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 Game-Test Timekeepers

 "Besser  gut abgekupfert  als schlecht erfunden" - diese alte Programmier-
 weisheit mußten  sich auch die Künstler von Vulcan Software gedacht haben,
 denn  die treuherzig  dreinblickenden Tierchen auf der Packung ihrer Echt-
 zeit-Knobelei erinnern frappant an "Lemmings" und Konsorten...

 
 Beim Tanz unter dem Vulcan mutierte soeben Bullfrogs "Theme Park" zum  "Hill-
 sea Lido", und aus dem Psygnosis-Klassiker bzw. seinen Ahnen wie den "Humans"
 oder "Worms"  derivierte  Firmenboß  und  Chefprogrammierer Paul Carrington -
 bekannt durch  Valhalla  oder  Orpheus - jetzt eben eine weitere actionreiche
 Denksportaufgabe mit  indirekter  Steuerung:  Die  Titelhelden müssen in vier
 aufeinanderfolgenden Epochen  (Steinzeit, Mittelalter, Vietnamkrieg und Raum-
 fahrtzeitalter) jene  Atombomben entschärfen, die ein durchgeknallter Kriegs-
 treiber dort  immer  im letzten der jeweils 15 Level versteckt hat. Wie nicht
 anders zu erwarten, laufen die kleinen Wichte  ohne  anderslautende   Befehle
 erstmal stur drauflos, bis sie auf ein Hindernis stoßen - dann geht's schnur-
 stracks in der Gegenrichtung wieder zurück.


 Die  einzelnen  Welten  umfassen  zwei bis fünf vertikal scrollende Bild-
 schirme,  die  aus  der  Vogelperspektive gezeigt werden. Man beginnt das
 Spiel mit 14 einfarbigen, aber unheimlich süß animierten Zeitwächtern und
 lotst diese möglichst unbeschadet zu einem der meist mehrfach vorhandenen
 Ausgänge. Die Steuerung erfolgt mit Hilfe der Maus und der Iconleiste  am
 unteren Bildrand, auf der sich acht Symbole (vier Richtungspfeile, Benut-
 zen, Warten, Springen, Kämpfen) anklicken lassen.


 Das ausgewählte Kommando legt man dann einem der Jungs buchstäblich vor  die
 Füße, der  es  durch  Darüberlaufen aktiviert und pflichtschuldigst den ent-
 sprechenden Befehl ausführt. Auf diese Weise schreibt man den Burschen genau
 vor, wie er die anstehenden Aufgaben erledigen soll, um der restlichen Bande
 den Weg  zu  ebnen:  Zum  Reparieren von Brücken und Verschweindenlassen von
 störenden Wänden  müssen  in der Regel etliche Schalter betätigt werden; ein
 scheinbar zufällig herumstehendes Signalhorn ist dagegen zum Herbeirufen von
 Flugechsen oder Hubschraubern gedacht, damit die stummelbeinigen Helden  an-
 sonsten unüberwindliche Hügelketten überqueren können.


 Die höchst vertrackt aufgebauten Levels machen eine vorausschauende Planung
 zur  Überlebensnotwendigkeit,  denn  diese Irrgärten strotzen nicht nur vor
 Baumstümpfen, Mauern, Bergen, Sackgassen u. ähnlichen Hindernissen, sondern
 auch vor Gefahren aller Art. Je nach Zeitzone sind z.B. Lavaseen, Tretminen
 oder  Falltüren  im  Angebot,  über  die man sich nur mit einem waghalsigen
 Sprung hinwegretten kann.

 Außerdem lauern an allen Ecken und Enden (unbewegliche) Trolls, Roboter und
 Söldner, denen man besser nicht zu nahe kommt. Allerdings lassen sich diese
 Feinde  fast ausnahmslos  mit recht originellen Mitteln unschädlich machen,
 indem man  ein  Kämpfen-Icon  direkt vor ihnen plaziert. Mit dieser Methode
 kann  man  etwa einen  Neandertaler  durch  einen  automatisch  ablaufenden
 "Brüll-Wettbewerb" einsargen!


 Da man  im letzten Abschnitt jeder Zeitzone mindestens genauso viele Männchen
 benötigt, wie dort Bomben versteckt sind, kann die Zahl der noch verbliebenen
 Trippelbrüder  manchmal  (zu) knapp werden. Das ist aber kein Beinbruch, weil
 sich der aktuelle Level beliebig oft neu starten läßt, zudem kann man sich in
 jeden bereits bewältigten Abschnitt zurückbeamen lassen.

 Wer dagegen  am Zeitende noch ein paar Wächter übrig hat, bekommt diese quasi
 als stille  Reserve  für die nächste Welt gutgeschrieben. Wie anno "Lemmings"
 oder  "Humans"  birgt  gerade dieses  Feature ein erhebliches Suchtpotential,
 denn dadurch entwickelt man beinahe zwangsläufig den Ehrgeiz, möglichst viele
 Timekeeper durch  sämtliche  Abschnitte zu lotsen - was den an sich moderaten
 Schwierigkeitsgrad plötzlich in ungeahnte Höhen schraubt.


 Seinen spielerischen Nährwert bezieht das Game ganz klar aus dem schamlos ab-
 gekupferten, aber eben immer noch genialen Grundprinzip von "Lemmings".

 Das ist  schon  mal  die halbe Miete, um nicht zu sagen die ganze, denn recht
 viel mehr  sollte man sich von der Präsentation nicht erwarten: Die grobklot-
 zige, in  langweiligen  Braun- und Grüntönen gehaltene Optik gleicht dem mis-
 ratenen Vulcan-Abenteuer "Valhalla:Before the War" wie ein Häufchen Elend dem
 anderen. Die  originelle Animation der kleinen Wuselmännchen macht das jedoch
 zum Teil  wieder  wett  -  erhalten sie von ihrem menschlichen Gebieter einen
 unausführbaren Befehl,  schauen  sie  ihn treuherzig an, und die hinreisenden
 Saltos der  Brüder  sind  ebenfalls  die reinste Augenweide. Als zusätzliches
 Trostpflaster gibt es ulkige Sound-FX und ein bißchen engliche Sprachausgabe,
 während auf  Begleitmusik  weitgehend  verzichtet  wurde.  An  die  indirekte
 Steuerung muß  man  sich zwar erst gewöhnen, aber danach funktioniert die Be-
 dienung reibungslos.  Das  Programm läuft ebenso reibungslos auf allen Amigas
 mit mindestens  1  MB  Arbeitsspeicher,  und  der Nachschub ist auch schon in
 Sichtweite: Außer der komplett deutschen Version ist zusätzlich eine Mission-
 Disk mit weiteren Denksportaufgaben der zeitkritischen Sorte angekündigt.


                                Fazit:

 Originalität, Innovationen und eine sehenswerte Präsentation wird man  bei
 Timekeepers  nicht  finden. Aber eben doch eine spannende Action-Knobelei,
 die ihren offensichtlichen Vorbildern schon wegen des ausgekügelten Level-
 designs kaum nachsteht!

                                                       
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