Im Berichtsjahr kündigten die Behörden die Einleitung offizieller
Ermittlungen zur Aufklärung der extralegalen Hinrichtung von 15 Personen
im Jahre 1982 an, die der Armee angelastet wurden. Nach dieser Ankündigung
erhielten Familienangehörige der damaligen Opfer und
Menschenrechtsaktivisten Todesdrohungen und mußten um ihre Sicherheit
fürchten.
Im September löste der von Mitgliedern der Nationalversammlung sowie von Regional- und Bezirksräten gewählte Jules Wijdenbosch von der Nationaldemokratischen Partei (Nationale Democratische Partij - NDP) Ronald Venetiaan als Staatsoberhaupt ab. An der Entschlossenheit der neuen Regierung, die Achtung der Menschenrechte umfassend zu sichern, wurden jedoch Zweifel geäußert, nachdem Vorwürfe laut geworden waren, denen zufolge Desi Bouterse, der Gründer und Vorsitzende der NDP, für Menschenrechtsverletzungen in der Vergangenheit verantwortlich war. Desi Bouterse hatte Suriname erstmals in den Jahren von 1980 bis 1988 und später von 1990 bis 1991 als Armeechef regiert. Beide Male war er durch einen Putsch an die Macht gelangt. Unter seiner Administration sollen Armeeangehörige Personen ohne Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren in ihrem Gewahrsam gehalten und sich Folterungen und extralegaler Hinrichtungen schuldig gemacht haben.
Im Dezember 1995 hatte die Nationalversammlung die Regierung mit einer Resolution aufgefordert, Ermittlungen zur Aufklärung der im Dezember 1982 begangenen extralegalen Hinrichtungen von 15 Personen einzuleiten (siehe Jahresberichte 1983 und 1984). Unter der Herrschaft von Desi Bouterse soll die Armee weitere Menschenrechtsverletzungen begangen haben. Im Januar kündigte das damalige Staatsoberhaupt, Ronald Venetiaan, öffentlich die Absicht seiner Regierung an, diesen Vorfällen nachzugehen. Bis zu den Parlamentswahlen im Mai waren indes noch keine Ermittlungen eingeleitet worden, und im Dezember hatte die neue Regierung noch keinerlei Maßnahmen ergriffen, um die Resolution der Nationalversammlung umzusetzen.
In der ersten Jahreshälfte erhielten nach vorliegenden Berichten Familienangehörige der 15 Opfer sowie Menschenrechtsaktivisten anonyme Todesdrohungen. Einige dieser Personen wurden daraufhin unter Polizeischutz gestellt. Im April verübten Unbekannte auf das Haus von Henri Behr, dem Vorsitzenden der Gruppe von Familienangehörigen der Opfer, einen Brandanschlag.
Im März erbat amnesty international Informationen über die näheren Umstände der Untersuchung von extralegalen Hinrichtungen aus dem Jahre 1982. Im April forderte die Organisation die Behörden auf, die Hintergründe des Brandanschlags auf das Haus von Henri Behr aufzuklären. Ende April reiste eine Delegation von amnesty international nach Suriname, um den Fortgang der Ermittlungen zur Aufklärung der Tötungen im Jahre 1982 zu beobachten. Die Delegierten trafen mit Regierungsvertretern, Angehörigen der Opfer sowie Vertretern von Menschenrechtsorganisationen zusammen. Im Anschluß an diese Reise brachte die Organisation in einem an Staatsoberhaupt Venetiaan gerichteten Schreiben ihre Besorgnis über die anhaltende Verzögerung bei der Einleitung von Ermittlungen zum Ausdruck und erkundigte sich auch nach dem Stand der Untersuchungen zur Aufklärung des Brandanschlags. Im Oktober richtete die Organisation ein Schreiben gleichen Inhalts an den neuen Staatschef Wijdenbosch. Auf keine ihrer Anfragen erhielt amnesty international eine Antwort.
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 28. August 1997 |