TOPSITE des Monats Januar 97:
- deutsche Seiten -
Musee imaginaire:
Kindheitsdarstellungen in der bildenden Kunst
Die Präsentation von Kunst im Internet ist bislang zumeist
nach Schema F realisiert worden, ohne Phantasie und Witz. Es gibt zwei
Arten von Ausstellungen: die erste stellt einige Dutzend oder noch mehr
eingescannter Bilder (mit Titel, Jahr, Größe)
nebeneinander, sonst nichts. Die zweite
bietet noch eine Biographie und einen katalogähnlichen
Einführungs-Text, der aber zumeist
kaum eingeht auf die einzelnen Werke. Von den medialen Besonderheiten
des Internet und den Surfgewohnheiten verschließen beide lieber die Augen.
Peter Krafts virtuelles Museum "Kindheitsdarstellungen in der bildenden
Kunst" bricht in einigen Punkten mit dieser schlechten Gewohnheit und
ist mit großem Engagement darum bemüht, Kunstwerke dem Besucher näher zu
bringen, Ästhetisches, Historisches und Soziales im Rahmen von
Bildbetrachtungen verständlich zu machen. Allein schon dafür gebührt
ihm ein Preis. Thematisch versucht sein Museum "dem Konstrukt Kindheit
früher - Kindheit heute näher zu kommen", denn
"Kindsein im 18./19.Jhrdt. war (entgegen landläufiger Meinung) für viele
Kinder keine unbeschwerte Zeit ohne lästige Verpflichtungen und frei von
Sorgen. Dies wird am Beispiel von Bildern über Kindersterblichkeit,
Kinderarbeit und allgemeine Not gezeigt."
Das Museum ist untergliedert in:
die Ausstellungsräume, mit einerseits thematischen Führungen (diese
Seiten sind besonders sehenswert, bieten Bilder und gut geschriebene
Bildinterpretationen), andererseits Motivsammlungen (mit einer Vielzahl
von Kunstwerken zu Themen wie Kindheit und Weihnachten, Spiel, Tod,
Musizieren usw.)
das Magazin mit Werken vieler Künstler, darunter Macke
und Liebermann, Tizian und Velazquez
den Lesesaal mit Künstler-Biographien und Textdokumenten.
Zwar weist Peter Kraft (Pädagogik-Professor in Bielefeld) an vielen Stellen darauf hin, daß das Musee imaginaire
noch eine Baustelle ist, vieles noch unverwirklicht und im Rohbau. Aber
sein Museum bietet derzeit auch als "Baustelle" quantitativ und
qualitativ sehr viel mehr als ein Großteil der
Kunstgalerien und Einzelausstellungen im WWW.
TOPSITE des Monats Januar 97:
- internationale Seiten -
Adaweb
Seit Februar 1995 bietet die belgische Gruppe ada.web Malern,
Grafikern und Video-Künstlern, aber auch Musikern, Architekten und
Choreographen eine Ausstellungs-Plattform im Internet. Für den
Namen zeichnet Ada, die Tochter Lord Byrons verantwortlich, die
"Muse" der Gruppe. Das Angebot an Ausstellungen ist riesengroß und
der Index vergrößert eher noch die Qual der Wahl, als daß er dem
Neuankömmling bei der Auswahl hilft. Immerhin gibt
es in der Rubrik "nota" etwas ausführlichere Textinformationen
zu einzelnen Ausstellungen. Noch unbekannte Künstler stellen aus,
aber auch so renommierte wie Jenny Holzer.
Was hier gezeigt wird, ist grafisch und vom layout her durchgängig
hochklassig, in vielen Bereichen experimentell und innovativ.
Die Möglichkeiten des Web als neues Medium zur Präsentation von
Kunst werden systematisch ausgereizt. Dies ist zwangsläufig grafik-
und ladeintensiv, so daß von einem Besuch zu Netz-Stauzeiten nur
abgeraten werden kann und auch das Bemühen, gleich beim ersten Mal
einen halbwegs systematischen Überblick über die Präsentationen zu
bekommen, muß scheitern. Schauen Sie - wenn Sie an Kunstexperimenten im
Internet Interesse haben - hier lieber öfter mal rein.
ada.web zeigt eigene Projekte und Gastausstellungen einer
Vielzahl von Künstlern.
Hier eine Auswahl zu treffen und Empfehlungen zu geben, wäre recht
unfair, da zwangsläufig etliche Projekte unerwähnt bleiben müssen
Hinweisen möchten wir jedoch auf die ganz neue - ja was ist es? -
sagen wir: Vorführung
"Vertical blanking interval" (ein Klick auf
den Fernseher in der Mitte der Startseite führt dort hin).
Im Stile einer Video-Installation mit vielen Monitoren (realisiert
mit 12 frames und Grafiken, die sich kontinuierlich
verändern) beschäftigt sich dieses Spektakel mit Verheißungen und
Lockungen des Internet ("Submit!",
"Order now!"), mit realen und virtuellen Welten. Eine
phantastisch inszenierte, ästhetisch überragende Ausstellung. Aber
wie schon gesagt: Auch die übrigen Projekte und Präsentationen
haben es in sich.
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