A.H.: Professor Beuys, mögen Sie Margarine?

J.B. : Ich halte nicht viel von Margarine. Aber wenn ich nichts anderes habe, esse ich auch Margarine. Ich bin nicht so verleckert.

A.H.: Warum nehmen Sie dann Margarine bei Ihren Aktionen?

J.B.: Ich nehme alle Arten von Fett, nicht nur Margarine. Ich will den konventionellen Begriff Plastik aufspalten. Mit dem Material Fett zeigt sich das chaotische Fliessen, das ich in Form bringe: sogar in harte Formen, eben meine Fettecken. Aber Fett trifft im Betrachter andere Zentren. Es geht mir nicht nur um die Plastik. Das Plastische ist als Lebenselement im Menschen selbst. Das will ich klarmachen.

A.H.: Ihre Art Kunst zielt also auf Verständigung. Dennoch stehen viele Betrachter und Kritiker meist hilflos vor Ihren Produkten.

J.B.: Hilflos stehen die Leute davor, weil sie nicht die Geduld haben, sich die Sachen richtig anzusehen. Die Leute bleiben immer am Bild kleben: an der Margarine oder der Blutwurst. Das geht auch anderen Kuenstlern so. Nicht alle sind ratlos. Die Zahl der Menschen, die verstehen, wächst von Tag zu Tag. Van Gogh oder Einstein hat man auch nicht sofort verstanden.

( Telefoninterwiev zwischen Joseph Beuys und Armin Halstenberg. Aus: Kölner Stadtanzeiger 14./15.06 1968)