Während des Berichtsjahres wurden zahlreiche politische Gefangene ohne
Anklage oder Gerichtsverfahren in Gewahrsam genommen. Mehr als 100 in den
Vorjahren festgenommene politische Gefangene saßen auch weiterhin ohne
Anklage oder Gerichtsverfahren in der Haft ein. Zahlreiche seit 1991 in
Gewahrsam befindliche Personen wurden nach unfairen und unter Ausschluß der Öffentlichkeit abgehaltenen Gerichtsverfahren zu
Freiheitsstrafen verurteilt. Über das Schicksal und Verbleib mehrerer
Personen, die in den Jahren 1991 und 1992 >>verschwunden<< waren,
herrschte weiterhin Ungewißheit. Es muß befürchtet werden,
daß einige von ihnen extralegal hingerichtet worden sind.
Die Regierung von Staatspräsident Issayas Afawerki sah sich auch weiterhin mit bewaffneten Aktivitäten der vom benachbarten Sudan aus operierenden eritreischen Oppositionsgruppe Islamic Jihad konfrontiert. Darüber hinaus kam es zwischen Eritrea und dem Jemen zu einem bewaffneten Konflikt um die Hanish-Inseln im Roten Meer, bei dem sich Frankreich um Vermittlung bemühte.
In Eritrea bestand weiterhin Wehrpflicht. Es existierte keinerlei Möglichkeit, den Wehrdienst aus Gewissensgründen zu verweigern (siehe Jahresbericht 1996). Eine Direktive der Regierung, der zufolge Angehörige der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas kein Recht auf Staatsbürgerschaft besitzen, blieb gleichfalls in Kraft (siehe Jahresbericht 1996).
Es gab keine unabhängige Presse. Ein im Juni erlassenes neues Pressegesetz proklamierte zwar die Pressefreiheit, beinhaltete gleichzeitig jedoch Strafen - darunter auch Freiheitsstrafen - für Handlungen, die unter Umständen lediglich in der legitimen Wahrnehmung des Rechts auf freie Meinungsäußerung bestanden haben.
Oppositionsgruppen blieben verboten. Die Volksfront für Demokratie und Gerechtigkeit (People's Front for Democracy and Justice - PFDJ), ehemals Eritreische Volksbefreiungsfront (Eritrean People's Liberation Front - EPLF), war weiterhin die einzige zugelassene politische Partei. Der erste Entwurf einer neuen Verfassung für Eritrea, der Beschränkungen des Rechts auf Bildung politischer Parteien vorsah, wurde von dem überwiegend aus Mitgliedern der PFDJ bestehenden Parlament gebilligt.
Eritrea war einer der beiden afrikanischen Staaten, die die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker noch nicht ratifiziert hatten.
Während des Berichtsjahres traten Informationen zutage, denen zufolge mehrere Angehörige der Volksgruppe der Jaberti, die rund zwei Jahre ohne Anklage oder Gerichtsverfahren inhaftiert gewesen waren (siehe frühere Jahresberichte), Anfang 1996 freigelassen worden sind.
Im Berichtszeitraum wurden zahlreiche weitere politische Gefangene verhaftet und ebenfalls ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in Gewahrsam gehalten. So erhielt amnesty international über die Festnahme mutmaßlicher Regierungsgegner Kenntnis, die der eritreischen Oppositionsgruppe Islamic Jihad oder verschiedenen anderen Gruppierungen der Eritreischen Befreiungsfront (Eritrean Liberation Front - ELF) angehörten. Darüber hinaus wurden mehrere sudanesische Staatsbürger unter dem Verdacht festgenommen, Informationen über eine von Eritrea aus operierende sudanesische Oppositionsgruppe an die sudanesische Regierung weitergegeben zu haben. Mehr als 100 politische Gefangene, unter ihnen möglicherweise gewaltlose politische Gefangene, von denen einige bereits 1991 nach der Machtübernahme durch die EPLF verhaftet worden waren, befanden sich vermutlich nach wie vor ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in behördlichem Gewahrsam. Viele von ihnen waren von der Außenwelt abgeschnitten inhaftiert.
Anfang 1996 wurden zahlreiche seit 1991 inhaftierte Eritreer, die ehemals den äthiopischen Sicherheitskräften oder der äthiopischen Zivilverwaltung in Eritrea angehört hatten, von Militärgerichten in geheimen Prozessen abgeurteilt. Die Anklageschriften wurden zwar nicht veröffentlicht, hatten jedoch möglicherweise Verstöße gegen die Menschenrechte zum Gegenstand. Die Betroffenen haben kein faires Gerichtsverfahren erhalten. So blieben ihnen die Rechte auf juristischen Beistand und auf Berufung vor einem höheren Gericht verwehrt. Viele der Angeklagten wurden zu langen Freiheitsstrafen verurteilt.
Die Behörden bestritten weiterhin, daß sich mindestens zwölf Menschen, die 1991 und 1992 aus Äthiopien und Sudan entführt worden waren, in ihrem Gewahrsam befanden, was die Befürchtung verstärkte, daß einige von ihnen extralegal hingerichtet worden sein könnten.
amnesty international forderte die Regierung auf, sämtliche politischen Gefangenen entweder in fairer Weise vor Gericht zu stellen oder aber freizulassen. Ferner äußerte sich die Organisation besorgt über die geheimen Prozesse gegen die ehemaligen Angehörigen der äthiopischen Administration, erhielt jedoch auf ihr Schreiben keinerlei Reaktion.amnesty international drängte die Regierung, allen Häftlingen die Möglichkeit einzuräumen, Kontakt zu ihren Familien und ihren Rechtsbeiständen aufzunehmen. Des weiteren forderte sie eine vollständige und unparteiische Untersuchung aller Fälle, in denen Häftlinge im Gewahrsam >>verschwunden<< waren.
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 28. August 1997 |