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amnesty international                                   PRESSEMITTEILUNG
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SPERRFRIST: Samstag, 1 1. November 1995, 00.01 MEZ

Kohl soll auf Asienreise die Menschenrechte ansprechen
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Keine Besserung der Menschenrechtslage in China / Bei Besuch einer
Infanteriedivision soll Kohl auf MittΣterschaft des chinesischen MilitΣrs
an Menschenrechtsverletzungen hinweisen / In Kohls GepΣck befinden sich
auch ai-Anliegen zu Vietnam und Singapur

Bonn, den 11.  November 1995. - AnlΣ▀lich des bevorstehenden Besuchs von
Bundeskanzler Helmut Kohl in der Volksrepublik China hat die deutsche
Sektion der Menschenrechtsorganisation amnesty international auf die
dramatisch schlechte Menschenrechtssituation in diesem Land hingewiesen.
In den zwei Jahren seit dem letzten Besuch des Bundeskanzlers in China hat
sich die Menschenrechtssituation nach Ansicht von ai nicht verbessert.  Im
Gegenteil hat die Repression gegen politische Dissidenten seit Anfang 1994
sogar zugenommen.  Nach wie vor gibt es in China Tausende politische
Gefangene, Haftstrafen nach unfairen Gerichtsverfahren, weitverbreitete
Folter, eine erschreckend hohe Zahl an Todesurteilen und Hinrichtungen,
Repression in Tibet, die EinschrΣnkung der Religionsfreiheit und die
Inhaftierung Tausender Menschen ohne Anklage und Verfahren in Arbeits- und
Umerziehungslagern.

amnesty international hat fⁿr den Besuch des Bundeskanzlers eine Liste von
politischen Gefangenen aktualisiert, mit der Helmut Kohl bereits 1993 nach
China gereist war.  Von den ursprⁿnglich 18 Gefangenen befinden sich heute
gerade einmal drei auf freiem Fu▀.  Die Organisation fordert den
Bundeskanzler deshalb auf, in seinen GesprΣchen die umfassenden
Menschenrechtsverletzungen in China deutlich zu kritisieren und die
Anerkennung der universellen Geltung der Menschenrechte einzufordern.  Ein
Bekenntnis zu 'universellen Menschenrechtsprinzipien' hat Bundeskanzler
Helmut Kohl nach einem Treffen mit StaatsprΣsident Jiang Zemin im Juli
dieses Jahres v÷llig entwertet durch die verheerende Aussage, da▀ es
'angesichts eines unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungsstandes
und verschiedener kultureller Traditionen noch Unterschiede bei der
Ausgestaltung und beim VerstΣndnis der Menschenrechte' gebe.

AnlΣ▀lich des Besuches des Bundeskanzlers bei einer Infanteriedivision der
Volksbefreiungsarmee forderte der GeneralsekretΣr der deutschen Sektion
von ai, Volkmar Deile, den Bundeskanzler auf, die MittΣterschaft des
MilitΣrs bei der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 im
Zusammenhang seiner Chinareise ÷ffentlich zu benennen, die Rehabilitierung
der mindestens 1000 Todesopfer des Massakers zu fordern und sich fⁿr die
Freilassung der gewaltlosen politischen Gefangenen einzusetzen.  'Es ist
beschΣmend', so Volkmar Deile, 'da▀ die Entwicklung politischer,
wirtschaftlicher und militΣrischer Beziehungen seitens der Bundesregierung
von leisetreterischer und unwirksamer Menschenrechtsrhetorik begleitet
wird.  Dadurch ermuntert die Bundesregierung die chinesische Staats- und
Parteifⁿhrung, mit ihrer Politik der Menschenrechtsverletzungen
fortzufahren."

Auch zu den beiden anderen Stationen seiner Asienreise hat amnesty
international dem Bundeskanzler Menschenrechtsanliegen mit auf den Weg
gegeben.  So beklagt amnesty international in Vietnam unter anderem die
Inhaftierung von Regierungsgegnern sowie von Buddhisten und Christen, die
ausschlie▀lich wegen ihrer Religionsausⁿbung ins GefΣngnis mu▀ten.

Weitere amnesty-Forderungen an die Regierung in Hanoi sind die Schaffung
fairer Gerichtsverfahren, die Anpassung der Rechtsprechung an
internationale Standards sowie die Abschaffung der Todesstrafe.

▄ber die hohe Zahl von Todesurteilen und Hinrichtungen ist amnesty
international auch in Singapur, der dritten Station der Kohl-Reise,
besorgt.  Obwohl viele Exekutionen nicht bekanntgegeben werden, hat
amnesty allein in diesem Jahr bereits von 39 Hinrichtungen erfahren - die
tatsΣchliche Zahl dⁿrfte allerdings wesentlich h÷her sein. ai fordert den
Bundeskanzler auf, wΣhrend seines Aufenthaltes in Singapur von seinen
Gastgebern die Abschaffung von Todes- und Prⁿgelstrafe zu fordern, da
beide Bestrafungsformen gegen internationale Menschenrechtspakte
versto▀en.


Wenn Sie Nachfragen oder Interviewwⁿnsche haben, wenden Sie sich bitte an:



amnesty international       Telefon:  0228 - 983 73-36
- Pressestelle -            Telefax:  0228 - 63 00 36
53108 Bonn                  E-Mail:   press-de@amnesty.cl.sub.de


Am Wochenende 1 1./1 2. November erreichen Sie uns ⁿber Tel.: 01 71 - 3 15 79 97 (Mobiltelefon)


Als Hintergrundmaterial liegt fⁿr Sie ab sofort bereit:

O Kurzzusammenfassung der ai-Anliegen zu China

O Kurzzusammenfassung der ai-Anliegen zu Vietnam

O Kurzzusammenfassung der ai-Anliegen zu Singapur

O Aktualisierte Liste von gewaltlosen politischen Gefangenen in China

O Schilderung von einzelnen Menschenrechtsverletzungen in Vietnam

(Alle diese Papiere hat ai Bundeskanzler Helmut Kohl auf seine Asien-Reise mitgegeben)