Berichten zufolge wurden vermeintliche Regierungsgegner ohne Anklage oder Gerichtsverfahren inhaftiert. Zahlreiche in den vergangenen vier Jahren festgenommene politische Gefangene, unter ihnen auch gewaltlose politische Gefangene, saßen weiterhin ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in der Haft ein. Über Schicksal und Verbleib mehrerer Menschen, die in den Jah-ren 1991 und 1992 »verschwunden« waren, herrschte bei Jahresende noch immer Ungewißheit.
Die Regierung von Staatspräsident Issayas Afewerki, dem Vorsitzenden der Volksfront für Demokratie und Gerechtigkeit, der einzigen zugelassenen politischen Partei, sah sich im Westen von Eritrea auch weiterhin mit bewaffneten Aktivitäten der vom benachbarten Sudan aus operierenden eritreischen Oppositionsgruppe Islamic Jihad konfrontiert. Im Oktober änderte die Regierung 1994 erlassene Wehrdienstvorschriften und beschloß eine für alle Männer und Frauen zwischen 18 und 50 Jahren zwingend vorgeschriebene sechsmonatige militärische Grundausbildung mit weiteren 18 Monaten Wehrdienst und der Teilnahme an militärischen Reserveübungen. Die Möglichkeit, den Wehrdienst aus Gewissensgründen zu verweigern, sah sie nicht vor. Im März bestätigte die Regierung ihre Direktive vom Oktober 1994, der zufolge Angehörige der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas kein Recht auf Staatsbürgerschaft besitzen, weil die Sekte »den Staat und seine Gesetze nicht anerkennt«. Im Juli erließ die Regierung ein Gesetz, das die freie Religionsausübung garantiert, religiösen Vereinigungen gleichwohl verbietet, politisch tätig zu werden. Eine im Vorjahr ernannte Verfassungskommission setzte ihre Arbeiten an einem neuen Verfassungsentwurf fort, der 1997 in Kraft treten soll.
Es erwies sich weiterhin als schwierig, Informationen über die Inhaftierung von Regierungsgegnern zu recherchieren oder den Wahrheitsgehalt von Hinweisen und Informationen zu überprüfen. Berichten zufolge wurden im Westen von Eritrea mehrere Personen wegen angeblicher Zugehörigkeit zu der eritreischen Oppositionsgruppe Islamic Jihad festgenommen. In der Region Danakil im Südosten des Landes kam es allem Anschein nach zur Inhaftierung von Wehrdienstverweigerern.
Zahlreiche seit 1991 festgenommene politische Gefangene saßen auch während des Berichtsjahres noch immer ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in der Haft ein. Dazu gehörten Abdusalam Mohamed Habib sowie drei weitere Angehörige der Volksgruppe der Jaberti, die 1994 in Gewahrsam genommen worden waren und bei denen es sich um gewaltlose politische Gefangene handelte.
Im Mai verkündeten die Behörden die Freilassung von 90 Gefangenen, die wegen angeblicher Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen unter der früheren äthiopischen Regierung seit 1991 ohne Anklage oder Gerichtsverfahren inhaftiert gewesen waren. Ebenfalls freigelassen wurde ein Großteil der im Zusammenhang mit einer Meuterei der Armee seit Mai 1993 ohne Prozeß in Gewahrsam gehaltenen Soldaten, so daß nur noch wenige von ihnen in der Haft verblieben. Die Behörden ließen jegliche Maßnahmen vermissen, um die zahlreichen anderen, zumeist seit 1991 festgehaltenen politischen Gefangenen vor Gericht zu stellen. Zu ihnen gehörten ehemalige Angehörige der äthiopischen Sicherheitskräfte und der Zivilverwaltung in Eritrea sowie Mitglieder der Befreiungsfront von Eritrea - Revolutionsrat (Eritrean Liberation Front-Revolutionary Council - ELF-RC), die bis 1991 sowohl gegen die frühere äthiopische Regierung als auch gegen die seit 1991 amtierende eritreische Administration, seinerzeit unter dem Namen Volksbefreiungs-front von Eritrea bekannt, gekämpft hatten.
Die Regierung wies jede Verantwortung für das Schicksal und den Verbleib von mindestens zwölf Menschen zurück, die Berichten zufolge 1991 und 1992 dem »Verschwindenlassen« zum Opfer gefallen waren (siehe Jahresbericht 1995).
amnesty international appellierte an die Regierung, die vier Angehörigen der Volksgruppe der Jaberti sowie alle anderen gewaltlosen politischen Gefangenen freizulassen und sämtliche politischen Gefangenen entweder in fairer Weise vor Gericht zu stellen oder auch sie freizulassen. Die Organisation drängte die Regierung ferner, Informationen über alle politischen Gefangenen zur Verfügung zu stellen und den Betreffenden die Möglichkeit einzuräumen, Kontakt zu ihren Familien aufzunehmen. Des weiteren forderte sie eine vollständige und unparteiische Untersuchung aller Fälle, in denen Häftlinge im Gewahrsam »verschwunden« waren.
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 11. September 1997 |