Skandinavischen Yoga und Meditationsschule - Homepage
von Ananda Murti
„Natürlichkeit ist die schwierigste Haltung, die man einnehmen kann." (Oscar Wilde)
Der Körper und der Geist, der ihn durchströmt, sind normalerweise für die Möglichkeit zu natürlichem Wachstum und zu Gesundheit geboren. Die Wirbelsäule ist die Stütze des Körpers. Sie soll nicht nur aufrecht und stark sein, sondern auch flexibel und geschmeidig. Anatomisch hält der Rücken den Körper zusammen und schützt die weichen inneren Organe durch seine Stütze, und physiologisch ist das Rückenmark der Hauptkanal für das zentrale Nervensystem, das Informationen zwischen dem Körper und dem Gehirn vermittelt. Hier sammelt sich auch die psychische Energie in Zentren (Chakren). Die Körperhaltung ist deshalb nicht nur physisch, sie sagt genauso etwas über Deinen Energiezustand, auch auf tieferer psychischer Ebene.
Heute richtet man viel Aufmerksamkeit darauf, wie sich Belastung des Rückens vermeiden läßt: richtige Sitzstellung, Heben und Tragen auf die richtige Weise und Schlafen auf der richtigen Unterlage. Trotzdem sind Rückenprobleme die gewöhnlichsten Erkrankungen in unserer Kultur. Es ist tatsächlich so, daß 60% - 80% aller Erwachsenen zu irgendeinem Zeitpunkt in ihrem Berufsleben Rückenschmerzen haben. (DIKE: Gesundheit und Krankheit in Dänemark - 1987)
Eigentlich sollte es nicht notwendig sein Yoga auszuüben, aber Yoga ist eine Möglichkeit, um die Natürlichkeit des Körpers wiederzugewinnen. Ein tägliches Yogaprogramm gibt eine sehr vielseitige Wirkung, sodaß man sich physisch und psychisch wohler fühlt und besser zurechtkommt - auch mit anderen. Es gibt viele Yogastellungen, die eine besonders günstige Wirkung auf die Wirbelsäule haben. Am besten ist es jedoch, Rückenproblemen vorzubeugen, und das kann durch regelmäßige Yogapraxis geschehen - entweder auf Kursen oder man macht Yoga selbständig. Nun denkt nicht jeder daran, Rückenproblemen vorzubeugen. Viele spüren den Rücken erst, wenn Probleme auftauchen.
Bei starken Rückenschmerzen sollte man einfache Yogaübungen verwenden, ausgeführt auf einfache und leichte Weise. Es kommt nicht darauf an, die Übungen so weit auszuführen, daß es weh tut. Es geht darum, den Rücken anders zu verwenden als durch das gewohnte und unbewußte Bewegungsmuster. Dadurch wird die Fähigkeit des Körpers, sich selbst zu heilen gestärkt, und der Rücken wird beweglich und geschmeidig. Siehe die kleinen spannungslösenden Übungen S. 32 im Buch „Yoga, Tantra und Meditation im Alltag" von Swami Janakananda. Auf S. 50 findest Du auch ein besonderes Rückenprogramm, bestehend aus 10 Übungen, das dem Rücken ein allseitiges und tief wirkendes Training gibt und ihn in Form hält. Ein Yogaprogramm für den Rücken kann auch kürzer sein. In unserem Beispiel hier gibt es 5 Übungen, die bei regelmäßiger Verwendung Rückenproblemen vorbeugen können sowie leichtere Rückenschmerzen lösen können.
Stehe mit leicht gespreizten Beinen. Laß langsam den Kopf, die Schultern und den Rücken nach vorne sinken, bis der ganze Oberkörper locker hängt. Halte die Beine gestreckt. Stehe so 3 - 5 Minuten und spüre, wie der Körper sich nach und nach entspannt und tiefer heruntersinkt. Achte besonders darauf, daß Du Dich nirgendwo anspannst oder unbewußt den Körper festhältst. Man kann z.B. leicht vergessen den Kopf, die Arme oder die Schultern loszulassen. Erlaube dem Kopf, vollkommen locker zu hängen und entspanne die Gesichtsmuskeln. Falls Du eine Spannung oder einen Schmerz im Rücken oder den Beinen spürst, dann vermeide es, Dich dagegen anzuspannen, an etwas anderes zu denken oder die Beine zu beugen. Gehe hinein und erlebe den Schmerz von innen, erlebe den Schmerz völlig entspannt - nach einer Weile wirst Du erleben, daß die Spannung von alleine nachgibt oder verschwindet. Dann richte Dich langsam auf, und stehe schließlich still mit geschlossenen Augen. Erlebe den ganzen Körper von Kopf bis Fuß.
Liege auf dem Rücken, auf einer Unterlage oder Yogamatte. Beuge beide Beine und falte die Hände um die Knie. Beginne langsam von Seite zu Seite zu wiegen, nicht ganz hinüber auf die Seite, nur so weit, daß Du immer noch den Kontakt zwischen dem Kreuz und der Unterlage merken kannst. Spüre wie der Rücken massiert wird. Mache auf diese Weise ca. eine Minute weiter. Dann liege einen Augenblick still mit gebeugten Beinen. Danach rolle in der Längsrichtung der Wirbelsäule. Rolle ganz zurück bis zum Nacken und dann mit Schwung nach vorne, sodaß die Füße die Unterlage berühren. Nach einigen Malen vor und zurück versuchst Du auch, das Gesäß vom Boden zu heben, sodaß Du auf den Fußsohlen sitzt, bevor Du wieder nach hinten rollst. Mache ca. eine Minute weiter. Dann liege still mit gestreckten Beinen. Spüre den Rücken und den ganzen Körper.
Du liegst ausgestreckt auf dem Rücken. Setze nun die rechte Fußsohle auf das linke Knie. Lege die linke Hand auf das rechte Knie. Drücke das Knie nach links zum Boden. Hebe nun den rechten Arm schräg nach oben, so daß die Achselhöhle ganz geöffnet wird. Laß langsam den Arm zur rechten Seite nach unten, in Richtung Boden, sinken, und drehe den Kopf zur rechten Hand, so daß Du spürst, daß die Wirbelsäule vom Anfang bis zum Ende gedreht wird. Wenn die Schulter nicht ganz zum Boden kommt, laß den Arm frei in der Luft hängen. Vertiefe Dich nun in der Stellung und akzeptiere, daß es im Körper zieht und spannt. Wenn möglich, laß den rechten Arm bei jeder Ausatmung tiefer zum Boden sinken. Entspanne den ganzen Körper, und bleibe 3-5 Min. liegen, oder so lange Du entspannt in der Stellung verbleiben kannst. Komme langsam zur Ausgangsstellung auf dem Rücken zurück, und liege einen Augenblick still. Führe dann die Stellung zur anderen Seite aus.
Lege Dich auf den Bauch und fasse mit den Händen um die Oberarme. Ziehe die Arme an den Körper heran, so daß die Oberarme dicht am Brustkorb senkrecht auf der Unterlage stehen. Ohne die Ellenbogen oder Knie zu bewegen, schiebe das Gesäß nach oben, und führe den Körper nach hinten. Führe diese nach hinten gehende Bewegung weiter, bis Du schließlich den Brustkorb so weit wie möglich gegen den Boden preßt, und der Rücken eine größtmögliche Beugung nach hinten erhält. Wenn Du ganz in die Stellung kommen kannst, legst Du das Kinn auf den Boden, ansonsten beugst Du den Kopf nach hinten und schaust so weit nach oben wie Du kannst. Liege circa 1/2 Min. in der Stellung, während der Körper zur Ruhe kommt und sich entspannt. Rolle wieder langsam nach vorne auf den Bauch, und lege die Arme über den Kopf. Ruhe Dich aus, bis Du bereit bist weiterzumachen. Mache die Stellung insgesamt drei Male.
Sitze auf den Fersen und faß das rechte Handgelenk hinter dem Rücken. Beuge langsam den Oberkörper nach vorne, sodaß der Kopf ganz nach unten kommt und den Boden berührt. Kommt der Kopf nicht ganz zum Boden, dann spreize die Knie ein wenig. Liege ganz still. Laß die Gedanken sich nicht mit etwas anderem beschäftigen, sondern sei im Körper und spüre ihn. Wenn der Körper sich an die Stellung gewöhnt hat, und die Atmung ruhig geworden ist, spüre den Nabelbereich. Halte die Aufmerksamkeit beim Nabel. Liege 3 - 5 Minuten still, oder etwas kürzer wenn Du Anfänger bist. Komm wieder ruhig aus der Stellung heraus, und richte den Rücken und den Kopf ganz auf. Spüre die Wirbelsäule und die aufrechte Haltung. Nach einer Weile, werde Dir bewußt darüber, daß Du den Rücken noch weiter aufrichten kannst. Begegne den Gedanken und Zuständen im Geist, die Dich daran hindern, ganz aufrecht zu sein. Bleibe sitzen, bis Du eine völlige Zusammengehörigkeit zwischen Körper und Geist erlebst.
Als Yogalehrerin begegne ich oft Schülern mit Schmerzen im Rücken oder im Nacken. Falls ich im voraus nichts davon weiß, zeigt es sich schnell, wenn ich sehe, wie der Schüler Yoga praktiziert. Hin und wieder werde ich von einem Schüler angerufen, der den Unterricht wegen Schmerzen im Rücken absagen möchte. Ich empfehle immer trotzdem zu kommen. Wenn es nicht möglich ist, bei den Yogaübungen mitzumachen, werden die Atemübungen und die Tiefenentspannung (Yoga Nidra) eine Linderung geben können. Die Leute glauben häufig, daß sie bei den Yogastellungen so perfekt und tüchtig sein müssen. Nach und nach entdecken sie jedoch, daß es auf ihre eigenen Erfahrungen ankommt, und sie lernen, Yoga als ein Werkzeug zu verwenden, um einen Hexenschuß oder Rückenschmerzen zu handhaben.
Als ich diesen Artikel schrieb, mußte ich nach Helsingborg in Schweden, um dort Sozialarbeiter zu unterrichten. An der Fähre werde ich dort immer von einer Teilnehmerin mit dem Auto abgeholt. Während der Fahrt erzählt mir meine Schülerin ganz unaufgefordert, daß sie vor einer Woche mehrere Tage lang Schmerzen im Nacken gehabt habe. Nachdem sie aber letzte Woche beim Yoga gewesen sei, seien diese völlig verschwunden. Das Komische an der Geschichte ist, daß sie erst mehrere Stunden nach dem Unterricht entdeckte, daß die Schmerzen weg waren.
Ein 35-jähriger Mann mit erheblichen Schmerzen im Rücken kam zum Privatunterricht an die Skandinavische Yoga und Meditationsschule in Stockholm. Er hatte in den USA Aerobic vermischt mit Yoga betrieben. Teils durch mangelnde Aufmerksamkeit und teils durch Überforderung, hatte er unangenehme Rückenschmerzen bekommen. Jetzt habe er diese Schmerzen fünf Jahre lang gehabt. Sollte dies durch einen Yogakurs nur ein klein wenig besser werden, wäre er sehr glücklich. Er lernte verschiedene Yogaübungen, die er auch zu Hause verwandte, und Woche für Woche ließen die Schmerzen nach. Nach vier Malen beim Unterricht, waren die Schmerzen vollkommen weg.
Mein erstes Erlebnis von der Wirkung des Yoga auf meinen Rücken reicht zurück zu der Zeit als ich als Maurergeselle ernsthafte Probleme mit dem Rücken bekam. Ich unterbrach meine Behandlung bei der Krankengymnastin, um an einem Kurs in Håå teilzunehmen. ... Dort angekommen, war ich recht nervös und unsicher, es war ja mein erster Kurs, aber der Ort und seine Atmosphäre brachten mich recht bald dazu, mich zu entspannen, und ich fühlte mich Ok so wie ich war.
Besonderes in den Meditationsklassen spürte ich eine Wirkung auf meinen Rücken. Nachdem der physische Yoga die schlimmsten Spannungen gelöst hatte, übernahm die Meditation. Langsam verschwanden die Schmerzen, und während der Meditation konnte ich spüren, wie mein Rücken sich von selbst aufrichtete. Die Hüfte gaben ein wenig nach, die Lendenwirbelsäule bekam eine natürliche Biegung, der Brustkorb richtete sich auf, und ich konnte hören wie die Gelenke nachgaben. Vor allem die Meditation Ajapa Japa hatte diesen Effekt auf meinen Rücken. Da saß ich und folgte der angeleiteten Meditation, während mein Körper sich ganz von alleine aufrichtete, der Rücken wurde aufrecht, die Schultern sanken auf ihren Platz, Kopf und Hals wurden eine natürliche Verlängerung des Rückens, und ich fühlte, daß ich ohne Anstrengung und Probleme in einer perfekten Meditationstellung saß. Dies wiederholte sich Mal für Mal. Die Wirkung hielt den ganzen Tag an, ich konnte mich entspannen, während der Rücken aufrecht blieb. Vielleicht kennst Du das Gefühl, wenn man nach ein zweihundert Meter Brustschwimmen mit geradem Rücken geht, genauso erlebte ich es. ...
Was ich erlebte, nachdem ich nach Hause gekommen war, stand in keiner Weise diesen Erlebnissen nach. Der Kurs hatte seine Wirkung gehabt, der Rücken war gespannt wie ein Bogen, und ich spürte, wie die Muskeln den Rücken hielten. Das war ein völlig neues Gefühl für mich. Es fühlte sich natürlich an, mit aufrechtem Rücken zu gehen. Zum ersten Mal in meinem Leben sank mein Rücken nicht ständig zusammen, und der erste Kommentar meiner Krankengymnastin, als sie mich sah: „Zu mir brauchst Du nicht mehr zu kommen."
Yoga und Meditation, das ich zu Hause nach dem Kurse machte, hatte dieselbe Wirkung auf den Rücken. Schon während der ersten Stufe von Ajapa Japa, spürte ich, wie mein Rücken gestärkt wurde. Was ich auf dem Kurs gelernt hatte, wirkte weit über alle Erwartungen. Es beeinflußte nicht allein den Körper, ich bekam auch mehr Überblick über mein Leben: es gab eine größere Übereinstimmung zwischen dem, was ich tat und dem, was ich wollte. Die Meditation brach mit einer Kraft und Intensität durch, die ich mir nicht gewagt hätte vorzustellen, und meine Umgebung und die Natur offenbarten sich von einer ganz neuen Seite. (Ole Kirch)