Tief in der Nacht, wenn Herrchen und Frauchen fest schlafen, die Computer vermeintlich ruhen, und die Telekom Gnade vor Recht ergehen läßt, dann ist ihre Stunde gekommen. Die Haustiere erobern das Netz. Wurden die computernden Vierbeiner in Akif Pirinccis Katzenkrimi "Felidae" noch schmunzelnd dem Menschen als Spiegelbild vor Augen geführt, so scheint diese Vision immer konkretere Formen anzunehmen. Im Internet kreucht und fleucht allerlei Getier und täglich kommen neue Arten hinzu.
Während die arglosen Herrchen und Frauchen sich tagsüber in unzähligen Newsgroups über Parasitenbefall, Verhaltensstörungen und Krebsgeschwüre ihrer Lieblinge austauschen oder die Vorteile von Pudeln und Spitzen gegenüber Boxern ausdiskutieren, organisieren sich die pets mittlerweile im Netz.
Unzählige Homepages, vornehmlich von Hunden und Katzen, zeugen von ihrer regen Aktivität und Aufgeschlossenheit gegenüber dem neuen Medium. Scooter zeigt artig verschiedene Kunststückchen, bellt, winselt und läßt sich mit Cyberkeksen belohnen. Doch die links beweisen, daß auch er, dieser anscheinend so harmlose Sonnyboy unter den Mischlingen, schon Kontakt zu anderen Vierbeinern im Netz aufgenommen hat. Zumal er e-mails senden kann und sich zu politischen Ereignissen wie der amerikanischen Präsidentenwahl im November äußert, wau.
Die Beweise, daß sich die Tiere unabhängig von uns Zweibeinern im Netz organisieren, erhärten sich ebenso durch ein spezielles Internet Einführungsprgamm für Katzen . Hier werden die Samtpfoten von Artgenossen in die virtuelle Welt eingewiesen, lernen surfen, e-mailen und erhalten jede Menge Adressen von anderen kitties, die sich ebenfalls schon im Netz tummeln.
Nichts scheint mehr vor ihnen sicher: Kennt die Katze die Kreditkartennummer ihres Menschen (und welcher Tierbesitzer hat diese jemals vor seinem felligen Mitbewohner verheimlicht?), so wird wohl bald ein Video von Pet AVision mit Fischen, Mäusen, Vögeln und allem, was der Mieze zum Entertainment gereicht, für spannende Fernsehunterhaltung sorgen, selbstverständlich nachdem der Mensch aus dem besonders kuscheligen Ohrensessel vertrieben worden ist.
Doch es genügt den tierischen Hausgenossen noch nicht, des nachts zu surfen und sich gegen die Menschen konspirativ zu verbünden, nein, sie haben erfolgreich damit begonnen, digitale Artgenossen in die Computernetze ihrer Futtergeber einzuschleusen. Diese Computerpets zeichnen sich durch einfache Haltung, Verspieltheit und vor allem absolute Stubenreinheit aus und sind dadurch sogar für Allergiker geeignet.
Doch ist es ausgeschlossen, daß man sich damit nicht den Spion der tierischen Konspirationen ins eigene Netz lädt? Ist der ach so lustig auf dem desktop tollende kleine Foxterrier nicht ein knallharter Cyberagent, der die menschlichen Daten an die eigene, analoge Art weitergibt?
Weniger Gefahr scheint von den wilden Tieren im virtuellen NetZoo auszugehen. Hier dümpeln in ziemlich öden Käfigen ein Fischotter, ein Kamel und ein Reptil. Fraglich, ob sie die ihnen verordneten Ketten sprengen und sich der interaktiven Revolution anschließen werden.
Auch diejenigen Tiere, die die Natur nicht mit Pfoten zur Bedienung einer Tastatur gesegnet hat, können nun Teil der Internetgemeinde werden. Dank des Einsatzes von Internetcams sind nun auch Ameisen, Meerschweinchen, Leguane, Piranhas und sogar Pflanzen in der Lage, im Cyberspace mitzumischen. Doch nicht nur das: Innerhalb des Netzes scheinen sich unsere Hausgenossen immer mehr ihre eigene virtuelle Welt zu schaffen. Neben allerhand Katalogen und Werbeseiten mit dem neusten Trends in Sachen Tiermode, können sich die Pelzlinge per e-mail in der homöopathischen Tiersprechstunde fachkundig medizinisch beraten lassen.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann konspirieren sie noch heute. Frei nach der Devise:"All animals are equal, but some are more equal", besonders diejenigen unter den Vierbeinern, die schon über eine eigene Homepage verfügen.