von Markus Müller

"Jenseits der Stille" von Caroline Link

Ein deutscher Film und keine Komödie,
dazu noch ohne Katja Riemann oder Til
Schweiger! Kann das gutgehen?

Es kann, wie Caroline Link mit ihrem Debüt-film beweist. Erzählt wird die Geschichte der jungen Lara - Tochter taubstummer Eltern - die von frühester Kindheit an deren Ver-bindung zur Außenwelt darstellt. Als sie von ihrer lebenslustigen Tante Clarissa eine Klarinette geschenkt bekommt und so in die
Wunderwelt der Musik eingeführt wird, beginnt ein langsamer Abschied vom
Elternhaus und ihrer Kindheit.

Schon der Beginn des Films mag als Vorausdeutung der kompletten Handlung
gelten: Die Kamera fährt durch irgendetwas Trübes, in dem man nach und nach einzelne Pflanzenteile ausmachen kann, es wird heller und man merkt, daß man sich unter der Eisdecke eines zugefrorenen kleinen Sees befindet. Alles ist still. Dann ein Schnitt und man sieht auf der Eisdecke Clarissa und die kleine Lara beim Eislaufen, laut, mit allen Geräuschen.

 

Von der Stille, in der Laras Eltern leben, wird umgeschwenkt in die laute Welt, unsere Welt der Geräusche, die auch Laras Welt ist. Ihre Mittlerrolle bietet auch Raum für durchaus komische Begebenheiten, so zum Beispiel ein Gespräch zwischen Laras Eltern und ihrer besorgten Lehrerin, welche mehr Fleiß beim
Lesen anmahnt und sich besorgt darüber zeigt, daß das kleine Mädchen den Unterricht oft zu früh verläßt. Die Eltern messen dem keine große Bedeutung bei. Und die Übersetzerin Lara erzählt beiden Parteien jeweils, was sie hören wollen.

Gekonnt bewegt sich der Film auf einem schmalen Grat zwischen Kitsch auf der
einen und Komödie auf der anderen Seite, ohne dahin abzurutschen. Der
Abnabelungsprozeß von Lara wird nicht gefühlsdusselig-pathetisch erzählt, und
auch die Behinderung ihrer Eltern dient nicht nur als Späßchengeber, als die beispielsweise die Amish People in der 08/15-Groteske "Kingpin" (Regie: Peter und Bobby Farrelly) herhalten mußten. Unterstützt wird das von einer mehr als souverän agierenden Besetzung, die ihre Figuren mit wirklichem Leben erfüllen.
Die Darsteller der Eltern (Emmanuelle Laborit und Howie Seago) sind übrigens auch im wirklichen Leben taubstumm.