Kerze
amnesty international
Segovia - Eine wiederkehrende Geschichte schwerer Menschenrechtsverletzungen






STICHWORT: KOLUMBIEN

Zusammenfassung

Kolumbien - ein langandauernder Konflikt

Der Nordosten des Bezirkes Antioquia

Das Massaker vom 11. November 1988

Die Ereignisse von 1995 und 1996...

Das Massaker vom 22 April 1996

Untersuchungen über das Massaker vom 22. April 1996

Segovia und Remedios zu Zonen des Ausnahmezustandes erklärt

Weitere Sorge für die Sicherheit der Zivilbevölkerung...

Guerilla-Kräfte und die Verletzung Humanitären Völkerrechts

Die Empfehlungen Amnesty International's...


Weitere Informationen zu Kolumbien


Das Massaker vom 11. November 1988

Am 11. November 1988 fuhren schwerbewaffnete Männer in das Zentrum von Segovia und eröffneten das Feuer und warfen Handgranaten. Sie töteten 43 Menschen, darunter drei Kinder und verwundeten weitere 50 Personen. Die reguläre Garnison der Polizei und Militärs (Batallón Bomboná de la XIV Brigada) stand daneben während die Killer völlig ungestört über eine Stunde durch die Stadt fuhren. Aufgrund eines Austausches beim Militärischen Checkpoint konnten die Killer in die Stadt kommen. Die paramilitärischen Kräfte verschwanden in drei Autos indem sie von Segovia durch die Nachbarstadt Remedios nach Puerto Berrío flüchteten. Die Sicherheitskräften unternahmen nichts um die Gruppe zu verfolgen. Örtliche Armeesprecher machten sofort Guerilla Gruppen für die Morde verantwortlich. Nachdem die Armeeversion von Überlebenden verändert machte der Innenminister César Gaviria Trujillo rechtsgerichtete Guerilla-Gruppen" verantwortlich.

folgende Personen wurden während des paramilitärischen Überfalls getötet:

Pablo Emilio Gómez; María del Carmen Idarraga de Gómez; Luis Eduardo Hincapié; Carlos Enrique Restrepo Pérez; Carlos Enrique Restrepo Cadavid; Gildardo Antonio Restrepo Cadavid; Jesús Antonio Benitez; Roberto Antonio Marín Osorio; Pablo Emilio Idarraga Osorio; Luz Evidelia Orozco Saldarriaga; Angélica Mazo Arango; Guillermo Orozco Escudero; Luis Alberto Lozano Ruiz; Fabio Jaramillo; Libardo Antonio Castaño; Jesús Aníbal Gómez García; Guillermo de Jesús Ariza; Julio Martín Flórez Ortiz; Shirley Castaño Patiño; Regina Muñoz; Luis Eduardo Sierra; Luis Antonio García; Luis Angel de Jesús Moreno San Martín; María Dolly Bustamante; Diana Maritza Vélez; Henry Albeira Castrillón; Francisco William Gómez Monsalve, 10 Jahre alt; José Danilo Amariles; Jesús Emilio Calle Guerra; Jairo Rodríguez Pardo; Oscar de Jesús Agudelo López; Jesús Orlando Vásquez Zapata; Erika Milena Marulanda; Fabio de Jesús Sierra Gómez; Robinson de Jesús Mejía Arenas; Jorge Luis Puerta Londoño; Libardo Antonio Cataño Atehortua; Jesús de Antonio García; José Abelardo Osorno Betancur; Guillermo de Jesús Arcila; William B: Escudero; Olga Agudelo de Barrientos; José Antonio Marulanda.


Die Morde geschahen nach einer Serie von Todesdrohungen im Namen von `Tod des Revolutionären vom Nordosten (Muerte a Revolucionarios del Nordeste) gegenüber Einwohner von Segovia. Grund hierfür ist wahrscheinlich, daß sehr viele die UP in den Gemeinderatswahlen im vorangegangenen März gewählt haben.
Im 'Offenen Brief N 2 an die Bevölkerung des Nordosten`(Carta Abierta N 2 al Pueblo del Nordeste Habla el MRN"):

No aceptamos alcades Comunistas en la regíon, como tampoco concejos municipales integrados por idiotas campesinos o vulgares obreros como los de la Unión Patriótica, ya que no tienen la inteligencia para dempeñar tales posiciones y manejar estos municipos que siempre nos han pertenecido y ahora recuperaremos, cueste lo que cueste!

Fuera comunistas y guerilleros de nordeste!
No más guerilleros en las administraciones!
Espérenos; saldremos con un gran golpe mortal!

Wir werden weder kommunistischen Bürgermeister in der Region zulassen, noch werden wir Gemeinderäte akzeptieren, welche aus idiotischen Kleinbauern und ordinären Arbeitern, wie jene der Patriotischen Union bestehen. Sie haben weder die Intelligenz diese Aufgaben zu übernehmen, noch können sie die Gemeinde managen. Diese haben immer schon uns gehört, welche wir nicht abgeben, was immer es kosten mag.

Kommunisten und Guerillas verschwindet aus dem Nordosten!
Keine Guerillas in den Gemeindebüros!
Wartet nur...; wir werden einen entscheidenden tödlichen Schlag ausführen!"

Rechtliche und disziplinäre Untersuchungen brachten enge Beziehungen zwischen den paramilitärischen Kräften, welche die Morde ausübten und den Sicherheitskräften.

Im 11.00 Uhr am 26.Oktober 1988, veranstalteten Mitglieder der Polizei, der Armee und bewaffneten Einzelpersonen in Zivilkleidung einen Guerilla-Überfall, wobei sie mit ihren Waffen wild herumschossen. Während den Schießereien wurden Flugblätter `mit der Aufschrift `La Voz de la Verdad` unterschrieben von `Den Realisten`, welche auf Papier der `Frontino Gold Mines Limitid company` geschrieben, unter den Türen der Haushalte in Segovia hindurchgeschoben wurde. Gerichtliche Untersuchungen fanden heraus, daß der Text auf einer Schreibmaschine des Bomboná Bataillon geschrieben wurde.

Rechtliche Untersuchungen fanden Hinweise, daß mindestens 14 Armeeoffiziere und drei Polizisten an den Ereignissen des 11 November beteiligt waren. Hinweise welche darauf hindeuten, daß mehrere andere Armeeangehörige direkt und indirekt an der Vorbereitung der Ausübung der Morde und der Flucht der Paramilitärs beteiligt waren. César Pérez, ein ehemaliges Mitglied des kolumbianischen Kongresses und führender Mitglieder der Liberalen Partei, wurde beschuldigt ein Führer der Paramilitärs bei den Morden zu sein und wurde am 8. September 1995 verhaftet. Der Haftbefehl wurde am 6. Juli 1994 ausgestellt. Letztendlich wurde das Verfahren gegen ihn eingestellt, da die Fristen ihn anzuklagen abgelaufen waren. Er wurde im Oktober 1995.

Nur sechs der siebzehn Offiziere der Sicherheitskräfte, die namentlich genannt wurden wegen weiterer Untersuchungen überprüft. Aber diese Offiziere wurden nicht überprüft aufgrund ihrer Teilnahme in den Morden vom 11. November; sondern drei wurden überprüft, aufgrund ihrer Feigheit die Zivilbevölkerung von Segovia am 11. November zu verteidigen und drei wurden überprüft aufgrund ihrer möglichen Teilnahme an den Ereignissen vom 26. Oktober. Aufgrund der disziplinarische Untersuchungen, seitens des Oberprokuratur (Procuraduría General de la Nacíon) kam es zu disziplinarischen Strafen gegen fünf der sechs Offiziere. Das Büro des Generalstaatsanwalt forderte die sofortige Demission des Kommandanten der Polizei in Segovia und die 30-tägige Suspension des Kommandanten des Bomboná Battailon. Später nahmen sie ihre Forderungen der 30-tägigen Suspension des Kommandanten des Bomboná Bataillon zurück. Später nahmen sie auch die Demission des Polizeichefs von Segovia zurück, und forderten seine temporäre Suspension. Die verbleibenden drei Offiziere wurden vom Generalstaatsanwalt aufgrund des Druckens von paramilitärischen Flugblättern überprüft.


Gemäß einem Artikel in der Tageszeitung El Tiempo" wurde der pensionierte Oberst Hernando Navas Rubio im September 1996 aufgrund eines Haftbefehls der Fiscalía General de la Nación (Oberstaatsanwaltschaft) verhaftet. Aufgrund der Zeugenaussage eines verhafteten paramilitärischen Führers, Alonso Jesús de Baquero (alias Vladimir" oder El Negro"), gegenüber der Fiscalía wurde Hernando Navas beschuldigt, an der Planung des 1988 Massakers in Segovia teilgenommen zu haben. Zur Zeit des Massakers 1988 war Hernando Navas der Nachrichtenoffizier der XIV. Brigade, die für den Nordosten Antioquias zuständig ist. Nach der Aussage des Paramilitärs war Hernando Navas einer der Offiziere der Sicherheitskräfte, die auf die Ausführung des Massakers drängten. Baquero sagte weiters aus, daß sich paramilitärische Anführer zweimal mit Oberst Navas trafen und daß ihnen der damalige Kommandant des Bomboná-Bataillons, Oberstleutnant Alejandro Londoño Tamayo, folgendes gesagt hatte: Ihr steckt eure Nasen überallhin, bloß nicht nach Segovia. Was ist denn schlecht an Segovia? Da macht jeder was er will und die Guerrilla macht was sie will und ihr laßt ihnen das durchgehen. Gemäß Baquero war das Ziel des Massakers, daß Segovia weich" werden sollte (ablandar). In seiner Aussage macht Baquero auch auf die Zusammenarbeit mit der Polizei und der Frontino Gold Mines Co. aufmerksam.

Auf dem Armeestützpunkt traf ich den Polizeichef von Segovia, der sich einverstanden erklärte und der vorschlug, daß einige seiner Leute auf die Polizeistation feuern würden, damit er später sagen konnte, er wäre angegriffen worden und hätte seinen Posten nicht verlassen können. Danach traf ich mich mit dem Manager der Firma Gold Mines und er sagte mir, er wäre bereit, in irgendeiner Form mitzuwirken."

Obwohl es starke Hinweise darauf gibt, daß Angehörige der Sicherheitskräfte direkt an den Morden vom 11.November mitgewirkt hatten, ist bis heute kein einziges Mitglied der staatlichen Sicherheitsapparate aufgrund von strafrechtlichen oder disziplinären Unter-suchungen für verantwortlich erklärt worden.

Die Straflosigkeit, welche die Mörder von 1988 schützt, hat zugleich die Zivilbevölkerung von Segovia und benachbarter Städte, darunter Remedios, fortgesetzten Menschenrechts-verletzungen durch die Sicherheitskräfte und ihre paramilitärischen Verbündeten ausgesetzt. Jahrelang haben Menschenrechtsaktivisten dafür gekämpft, daß die Straflosigkeit, die die Verantwortlichen für die Morde von 1988 schützt, beendet wird. Eine wichtige Initiative des Segovia-Menschenrechtskomitees (Comité de Derechos Humanos de Segovia) war diesbezüglich die Veranstaltung eines nationalen Protestmarsches nach Segovia, um die siebente Wiederkehr des Massakers vom November 1988 zu begehen. Indem sie Maßnahmen zur Bekämpfung der Straflosigkeit forderten, bezweckten die Teilnehmer, weitere Menschenrechtsverletzungen zu verhindern.

Webmaster: Kuno Sandholzer
für den Inhalt verantwortlich: Stefan Khittel
Letztes Update: 23. Februar 1997


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