Anmerkung: Das Interview wurde von Stefan Martens ursprünglich für sein AMIGA User Magazin geführt. Dieses wurde aber nun leider eingestellt, womit Stefan nun auch in der AP mitwirkt, und uns Anfangs auch gleich dieses Interview zur Verfügung gestellt hat :) AUM:Hallo Siegfried Soft Ihr seit ja durch Anti Virus Professional und Copy bekannt geworden. Wann fing das denn an, wann habt ihr eure Firma gegründet, und war der erste Computer ein Amiga ?? Siegfried Soft:Gegründet wurde die Firma im Frühjahr 1992. Angefangen hat alles viel früher, nämlich über die sog. "Programmierer Group" (= PG). Die PG war eine Gruppe von Computerfreunden die sich über die damalige Mailboxszene kennengelernt haben. Ziel der Gruppe war es zusammen etwas am Computer zu unternehmen und viel Spass zu haben. Vertreten waren alle damaligen Computerplattformen (C64, Atari, Apple, Amiga,...). Es wurden kleinere Projekte durchgeführt (Zusammenstellen von PD-Disketten, Introprogrammierung, usw.). Ende 1988 kam dann die Idee ein Antivirusprogramm zu schreiben, da die damaligen verfügbaren Antivirenprogramme einige Features missen liesen. Über ein Jahr lang wurde dann über Funktionsumfang und vor allem über die Benutzeroberfläche diskutiert und experimentiert. Nachdem der grobe Rahmen abgesteckt war wurden die ersten Kernroutinen zur Virenerkennung und -analyse entwickelt (diese sind übrigens auch heute noch in Siegfried Antivirus Professional vorhanden). Nach und nach verloren aber die meisten der Gruppe das Interesse an dem Projekt, da es langsam aber sicher in Arbeit ausartete. Irgendwann im Sommer 1990 haben wurde das Projekt aus der PG ausgegliedert und es wurde privat weitergeführt. Die PG existiert übrigens heute noch, allerdings unter anderen Namen: Computer Club Kassel. Viel Spass haben wir immer noch im Club. Ende 1991 war das Projekt zu gut 80% abgeschlossen und es wurde versucht das Programm einer Firma oder einem Verlag zur Vermarktung anzubieten. Eine ganze Reihe von Firmen haben sich dafür interessiert. Allerdings waren die Vorstellungen der Firmen über die Gewinnbeteiligung erschreckend niedrig, so dass nie ein Vertrag zustande kam. Anfang 1992 erschien dann unerwartet in der AMIGA SPECIAL ein Testbericht über Siegfried Antivirus. Wir hatten dem Verlag eine Version zur Ansicht übersendet, allerdings nur mit der Absicht zu Gesprächen über einen möglichen Vertrieb. Der Test kam völlig überraschend und die Resonanz war riesig. Darauf hin haben wir beschlossen das Programm selbst zu vermarkten und eine eigene Firma zu gründen! Innerhalb von 6 Wochen haben wir dann das Programm fertiggestellt, das Handbuch aufgelegt und nebenher noch den rechtlichen Rahmen der Firma festgelegt. AUM:Wieviele Mitarbeiter habt ihr im Moment und damals gehabt ? Siegfried Soft:Angefangen haben wir mit drei Leuten 1992, heute sind wir inkl. freier Mitarbeiter bei sechs Leuten. AUM:Verkauft ihr eure Produkte gut ? Oder seit ihr mit dem Amiga Markt (noch) zufrieden ? Siegfried Soft:Die heutige Verkaufssituation ist nicht mit der von vor 5 Jahren zu vergleichen. Der AMIGA-Markt ist reichlich geschrumpft und die AMIGA- Anwender sind zurückhaltender mit dem kaufen geworden. Alles im allem ist die aktuelle Situation unbefriedigend. Dies hört man leider von allen AMIGA-Händlern. AUM:Was haltet ihr von dem Amiga allgemein heute ? Siegfried Soft:Der AMIGA ist nach wie vor ein guter Rechner. Er verfügt über ein schlankes und schnelles Betriebssystem das Multitasking vom feinsten beherrscht. Ausserdem ist er voll Plug-and-Play fähig, wovon man bei anderen Rechnerplattformen immer noch träumt. Zum normalen Arbeiten ist der Rechner auch nach heutigen technischen Stand bestens geeignet. Einzig bei Spielen ist er nicht mehr hardwaremässig auf den Stand der Dinge. AUM:Ich sah, das ihr anfangt auch für BeOS und Playstation zu programmieren. Was macht ihr da genau, und warum ? Siegfried Soft:Für die Playstation programmieren wir nicht. Hier war nur ein Verkauf von Spielen geplant. Für das neue Multimedia Betriebssystem "BeOS" sind wir allerdings am Entwickeln. Hier wird im Laufe des Jahres ein leistungsfähiges Backupprogramm fertiggestellt. Die Ausbreitung unserer Aktivitäten auf ein weiteres Betriebssystem dient uns als wirtschaftliche Absicherung. Wir sind zwar alle begeisterte AMIGA-Anhänger aber natürlich auch Geschäftsleute! Wir wollen gute Software entwickeln, wollen aber damit auch Geld verdienen! Das war von Anfang an unsere Intension. Leider ist es bei der aktuellen AMIGA Situation mit dem Verdienen nicht so weit her, so dass wir uns nach anderen Betätigungsfeldern umsehen müssen. AUM:Ihr habt, wenn ich recht weiss, 4 Produkte für den Amiga auf dem Markt, stimmt es, oder ist mir eines untergegangen ? Werden es in Zukunft noch mehr? Siegfried Soft:Das ist korrekt. Es sind die Produkte Siegfried Antivirus Professional, Siegfried Copy, Siegfried ALPHA und Siegfried Translate. Neue Produkte für den AMIGA sind derzeit nicht in Entwicklung. Wir haben die Neuentwicklung einstellen müssen, da aufgrund der unklaren AMIGA- Situation und der mangelhaften Planungs- und Informationspolitik von Seitens AMIGA Inc. keine langfristige Planung möglich ist! Eine komplette Produktneuentwicklung nimmt mindestens ein Jahr in Anspruch. Leider kann heute niemand sagen wo der AMIGA in einem Jahr stehen wird! Eine Neuentwicklung werden wir erst wieder ins Auge fassen, wenn AMIGA Inc. greifbare Ergebnisse zu bieten hat und damit meinen wir nicht die x- te Ankündigung zu irgendwelchen Plänen und Allianzen, sondern reale Produkte die wir in den Regalen von Händlern und Kaufhäusern sehen. Alles andere wäre für uns ein nicht zu kalkulierendes finanzielles Risiko. Ein neuer Präsident macht noch keinen Sommer, auch nicht bei AMIGA Inc! AUM:Was macht ihr noch an den jetzigen Produkten, es hat sich schon lange nichts mehr getan ? Siegfried Soft:Auch hier wurden die Weiterentwicklungen eingestellt. Verkauf, Produkt- und Kundenpflege laufen aber weiter. Auch die Virenaktualisierung wird weitergefuehrt. Siegfried Copy und Siegfried Antivirus Professional haben einen Stand erreicht wo es mit einfachen Erweiterungen nicht mehr getan ist. Hier wäre eine Runderneuerung angesagt wie z.B. Lauffähigkeit auf Workbench- und Public-Screens. D.h. also Änderungen die richtig in die Tiefe gehen würden und sehr aufwendig sind. Auch hier bremst uns die allgemein unklare AMIGA-Situation aus. AUM:Was wäre in eurer Meinung das richtige für den AMIGA in der Zukunft ? PPC ? Siegfried Soft:PowerPC wäre nach unserer Meinung das richtige. Allerdings nicht nach dem bisherigen Konzept das der PPC nur als Co-Prozessor genutzt. AMIGA-OS sollte direkt auf PPC laufen. Eine gründliche Überarbeitung hätten auch die grafischen Möglichkeiten des AMIGAs nötigt. Als Bussystem wurden wir PCI begrüssen. Diese Eckwerte befürworten auch die meisten AMIGA-Nutzer. AMIGA Inc. ist dies auch bekannt, handelt aber nicht danach.... AUM:Wenn ich eure Antwort wegen PPC richtig verstanden habe, seit ihr mit der G3 Karten Entwicklung im Amiga Bereich ziemlich Gluecklich....oder ? Siegfried Soft:PPC ist in unseren Augen die richtige Richtung. Eine Komplettloesung sollte aber von AMIGA Inc. anderst aussehen als die jetzigen Loesungen. Derzeit wird der PPC nur als Coprozessor oder zur Emulation des alten 680x0 Prozessors benutzt. Wir wuerden uns wuenschen das AmigaOS native, also direkt, auf PPC laeuft. D.h. aber, dass das jetzige OS komplett umgeschrieben werden muss. Keine leichte Aufgabe fuer AMIGA Inc. AUM:Wuerdet ihr denn fuer PPC weitermachen ? Immerhin ist Warb Up (OS) ja auch kompatibel zu den G3 Karten. Siegfried Soft:Wir halten die derzeitigen PPC Loesungen nur fuer Zwischenschritte, weil es an klaren Weiterentwicklungen und Vorgaben von Seitens AMIGA Inc. fehlt! Siehe dazu auch obige Antwort zu den PPC-Karten. AUM:Wie finden SIE die Reaktion von Amiga inc. zu den NEXT GENERATION AMIGA ? Finden SIE auch gut, das QNX OS 4.0 und 5.0 macht ? Siegfried Soft:Die Reaktionen und Planungen von AMIGA Inc. sind in unseren Augen ein Trauerspiel. Seit zwei Jahren wird an einer Planung gearbeitet die alle halbe Jahr durch eine neue ersetzt wird. Das sind nicht die Impulse die der AMIGA-Markt benötigt! Es wird endlich Zeit das AMIGA Inc. mit greifbaren (d.h. kaufbaren) Produkten kommt. AUM:Wie wichtig ist fuer euch eine neue Amiga Generation ? Siegfried SoftWir halten eine neue AMIGA Generation fuer sehr wichtig! Die letzten Hardwareneuentwicklungen sind ueber 5 Jahre alt! Fuer Spiele oder rechenintensive Anwendungen ist der AMIGA leider nicht mehr auf dem Stand der Dinge. Fuer normale Anwendungen (wie z.B. Textverarbeitung) stellt dies noch kein Problem dar, arbeiten ist problemlos moeglich. Das Problem ist eher darin zu suchen das der AMIGA-Markt derzeit nach wie vor am schrumpfen ist. Versuchen Sie mal einem Neukunden zu erklaeren warum er sich Hardware zulegen soll die mehr als 5 Jahre alt ist, wenn er ueberall PC-Hardware mit wesentlich mehr technischer Leistung (und mehr verfuebgarer Software) fuer ein wenig mehr Geld bekommt. Mit neuen Rechnern und gutem Marketing sollte es moeglich sein den Abwaertstrend zu stoppen. Nur ein wachsender AMIGA-Markt wird dazu fuehren das sich auch wieder andere Soft- und Hardwarefirmen den AMIGA widmen. AUM:Wenn Amiga inc. die jetzigen Versprechen einhaelt, waere das ein Anlass fuer euch beim Amiga weiterzumachen? Siegfried SoftTja, was waere wenn? Versprechungen wurden schon viele und oft gemacht. Wir werden solange mit Weiter- bzw. Neuentwicklungen warten bis AMIGA Inc. mit konkreten neuen Produkten auf den Markt kommt. Wir haben einfach zu oft Versprechnungen gehoert und nie konkrete Loesungen gesehen! Neuentwicklungen sollten aber ein bischen mehr umfassen als das angekuendigte OS 3.5! Kein RTG und ATG in OS 3.5 geplant! OS 3.5 dient in unseren Augen AMIGA Inc. dazu zu zeigen, dass man in der Lage ist reale Produkte zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Ein genaueres Hinsehen zeigt aber das OS 3.5 nur minimale Verbesserungen bringt. Es ist in unseren Auge nur der Abschluss der OS-Entwicklung fuer den sog. 'Classic-AMIGA' und soll den Kunden etwas zur Beruhigung in die Hand zu geben. AUM:Werdet ihr auch mal fuer Linux entwickeln ? Immerhin scheint der Pinguin langsam sehr beliebt zuwerden. Und ausserdem wuerdet ihr auf einen kleinen Umweg wieder fuer den Amiga entwickeln :)) Siegfried Soft:In Richtung Linux bestehen derzeit keine Planungen, wir sind mit der Neuentwicklung unter BeOS genug ausgelastet. Wir glauben nicht das Linux einen grossen Einfluss auf die AMIGA-Gemeinde haben wird. Allerdings beobachten wir die Entwicklung auf dem Linux-Markt mit Interesse. AUM:Erzählen SIE noch was über sich und Siegfried Soft. Siegfried Soft:Tja was soll ich da erzählen.... Entwickelt habe ich Siegfried Antivirus und die Siegfried.Library. Angefangen habe ich die Computerei mit selbstgebauten Einplatinencomputern. Während meines Informatik-Studiums habe ich dann zum ersten mal vom AMIGA gehört und gelesen. Die Maschine hat mich sehr fasziniert. Allerding lag der damalige Preis eines AMIGA 1000 weit ausserhalb dem was sich ein Student leisten konnte. Mein ersten AMIGA war dann ein A2000, den ich heute übrigens immer noch als Testrechner zur Verfügung habe! Innerhalb der Firma kümmere ich mich um die Produktplannungen und - Ausführung, sowie um den Kundensupport. AUM:Ich danke für die Antworten. Siegfried Soft:see you laterHelmut Hauff |