amnesty international - Pressemitteilung
Z u r s o f o r t i g e n V e r ö f f e n t l i c h u n g f r e i !
Trotz chinesischer Proteste gegen Demonstranten angeblich keine polizeiliche Einflußnahme / Prozeß "ai gegen Kreisbehörde Bergheim" eingestellt
Köln/Bonn, 14. August 1997 - Im Verfahren "amnesty international gegen Kreisbehörde Bergheim" in Sachen Einschränkung des Demonstrationsrechts hat die Kreisbehörde Bergheim erstmals eingeräumt, daß es anläßlich des Besuchs des chinesischen Staatspräsidenten Jiang Zemin im Juli 1995 "eine Verbalnote der chinesischen Botschaft an das Auswärtige Amt" in bezug auf den Umgang mit Demonstranten gegeben hat. In der Klageschrift hatte ai mehrfach darauf hingewiesen, daß sich hinter der Behinderung der genehmigten und friedlichen Mahnwache in Brühl eine politische Taktik verbarg, die auch in anderen deutschen Städten, beispielsweise in München, angewandt wurde, um dem chinesischen Staatsgast den Anblick protestierender Menschenrechtler zu ersparen. Zuvor hatte die chinesische Staatsführung deutlich gemacht, daß sie jegliche Kritik an ihrer Politik als Beleidigung des chinesischen Volkes betrachten würde.
Ferner "bedauert" der Landkreis Bergheim in der prozeßrechtlichen Erklärung, daß es bei der Mahnwache "zu einer Unterbrechung des Sichtkontaktes der Demonstranten zur Wagenkolonne des Staatspräsidenten gekommen ist." Erst hatten die Behörden ai für die Mahnwache einen Platz zugewiesen, an dem Jiang Zemin die Demonstranten kaum hätte sehen können. Dann fuhr die Polizei auch noch mehrere große Einsatzfahrzeuge unmittelbar vor die Mahnwache, um dem Staatsgast den Anblick zu ersparen. Auf ähnliche Weise wurde auch in München das Demonstrationsrecht eingeschränkt - dort wurde zur akustischen Übertönung des Protests sogar noch eine Blaskapelle eingesetzt. Für das damalige polizeiliche Einschreiten hätten allerdings keinerlei Weisungen höherer Behörden vorgelegen, so die Kreisbehörde Brühl. Auch die Verbalnote der chinesischen Botschaft an das Auswärtige Amt habe für das Einschreiten gegen die Demonstranten keine Rolle gespielt.
Für den Wahrheitsgehalt dieser Erklärung, die zur Einstellung des Verfahrens führte, könne nur die Kreisbehörde Bergheim bürgen, betonte der Rechtsvertreter von ai. "Ein Klageverfahren wäre eindeutig eher in unserem Sinne gewesen, allerdings hat uns das Gericht deutlich gemacht, daß ein Klage ohnehin abgelehnt würde." In der Klageschrift hatte er betont, daß es sich bei der Mahnwache um eine genehmigte und friedliche öffentliche Versammlung handelte, der es erkennbar um eine politische Auseinandersetzung mit den Vorkommnissen in China ging. Eine Einschränkung des Versammlungsrechts dürfe aber nur zum Schutz gleichgewichtiger anderer Interessen erfolgen und müsse verhältnismäßig sein: "Die Abwehr öffentlicher Kritik oder staatlicher Opportunismus stellen keine schützenswerten Rechtsgüter dar." Friedliche Demonstrationen sind ein Kernstück der Menschenrechtsarbeit von amnesty international. Ihre Wirkung wird aber durch Behinderungsstrategien wie in Brühl ad absurdum geführt.
Ein ähnlicher Prozeß ist noch vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht München anhängig.
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Letzte Aktualisierung dieser Seite: 27. August 1997 |