"Gehandelt
wird mit dem Kopf, der Bauch hat im Geschäft nichts zu suchen." Diese
eherne Regel hanseatischen Kaufmannstums hatte der junge Importeur Karl
Rolf Seyferth wohl im Kontor gelassen an diesem Frühsommertag des
Jahres 1925, der ihn an die Hamburger Börse führte. Vielleicht
war es die Sommerstimmung, der Gedanke an blühende Blumen und summende
Bienen, die den Inhaber der Deutsch-Chinesischen Eiprodukten Gesellschaft
zu dem spontanen Kauf von 5.000 Kilogramm kalifornischen Honigs veranlaßten.
Doch aus dem spontanen Geschäft an der Börse entwickelte sich bald ein regelrechter Gewerbebetrieb an der Hamburger Wendenstraße, wo Honig probiert und schließlich in handliche Gläser gefüllt wurde. Bereits zwei Jahre nach dem impulsiven Einstieg an der Börse hatte sich ein gut florierender Honig-Handel entwickelt.
Schon bald war Karl Rolf Seyferth klar, daß er sein neues Produkt mehr profilieren mußte, um langfristig Erfolg zu haben. So inserierte er 1927 im "Hamburger Fremdenblatt", daß er einen Firmenmantel suche. Damit setzte er den Grundstein für eine große Zukunft seines Honigs: Denn er bekam auch ein Angebot des Exportkaufmanns Vincent Emil Hermann (V.E.H.) Langnese, der zu dieser Zeit in Hamburg eine Bisquit-Fabrik mit hervorragendem Ruf leitete.
Die Herren Langnese und Seyferth trafen sich im berühmten "Ehmke", dem ältesten Hamburger Schlemmer-Restaurant. Bei Kaviar, Hummer und Bordeaux legte V.E.H. Langnese das weitere Geschick seiner Traditionsfirma zu einem nur symbolischen Preis in die Hände des jungen Unternehmers. Seyferth hatte die Chance seines Lebens erhalten!
Schon in den 30er Jahren ließ Seyferth künstlerisch begabt das typische Langnese-Glas entwickeln. Von ihm stammt die markenprofilierende Idee des wabenförmigen 6-Eck-Glases mit dem schräggestellten Langnese-Schriftzug auf dem Goldetikett. Doch zunächst bereitete der Krieg allen weiteren Expansionsplänen ein jähes Ende.
1948, als alles noch in Trümmern lag, bescherte der Marshallplan den Hamburgern unverhofft eine Schiffsladung Bienenhonig. Im Nu hatte Seyferth in einem Fabrikskeller eine provisorische Abfüllerei installiert; und bald konnte er seine Erfolgsgeschichte weiter fortschreiben: Die Menschen rissen sich förmlich um das "flüssige Gold", und bereits 1951 zog die Firma Langnese in größere Produktionsräume um.
Nun sollte Langnese Honig endgültig als Marke plaziert werden. Das größte Problem war hierbei: Wie kann man bei dem Naturprodukt Honig einen gleichbleibenden, unverwechselbaren Geschmack erzielen? Langnese erwarb eigene Imkereien in Guatemala, Salvador und Mexiko und baute umfassende Qualitätskontrollen auf. Gleichzeitig führte man in Lebensmittelgeschäften lange Geschmackstests durch, bis schließlich mit viel Fleiß und feinem Gespür die optimale Langnese-Rezeptur in Geschmack, Farbe und Konsistenz gefunden war.
Schon 1958 war Langnese mit einem Umsatz von 6.500 Tonnen Honig und 20 Millionen DM Marktführer. Karl Seyferth, inzwischen 65 Jahre alt, hatte sein Lebensziel erreicht und suchte einen würdigen Käufer, den er in Rudolf August Oetker fand.
Am 1. April 1959 übernahm Dr. Oetker mit V.E.H. Langnese eine Firma, die längst den Kinderschuhen entwachsen war: "Langnese Honig aus Bargteheide" etablierte sich in den folgenden Jahren endgültig als zeitloser Markenartikel und Synonym für Honig schlechthin.
Auch heute hat die Marke nichts von ihrer Vitalität eingebüßt. Langnese Honig verkörpert als "das Markenzeichen der Natur" den harmonischen Gleichklang von Produkt und Marke und beantwortet so die Frage, was den Erfolg großer Marken ausmacht: "Sie finden den Weg zum Herzen des Verbrauchers."
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