur seine Verleger bezeichnen Kunderas Bⁿcher zu Recht bereits als Klassiker des 20. Jahrhunderts, Kundera als einen der ganz gro▀en Romanciers in dessen zweiter HΣlfte. Das im kommerziellen Sinne erfolgreichste Buch Kunderas ist und bleibt jedoch "Die UnertrΣgliche Leichtigkeit des Seins" (Nesnesitelnß lehkost bytφ) aus 1982, welches auch in einer sehr guten Verfilmung vorliegt. Im Gegensatz zu manch anderen Publikums- und Publicity-sⁿchtigen Schriftstellern hat Kundera im Lauf der Jahre die Attitⁿde kultiviert, als Person vollstΣndig hinter seinen Bⁿchern verschwinden zu wollen. Daher soll er auch des ╓fteren inkognito unterwegs sein.

Preise und Auszeichnungen

1964 Staatspreis der CSSR
1968 Preis des Schriftstellerverbandes der CSSR
1973 Prix MΘdicis fⁿr den besten auslΣndischen, in Frankreich publizierten Roman ("Das Leben ins anderswo") 1978 Premio letterario Mondello fⁿr das Buch "Abschiedswalzer" in Italien
1981 Amerikanischer Common Wealth Award fⁿr das Gesamtwerk
1982 EuropΣischer Literaturpreis
1983 Doctor honoris causa der UniversitΣt Michigan, USA
1985 Preis von Jerusalem
1987 Kritikerpreis der AkadΘmie Francaise fⁿr das Buch "Die Kunst des Romans"
1987 Nelly-Sachs-Preis
1987 ╓sterreichischer Staatspreis fⁿr europΣische Literatur
1990 Ritter der Ehrenlegion (Frankreich)
1991 Erster Preis fⁿr auslΣndische Literatur der englischen Tageszeitung The Independent
1994 Jaroslav-Seifert-Preis fⁿr seinen Roman äDie Unsterblichkeit"
1995 Tschechische Verdienstmedaillie fⁿr seinen Beitrag zur Erneuerung der Demokratie
2000 Herder-Preis der UniversitΣt Wien

"Die unertrΣgliche Leichtigkeit des Seins"

Roman in sieben Teilen, geschrieben bis 1982, in franz÷sisch erstmals ver÷ffentlicht im Frⁿhjahr 1984.
Der Roman erzΣhlt von Leichtigkeit und Schwere, von Liebe und Untreue, von unserem Sein und der Tragweite unserer Handlungen. Den Rahmen bildet die wechselhafte Geschichte zweier ungleicher Liebespaare. Das sind der Chirurg TomßÜ und die Serviererin Tereza. TomßÜ ist eine Kombination aus Don Juan und Tristan. Sex ist fⁿr ihn ein Spiel oder eine Frage des Prestiges ohne emotionale oder moralische Verpflichtung. Bei der ersten Begegnung mit Tereza wird TomßÜ von einem Gefⁿhl der Verantwortung, des Mitgefⁿhls und der ZΣrtlichkeit ergriffen, das er bisher nicht kannte und das eine Wende in seinem Leben herbeifⁿhrt. Tereza liebt TomßÜ ohne Vorbehalte, leidet aber unter seinen Seitensprⁿngen. Aus Sorge um das Schicksal ihrer Liebe hat sie AngsttrΣume. Gerade in Tereza s SchwΣche, in ihrer Verletzlichkeit, liegt jedoch auch ihre StΣrke. Als TomßÜ auch in der Schweiz, wohin sie nach dem Prager Frⁿhling ausgewandert sind, seine Seitensprⁿnge nicht aufgibt, beschlie▀t sie, nach Prag zurⁿckzukehren. TomßÜ folgt ihr, obwohl er sich bewu▀t ist, dass er aufgrund einer frⁿheren politischen Ver÷ffentlichung seine berufliche Existenz riskiert. Unter dem Druck der "Normalisierung" mu▀ er seine Stelle als Chirurg aufgeben und wird Fensterputzer, was allerdings seine erotischen AktivitΣten massiv steigert.
Auf dem Lande, wo TomßÜ und Tereza eine Arbeit bei einer heruntergekommenen landwirtschaftlichen Genossenschaft bekommen, ist Tereza nur in Gesellschaft ihres treuen Hundes Karenin ruhiger. Heimliche Liebesbriefe an TomßÜ bringen bohrende VerdΣchtigungen in ihre Beziehung. Als TomßÜ Tereza offenbart, dass die Briefe von seinem Sohn kommen, erkennt Teresa, dass sie ihm unrecht getan hat. In diesem Moment des Ausgleichs, in dem sie erkennen, dass der eine nicht stΣrker ist als der andere, kommen beide durch einen Autounfall ums Leben.
Anders entwickelt Kundera die Geschichte von Sabina und Franz, dem zweiten Liebespaar. Hier ist Sabina der stΣrkere Pol der Beziehung. Ihr VerhΣltnis ist von UnverstΣndnis geprΣgt: Fⁿr Sabina haben die W÷rter, die Franz gebraucht eine andere Bedeutung als fⁿr ihn. Im Roman erstellt Kundera ein Verzeichnis der unverstandenen W÷rter: Das erste Wort des Verzeichnisses, "Frau", erhellt die Beziehung zwischen Franz und Sabina. Die unterschiedliche Kindheit der beiden, die ganz anders geartete Umgebung, in der sie aufgewachsen sind, verleihen identischen sprachlichen Ausdrⁿcken einen unterschiedlichen Sinn. Die Liebe zur vom Ehemann verlassenen Mutter hat Franz Beziehung zur Frau geprΣgt, denen er vor allem Mitgefⁿhl, Verehrung und Treue entgegenbringt. Fⁿr Sabina hingegen war die Liebe der Fluchtweg aus einer Welt der Pflichten, einer Welt, in der den Menschen sogar Geschmack, Freude und Glⁿck aufgezwungen werden sollten.
Kundera versucht, mit diesem Roman zwischen dem Leichten und dem Schweren zu unterscheiden. Die Leichtigkeit unserer Existenz wird damit aufgehoben und ins Schwere gedreht indem die Unwiderrufbarkeit einer Entscheidung oder Handlung auf uns lastet wie eine unendlich schwere Last. Er wirft die Frage auf, ob wir, wenn wir auf einem fernen Planeten wiedergeboren werden wⁿrden und all die Erfahrung aus unserer Welt hΣtten, genau so gut oder gar besser handeln wⁿrden. Kundera zweifelt diesen Sachverhalt an, ⁿberlΣsst dem Leser jedoch selbst seine pers÷nliche Entscheidung darⁿber.

Buchkritik ôDie unertrΣgliche Leichtigkeit des Seinsö

Der Bucheinband verspricht: ôDie verschlungene, mehrfach gebrochene Liebesgeschichte zwischen Tomas und Teresa gibt den Rahmen ab fⁿr einen der witzigsten und intelligentesten Romane der vergangenen Jahre, der zugleich Leselust und h÷chste intellektuelle Ansprⁿche befriedigt.ö Und damit wird dem Leser nicht zuviel versprochen. Mit diesem seinem mit ⁿber einer Millionen verkauften Exemplare sehr erfolgreichen Roman erfⁿllt Milan Kundera allerh÷chste literarische Ansprⁿche. Wie so oft gibt das Geschehen rund um den Prager Frⁿhling den Hintergrund der ErzΣhlung ab. Natⁿrlich ist das Sujet des durch Revolutionen entwurzelten osteuropΣischen Intellektuellen mittlerweile schon etwas abgenutzt, ganz Tschechien bestand natⁿrlich frⁿher aus denselben - genauso wie es in Ostpreu▀en Millionen von schwerreichen Gro▀grundbesitzern gab. Kundera nimmt den Leser mit in die Freuden und Niederlagen, Liebesbeziehungen und Eifersⁿchte seiner Protagonisten. Philosophische und weltanschauliche Fragestellungen werden diskutiert, der Mensch in den Verstrickungen seiner Leidenschaften. Was ist in einer Beziehung wichtiger - Treue oder Freiheit? Was ist man bereit, fⁿr eine Beziehung zu opfern - Freiheit, Beruf, ...? Das sind die schweren Fragen, um die sich ôDie unertrΣgliche Leichtigkeit des Seinsö dreht - erzΣhlt mit einer virtuosen Leichtigkeit in dem besonderen Flair der Romane Milan Kunderas.

Zitate

"Es gibt Prⁿfungen und Verfⁿhrungen, die kommen in der Geschichte nur ab und zu vor, und niemand widersteht ihnen."
(Abschiedswalzer)

"Die Quelle der Angst liegt in der Zukunft, und wer von der Zukunft befreit ist, hat nichts zu befⁿrchten."
(Die Langsamkeit)

"Er haderte mit sich, bis er sich schlie▀lich sagte, es sei eigentlich ganz normal, da▀ er nicht wisse, was er wolle. Man kann nie wissen, was man wollen soll, weil man nur ein Leben hat, das man weder mit frⁿheren Leben vergleichen noch in spΣteren korrigieren kann."
(Die unertrΣgliche Leichtigkeit des Seins)

"Jeder Schⁿler kann in der Physikstunde durch Versuche nachprⁿfen, ob eine wissenschaftliche Hypothese stimmt. Der Mensch aber lebt nur ein Leben, er hat keine M÷glichkeit, die Richtigkeit der Hypothese in einem Versuch zu beweisen. Deshalb wird er nie erfahren, ob es richtig oder falsch war, seinem Gefⁿhl gehorcht zu haben."
(Die unertrΣgliche Leichtigkeit des Seins)

"Sie war unendlich redselig, was man als unangenehme Schwatzhaftigkeit erleben konnte, genausogut aber als vorteilhaften Charakterzug, der es dem Partner verg÷nnte, sich unter den Arkaden der Worte jederzeit unbeobachtet den eigenen Gedanken zu ⁿberlassen, ohne dabei ertappt zu werden."
(Das Buch der lΣcherliche Liebe, Sechster Teil)

"Ich denke, da▀ man das Leben mit allem Fⁿr und Wider annehmen mu▀. Das ist das erste Gebot, noch vor den zehn anderen. Alle Ereignisse liegen in Gottes Hand, und wir wissen nicht ⁿber ihr morgiges Schicksal, womit ich sagen will, das Leben mit allem Fⁿr und Wider anzunehmen bedeutet, auch Unvorhergesehenes anzunehmen. Und ein Kind ist das Unvorhergesehe selbst. Sie wissen nicht, was aus ihm wird, was es bringen kann, und gerade deshalb mⁿssen Sie es annehmen. "
(Abschiedswalzer)

"Ein Kind zu haben, bedeutet absolute Zustimmung zum Menschen. Habe ich ein Kind, ist es, als sagte ich: ich bin geborem worden, habe das Leben gekostet und festgestellt, es ist so gut, da▀ es verdient, wiederholt zu werden."
(Abschiedswalzer)

"Die Grundlage der Scham ist nicht irgend ein pers÷nlicher Fehler, sondern die Schande, die Erniedrigung, die wir dabei empfinden, da▀ wir sein mⁿssen, was wir sind, ohne da▀ wir es uns so ausgesucht haben, und es ist das unertrΣgliche Gefⁿhl, da▀ diese Erniedrigung von ⁿberall zu sehen ist."
(Die Unsterblichkeit)

"Diese Sorge um das eigene Bild ist eine geradezu schicksalhafte Unreife des Menschen. Es ist sehr schwer, diesem Bild gegenⁿber gleichgⁿltig zu bleiben. Eine solche Gleichgⁿltigkeit ⁿbersteigt die menschlichen KrΣfte."
(Die Unsterblichkeit)

"Frⁿher als wir vergessen werden, werden wir in den Kitsch verwandelt. Der Kitsch ist eine Umsteigstation zwischen dem Dasein und dem Vergessen werden."
(Die unertrΣgliche Leichtigkeit des Seins)
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