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amnesty international: Jahresbericht 1997

Äquatorialguinea (Republik)

Berichtszeitraum: 1. Januar 1996 - 31. Dezember 1996

Während des Berichtsjahres wurden zahlreiche vermeintliche Regierungsgegner ohne Anklage oder Gerichtsverfahren vorübergehend in Gewahrsam genommen. Bei mindestens 150 der Häftlinge handelte es sich um gewaltlose politische Gefangene. Viele von ihnen erlitten in der Haft Folterungen und Mißhandlungen.

Die im Februar abgehaltenen Wahlen, bei denen keine geheime Stimmabgabe möglich war, brachten Präsident Teodoro Obiang Nguema an die Macht zurück. Politische Gegner der Regierung sahen sich zahlreichen Einschränkungen, Behinderungen und Einschüchterungsversuchen unterworfen. Anhänger der Gemeinsamen Plattform der Opposition (Plataforma de Oposición Conjunta - POC) boykottierten die Wahlen, nachdem die Regierung die POC aufgelöst und die Aufstellung ihres Präsidentschaftskandidaten, Amancio Gabriel Nse, verboten hatte.

Im April befaßte sich die UN-Menschenrechtskommission mit dem Bericht des UN-Sonderberichterstatters für Äquatorialguinea, der das Land 1995 besucht hatte (siehe Jahresbericht 1996). Die Kommission forderte die Regierung auf, willkürlichen Inhaftierungen und Folterungen ein Ende zu setzen. Der Sonderberichterstatter, dessen Mandat um ein weiteres Jahr verlängert wurde, besuchte im Dezember erneut Äquatorialguinea. Sein entsprechender Bericht wird für 1997 erwartet.

Während des Jahres wurden mindestens 150 gewaltlose politische Gefangene wegen ihrer Überzeugung oder ihrer friedlichen politischen Aktivitäten für kurze Zeit ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in Gewahrsam genommen. Die meisten von ihnen erlitten in der Haft Folterungen oder Mißhandlungen. Außerdem wurde ihnen eine medizinische Behandlung der ihnen zugefügten Verletzungen verweigert. Allein mindestens 60 Personen nahmen die Behörden im Vorfeld der Wahlen fest. Dazu gehörte auch Genoveva Nchama, die Leiterin der Informationsstelle der Volksunion (Unión Popular), die im Januar verhaftet wurde, weil sie Unregelmäßigkeiten bei der Wählerregistrierung angeprangert hatte. Beispielsweise hatte sie kritisiert, daß in Gegenden mit starkem Einfluß der Opposition die Namen bestimmter Personen nicht in die Wählerlisten aufgenommen worden waren. Berichten zufolge mußte sich Genoveva Nchama die Zelle mit zehn Männern teilen und wurde in der Haft mit Schlägen mißhandelt. Im Februar wurde Vitorino Bolekia, der erste demokratisch gewählte Bürgermeister der Hauptstadt Malabo und Mitglied der Demokratischen Allianz des Fortschritts (Alianza Democrática Progresista), festgenommen. Das gleiche Schicksal traf Santiago Obama, Vorsitzender der oppositionellen Bewegung für Sozialdemokratie (Convergenciapara la Democracia Social - CPDS), sowie Celestino Bakale, den für Außenbeziehungen zuständigen Funktionär der CPDS. Beide wurden gemeinsam mit zwei Stadtverordneten festgenommen. Alle fünf Männer wurden in der Haft mit Elektrokabeln schwer auf Körper und Fußsohlen geschlagen.

Ende Januar nahmen die Behörden in Mbini, einer Stadt der Festlandprovinz Rio Muni, den römisch-katholischen Priester José Luis Engono fest und setzten ihn Mißhandlungen aus. Etwa zur gleichen Zeit wurden in Bata, der Hauptstadt der Provinz Rio Muni, drei katholische Priesterschüler sowie ein Katechist für kurze Zeit inhaftiert. Mindestens einer der Häftlinge, der Priesterschüler José Carlos Esono, erlitt im Gewahrsam Folterungen. Allem Anschein nach verdächtigten die Behörden die Männer der Beteiligung an oppositionellen politischen Aktivitäten.

Zu den Opfern der Verhaftungen zählten vielfach auch Mitglieder der CPDS. Im März wurden Amancio Gabriel Nse und Pedro Ndong Mbale bei einer Straßensperre außerhalb von Niefang in der Provinz Rio Muni festgenommen. Sie trugen einen Brief von Celestino Bacale bei sich, der die Parteistrategie der CPDS zum Inhalt hatte. Die beiden Männer wurden auf eine Polizeiwache nach Bata, der Hauptstadt der Provinz Rio Muni, gebracht. Dort ließ man Pedro Ndong Mbale ohne Anklageerhebung wenig später frei, während Amancio Gabriel Nse mehrere Tage inhaftiert blieb und in dieser Zeit gefoltert wurde.

Im April kam es zur erneuten Festnahme von Celestino Bacale. Die Polizei hielt ihn mehrere Tage lang in Malabo im Gewahrsam und verhörte ihn über den Inhalt des zuvor bei Pedro Ndong Mbale und Amancio Gabriel Nse gefundenen Schreibens. Anschließend wurde er drei Tage lang auf einer Polizeiwache in Bata festgehalten, bevor er ohne Anklageerhebung wieder freikam. Im November wurde er fünf Tage lang inhaftiert und der Beleidigung von Präsident Obiang Nguema angeklagt. Er erhielt die Auflage, Malabo bis zur Eröffnung seines Verfahrens vor einem Militärgericht nicht zu verlassen. Bis Jahresende hatte der Prozeß indes noch nicht begonnen.

Anfang Mai wurde Benita Nchama in Acurenam in der Provinz Rio Muni festgenommen und sechs Wochen lang in Bata im Gewahrsam gehalten, weil sie die Zeitung La Verdad (Die Wahrheit), eine Veröffentlichung der CPDS, in ihrem Besitz gehabt hatte. Sie kam anschließend wieder frei, ohne daß Anklage gegen sie erhoben wurde.

Ebenfalls im Mai wurde in Nkimi, in der Provinz Rio Muni, Francisca Nzang Ebasi zusammen mit ihrem zehn Tage alten Baby mehrere Tage lang inhaftiert, nachdem ihr Ehemann Alberto Ngomo Mfumu, der erste demokratisch gewählte Bürgermeister von Nkimi und Mitglied der Fortschrittspartei (Partido del Progreso - PP), sich bei der Zentralregierung in Malabo über die Einmischung in die Ratsangelegenheiten durch den örtlichen Regierungsvertreter beschwert hatte. Alberto Ngomo Mfumu selbst war zu Jahresbeginn mindestens zweimal vorübergehend inhaftiert worden.

Auch Norberto Esono, ein PP-Mitglied und Stadtverordneter in Niefang, wurde im Mai zwölf Tage lang auf der Polizeiwache von Niefang unter der Anschuldigung festgehalten, nicht genehmigte Treffen abgehalten zu haben. Während der Haft mußte er schwere Schläge auf Kopf und Körper über sich ergehen lassen, unter denen er ein gebrochenes Bein davontrug. Der Stellvertretende Vorsitzende der PP, Basilio Ava Eworo, wurde im September in Malabo ebenfalls mehrere Tage lang in Gewahrsam gehalten und der Abhaltung einer nicht genehmigten Zusammenkunft beschuldigt. Alle drei Männer kamen ohne Anklageerhebung wieder frei.

Im November wurden in Malabo nach einem unfairen Gerichtsverfahren elf Soldaten zu Freiheitsstrafen zwischen vier und 13Jahren verurteilt. Berichten zufolge waren sie beschuldigt worden, den Sturz der Regierung geplant zu haben. Ihr Prozeß fand vor einem Militärgericht statt, das im Schnellverfahren verhandelt, wodurch die Rechte der Verteidigung beträchtlich eingeschränkt sind. Gegen die Urteile eines Militärgerichts gibt es kein Recht auf Berufung. Über den Verlauf des Verfahrens gegen die Soldaten wurden kaum Einzelheiten bekannt.

amnesty international äußerte gegenüber der Regierung wiederholt ihre Besorgnis über die Inhaftierung und Folterung von politischen Gefangenen und forderte die sofortige Freilassung aller gewaltlosen politischen Gefangenen. Außerdem bemühte sich die Organisation um nähere Informationen über den im November abgehaltenen Prozeß gegen die elf Soldaten. Bis Ende des Jahres war von der Regierung keine Antwort erhältlich.

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 28. August 1997

© amnesty international


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