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Gewerbesteuer-Richtlinien - Paragraph 22


§ 22 Erlöschen der Steuerpflicht

(1) Die Gewerbesteuerpflicht erlischt bei Einzelgewerbetreibenden und bei Personengesellschaften mit der tatsächlichen Einstellung des Betriebs. Bei gewerblich geprägten Personengesellschaften (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) erlischt die Gewerbesteuerpflicht mit dem Aufhören jeglicher mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommenen Tätigkeit. Die Einstellung liegt nicht erst dann vor, wenn der Betrieb für alle Zeiten, sondern schon dann, wenn er für eine gewisse Dauer aufgegeben wird. Die Einstellung darf aber nicht von vornherein nur als vorübergehend gedacht sein. Es ist dabei zu beachten, daß bei den sogenannten Saisonbetrieben, insbesondere beim Bauhandwerk, den Bauindustrien, den Kurortbetrieben aller Art oder den Zuckerfabriken, die Einstellung des Betriebs während der toten Zeit nicht eine Einstellung in dem eben behandelten Sinn, sondern nur eine vorübergehende Unterbrechung (Ruhen) des Gewerbebetriebs bedeutet, durch die die Gewerbesteuerpflicht nicht berührt wird. Vgl. § 2 Abs. 4 GewStG. Die tatsächliche Einstellung des Betriebs ist anzunehmen mit der völligen Aufgabe jeder werbenden Tätigkeit. Die Versilberung der vorhandenen Betriebsgegenstände und die Einziehung einzelner rückständiger Forderungen aus der Zeit vor der Betriebseinstellung können nicht als Fortsetzung einer aufgegebenen Betriebstätigkeit angesehen werden. Vgl. die RFH-Urteile vom 29.6.1938 (RStBl S. 910), vom 24.8.1938 (RStBl S. 911) und vom 14.9.1938 (RStBl 1939 S. 5). Die Aufgabe eines Handelsbetriebs liegt erst in der tatsächlichen Einstellung jedes Verkaufs. Ein in Form eines Ladengeschäfts ausgeübter Gewerbebetrieb wird nicht bereits dann eingestellt, wenn kein Zukauf mehr erfolgt, sondern erst dann, wenn das vorhandene Warenlager "im Ladengeschäft" veräußert ist. Vgl. das BFH-Urteil vom 26.9.1961 (BStBl III S. 517). Mit der Verpachtung eines Gewerbebetriebs im ganzen erlischt regelmäßig die Gewerbesteuerpflicht des Verpächters (vgl. Abschnitt 15 Abs. 2). Das gilt jedoch in der Regel nicht bei einer Betriebsaufspaltung (vgl. Abschnitt 137 Abs. 5 EStR).

(2) Die Frage der Beendigung der Gewerbesteuerpflicht (Absatz 1) darf nicht allein nach äußeren Merkmalen beurteilt werden. Die Einstellung der Werbetätigkeit oder andere nach außen in Erscheinung tretende Umstände (z.B. Entlassung der Betriebszugehörigen, Einstellung des Einkaufs) bedeuten nicht immer die tatsächliche Einstellung des Betriebs. Es müssen auch die inneren Vorgänge berücksichtigt werden. Auch wenn ein Unternehmen wesentlichen Einschränkungen unterliegt oder bei einer nur äußerlichen Betrachtung als eingestellt erscheint, kann doch gewerbesteuerlich eine Betriebseinstellung nicht anerkannt werden, wenn sich das Unternehmen in der erkennbaren Absicht, nachhaltige Erträge zu erzielen, weiter betätigt. Vgl. die RFH-Urteile vom 19.3.1941 (RStBl S. 386), vom 14.5.1941 (RStBl S. 698) und vom 19.5.1943 (RStBl S. 605). Zur Unterscheidung zwischen der Vorbereitung einer künftigen Betriebsaufgabe und dem Beginn dieser Betriebsaufgabe vgl. das BFH-Urteil vom 5.7.1984 (BStBl II S. 711).

(3) Bei den Kapitalgesellschaften und den anderen Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 2 GewStG erlischt die Gewerbesteuerpflicht - anders als bei Einzelkaufleuten und Personengesellschaften - nicht schon mit dem Aufhören der gewerblichen Betätigung, sondern mit dem Aufhören jeglicher Tätigkeit überhaupt. Das ist grundsätzlich der Zeitpunkt, in dem das Vermögen an die Gesellschafter verteilt worden ist.

(4) Bei den sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts und den nichtrechtsfähigen Vereinen (§ 2 Abs. 3 GewStG) erlischt die Steuerpflicht mit der tatsächlichen Einstellung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Besteht der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in jährlich wiederkehrenden Tätigkeiten (Veranstaltungen) von jeweils kurzer Dauer, z.B. Bier-, Wein-, Schützenfeste usw., dann ist bei erkennbarer Wiederholungsabsicht von einem fortbestehenden Gewerbebetrieb auszugehen, bei dem nicht jeweils die Steuerpflicht nach Abwicklung der Veranstaltung erlischt und im Folgejahr neu eintritt.

(5) Die Aufgabe des Betriebs bei Einzelgewerbetreibenden, die Auflösung und die Abwicklung bei Personengesellschaften und Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 2 GewStG und die Eröffnung des Konkursverfahrens bei Unternehmen aller Art ändern nach § 4 GewStDV an der Gewerbesteuerpflicht nichts. Das Erlöschen der Gewerbesteuerpflicht beurteilt sich auch in diesen Fällen ausschließlich nach den Grundsätzen, die in den Absätzen 1 bis 4 behandelt sind. Vgl. das RFH-Urteil vom 20.11.1940 (RStBl 1941 S. 225). Die Beendigung der Abwicklung und damit das Aufhören der Gewerbesteuerpflicht eines aufgelösten Unternehmens im Sinne des Absatzes 3 fallen demgemäß regelmäßig mit dem Zeitpunkt zusammen, in dem das Vermögen an die Gesellschafter verteilt wird. Werden jedoch bei dieser Verteilung Vermögensbeträge zur Begleichung von Schulden zurückbehalten, so bleibt das Unternehmen gewerbesteuerpflichtig, bis die Schulden beglichen sind. Das gilt nicht, wenn es sich bei den Schulden um Steuern handelt, die erst nach der Beendigung der Abwicklung festgesetzt werden können. Vgl. das RFH-Urteil vom 12.12.1939 (RStBl 1940 S. 435). Entsprechend ist der Abwicklungszeitraum einer in Konkurs befindlichen Kapitalgesellschaft als abgeschlossen anzusehen, wenn die förmliche Beendigung des Konkursverfahrens nur dadurch gehindert wird, daß die Höhe der Steuern, die erst nach dem Ablauf des Abwicklungszeitraums festgesetzt werden können, noch nicht bekannt ist. Vgl. das RFH-Urteil vom 5.3.1940 (RStBl S. 476).

(6) Die Gewerbesteuerpflicht erlischt nicht nur mit dem Aufhören des Gewerbebetriebs (Absätze 1 bis 4), sondern auch mit dem Eintritt eines Befreiungsgrundes. Vgl. das RFH-Urteil vom 23.2.1943 (RStBl S. 801).

(7) Wegen des Erlöschens der Steuerpflicht beim Unternehmerwechsel vgl. Abschnitt 22a.


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