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Von Bauer Dieckmanns Wiese zum Ruhrstadion- Eine Geschichte an der Castroper Strasse -

Das Ruhrstadion ist das schönste Stadion in Deutschland, das sagen nicht nur VfL-Fans. Die immer trockene Sicht aufs Spiel ist toll, die Zahl der Stehplätze ausreichend, die Voraussetzungen für beste Stimmung sind gegeben. Außerdem liegt das Stadion mitten in der Stadt und nicht irgendwo auf der grünen Wiese. Was es bedeutet, daß das Stadion möglicherweise bald in den Besitz des Vereins übergeht, werden wir in einer unser nächsten Ausgaben untersuchen. Hier zeichnet Georg Röwekamp, Autor des Kapitels über die Vereinsgeschichte im VfL-Buch "Tief im Westen", die lange Geschichte des Fußballs an der Castroper Straße nach:

Schon im Jahr 1911 werden die ersten Fußballspiele an der Castroper Straße ausgetragen. Der kurz zuvor gegründete Verein "Spiel und Sport Bochum", der anders als die Turner vom TV 1848 auch das verpönte Fußballspiel betreibt, hat eine Wiese vom Bauern Dieckmann gepachtet - immerhin 70x130 Meter groß und damit größer als die heutigen Fußballfelder. Das liegt auch daran, daß es an der damaligen Castroper Straße noch keinen Platzmangel gibt. Die Stadt Bochum ist damals nur wenig über den mittelalterlichen Stadtkern hinausgewachsen, der zwischen den heutigen "Ringen" lag. Zur Einweihung spielt man vor 500 Zuschauern gegen den "Verein für Bewegungsspiele" aus Hamm, das Ergebnis ist nicht überliefert.

Ein richtiges Stadion bekommt der Vorläufer des VfL allerdings erst nach dem 1. Weltkrieg. "Spiel und Sport" schließt sich mit dem TV 1848 zum "Turn- und Sportverein" zusammen und baut den Platz zum Stadion aus. Die Mitglieder kaufen Anteilsscheine und legen beim Bau auch selbst mit Hand an, wenn es darum geht, die Reste einer alten Ziegelei in der Nachbarschaft abzutragen und so den Bauplatz vorzubereiten. Immerhin 500 ungedeckter Sitzplätze gibt es, als die Anlage im September 1919 mit einem Spiel gegen den ETB Schwarz-Weiß Essen eingeweiht wird. Doch bald schon ist das Stadion zu klein und wieder wird gebaut. 1921 ist die erste Erweiterung abgeschlossen. Die neue Arena bietet nun Platz für 30.000 Zuschauer, und die erste Tribüne gibt es auch. Zur Eröffnung spielt der TuS gegen den Düsseldorfer SC 1899 und gewinnt 2:1.

1922 entschließt sich der DFB ein Länderspiel nach Bochum zu vergeben. Eigentlich war die Partie für einen anderen Ort vorgesehen, aber aus Angst vor randalierenden Zuschauern (!) soll das Spiel gegen Ungarn in Bochum stattfinden. Denn das Stadion an der Castroper Straße gilt zu jener Zeit als eines der modernsten in Westdeutschland. So wird am 2. Juli in Bochum die Revanche für die 0:3-Niederlage in Budapest angepfiffen - erst zum zweiten Mal überhaupt findet ein Länderspiel im Revier statt. Wie auch bei den späteren, so ist bei diesem ersten Länderspiel in Bochum kein Bochumer Junge unter den Nationalspielern, die kommen damals aus Fürth, Nürnberg, Hamburg, Berlin und Köln. Trotzdem wollen fast 40.000 Zuschauer im überfüllten Stadion die beiden Mannschaften sehen. Die Revanche aber glückt nicht: man trennt sich 0:0.

Kurz nach diesem Länderspiel ist es mit der Gemeinsamkeit von Turnern und Sportlern wieder vorbei - das Stadion geht in den Besitz der Sportler über. Nun dient es häufiger als Kulisse für Vorrundenspiele um die Deutsche Meisterschaft. 1925 trennen sich zum Beispiel der ETB Schwarz-Weiß Essen und der Finalist von 1913, der Duisburger SV mit 2:2 - die Presse schimpft hinterher übers Wetter, den tiefen Morast und die katastrophale Schiedsrichterleistung. 1930 - das Stadion ist inzwischen weiter ausgebaut worden - siegt Westmeister Schalke 04 mit 6:2 über Arminia Hannover und 1932 an gleicher Stelle mit 4:2 über den Hamburger SV.

Nach dem 2. Weltkrieg wird das Stadion von der Stadt übernommen, und so dauert die Neugestaltung diesmal etwas länger. Erst in den 50er Jahren wird die Anlage ausgebaut und 1959 als "Sportpark" mit mehreren Plätzen eingeweiht. Im wesentlichen sieht das Stadion schon so aus, wie bis zu seinem Abriß 16 Jahre später. 1962 hält jeder den neuen Vorsitzenden des VfL Bochum für verrückt, als er erklärt: "Unser sportliches Ziel kann nur die neugegründete Bundesliga sein." Dabei schafft der VfL zunächst nicht einmal den Sprung in die Regionalliga West. Aber 1971 wird Wüsts Traum wahr, der VfL setzt sich in der Aufstiegsrunde durch und ist erstklassig. Doch schon bald reicht das Stadion für den frischgebackenen Bundesligisten nicht mehr aus, obwohl es seit 1972 immerhin Flutlicht gibt. Bei der Vergabe der WM-Spielorte 1974 hatte man in Bochum zwar gehofft, aber Gelsenkirchen und Dortmund sind zum Zuge gekommen, der VfL behält zunächst sein veraltetes Stadion. Wegen der geringen Zahl von Sitzplätzen (2.800) hat der VfL den niedrigsten Durchschnittspreis in der Bundesliga. Aufgrund der schlechten Einnahmemöglichkeiten beginnt der Verein der Konkurrenz hinterherzuhinken. Da hilft auch die kleine Nottribüne entlang der Castroper Straße nicht (deren Reste heute je zur Hälfte in Langendreer und Linden stehen), wo zusätzlich noch einmal 1.500 überdachte Stehplätze sind.

Mit dem Neubau wird erst 1976 begonnen. Ein Zeitraum, in dem sich die Konkurrenz schon einen deutlichen finanziellen Vorteil herausarbeiten kann. Doch Ottokar Wüst verspricht Bochums damaligen OB Eikelbeck: "Bauen Sie uns ein Stadion, und ich baue eine Mannschaft." Der Oberbürgermeister macht seine Versprechung wahr. Außerdem besteht Wüst darauf, daß auch das neue Stadion wieder am alten Platz ist: "Der VfL ist an der Castroper Straße großgeworden, und dort gehört er auch hin." Also entsteht das neue Stadion häppchenweise an der Stelle des alten. Bei Baubeginn in der Saison 1975/76 spielt man die letzten sechs Heimspiele zunächst im Stadion am Schloß Strünkede von Westfalia Herne und übersteht dort den Abstiegskampf erfolgreich. Danach kickt man zwei Jahre auf einer Baustelle. Nur knapp 18.000 Zuschauer faßt das Stadion am Anfang, und wieder geht viel Geld verloren. Wo heute die Westkurve steht, sieht man zunächst nur Spundwände und von der alten Haupttribüne, dem "Starenkasten", wird das vordere Stück abgeschnitten, weil der Platz einige Meter nach Norden verschoben wird. In der Saison 1976/77 stehen die Trainerbänke deshalb vor einer Stahlwand, die die Reste der alten Tribüne abstützen. Am ersten Spieltag der Saison 1979/80 hat das Ruhrstadion, wie es nun heißt, mit dem Bundesligaspiel gegen den Hamburger SV endlich Premiere. Gegen den späteren Vizemeister gibt es vor 42.000 Zuschauern ein 0:3.

Die deutsche Nationalmannschaft schaut am 23.9.1981 beim 7:1 gegen Finnland und am 11.5.1986 beim 1:1 gegen Jugoslawien vorbei. Das 6:1 gegen Ghana am 14.4.1993 ist dann das auf absehbare Zeit wohl schon wieder letzte Länderspiel in Bochum. Für internationale Spiele ist die Zahl von Stehplätzen im Ruhrstadion zu groß.

In den letzten Jahren hat sich am Ruhrstadion eigentlich wenig geändert, sieht man einmal vom Ausbau der Geschäftsstelle, dem Einbau einer Arrestzelle und dem Umbau des Zauns ab. Die Kapazität wurde zwischenzeitlich neue berechnet. War das Stadion bei der Eröffnung für angeblich 50.000 Zuschauer ausgelegt, sind heute nur noch 42.000 Zuschauer zugelassen. Größere Änderungen wird es aber wohl nur geben, wenn im Ruhrstadion internationale Spiele ausgetragen werden. Aber bis dahin ist es wohl noch ein Stück des Weges.