20. Januar 1998

Ministerpräsidentin Heide Simonis gibt Jahresausblick 1998:
Perspektiven für die jungen Menschen verbessern -
860 zusätzliche Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten


Die Landesregierung wird in diesem und im nächsten Jahr mit einem 15-Millionen-Mark-Programm zusammen rund 860 zusätzliche Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten im öffentlichen und dualen System fördern. Das kündigte Ministerpräsidentin Heide Simonis am Dienstag (20. Januar) auf ihrer traditionellen Pressekonferenz zum Jahresauftakt an. Die sozialen und ökonomischen Perspektiven junger Menschen zu verbessern sei das Ziel ihrer Regierungspolitik. In dieser zentralen Frage unserer Gesellschaft darf eine rot-grüne Landesregierung keinen Stillstand hinnehmen", sagte die Regierungschefin. Sie forderte zugleich alle anderen Kräfte im Lande auf daran mitzuwirken, "daß wir 1998 einen sichtbaren Schritt vorankommen". Der stellvertretende Ministerpräsident Rainder Steenblock forderte auf derselben Veranstaltung eine umfassende ökologische Finanzreform. Außerdem kündigte er eine Bundesratsinititave zum stärkeren Mitspracherecht der Länder bei der Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen an.

Bei den Anstrengungen für Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten gehe es nicht nur um Randgruppen, sagte Ministerpräsidentin Heide Simonis zur Begründung, warum das Land Ausbildungsnot und Jugendarbeitslosigkeit noch stärker bekämpfen will: "Die Perspektiven der Jugend sind die Perspektiven der Gesellschaft. Was wird das für eine Gesellschaft, in die immer mehr Menschen nachwachsen, denen die Türen verschlossen sind und die sich überflüssig fühlen?

Die Ministerpräsidentin kündigte ein Bündel von Maßnahmen an, mit denen die Lage junger Menschen verbessert werden soll. Zur Finanzierung des 15-Millionen-Mark-Programms, bei dem auch Ideen aus den Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sowie der Gewerkschaften aufgegriffen wurden, werden die Einsparungen des Landes aus der sogenannten 58er-Regelung verwendet. Die Landesregierung hatte ihren Beschäftigten ab dem vollendeten 58. Lebensjahr in den Bereichen, in denen Personal abzubauen ist, bis Ende 1997 die Möglichkeit geschaffen, bei verringerten Bezügen vorzeitig aus dem aktiven Dienst auszuscheiden. Davon machten 673 Beschäftigte Gebrauch. Das Personalbudget des Landes wird dadurch ab 1998 jährlich um gut 15 Millionen Mark entlastet. Mit den Gewerkschaften war vereinbart worden, daß die Hälfte der Einsparungen 1998 /1999 für Ausbildungsplätze und die Übernahme von Nachwuchskräften reinvestiert werden sollen.

Im einzelnen nannte Frau Simonis unter anderem diese zusätzlichen Aktivitäten mit einem Volumen von 15 Millionen Mark:

  • 60 zusätzliche Plätze sollen in der Verbundausbildung entstehen. Nach dem Vorbild der Flensburger Initiative "Ausbilden im Verbund" bündeln dabei mehrere Betriebe ihre fachlichen finanziellen Mittel und bilden Jugendliche gemeinsam aus.
  • 60 Ausbildungsplätze sollen bei jungen Unternehmen und bei Unternehmen mit ausländischer Leitung geschaffen werden.
  • Für 80 lern- und leistungsschwache Jugendliche will das Land erstmals in Schleswig-Holstein eine betriebliche Ausbildung ermöglichen, indem es besondere Ausbildungsmodule organisiert.
  • Jungen Müttern mit kleinen Kindern sollen in Verbindung mit der Betreuung der Kinder Qualifizierungs- und Ausbildungsmaßnahmen in Einrichtungen des Jugendaufbauwerkes (JAW) ermöglicht werden (insgesamt 50 Plätze).
  • 80 Praktikumsplätze in Betrieben sollen für Schülerinnen und Schüler ohne Hauptschulabschluß und ohne Ausbildungsplatz in enger Kooperation insbesondere mit Arbeitsamt, Kammern und Betrieben bereitgestellt werden.
  • Die sogenannten Stundengebermittel an Schulen werden gezielt für Lehramtsbewerberinnen und -bewerber aufgestockt, die nach dem ersten Examen keinen Ausbildungsplatz erhalten haben. Sie sollen Vertretungsunterricht erteilen und damit Unterrichtspraxis bekommen und zugleich zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung beitragen. Vorgesehen ist, daß pro Jahr etwa 80 Bewerber berücksichtigt werden.
  • In überlasteten Hochschulbereichen sollen mindestens 50 zusätzliche Lehraufträge, Tutorien und Hilfskräfte finanziert werden, wenn in gleichem Umfang Lehrkräfte ihr Stundendeputat freiwillig erhöhen.
  • Im Freiwilligen Sozialen Jahr sollen in den Jahren 1998-2000 insgesamt 100 und im Freiwilligen Ökologischen Jahr 40 zusätzliche Plätze entstehen, davon in diesem Jahr 30 im Freiwilligen Sozialen Jahr und 20 Stellen im Freiwilligen Ökologischen Jahr.
  • Im Bereich der Landesverwaltung werden 1998 rund 110 zusätzliche Stellen für Ausbildung, Nachwuchskräfte bzw. Entlastung in der Straßenbauverwaltung bereitgestellt.

Die Landesregierung wird nach den Worten der Ministerpräsidentin noch im Januar Gespräche mit den Gewerkschaften, Kammern und Wirtschaftsverbänden aufnehmen, um auch in diesem Jahr wieder ein gemeinsames "Bündnis für Ausbildungzu bilden. "Die Landesregierung geht nicht nur mit Appellen, sondern mit konkreten eigenen Beiträgen in dieses Bündnis", sagte Simonis.

Entscheidend für die Perspektiven junger Leute sei jedoch die wirtschaftliche Entwicklung, deren Rahmenbedingungen von Kiel kaum zu beeinflussen seien. "Zusätzliche Ausbildungsplätze zu mobilisieren, das ist Feuerwehr. Mindestens ebenso notwendig ist der vorbeugende Brandschutz.Letztlich hingen die Zukunftsaussichten der Jugend davon ab, "ob die Wirtschaft floriert, und zwar so, daß sie ausreichend Ausbildungs- und Arbeitsplätze schafft".

Die Ministerpräsidentin kündigte die intensive Fortsetzung der im vergangenen Jahr begonnenen Existenzgründungs-Offensive an mit dem Ziel, neben einem Ausbau der konkreten Beratung eine "Kultur der Selbständigkeit zu fördern und zu etablieren". Frau Simonis sieht auf diesem Feld erhebliche Chancen im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit: "Wenn es stärker gelänge, nicht zu erst in Risiken, sondern mehr in Chancen zu denken, dann würde ein enormes Potential an Initiative, Kreativität und an Beschäftigung freigesetzt.

Optimistisch äußerte sich die Regierungschefin über die Informations- und Kommunikationstechnologie sowie die darauf basierenden Dienstleistungen: "Wir sind bereits ein bedeutender Standort für Telekommunikation &emdash; von der Hardware-Produktion über Kommunikations-Software-Entwicklung bis hin zu großen Anwendern etwa im Bereich der Telekommunikation und des Direkt-Banking.Die gemein- sam mit der EU erfolgreich begonnene RISI-Initiative - Schleswig-Holstein auf dem Weg in die Informationsgesellschaft - werde nach dem Auslaufen der 1. Phase mit konkreten Projekten weitergeführt.

In diesem Zusammenhang kündigte Frau Simonis eine Initiative "Multimedia Schleswig-Holstein" mit der Deutschen Telekom an. Das zunächst drei Millionen Mark umfassende Programm mit einer Laufzeit bis zum Jahre 2000 werde je zur Hälfte von Land bzw. Technologiestiftung einerseits und der Telekom andererseits getragen. Es ziele auf die Förderung von Multimedia-Anwendungen, vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen, in der öffentlichen Verwaltung sowie in den Schulen.

Die Ministerpräsidentin, die auch Schirmherrin der Aktion "Schulen ans Netzin Schleswig-Holstein ist: "Besonders wichtig ist mir, daß wir im Rahmen dieses Gemeinschaftsprojektes den schleswig-holsteinischen Schulen, die am Netz sind bzw. noch ans Netz kommen, für drei Jahre die laufenden Netzkosten finanzieren können. Es ist ein Beitrag zu besseren Perspektiven für junge Leute, wenn sie in den Schulen den Umgang mit Informations- und Kommunikationsformen erlernen, die immer mehr sämtliche Lebensbereiche erfassen und prägen werden.Inzwischen sind etwa 240 Schulen mit Computern und Netzanschlüssen ausgestattet worden. Dies ist rund ein Drittel aller weiterführenden allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen.

Zusätzliche Verbesserungen soll es auch bei den Hochschulen geben. Die Landesregierung will 1998 und 1999 jeweils 500.000 Mark zur Verbesserung der Lehrsituation in besonders belasteten Studienbereichen bereitstellen, und zwar in dem Maße, wie auch das Lehrpersonal freiwillig zu Mehrleistungen in der Lehre bereit ist. Dazu sagte Simonis: "Ich halte das für ein faires Angebot in Zeiten überfüllter Seminare einerseits und leerer Kassen andererseits.Lasten müßten gemeinsam geschultert werden.  

Stellvertretender Ministerpräsident Rainder Steenblock:
Strukturwandel und umfassende Finanzreform schaffen Arbeitsplätze und mehr soziale Gerechtigkeit

Angesichts des politischen Stillstands und finanzpolitischen Chaos in Bonn betonte der stellvertretende Ministerpräsident Rainder Steenblock die Notwendigkeit zu einer umfassenden Finanzreform, bei der auch die ökologischen Aspekte eine bedeutende Rolle spielen. "Auch wenn es totgeredet wurde,so Steenblock, eine aufkommensneutrale Steuerreform ist machbar, die die Steuerlast gerechter verteilt und die bessere Anreize für mehr Arbeitsplätze und Umweltschutz setzt. Die Landesregierung Schleswig-Holstein steht für einen Steuerreformvorschlag, der die soziale Gerechtigkeit des Steuersystems erhöht, Arbeitsplätze schafft, zum Umweltschutz beiträgt und trotzdem keine Haushaltslöcher verursacht,sagte Steenblock.

"Die Trampelpfade der hinlänglich bekannten Wirtschaftspolitik haben unsere heutige Krise heraufbeschworen. Sie führen nicht aus ihr heraus. Deshalb müssen wir heute umschwenken und in einen langsamen und sanften Strukturwandel einsteigen, damit wir nicht morgen schockartige Maßnahmen ergreifen müssen,so Steenblock. "Der einfachste und beste Weg, um das zu erreichen, ist eine Besteuerung des Energieverbrauchs für Verbraucher und Unternehmen bei gleichzeitiger Senkung der Lohnnebenkosten. Das schafft und erhält zukunftsfähige Arbeitsplätze durch Impulse für einen ökologischen Strukturwandel und durch Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit auf dem dynamisch wachsenden Weltmarkt für Umwelttechnik." Gerade auch in Zeiten finanzieller Krisen sei eine steuerliche Umverteilung und grundlegende Modernisierung der sozialen Sicherungssysteme notwendig.

Der Verbraucherschutz sollte 1998 einer der Kernpunkte der Umweltpolitik sein. Hierbei stünden insbesondere gentechnisch veränderte Lebensmittel im Vordergrund. Steenblock lehnte die Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen weiterhin ab. Nachdem 1997 der Gentransfer von Raps auf Raps nachgewisen wurde, sollen diese Untersuchungen bei Freisetzungen auch 1998 fortgesetzt werden. Diesen Vorfall will Steenblock auch zum Anlaß für eine Bundesratsinitiative nehmen, um das Mitspracherecht der Länder bei der Genehmigung von Freisetzungen gentechnisch veränderter Organismen zu stärken. Die Landesregierung wird sich außerdem dafür einsetzen, daß die Kennzeichnung von allen Lebensmitteln, die aus gentechnisch veränderten Organismen hergestellt wurden oder aus solchen bestehen, möglichst stringent und eindeutig erfolgen wird.

 

Verantwortlich für diesen Pressetext:

Gerhard Hildenbrand, Susanne Bieler, Martin Tretbar-Endres,
Regierungspressestelle, Tel.: 0431/988-1704, Telefax: 0431/988-1965
e-mail:
presse.landesregierung@landsh.de

Claudia Sieg, Pressesprecherin, Tel.: 0431/988-7204
Ministerium für Umwelt, Natur und Forsten
e-mail:
Claudia.Sieg@Umweltsh.landsh.dbp.de

Im Internet:
Pressedienst "Aktuelles und Informationen der Landesregierung: <http://www.schleswig-holstein.de/landsh> Mehr Informationen über Schleswig-Holstein im Schleswig-Holstein-Forum: <http://www.schleswig-holstein.de>




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