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amnesty international: Jahresbericht 1997

Vereinigte Arabische Emirate

Berichtszeitraum: 1. Januar 1996 - 31. Dezember 1996

Ein gewaltloser politischer Gefangener blieb während des gesamten Berichtsjahres inhaftiert, obwohl er seine Strafe bereits verbüßt hatte. Mindestens drei möglicherweise ebenfalls gewaltlose politische Gefangene wurden im Berichtszeitraum in Haft genommen. Nach wie vor gingen amnesty international Meldungen über Folterungen und Mißhandlungen im Polizeigewahrsam zu. Gegen mindestens drei Personen wurde die Prügelstrafe verhängt und an einer 1995 verurteilten Frau die Prügelstrafe vollstreckt. Ein Gefangener wurde hingerichtet, während zwei weitere vermutlich vom Vollzug der Todesstrafe bedroht blieben. Mindestens neun bahrainische Staatsangehörige wurden zwangsweise in ihre Heimat zurückgeführt, wo die Behörden die meisten von ihnen als möglicherweise gewaltlose politische Gefangene in Haft nahmen.

Ein während des Berichtsjahres verurteilter gewaltloser politischer Gefangener blieb auch nach Verbüßen seiner Strafe inhaftiert. Es handelte sich um Elie Dib Ghalib, einen libanesischen Christen, der im Dezember 1995 in al-'Ain in Abu Dhabi festgenommen und vermutlich gefoltert worden war (siehe unten). Im Oktober erklärte ein Scharia-Gericht seine Heirat mit einer Moslemin aus den Vereinigten Arabischen Emiraten für null und nichtig und entschied, ihre Beziehung stelle daher auf der Grundlage der Landesgesetze eine Straftat dar. Es verurteilte Elie Dib Ghalib zu einem Jahr Freiheitsentzug und 39 Peitschenhieben. Auch nach Verbüßen seiner Strafe blieb er im Zentralgefängnis von al-'Ain inhaftiert.

Während des Berichtsjahres nahmen die Behörden mindestens drei Personen fest, bei denen es sich möglicherweise ebenfalls um gewaltlose politische Gefangene handelte. Die Brüder Jassim und Yassir 'Issa al-Yassi sowie 'Abdulla Makki wurden im Juni in Dubai verhaftet. Grund für ihre Verhaftung waren ihre Kontakte zu Ja'far Hassan Sahwan (siehe unten), einem Oppositionellen aus Bahrain, der sich durch die Flucht in die Vereinigten Arabischen Emirate seiner Festnahme entzogen hatte. Alle drei befanden sich bei Jahresende weiterhin ohne Gerichtsverfahren und möglicherweise auch ohne Anklageerhebung in staatlichem Gewahrsam. Zwei weitere möglicherweise gewaltlose politische Gefangene, die 1995 inhaftiert worden waren, kamen während des Berichtsjahres ohne Anklageerhebung frei. Der im Januar 1995 in Haft genommene Iraker Sheikh 'Abd al-Mun'im al-'Ali (siehe Jahresbericht 1996) wurde im November entlassen und in ein Drittland abgeschoben. Der Palästinenser Hisham Fa'iq Muhammad Sha'sha', der als politischer Flüchtling dem Schutz des Hohen UN-Flüchtlingskommissars in den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstand, war unter dem Verdacht der Opposition zur Regierung seit September 1995 ohne Gerichtsverfahren inhaftiert gewesen. Er kam im Mai frei und wurde nach Rumänien ausgewiesen.

Nach wie vor gingen amnesty international Berichte über Folterungen und Mißhandlungen an politischen Gefangenen und anderen in Polizeihaft befindlichen Personen zu. Elie Dib Ghalib (siehe oben) soll während der Untersuchungshaft wiederholt geschlagen und ausgepeitscht worden sein.

Im Berichtszeitraum wurde gegen mindestens drei Personen, unter ihnen Elie Dib Ghalib, die Prügelstrafe verhängt. An einer 1995 verurteilten Frau wurde die Prügelstrafe 1996 vollstreckt. Im Juni verurteilte ein Gericht ein Ehepaar wegen Diebstahls zu 210 Peitschenhieben. Ob die Strafe bis Jahresende vollzogen worden war, entzog sich der Kenntnis von amnesty international. Die im Oktober 1995 zu 100 Hieben verurteilte Sarah Balabagan (siehe Jahresbericht 1996) wurde im Januar ausgepeitscht. Im Juli kam sie aus der Haft frei und wurde in die Philippinen abgeschoben.

Ein Gefangener wurde während des Berichtsjahres hingerichtet, während zwei weitere vom Vollzug der Todesstrafe bedroht blieben. Der wegen Mordes zum Tode verurteilte Khalid Mohammad Moussaji wurde im Oktober hingerichtet. Im Fall des jemenitischen Staatsangehörigen Mashal Badr al-Hamati blieb unklar, ob Präsident Al-Sheikh Zayed bin Sultan Al-Nahyan das Todesurteil umgewandelt hat (siehe frühere Jahresberichte). Nach vorliegenden Meldungen gab das Oberste Bundesgericht im Dezember seine Entscheidung bekannt, das 1989 gegen den philippinischen Staatsbürger John Aquino wegen Mordes verhängte Todesurteil aufrechterhalten zu wollen (siehe Jahresbericht 1996), es sei denn, die Familie des Mordopfers würde von ihrer Möglichkeit, ihn zu begnadigen, Gebrauch machen.

Mindestens neun bahrainische Staatsangehörige, die möglicherweise einen Asylantrag hatten stellen wollen, wurden zwangsweise nach Bahrain zurückgeführt, wo man sie größtenteils bei ihrer Ankunft festnahm und als möglicherweise gewaltlose politische Gefangene inhaftierte (siehe Bahrain-Kapitel). Zu ihnen zählte Ja'far Hassan Sahwan (siehe oben), der im Juni in Dubai festgenommen und den Behörden in Bahrain überstellt wurde. Bei Jahresende befand er sich weiterhin in Haft.

amnesty international appellierte an die Behörden, sämtliche Gefangenen, die aus politischen oder religiösen Gründen inhaftiert waren, entweder einer erkennbar strafbaren Handlung anzuklagen und in fairer Weise vor Gericht zu stellen oder aber freizulassen. Die Organisation erbat die Zusicherung, daß alle Gefangenen menschlich behandelt werden, und forderte darüber hinaus die Untersuchung sämtlicher Folter- und Mißhandlungsvorwürfe. Ferner rief amnesty international zur Umwandlung aller Todesurteile sowie der verhängten Prügelstrafen auf. Von der Regierung ging keine Antwort auf die Schreiben der Organisation ein. Die Bitte von amnesty international, Mitarbeitern der Organisation die Einreise in die Vereinigten Arabischen Emirate zu ermöglichen, um vor Ort Menschenrechtsverletzungen untersuchen zu können, blieb gleichfalls unbeantwortet.
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 28. August 1997

© amnesty international


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