Entdeckungsfahrt durch Malaysias Regenwald Der Regenwald gleicht einem Dom. Die Bäume erinnern an die himmelan strebenden Säulen, das Blätterdach filtert das Sonnenlicht wie Buntglasfenster. Den Boden bildet ein Teppich aus tausendfältigem Grün, das meist im Halbdunkel liegt, denn die Wipfel sperren die Sonne fast völlig aus. Ein solcher Wald ist auch der Taman Negara, der Malaysia-Nationalpark, eines der größten und ältesten Naturschutzgebiete Asiens. Man kann ihn von der Hauptstadt Kuala Lumpur in sieben bis acht Stunden erreichen. Seine 4343 Quadratkilometer enthalten das älteste unberührte Ökosystem der Erde, das sich vor 150 Millionen Jahren in der Zeit der großen Reptilien gebildet hat. Daneben ist der Taman Negara ein Sommerparadies für Naturfreunde. Hier kann der Besucher rudern, durch Höhlen kriechen, angeln, Kalksteinklippen erklettern und von Ansitzen oder Verstecken aus an Salzlecken oder auf Lichtungen Tiere beobachten. Vor allem deshalb war ich gekommen und hatte mir dafür zwei Parkaufseher als Führer genommen. Am Morgen waren wir vom Parkzentrum in Kuala Tahan in einem Motorboot den Tembeling hinauf aufgebrochen. An einer Stelle bemerkte ich an den gegenüberliegenden Ufern Betonstützen, an denen über den Fluß hinweg ein dickes Kabel hing - einziger Rest eines Anfang der 70er Jahre begonnenen Staudamms für ein Wasserkraftwerk. Umweltschützer hatten gegen den Bau der Talsperre protestiert, da sie die tiefer gelegenen Teile des Parks weithin unter Wasser gesetzt hätte. Abends kampierten wir an einem steilen Ufer, von dem aus wir einen freien Blick über den Nebenfluß Perkai hatten, und die beiden Parkaufseher fingen für unser Abendessen zwei schöne neunpfündige Kelahkarpfen. Aus dem Fluß tauchte ein wasserglänzender Otter auf, im Maul seine Abendmahlzeit, ebenfalls ein Karpfen. Als es dunkel wurde, hallte die Luft wider von den Schreien der Baumaffen, die Fangen spielten. Dann schwand das Licht völlig, und die Nacht war erfüllt von den Klängen eines tropischen Orchesters, in dem der Streicherchor der Zikaden ständig für die Hintergrundmusik sorgte. Am nächsten Tag marschierten wir zu einem Hochsitz, von dessen 15 Metern Höhe man eine gute Sicht auf eine natürliche Salzlecke hatte. In unseren hohen Tropenstiefeln kamen wir auf den Waldpfaden gut voran. Dichter Baumwuchs wird nur dort zum Problem, wo der oben schwebende Blätterschirm ein Loch hat - wenn zum Beispiel ein Baum gestürzt ist. Hier schießt, zur Sonne strebend, eine Unmasse von Bodenranken, Büschen und Baumschößlingen empor. Durch die Kronen turnten kleine und große Affen, und wir kreuzten die Spur eines stattlichen Tieres. - Im Land kommen über 200 Säugetier- und rund 250 Vogelarten vor.