SPERRFRIST: 20. Februar 1996, 12.00 Uhr MEZ
Bonn/Genf, den 20. Februar 1996 - Die Menschenrechtsorganisation amnesty international hat gefordert, daß Flüchtlinge aus Ruanda und Burundi nicht zu einer Rückkehr in ihre Heimatländer gezwungen werden, solange keine Garantien für ihre Sicherheit bestünden. Andernfalls drohten wieder Menschenrechtsverletzungen großen Ausmaßes, warnten ai-Vertreter auf einer Pressekonferenz in Genf bei der Vorstellung des Berichts mit dem Titel "Rwanda and Burundi - the return home; rumours and realities".
Die Flucht von mehr als zwei Millionen Menschen aus Ruanda und Burundi in die Nachbarländer und ihr andauerndes Exil bedeutet eines der größten Flüchtlingsdramen seit dem Zweiten Weltkrieg. Noch immer warten über 200.000 burundische Flüchtlinge und etwa 1,7 Millionen Ruanderinnen und Ruander in Flüchtlingslagern in Zaïre, Tansania und Burundi auf die Rückkehr in ihre Heimat. Die zaïrischen Behörden planen, ihre Flüchtlingslager nach und nach zu schließen und üben einen großen Druck auf die Flüchtlinge aus. Dabei sei nicht gewährleistet, daß die Rückkehr in allen Fällen freiwillig erfolge, kritisierte ai. Eine Massenrückkehr der Flüchtlinge nach Ruanda und Burundi könne zu willkürlichen Verhaftungen, zu dem "Verschwindenlassen" von Menschen und extralegalen Hinrichtungen führen. Sechs Monate nach der zwangsweisen Rückführung von etwa 15.000 ruandischen und burundischen Flüchtlingen aus Zaïre sei wenig getan worden, um eine langfristige Lösung zu finden.
ai forderte die Regierungen von Zaïre und Tansania auf, ihre Grenzen geöffnet zu lassen für Menschen, die vor Menschenrechtsverletzungen fliehen. Die internationale Gemeinschaft müsse diesen Ländern allerdings angemessene Mittel und Personal zur Bewältigung des großen Flüchtlingsproblems zur Verfügung stellen.
In ihrem Bericht nennt amnesty international drei wesentliche Faktoren, welche die meisten Flüchtlinge davon abhielten, freiwillig in ihre Heimat zurückzukehren: Die fehlende Sicherheit, die Rechtlosigkeit und die manipulierten Informationen, die über die Situation in den beiden Ländern verbreitet werden. Ehemalige Angehörige der ruandischen Armee und Interahamwe-Milizen kontrollieren die Flüchtlingslager in Tansania und Zaïre und versuchen die Flüchtlinge durch Einschüchterung und Propaganda von einer Rückkehr abzuhalten Die Menschenrechtssituation bleibe vor allem in Burundi erschreckend, betonte ai.
Die Flüchtlinge gerieten immer wieder in gewalttätige Auseinandersetzungen, ihr Überleben sei eine Glücksfrage. Die zunehmende Gewalt im Lande zwinge Tausende zu fliehen, ruandische Flüchtlinge würden durch burundische Sicherheitskräfte und Milizen bedroht.
Seit Oktober 1993 wurden in Burundi mehr als 100.000 Menschen durch Sicherheitskräfte oder bewaffnete Oppositionsgruppen umgebracht. Gewalt ist in der Hauptstadt Bujumbura und im übrigen Gebiet alltäglich geworden. Aus Angst mieden Angehörige einer ethnischen Gruppe oder politischen Partei Gebiete, die von der jeweils anderen Gruppe dominiert werden.
Das Rechtssystem ist zusammengebrochen, und die Regierung ist unfähig, die Sicherheitskräfte zu kontrollieren, die weiterhin ungestraft Massaker begehen. In Ruanda sind mindestens 66.000 Menschen im Zusammenhang mit dem Völkermord von 1994 an einer Million Tutsis ohne Urteil in völlig überfüllten Gefängnissen inhaftiert. Etwa 2300 Gefangene sind seit 1994 als direkte Folge der unmenschlichen Haftbedingungen gestorben. Willkürhaft und Mißhandlung sind alltäglich.
amnesty international fordert alle Staaten auf, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen und Flüchtlinge vor Menschenrechtsverletzungen zu schützen. Sie verlangt außerdem unabhängige und kompetente Fachleute zur Beobachtung der Menschenrechtssituation in Ruanda und Burundi. Dies könnte zu einem Klima beitragen, das eine sichere Rückkehr der Flüchtlinge ermöglicht.
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