WEICHEIER

von A.GROBELNIK

An einem Freitag, genauer am 06.05.1960 gegen 11:00 AM wurde ich in einem Krankenhaus, genauer: im Marienhospital in Papenburg, geboren. Ich frage mich heute noch, warum ich in einem Krankenhaus geboren wurde. Ich war damals, im Gegensatz zu heute, kerngesund. Meine Eltern wollten es wohl so. Das Geschrei der anderen Blagen hat mich total genervt. Irgend so ein Balg, meistens war es ein Maedchen, hat immer geflennt.Und so Neugeborene haben ein echt nervliches Geflenne drauf. Ich hatte mir damals so gerne einen Walkmann mit prall gefuellten Akkus und schwerer Heavy-Musik gewuenscht, oder wenigstens Ohrenstoepsel. Aber niemand verstand, was ich wollte. Jedesmal, wenn ich was sagen wollte, hat mir so ne weissgekittelte son widerlich schmeckendes Gummiteil in den Mund gesteckt. Die haben sich alle so daemlich angestellt, ich mag gar nicht daran denken. Und immer dieses Begaffen.

Staendig kamen welche an, die mich sehen wollten. Fummelten dann mit den Pfoten vor meinem Gesicht rum. "Kuckuck, Kuckuck", oder "Och, ist der sueueueuess". Mann, was ging mir das auf den Sack. Und taghell war das da die ganze Zeit. Dass da mal einer das Licht ausmacht, ne, auf die Idee ist da keiner gekommen. Die hatten da wohl zuviel Schotter. Also, richtig auspennen konnte ich da nie. Na ja, was willste machen.

So richtig wehren konnte ich mich ja auch nicht. Die haben mich in son Ding gesteckt, was man fuer Erwachsene Zwangsjacke, besser Zwangsanzug nennt. Zu meiner Zeit hiess das Ding Strampelanzug. Passt auch besser, mehr als strampeln konnte man damit nicht. Total bewegungsunfaehig war man damit. Die hatten wohl Angst, dass man weglaeuft. Bei dem Laden auch nicht verwunderlich. Das muesst Ihr Euch mal vorstellen: Da haben die mir erst den Poeter mit ner Paste vollgeschmiert, darauf haben se Puder gestreut, dann kam son weisses Tuch, was die mir zwischen die Beine und um den Poeter gewickelt haben und anschliessend kam ne Unterhose aus Gummi.

Nicht nur, dass die Unterhose aus Gummi war, nein, damit das Ganze noch sadistischer wurde, waren die 3 Loecher (2 fuer die Beine, 1 fuer den Bauch) noch mit einem Gummiband verstaerkt. Mann, das war viel zu stramm fuer meine kraeftigen Oberschenkel. Aber das hat ja keinen gejuckt. Sagen durfte man ja nichts. Da kam ja gleich wieder das Gummiteil in den Schnuess. Irgendwie hatten die es tierisch mit dem Gummi. Die weissgekittelten haben mich auch immer mit Gummihandschuhen angefasst. Ich glaube, im Krankenhaus arbeiten nur Gummifetischisten. Alle paar Stunden habe se mich auf so ner Gummiunterlage gelegt und ne neue Gummibuchse samt Paste und Puder verpasst. Was das wohl fuer Puder war? Bestimmt Gummipuder, zermahlene..........., ach was weiss ich. Auch mein Essen lief durch so ein Gummiventil. Mann, das Loch darin war tierisch klein. Da musste man saugen wie eine Frau bei einem Eunuchen.

Eunuchen sind Typen mit Östrogenmangel. Die haben ne Stimme, dass man immer denkt, die haben zuviel Helium geschnueffelt. Hoeren sich an wie ein Weib. Na ja, wenigstens kam aus dem Gummiventil mit groesserer Anstrengung dann doch Essen raus. Aber was fuern Zeug. Mannoman, jeden Tag der gleiche Frass. Wie im Knast. Immer pulverisierte Milch, mit Wasser wieder fluessig gemacht (sonst waere ja gar nichts aus dem Gummiventil gekommen). Das Zeug war bestimmt saubillig. Ab und zu hat mich so ne Weissbekittelte nach Mama gebracht. Die lag in einem anderem Zimmer. Nein, kein Einzelzimmer. 6 Frauen lagen da.

Jedesmal wenn ich da kam, lagen die im Bett. Faules Pack. Wenn jetzt einer denkt, dass ich da mal etwas, nur etwas schlafen konnte: Pustekuchen. Die Weisskittel waren so clever, die haben die anderen Blagen auch in das Zimmer gebracht. Kae, kae kae. Irgend so ein Balg schrie da wieder rum. Oft waren da auch soviele Fremde, die unterhielten sich so laut..., mit ausschlafen war da nichts. Ich glaube, nach ein paar Tagen hatte ich schon blaue Schatten unter den Augen. Habe ich heute auch, wenn ich mal wieder ne Woche non Stop vorm Rechner gesessen habe und ausser Kaffee und Zigaretten keine weitere Nahrung zu mir genommen habe.

Nachdem ich dann 2 - 3 Stunden in dem voellig ueberfuellten Zimmer bei Mama verbringen musste, kam dann wieder ne Weisskittelige an und brachte mich und die anderen Schnoettis wieder in den sogenannten Babyraum. Wir bekamen alle wieder die obligatorische Gummipackung gewechselt und wurden dann zurueck ins Bett gebracht. Bett. Wenn ich daran denke. 60 x 40 cm, etwas groesser als ein Schuhkarton. Wahrscheinlich waren unter den anderen Babys welche mit Platzangst, darum schrien die auch non Stop. Ja, so wirds gewesen sein. Jetzt faellt es mir wie Schuppen aus den Haaren. Leute, die schon als Babys Angst vor irgendwas haben, kannste als Erwachsene vergessen. Weichlinge. Das sind solche, die spaeter Heimweh kriegen, wenn se mal laenger als einen Tag von zu Hause weg sind. Dann kriegen se die grosse Flatter.

Also ich war immer froh, wenn ich mal von zu Hause weg kam. Aber die Weicheier fangen gleich an zu heulen. Das man die dann in der taeglichen Praxis vergessen kann, ist ja klar. Na ja, wie gesagt, solche Flaschis erkennt man schon im Schuhkarton, aehh, Kinderbett. Das Schlimme ist eigentlich, dass solche Typen von ihren Eltern total verhaetschelt werden. Total verwoehnt, damit sie ja nicht wieder anfangen zu schreien. Die haben dann mit 3 Jahren ein neues Fahrrad, obwohl sie ueberhaupt noch nicht fahren koennen, mit 6 Jahren ein neues Bonanzarad, wo ich z. B. ein Rad hatte, was mein Alter aus 3 uralten Kisten zusammengebaut hat. Die haben immer die neuesten Comics, ewig Suessigkeiten in der Tasche und sind der Liebling der Lehrer. Deshalb haben die auch immer bessere Zensuren als Unerschrockene wie ich. Durch die besseren Zensuren bekommen solche Heinis auch noch bessere Berufe. Erst machen se Abbi, dann studieren die und werden dann Doktor oder Ingenieur oder sowas und verdienen ne Schweinekohle. Unsereiner, der vor nichts Muffe hat, muss fuern Appel & Ei aufm Bau malochen. Ungerecht sowas.

Weichei muesste man sein.

A.GROBELNIK

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