Wie hoch fliegt der Drache ?

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Baustelle

Diese oder ähnliche Fragen stellen sich bei jeder Neukonstruktion, insbesondere, wenn keine Bauanleitung vorliegt. So war es auch bei mir als ich im Mai 1996 einen 4-zelligen Crossdeck bauen wollte. Diese Frage kann in der Theorie ganz schön kompliziert werden. Genau läßt sie sich nur mit sehr großem Rechenaufwand beantworten. Wenn man jedoch einige vereinfachende Annahmen trifft, wird das Problem einigermaßen beherrschbar.

Die Rechnung soll folgende Fragestellungen näher beleuchten:

Für die Berechnung wurde eine ebene Fläche in der altbekannten Eddy-Form vorausgesetzt, die sich um den Waagepunkt drehen kann bis ein Gleichgewichtszustand erreicht ist. Die Seitenstabilität wird vorausgesetzt. Die aerodynamischen Eigenschaften eines Modelldrachens lassen sich dann durch drei vom Anstellwinkel abhängige Funktionen modellieren. Die Auftriebs- und Widerstandskraft sind dem Staudruck roh*A*v^2 proportional. (roh ist die Dichte der Luft) siehe auch [2,3]. Der Auftriebsbeiwert ca(alpha) und der Widerstandsbeiwert cw(alpha) sind für jeden Drachen charakteristische Größen, die vom Anstellwinkel alpha abhängig sind. Hier wurden der Einfachheit halber für ca(alpha) eine Sinus- und für cw(alpha) eine (1-Cosinus)-Funktionen verwendet (siehe Bild). Trotz dieser vereinfachten Annahmen sind die Ergebnisse ganz gut brauchbar. Um die Jahrhundertwende haben übrigens mehrere Aerodynamiker, darunter Otto Lilienthal und Gustave Eiffel (.. ja genau der vom Eiffelturm) Experimente zur Ermittlung der Faktoren durchgeführt [1].

Die Lage des Angriffspunktes für die Auftriebs- und Widerstandskraft verändern sich in der Praxis ebenfalls als Funktion des Anstellwinkels. Bei der hier durchgefühten Rechnung wird diese Abhängigkeit jedoch nicht berücksichtigt. Es wurde vielmehr angenommen, dass die Windkräfte Fa und Fw im Flächenschwerpunkt, der aus der Geometrie berechenbar ist, angreifen. Flächen- und Massenschwerpunkt sind in der Regel nicht identisch.

Kraefte an dem Drachen

Die Skizze zeigt den Modelldrachen von der Seite mit den angreifenden Kräften. Dabei sind:

In dem rechteckigen, gestrichelt umrandeten Gebiet wird der Waagepunkt verschoben. Das Gebiet von 1,5*1,5 m wurde senkrecht zur Drachenfläche in j=30 und parallel dazu in k=40 Punkte unterteilt, so dass sich insgesamt 1200 Punkte ergeben. Bei der graphischen Darstellung der Ergebnisse bildet diese rechteckige Fläche die Ebene über der die Größen Anstellwinkel, Lift/Drag, Leinenwinkel, Zugkraft und Flughöhe dargestellt werden. In dem nachfolgenden Bild sind die möglichen Waagepunkte ausführlich dargestellt. Bei der Koordinate (0,0) liegt die Querspreize. Die Rauten auf der rechten Seite sollen den Anfang und das Ende des Drachens darstellen.

Variation der Waagepunkte

ca und cw Beiwerte
Das Bild zeigt den Verlauf von Auftriebsbeiwert ca(alpha) und Widerstandsbeiwert cw(alpha) sowie die Gleitzahl ca/cw in Abhängigkeit des Anstellwinkels alpha.

Voraussetzungen:

Vorgaben (Parameter): Gesucht wird der Anstellwinkel des Drachens gegen die Horizontale bzw. die daraus resultierenden Größen

Rechenweg:

Interpretation der Ergebnisse

Die in der unteren Ebene dargestellten Zahlen sind die Koordinaten senkrecht (30 Punkte) und parallel (40 Punkte) zu der Drachenfläche. Nach oben in die Z-Richtung sind die interessierenden Grössen aufgetragen. Zu jedem Kreuzungspunkt auf dem Gebirge gehört ein Waagepunkt in der darunterliegenden Ebene. Je nach Lage des Gebirges wurde das Bild um 180 Grad gedreht, damit man besser auf die Flächen schauen kann. Leider kann das Rechenprogramm bei der 3-D Darstellung keine absoluten Koordinaten darstellen so dass man sich mit den Zahlen 0-30 und 0-40 begnügen muss. Aus dem zweiten Bild lassen sich aber die absoluten Maße ablesen. Die gepunkteten Linien deuten die Drachenfläche an.

Anstellwinkel

Hinter den Spitzen an der hinteren Ecke ist kein stabiler Flug möglich.
Wenn die Waagepunkte auf einer fast geraden Linie senkrecht zur Drachenfläche liegen ändert sich dabei der Anstellwinkel nicht. Der Anstellwinkel ist dabei in diesem Beispiel ca. 20 Grad.

Lift /Drag

Aus dem Verhältnis (Auftriebkraft-Gewichtskraft)/Widerstandskraft kann man beim Maximum der Gleitzahl bei 2,5 sehr gut die günstigen Waageeinstellungen ablesen. Sie liegen fast auf einer Linie. Bei kurzen Waageschenkeln in der Nähe des Drachens erreicht man fast die gleiche Flughöhe - der Punkt muß aber sehr genau gewählt werden.
Weiterhin kann man erkennen, daß bei langen Waageschenkel ein wesentlich größerer Stabilitätsbereich erreicht wird als wenn man die Waageschenkel kurz wählt

Leinenwinkel

Als maximaler Leinenwinkel kann man ca. 70 Grad ablesen.

Zugkraft

Die Zugkraft in der Leine (angegeben in N) bleibt nahezu konstant, wenn die Waageeinstellungen auf der oben beschriebenen Linie liegen. Interessanterweise ist die Zugkraft auf der beschriebene Linie nicht am grössten. Bei üblichen Waageeinstellungen- die in der Regel unterhalb der optimalen Linie liegen- würde sich für dieses Beispiel eine Zugkraft von ca. 4 N ergeben. Wenn der Drache steiler gestellt wird, erhöht sich die Zugkraft.

Flughöhe

Das Ergebnis für die Flughöhe ist zu dem Bild der Leinenwinkel ähnlich. Bei großen Leinenwinkeln ergibt sich auch eine große Flughöhe.

Winkel

Oft findet man in Bauanleitungen für die Einstellung der Waage den praktischen Hinweis, den Drachen an der Waage aufzuhängen und dann die Waage so einzustellen, daß die frihängende Drachenfläche eine angegebene Neigung gegenüber der Horizontalen hat. Dieser Winkel mit negativen Vorzeichen ist in diesem Bild dargestellt.

Zusammenfassung

Literatur zum Thema Auftrieb- und Widerstandskräfte bei Drachen:
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