Die Ampel (Teil 1)

von Artemis

Andi war ein Einzelkind. Er wohnte mit seinem Vater in einer etwa zwanzig Quadratmeter großen Sozialwohnung direkt am örtlichen Sado-Maso-Puff. Seine Mutter hatte die beiden schon vor Jahren verlassen, nachdem ihr Job in jenem Etablissement wegen "Verharzung" gekündigt wurde. Sie brannte mit irgendso einem blinden Mexikaner durch, dem war es dann auch egal, wo bei einer Frau erste Verfallserscheinungen auftreten, Hauptsache der Oral-Sex stimmte, und das konnte sie wirklich gut. So war es nicht verwunderlich, daß sich die restliche Nachbarschaft hauptsächlich aus Nutten und kleinen Perversen zusammensetzte. Der Weg zum Arbeitsplatz war auch für Andi's Vater nicht weit, als Aushilfssklave für Leder-Spiele hatte er ein hartes Geld zu verdienen.

Andi's Freund "Himmler" -- der hieß eigentlich Hinrich Lümmelhauer, aber Hinrich konnte es einfach nicht lassen, kleine Ameisen-Konzentrationslager zu bauen, nur um sie dann, nach erfolgreicher Aufbauarbeit der Ameisenkolonie, zu verbrennen -- wohnte gleich drei Häuser weiter, in einer ganz üblen Absteige, irgendwo zwischen einer Müllverbrennungsanlage und einem PC-Computershop. Dann war da noch die Frau Kirbelsberger, die war wirklich böse. Sie wurde von allen Nachbarn immer nur "Mrs.Peacemaker" genannt, weil sie jeden unangemeldeten Besuch mit einer doppelläufigen Schrotflinte in einen blutig schmierigen Haufen Matsch verwandelte. Andi und Himmler machten sich immer einen Spaß daraus, den Kunden, die gerade ihre Spielchen im Nachbarhaus beendet hatten, ihre Adresse als "besondere Empfehlung des Hauses" zuzustecken. Keiner hat es bisher überlebt. Für die Entsorgung der Leichen sorgte Karl. Karl hatte zwar den Intelligenzquotienten einer Motorsäge, war aber immer nett und hilfsbereit, außerdem hat er den Unterschied zwischen Hühner- und Menschfleisch nie bemerkt.

Eigentlich wäre Andi jetzt in der "Besserungsanstalt für Jugendliche im Vorschulalter" gewesen, er wurde jedoch ein paar Wochen vor der offiziellen Entlassung zu seinem Vater nach Hause geschickt. "Wegen guter Führung, und außerdem sind wir froh froh dich endlich vom Hals zu haben" hatte der Anstaltsleiter gesagt. Andi war auch froh das schwule Gefängsnispack endlich los zu sein, obwohl er sich im Laufe seines einjährigen Aufenthalts mit Hilfe von selbstgebastelten "Zwanzigtausend-Volt-Anal-Expander" bei den Mitgefangenen genügend Respekt verschafft hatte. Hunderte von geplatzten Ärschen pflastern seinen Weg.

Auf jeden Fall stand wieder ein langweiliger Tag an, das ewige Spiel mit den zerfetzten Puff-Kunden konnte Andi an diesem schwülen Sommer-Morgen überhaupt nicht reizen. Es mußte etwas neues her. So hockte er am Fenster und träumte vor sich hin, beobachtete hin und wieder den ein oder anderen abgefuckten Typen, aber so richtig inspririerend war das auch nicht. Plötzlich klatsche ein brennendes, schmieriges Etwas an das Fenster. Andi erschrak, erst Sekunden später erkannte er ein brutzelndes Ameisen-Konzentrationslager, das sich langsam an der Scheibe zu einer eklig schmierigen, verkokelten, Kaviar-ähnlichen Masse verwandelte. Das konnte nur Himmler sein, was sich mit einem kurzen Blick auf den Fußgängerweg vor dem Haus auch bestätigte.

"Sie haben neue Automaten aufgestellt". Das Leuchten in Himmlers Augen bei der Verkündung dieser Neuigkeit war kaum zu beschreiben. Die Vorfreude, wieder einmal kleine, unschuldige, sich vor Schmerzen windende, um Hilfe schreiende, aber letztendlich doch elendig krepierende Kinder und deren hysterisch kreischende Mütter zu sehen, überwältigte ihn offensichtlich. "Wir müßen nur noch das Chemi-Zeug besorgen!", fügte er hinzu. Ein kurzer Besuch beim örtlichen Nazi-Arzt verschaffte den beiden eine ausreichende Menge Zyankali und Mini-Minen, die sie wie üblich gegen Beta-Test-Kinder-Gutscheine eintauschten.

Nach kurzer Zeit war der Kinderspielplatz erreicht. Und da waren sie: Drei nagelneue Kaugummi- und Überraschungskugel-Automaten, die nur darauf warteten "umfunktioniert" zu werden. "Wir müßen nur noch auf die passende Gelegenheit warten", flüsterte Andi seinem Freund leise zu. Himmler hatte schon einen Plan. "Warten wir doch einfach auf die nächste Omi, die hier vorbeikommt. Du knüppelst sie nieder, und wir stellen uns dann mit ihr als Tarnung vor die Automaten. Nur fett genug muß sie sein, dann klappt das schon." Es dauerte dann auch nicht lange, bis eine dieser fetten Monster um die Ecke kam, um genau um diese gebracht zu werden. Die Aktion verlief problemlos. Die Oma wurde mit einem kurzen aber gezielten Schlag auf den Schädel bezwungen und als lebender Schutzschild vor den Automaten aufgestellt. Andi hatte ein wenig Probleme die Oma richtig zu justieren, immerhin mußte er Himmler auch noch dabei behilflich sein, die Automaten fachgerecht zu knacken. Nachdem auch das geregelt war, konnte man die Kaugummis gegen "lustig bunte Toxic-Gums", wie der Nazi-Arzt sie immer liebevoll nannte, und die Überraschungskugeln gegen nicht minder lustige Mini-Minen tauschen. Es dauerte ein wenig, die Oma beiseite zu schaffen. Die Mülltonnen in dieser Statt waren so überfüllt, daß die beiden Freunde gezwungen waren, ihren schwabelligen Fleischberg stückchenweise auf verschiedene Tonnen zu verteilen. Glücklicherweise war "Hubert der Metzger" ihnen noch einen Gefallen schuldig.

Als das dann endlich erledigt war, konnte man sich vergnüglich dem bevorstehenden Schauspiel widmen. Aus der Ferne hörten sie plötzlich einen großen Knall, gefolgt von einer grün-schwarzen Rauchwolke, die sich in verdächtiger Nähe zum Spielplatz gespenstisch gegen den blau-gelben, mit diversen Gasen versuechten, Himmel bewegte. Als sie den Spielplatz endlich erreichten, war dort schon die Hölle los. Kreischende Eltern, sich windende Kinder, vergeblich um deren Leben bemühte Hilfs-Sanitäter, und eine Menge Leichenteile, die sich quer über den ganzen Platz verteilten. "Shit, wir haben die Überraschungskugeln verpaßt", sagte Himmler merklich enttäuscht. "Hast du wenigstens die Kamera dabei?" fragte Andi. "Noch nicht einmal die, habe ich vergessen. Ich schätze das war ein Flop heute, Leichen langweilen mich mittlerweile."

Exakt in diesem Moment detonierte es ein weiteres Mal. Noch bevor Himmler reagieren konnte, wurde er von diesem brennenden LKW erfaßt, und quer über den Platz geschleudert. Auf der anderen Seite des Platzes angelangt, hatte er noch genug Schwung, um von einem Fahrradständer in Scheibchen geteilt zu werden. Der, mit Scheuermitteln der Marke "Scheuermittel" bis zum Anschlag voll beladene LKW landete dann auch noch in der schon üppig versammelten Menschenmasse, die sich schnell in eine rot-grüne Suppe verwandelte. Irgendwie erinnerte das alles an Erbseneintopf. Andi machte sich aus dem Staub. Noch auf dem Nachhauseweg hatte er Himmlers Tod schon überwunden, es gab noch mehr Freunde mit Humor, wie ihn Himmler hatte.

(was das ganze jetzt mit der Ampel zu tun hat, und warum Andi nicht an einem Stück nach hause kommt, erfahrt ihr im zweiten Teil dieser blöden Geschichte)

Artemis

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