Die Bedeutung von diesem Grundstein des Diamantweges bleibt nach der Auffindung des 17. Karmapa unverändert. Denn einerseits sollten wir bis zu seiner körperlichen Reife nicht auf ihn meditieren und andererseits zeigt jeder Karmapa neue Wege, wie man seinen Zustand verwirklichen kann.
Nachdem man Zuflucht genommen hat, kann man zu jeder Tageszeit die Lichter dieser Meditation in sich aufnehmen. Ich kenne kein wirksameres Mittel, deswegen - übt und genießt!
Eure Tomek, Caty, Hannah und Lama Ole.
Wir spüren, wie der formlose Luft- strom unseres Atems an der Nasenspitze kommt und geht und lassen dabei Gedanken und Geräusche vorbeiziehen, ohne sie zu beurteilen. Danach beschäftigen wir uns kurz mit den vier grundlegenden Gedanken, die uns auf den Weg zur Erleuchtung führen: Wir erkennen unsere kostbare Möglich- keit, dieses Leben mit den Mitteln eines Buddhas zum Besten aller Wesen zu ver- wenden. Nur wenige auf der Welt haben dieses Glück und noch viel weniger nut- zen es. Wir erinnern uns der Vergänglichkeit aller Dinge. Nur die offene, klare Unbe- grenztheit des Geistes ist dauerhaft, und niemand weiß, wie lange die Bedingungen bleiben werden, um sie zu erkennen. Wir denken über Ursache und Wirkung nach, darüber, daß wir selbst bestimmen, was geschieht. Frühere Taten, Worte und Gedanken wurden zu unserer heutigen Welt, und wir säen ständig die Samen für unsere Zukunft. Schließlich machen wir uns klar, warum Buddhas Weg ohnegleichen ist: Erleuchtung bedeutet zeitlose höchste Freude, und wir können nur wenig für andere tun, solange wir selbst verwirrt sind oder leiden. Da wir die Welt nicht immer so erleben, wie wir es möchten, wollen wir von denen lernen, die das schon können. Zum Besten Aller nehmen wir Zuflucht: zum Ziel, Buddha, dem erleuchteten Zustand unseres Geistes; zu den Lehren, die uns dahin führen; zu unseren Freunden auf dem Weg und vor allem zu Karmapa, dem Lama, der Segen, Mittel und Schutz in sich vereint. Jetzt verdichtet sich vor uns aus dem Raum die goldene, durchsichtige Form des 16. Karmapa, eine Gestalt aus Energie und Licht. Er trägt die Schwarze Krone, die Form, die die tiefsten Zustände der Offenheit in uns erwecken kann. Sein Gesicht ist golden und mild. Seine Augen sehen uns, er kennt uns und wünscht uns alles Gute. Seine Arme sind am Herzen gekreuzt und er hält Glocke und Dorje, die Zeichen für Mittel und Weisheit, Freude und Raum. In voller Meditationsstellung ist er von einem Kraftfeld aus Regenbogenlicht umgeben. Wir verstehen, daß er kein begrenztes Wesen ist, sondern der Ausdruck für die Wahrheit des Raumes und der Geist aller Buddhas. Er ist da, ob wir ihn klar sehen können oder nicht. Wir wünschen zu- tiefst, seine Fähigkeiten zum Besten aller zu verwirklichen. Wie er unseren Wunsch spürt, lächelt Karmapa und kommt immer näher auf uns zu, bis er in einem angenehmen Abstand im Raum vor uns bleibt. Wir denken oder sagen: "Lieber Lama, Essenz aller Buddhas, Dich bitten wir: Gib uns Deine Kraft, die die Unwissenheit und Verdunkelung von allen Wesen und uns selbst entfernt. Laß das zeitlose klare Licht des Geistes in uns erwachen." Daraufhin strahlt aus seiner Stirn ein kraftvolles klares Licht in unsere Stirn und füllt unseren Kopf mit kristallenem Licht. Durch die Wirkung des Lichtes löst sich alles Störende im Gehirn, den Nerven und den Sinnen auf. Alle schädlichen Gewohn- heiten und Krankheiten verschwinden, und unser Körper wird ein Werkzeug, um den Wesen Liebe und Schutz zu geben. Während wir im klaren Licht solange verweilen, wie wir wünschen, hören wir die innere Schwingung der Silbe OM. Jetzt strahlt aus der Kehle Karmapas ein kraftvolles rotes Licht in unseren Mund und Hals. Dieses durchsichtige Licht löst alle Schwierigkeiten in unserer Rede auf. Grobe, leidbringende Worte verlassen unsere Rede, die zu Mitgefühl und Weisheit wird - bewußte Mittel, um anderen zu helfen. Ungetrennt vom roten Licht, hören wir die tiefe Schwingung der Silbe AH. Nun strahlt aus dem Herzzentrum mit- ten in seiner Brust ein kraftvolles blaues Licht in die Mitte unseres Brustkorbes und füllt ihn ganz aus. So lösen sich alle Hindernisse im Geist auf. Gemischte Gefühle und steife Vorstellungen ver- schwinden und unser Geist wird ursprüngliche Freude: Raum und Freude untrennbar. Mit dem blauen Licht zusam- men schwingt die Silbe HUNG. Jetzt strahlen die drei Lichter auf ein- mal in uns hinein. Klares Licht in die Stirn, rotes in die Kehle und blaues ins Herz- zentrum, so erfahren wir das Mahamudra, Karmapas Zustand. Währenddessen können wir die Schwingung verwenden, die äußere und innere Wahr- heit miteinander verbindet. Durch die Wiederholung des Mantras KARMAPA TSCHENNO erreichen wir die Tatkraft der Buddhas zum Besten aller. Wir sagen es laut oder leise, solan- ge wie wir es wünschen, während wir die Lichter in uns aufnehmen. Schließlich lösen sich die goldene Form Karmapas und die Schwarze Krone in Regenbogenlicht auf. Es strahlt in uns hinein und jede Form verschwindet. Nun gibt es nur noch Bewußtsein jenseits von Mitte oder Grenze, zeitlos und überall. Wenn dieser Zustand nicht mehr zu halten ist, entsteht wieder eine Welt, rein und vollkommen. Jedes Atom schwingt vor Freude und wird zusammengehalten vor Liebe. Alles ist frisch und neu, voll unbegrenzter Möglichkeiten. Alle Wesen entstehen als weibliche oder männliche Buddhas, ob sie es wissen oder nicht. Geräusche sind Mantras und Gedanken Weisheit, bloß weil sie gesche- hen können. Nun verdichtet sich auch der eigene Körper aus dem Raum, als der Buddha, der uns am besten gefällt oder als unsere gewohnte Form, nur ohne Schwächen oder Leiden. Es besteht jedoch ein großer Unterschied zu vorher: Früher waren wir unser Körper und deshalb durch Alter, Krankheit und Tod verwundbar. Jetzt haben wir den Körper. Er ist unser Werkzeug, um ande- ren zu nutzen. Was wir wirklich sind, ist das klare Licht, das bewußt war, auch als es keine Form gab. Wir wollen diese reine Sicht in allen Lebenslagen beibehalten und wünschen nun, daß all das Gute, das eben entstand, grenzenlos wird, jedes Leid entfernt und alle Wesen zum höchsten Glück führt, zum Erkennen des eigenen Geistes.
Diese Meditation ist auch in Heftform in den Zentren erhältlich.
Copyright © 1995 Karma Kagyu Buddhist Network