Java - Plattform oder Programmiersprache?
Was also ist Java? Wenn man von Oak als Java-Vorläufer ausgeht, steht zunächst die Definition "schlanke, objektorientierte, an C/C++ angelehnte Programmiersprache, mit besonderen Betonung der "Plattformunabhängigkeit" im Raum. Dieses Bild wandelt sich schnell, wenn man Sun's Java-Site besucht. Dort nimmt der Begriff "Java-Plattform" breiten Raum ein. Der überraschte Besucher mag sich hier fragen "Ja was denn nun, Plattform oder Plattformunabhängigkeit?". Hinter diesem nur scheinbar vorhandenen Paradoxon steht die nun wirklich nicht neue Idee (oder sagen wir besser der Wunsch), daß Software eben nicht nur auf Windows- oder Macintosh-Rechnern laufen
sollte, sondern quasi überall. Daß es schwierig ist, dieses Ziel zu erreichen, erscheint logisch. Zu unterschiedlich sind die durch gängige Betriebssysteme verfolgten Konzepte, zu uneinheitlich die
APIs (application programming interface) - wir erinnern uns daran, daß diese Tatsache letztlich zur Gründung des "Green Project" bei Sun führte. Daß einzig StarDivision für einen größeren Kreis ein Office-Paket für mehr als 2 Plattformen anbieten kann, belegt dieses grundsätzliche Dilemma umso eindrucksvoller. Sun geht bei Java dann auch einen anderen Weg, den wir uns später noch im Detail ansehen werden. Das Killer-Argument für Java ist Sun zufolge, daß in Java programmierte Anwendungen überall ablaufen können, egal ob Windows-PC, Unix-Workstation, PDA (personal digital assistant), Handys, smart cards (dann natürlich Java card genannt) oder Internet-Fernseher - wenn, ja wenn für das entsprechende Gerät Java portiert wurde. Gerade in Verbindung mit moderner Netzwerk-Technologie sehen die Java-Macher für ihr Produkt eine rosige Zukunft.
So würde man sich Software nicht mehr auf dem heimischen Rechner installieren, sondern bei Bedarf über das Netz (ob es sich dabei um ein Intra- oder das weltumspannende Internet handelt, ist letztlich egal) ziehen - der von einigen Firmen herbeigeträumte NC (network computer) würde durch die Hintertür also doch noch Wirklichkeit.
Gerade die in den Vereinigten Staaten häufig bemühte total cost of ownership (TCO - letztlich nur die Frage, welche Folgekosten die Installation eines bestimmten Systems nach sich zieht) spräche für den Einsatz dieser Technologie, weil sich die Administrationskosten deutlich senken ließen - im Endstadium, wenn die benötigte Software komplett über das Netz bezogen wird, gäbe es faktisch kaum noch etwas zu administrieren. Daß es genug gewichtige Gründe dagegen gibt, soll nur am Rande erwähnt werden. Letztlich bleibt die Feststellung, daß viele Konzepte erst angedacht, fern
einer wirklichen Realisierung sind - das beginnt mit den nicht verfügbaren NCs und hört bei den viel zu hohen Kosten für den Durchschnittsanwender noch lange nicht auf. Übrig bleibt die für viele
sicher erfreuliche Aussicht, sich aus der Umklammerung des übermächtigen Bill Gates befreien zu können - wenn sich die Geschichte positiv für Java entwickelt. Aus heutiger Sicht steht aber doch der Aspekt der Programmiersprache eindeutig im Vordergrund.
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