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Notunterkunft für ObdachloseDas Telefon klingelt nachts um halb zwei. Ein Obdachloser ist am Apparat und fragt nach einem Bett für die Nacht. Er hat Glück. In der Notunterkunft des Roten Kreuzes in Reinickendorf ist noch ein Platz frei. Eine Stunde später steht der späte Gast an der Tür. Seine Augen sind glasig. Er schüttelt sich, als er aus der Kälte in die Wärme der Schlafstätte kommt. |
Seit dem 15. Oktober 1996 bietet das Deutsche Rote Kreuz im Berliner Bezirk Reinickendorf für Obdachlose eine jeweils auf zwei Wochen befristete Notunterkunft an. Das Projekt ergänzt die festen Einrichtungen zur Betreuung und Beratung wohnungsloser Berliner. Zwölf Männer und sechs Frauen können in dem Haus auf dem Gelände eines Klinikums aufgenommen werden.
Nach dem Ende der 14tägigen Wohnzeit müssen die Obdachlosen sich einer Pflichtberatung unterziehen, in der sie ihre Lage und ihren weiteren Wohnbedarf mit den Betreuern der Einrichtung besprechen. Das Reinickendorfer Haus ist abends ab 18.30 Uhr bis zum nächsten Morgen geöffnet. Die Betten stehen in drei großen Räumen, von denen einer für Frauen reserviert ist. | ![]() |
Ansprechpartnerin:Astrid Scheffner, |
Die Bewohner richten sich ihr Abendessen selbst her. Sie einigen sich zudem auf einen für alle verbindlichen Koch- und Spülplan. Betreut werden die Bewohner von einem Team von 14 Rotkreuz-Mitarbeitern, die jeweils zu zweit eine Nacht in der Woche eingesetzt werden. 4.000 Übernachtungen hatte die schon im vergangenen Jahr betriebene Notunterkunft im Winter 1995/96 zu verzeichnen. Eine Vielzahl weiterer Anfragen für Übernachtungen mußte an andere Stellen weiterverwiesen werden.
Die Arbeit der Einrichtung versteht sich nicht als Versorgungswerk für Obdachlose. Erklärtes Ziel ist es, die Betreuten von ihrer Unselbständigkeit abzubringen und verlorengegangene Kompetenzen wiedererlangen zu lassen. So müssen die Wohnsitzlosen ihren Einkaufsbedarf für das tägliche Abendessen selbst abschätzen und eine Einkaufsliste schreiben.
Von Seiten der Kommune erhält
die Notunterkunft keine Gelder, obwohl der Staat nach dem Bundessozialhilfegesetz
zur Unterstützung verpflichtet wäre. So finanziert sich die Einrichtung
aus Spendengeldern des Roten Kreuzes. Bislang stehen 65.500 Mark zur Verfügung,
womit die Notunterkunft bis zum 31. Dezember ihre Arbeit aufrecht erhalten
kann. Erforderlich sind weitere 85.000 Mark, damit das Haus nicht vor Ende
der kalten Jahreszeit schließen muß und wie geplant bis Ende
April weiterarbeiten kann.
Der größte Anteil der Ausgaben fällt auf die Bezahlung
des Personals. In Reinickendorf sind Psychologen, Sozialarbeiter und Studenten
der Sozialarbeit im Anerkennungsjahr beschäftigt. Rund 260 Mark erhalten
sie pro Nacht. Davon spenden sie 26 Mark zurück in das Projekt, um
Geld für die weitere Finanzierung der Arbeit des Hauses zurückzulegen.