Die Ungewißheit wuchs, ob es auch nach 1999, wenn Macau wieder unter
chinesische Verwaltung gestellt wird, einen effektiven Menschenrechtsschutz
geben wird.
Das 1993 vom Nationalen Volkskongreß Chinas verabschiedete Grundgesetz (Basic Law) für die Sonderverwaltungsregion Macau (Macao Special Administrative Region), das am 20.Dezember 1999, wenn Macau wieder unter chinesische Verwaltung gestellt wird, in Kraft treten und den verfassungsmäßigen Rahmen für Macau bilden soll, läßt Teile des grundlegenden Schutzes der Menschenrechte vermissen (siehe Jahresbericht 1995). Im März erklärte die Gemeinsame Chinesisch-Portugiesische Verbindungsgruppe (Sino-Portuguese Joint Liaison Group), die sich mit den Bedingungen befaßt, unter denen Macau in chinesische Verwaltung übergehen soll, sie habe sich auf Grundsätze für die Anwendung der sowohl von Portugal als auch von China ratifizierten internationalen Menschenrechtsdokumente in Macau geeinigt. Zu diesen Dokumenten gehören das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen
Folter und andere grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung oder Strafe, das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau sowie das Übereinkommen über die Rechte des Kindes. Ungeklärt blieb jedoch, wie einige der Diskrepanzen in der Art gelöst werden können, wie Portugal und China die Zuständigkeit des Ausschusses gegen Folter der Vereinten Nationen anerkannt haben. Insbesondere hat Portugal eine Erklärung abgegeben, derzufolge es portugiesischen Bürgern erlaubt ist, sich direkt mit einer Beschwerde an den Ausschuß zu wenden, falls sie ihre Rechte nach dem Übereinkommen gegen Folter als verletzt betrachten, wohingegen China seinen Bürgern dieses Recht nicht zugesteht. Die Gemeinsame Chinesisch-Portugiesische Verbindungsgruppe kam zu keiner Übereinstimmung darüber, wie künftig Berichte über die Umsetzung des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) der UN-Menschenrechtskommission vorgelegt werden sollen. Der IPBPR hat in Macau seit dem Beitritt Portugals zum Pakt Gültigkeit, die auch nach 1999 weiterbestehen soll. China hingegen ist kein Vertragsstaat des IPBPR.
Nach Paragraph 39 des neuen Strafgesetzbuchs, das im Januar in Kraft trat, war die Todesstrafe, lebenslange Haft und Haft auf unbestimmte Zeit untersagt. Das Verbot der Todesstrafe verankerte eine langjährige Praxis im Gesetz. In Macau wurde seit mehr als einem Jahrhundert kein Todesurteil mehr vollstreckt. Die Gemeinsame Chinesisch-Portugiesische Verbindungsgruppe, die den Gesetzestext vor dessen Verabschiedung geprüft hatte, gab öffentlich ihre Zustimmung bekannt und deutete an, daß die Todesstrafe auch nach 1999 nicht wieder eingeführt werden solle. China gab diesbezüglich allerdings keine formalen Garantien ab.
Es herrschte weiterhin Unsicherheit über die Rechte von Bürgern Macaus, die in China gesucht werden, weil sie dort Straftaten begangen hatten, die die Todesstrafe nach sich ziehen könnten. Allerdings konnten bis Ende des Berichtszeitraums die Berichte nicht bestätigt werden, denen zufolge Bürger Macaus, die verdächtigt wurden, Verbrechen begangen zu haben, die nach chinesischem Recht mit dem Tode bestraft werden können, ohne ein formelles Gerichtsverfahren an chinesische Beamte mit Polizeibefugnissen übergeben worden waren.
Im Dezember traf eine Delegation amnesty internationals den Präsidenten Portugals und forderte die portugiesische Regierung auf, weitere Zusicherungen einzuholen, daß die Todesstrafe nach 1999 in Macau nicht wiedereingeführt wird, und sich mit den chinesischen Behörden auf ein Verfahren bezüglich der Berichte an die relevanten UN-Gremien über die Umsetzung des IPBPR nach 1999 zu verständigen. amnesty international forderte die portugiesischen Behörden überdies dringend auf sicherzustellen, daß Bürger Macaus nicht der chinesischen Gerichtsbarkeit überstellt werden, wenn sie einer Straftat beschuldigt werden, die in China mit dem Tode bestraft werden kann.
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 28. August 1997 |