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Konsolen & Emulatoren, Teil 1 von 3

Diese zweiteilige Serie erschien in der AMIGAplus 03/2001 und 04/2001 und wird durch einen Sonderteil auf dieser Homepage zu einem nunmehr dreiteiligen Konsolen-Special ergänzt.

Teil 1 - Emulation, Atari 2600, ColecoVision, NES, Master System
Teil 2 - Game Boy, Game Gear, Mega Drive, SNES
Teil 3 - Ergänzung: Sega Nomad

von Wolfgang Böhl

Wir schreiben das Jahr 1985. In der Spielwarenabteilung eines großen Kaufhauses drängen sich gut zwei Duzend Menschen um einen kleinen Fernseher, an den das absolute High-End-Produkt der Unterhaltungsindustrie angeschlossen ist: Nintendo Entertainment System! Anhand des Spiels ICE Climber führt der Verkäufer dem staunenden Publikum sichtlich begeistert die grafischen Möglichkeiten der neuen Edelkonsole vor. Dabei wurde gerne übersehen, dass beim Scrollen des Bildschirms alle dargestellten Objekte wild flackerten, was aber dank der fantastisch bunten Grafik kaum ins Gewicht fiel.

Selbst Freunde moderner 3D-Actionspiele können wohl dieser Zeit einen gewissen Charme nicht absprechen. Wenn Sie noch einmal in diese Welt eintauchen möchten, dann begleiten Sie uns doch einfach auf unserer zweiteiligen Zeitreise zurück in die Welt der klassischen Konsolen! Wir zeigen Ihnen rückblickend, welche Systeme die Herzen von Millionen von Spiele-Freaks veroberten, und wie die Konsolen auf heutigen Amigas emuliert werden können.

Die Amiga-Konsole

Schon seit jeher war der Amiga ein kleines Wunder in Sachen Emulation, sei es nun als Ersatz-Macintosh über Shapeshifter oder als Zweitbrotkasten über Frodo - der Amiga macht als Emulationsmaschine meist eine gute Figur, wenn einmal von der Emulation eines Windows-PCs abgesehen wird.

Warum sollte unsere Freundin also nicht in der Lage sein, auch Nintendo & Co. auf unsere Bildschirme zu bringen. Und tatsächlich findet der Nostalgiker im Aminet eine ganze Reihe an Emulatoren, die echten Klassikern, wie beispielsweise dem Atari 2600, neues Leben einhauchen. Selbst wenn die Technik der alten 8- und 16-bit-Konsolen nicht besonders anspruchsvoll wirkt (ein Super Nintendo ist z.B. mit nur 3,6 MHz getaktet), sollte Ihr Amiga in Sachen Prozessor und Grafikleistung möglichst gut ausgestattet sein. Denn schneller als man denkt, zwingt die Emulation einen hochgezüchteten Amiga in die Knie. Deswegen gilt auch hier, wie bei allen anderen Emulatoren, die Regel: Je schneller, desto besser!

Atari 2600

Wir beginnen unsere Reise im Jahr 1977, als Atari den Grundstein für die Konsolenwelt legte. Der Atari VCS, welcher später in Atari 2600 umbenannt wurde, war die erste Konsole, die über ein Cardrige-System und somit über die Möglichkeit austauschbarer Spiele verfügte. Ausgestattet mit einem 1,19 MHz getakteten 8-bit-Prozessor der Marke Motorola 6507 kostete das Gerät bei der Markteinführung satte 249,95 US-Doller. Die Spiele konnten dank einer neuen Fertigungstechnik recht preiswert produziert werden, sodass ein Modul seinerzeit für rund 40 US-Dollar über den Ladentisch wanderte.

Der wichtigste Grund, sich einen Atari VCS, lange Zeit der Inbegriff für Videospiele, unter den Fernseher zu stellen, war jedoch die Tatsache, dass Atari und Activision ihre zahlreichen Highlights aus den Spielhallen für die Konsole portierten. Space Invaders, Pitfall und Decathlon sind nur einige der vielen Titel, welche die Augen andächtiger Atari-Jünger bis heute zum Leuchten bringen.

Um diesen Klassikern am Amiga wieder neues Leben einzuhauchen, benötigen wir einen Emulator. In diesem Fall entscheiden wir uns für den V2600, der in einer Version für PowerPC- und 68k-Rechner im Aminet zu finden ist. Glücklicherweise erfolgt die Konfiguration des Emulators über eine eigene Benutzeroberfläche, und nicht, wie bei einigen anderen Gestaltwandlern, über die Shell. Der Emulator lief im Test einwandfrei und präsentierte uns ohne Komplikationen den Klassiker Pitfall in einem Workbench-Fenster.

ColecoVision

Neben dem Atari2600 erscheint die eher unbekannte Konsole ColecoVision wie ein Exot. Dennoch gibt es zwei gute Gründe, ihr an dieser Stelle Aufmerksamkeit zu schenken. Zum einen ist eine problemlose Emulation der ColecoVision auf einem Amiga mit der Hilfe von DarcNes möglich, und zum anderen setzte sie in Sachen Technik seinerzeit neue Maßstäbe.

Die Konsole war eine Kreation der Firma Coleco Industries, die schon im Jahre 1932 von dem russischen Immigranten Maurice Greenberg als ein Unternehmen für Lederwaren und Schwimmbecken ins Leben gerufen wurde. Mitte der 70er Jahre begann Coleco Industries mit der Produktion von einfachen Videospielen, bis schließlich 1982 der ColecoVision seine Premiere feierte. Die technischen Daten der Konsole waren schlichtweg begeisternd. Wie das erst viel später von SEGA veröffentlichte MasterSystem oder der kurz zuvor erschienene, legendäre ZX80 bzw. ZX81 von Sinclair war der ColecoVision mit einer Z80-CPU ausgestattet. 16 Farben vermochte der Grafikchip gleichzeitig darzustellen, was im Vergleich zum Atari 2600 ein großer Fortschritt war. Auch was die Qualität der Spiele anging, war der ColecoVision gut versorgt. Mit Donkey Kong wurde sogar ein echter Spielhallenklassiker direkt mit dem Grundgerät gebundled, was für reißenden Absatz sorgte.

Der ColecoVison wird mit Hilfe des Emulators DarcNes auf dem Amiga zu neuem Leben erweckt. Bei DarcNes handelt es sich um einen wahren Alleskönner, der auch die Emulation der 8-bit-Konsolen von SEGA und Nintendo beherrscht - doch dazu später mehr. Konfiguriert wird DarcNes über die Shell, was sich schnell als Spielspaß-Killer entpuppt. Viel einfacher gestaltet sich die Konfiguration über Nostalgia. Nostalgia ist nicht nur eine sehr gute Benutzeroberfläche für DarcNes, sondern unterstützt auch eine ganze Reihe weiterer Emulatoren, die wir noch in der nächsten Ausgabe vorstellen werden.

Nintendo Entertainment System (NES)

Das Nintendo Entertainment System ist wohl eine der bekanntesten Videospielkonsolen überhaupt. Schon Anfang der 80er Jahre entschied Nintendo-Chef Yamauchi, dass Nintendo im Markt der Konsolen mit auswechselbaren Spielen ganz oben mitmischen sollte. Unter dieser Prämisse ließ er sein Entwicklungsteam an einem neuen Produkt arbeiten, welches sowohl technisch beeindruckend als auch wirtschaftlich rentabel sein sollte. Heraus kam dabei das FAMICON (eine Wortschöpfung aus Family und Computer), das hier in Europa unter dem Namen NES (Nintendo Entertainment System) bekannt wurde. Markenzeichen und Maskottchen dieser und aller nachfolgenden Nintendo-Konsolen wurde der vollschlanke italienische Klemptner Mario, der 1985 zu seinem ersten großen Abenteuer aufbrach. Das NES war der Grundstein für Nintendos großen Erfolg, und mit einer Lebenszeit von zehn Jahren (1994 wurde die Produktion eingestellt) war das NES bis dato die Konsole mit der längsten Lebensdauer.

Amiga-User haben grundsätzlich zwei Möglichkeiten, NES-Spiele auf ihre Rechner zu bringen. Zum einen bietet sich, wie schon beim ColecoVision, DarcNes an, welcher über PowerPC-Support verfügt. Ebenfalls sehr beliebt ist der 68k-Giftware-Emulator A/NES. Beide Systeme machen einen guten und stabilen Eindruck. Pluspunkte sammelt A/NES beim eigenen GUI, das im Gegensatz zu DarcNes gleich dem Archiv beigefügt wurde. Die Geschwindigkeit der Emulation unter DarcNes ist zwar nicht gerade rasend schnell, aber für einen flüssigen Spielablauf ausreichend. Mit Hilfe der FramesSkip-Funktion lässt sich die Bildschirmausgabe beschleunigen, was insbesondere schwächeren Amigas zugute kommt.

Sega Master System

Auch SEGA, einer der führenden Produzenten von Spielhallen-Automaten, wollte sich ein Stück vom großen Kuchen abschneiden und plazierte im Jahre 1985 das hauseigene Master System als direkte Konkurrenz zum Nintendo Entertainment System auf dem Markt. Angetrieben von einem Z80-Prozessor, der mit unglaublichen 3,6 MHz getaktet war, ließ das Master System die Konkurrenz zumindest aus technischer Sicht reichlich blass aussehen. Die Grafikleistung war mit 32 Farben und 256 gleichzeitig darstellbaren Objekten geradezu sensationell. Dementsprechend machten die Spiele für das Master System auch einen technisch ausgereifteren Eindruck als die Konkurrenz auf der Nintendo-Konsole. Doch trotz der technischen Überlegenheit gelang es SEGA nicht, den großen Rivalen "Big N" vom Thron zu stoßen.

Erstaunlicherweise funktioniert die Emulation der technisch nicht ganz trivialen Konsole besser als die des NES. Hier leistet der Alleskönner DarcNes ganze Arbeit. Nahezu alle von uns getesteten Module wurden von der Emulation anstandslos verarbeitet. Auch in Sachen Geschwindigkeit und Stabilität schneidet die Emulation des Master System durch DarcNes hervorragend ab und garantiert, nicht zuletzt dank der Joypad-Unterstützung, echtes Konsolenfeeling.

Mit dem Master System beenden wir auch unsere erste Geschichtsstunde in Sachen Videospiele. Emulatoren und nützliches Begleitmaterial finden sie entweder im Aminet oder in einer Zusammenstellung auf unserer Leser-CD. Bis zum nächsten Mal, und bis dahin viel Spaß mit Space Invaders und Co.! (wb)

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