Afrika:
Anhaltende Menschenrechtsverletzungen waren der Grund dafür, daß vor allem im Gebiet der Großen Seen Hunderttausende Menschen ihre Heimat auf der Suche nach Sicherheit vor Massenmorden, Folter, politischen Unruhen und gewalttätigen Konflikten verlassen mußten. In Ruanda befanden sich über 100.000 Menschen unter katastrophalen Bedingungen in Haft. Gegen die meisten von ihnen ist bislang keine Anklage erhoben worden.
Die Militärregierung von Nigeria blieb trotz der starken internationalen Kritik bei ihrer Praxis, Oppositionelle und Menschenrechtler zu foltern und unter teilweise lebensbedrohenden Bedingungen zu inhaftieren. Im Bürgerkrieg im Sudan haben Regierungstruppen Hunderte Zivilisten getötet und Dutzende Kinder entführt.
Bei politischen Unruhen in KwaZulu Natal
in Südafrika starben im April 1996 mindestens 500
Menschen. Ein positives Zeichen ist dagegen, daß die Kommission
für Wahrheit und Versöhnung ihre öffentlichen Hearings
zur Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen unter dem Apartheid-Regime
aufnahm.
Nord- und Lateinamerika:
Verschiedene Spielarten der Straffreiheit beherrschten das Bild in der Region. Während sich die Regierungen die Sprache der Menschenrechte fast durchweg zu eigen gemacht haben, halten die Menschenrechtsverletzungen weiter an. Gleichzeitig wurden Menschenrechtler in vielen Staaten eingeschüchtert, bedroht und angegriffen. So sind unter den über 1000 Zivilisten, die von Sicherheitskräften und paramilitärischen Gruppen in Kolumbien getötet worden sind, auch zahlreiche Menschenrechtler. In den Städten ermordeten Todesschwadronen Angehörige sozialer Randgruppen, die sie als "menschlichen Müll" bezeichneten.
Mit Besorgnis registrierte amnesty international
die Anwendung der Todesstrafe in den USA. 1996 wurden dort
45 Menschen hingerichtet, 3200 waren zum Tode verurteilt.
Asien/Pazifik:
Hinter dem Image der dynamischen Wirtschaftsregion verbergen sich Folter, Mißhandlungen und Hinrichtungen von seiten vieler Regierungen. In China waren unverändert Tausende politische Gefangene - darunter zahlreiche gewaltlose politische Gefangene - in Haft. In den autonomen Provinzen Xinjang und Tibet reagierte die Regierung auf Appelle für religiöse und politische Freiheiten mit brutaler Unterdrückung.
Für die Menschenrechte in Myanmar war das vergangene Jahr das Schlimmste seit 1990. Mehr als 2.000 Menschen wurden wegen ihres Eintretens für politische Reformen verhaftet und in einigen Fällen zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt.
Mit der Machtausweitung der Taleban wurden Frauen und Mädchen in Afghanistan in ihrer Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt. Viele Frauen wurden mit Ketten verprügelt, weil sie nicht die burqua trugen oder sich außerhalb ihrer Wohnungen aufhielten. Andere wurden von ihrem Arbeitsplatz oder aus Schulen vertrieben.
Gefangene in Japan lebten weiterhin unter
Haftbedingungen, die in vielen Fällen grausam, unmenschlich
und erniedrigend waren.
Europa:
Auch 1996 erhielt ai Berichte über Folter, Mißhandlungen und Polizeibrutalität, die sich vor allem gegen ethnische Minderheiten richteten. In vielen Staaten der Region erhielten Flüchtlinge und Asylsuchende keinen angemessenen Schutz vor Verfolgung.
Aus der Russischen Föderation wurden zahlreiche Fälle von Folter und Mißhandlungen bekannt, denen vor allem Angehörige ethnischer Minderheiten ausgesetzt waren. Untersuchungshäftlinge lebten unter unzumutbaren Haftbedingungen, die mehrmals zu Todesfällen führten.
In der Türkei zählten Folterungen durch Polizei und Gendarmerie weiterhin zum Alltag: Mindestens 25 Menschen überlebten die Folter in Polizeigewahrsam nicht. In einer Reihe von Todesfällen in den vorwiegend kurdischen Provinzen im Südosten der Türkei ließen die Umstände auf willkürliche Hinrichtungen schließen. Bewaffnete Oppositionsgruppen sind für mehr als 40 Fälle von politischen Morden verantwortlich.
Neue Fälle von Mißhandlungen an Ausländern
durch Polizisten wurden aus Deutschland bekannt. Eine Studie
im Auftrag der deutschen Innenministerkonferenz dokumentierte,
daß Übergriffe an ausländischen Staatsangehörigen
durch deutsche Polizisten "nicht nur Einzelfälle"
seien.
Mittlerer und Naher Osten:
Willkürhaft, unfaire Gerichtsverfahren, Folter und Hinrichtungen bestimmten die Menschenrechtslage in der Region. Gleichzeitig setzten bewaffnete Oppositionsgruppen ihre Angriffe auf die Zivilbevölkerung fort.
In Algerien wurden Hunderte Menschen von Regierungstruppen und regierungsnahen Milizen willkürlich hingerichtet. Viele von ihnen wurden in ihren Wohnungen vor den Augen ihrer Familien getötet. Zivilisten wurden nach Verschleppungen ermordet oder fielen gezielten Attacken oder Bombenattentaten von bewaffneten Oppositionsgruppen, die sich selbst als "Islamische Gruppen" bezeichnen, zum Opfer. In Israel und den besetzten Gebieten wurden Palästinenser systematisch und mit offizieller Billigung gefoltert und mißhandelt. In der palästinensischen Autonomieregion starben mindestens drei Menschen in Haft an den Folgen von Folterungen, mindestens 18 Menschen erhielten unfaire Gerichtsverfahren.
Im Iran wurden Prügelstrafen und Amputationen
als Strafmaße verhängt, mindestens 110 Menschen wurden
hingerichtet. In Saudi-Arabien wurden mindestens 27 Personen,
unter ihnen zwei junge Studenten, mit 120 bis 200 Peitschenhieben
bestraft.
© amnesty international 1997 | Letzte Aktualisierung dieser Seite: 22. Juni 1997 |