Gelegentlich kommt es vor, daß gute Bekannte aus alten Zeiten mich fragen, was ich denn an "Rockmusik" empfehlen kann. Dabei findet man immer wieder Leute, die zuletzt Mitte der siebziger
bis spätestens Beginn der Achtziger die aktuellen Entwicklungen der Populärmusik, zum großen Teil jenseits der Charts, verfolgt haben, um danach für immer den Helden vergangener Tage nachzuweinen. Für die gibt es einfach "nichts gutes Neues mehr" und ihr CD-Konsum beschränkt sich dann auf "´ne neue Yes-Platte hab´ich mir mal gekauft" oder "hast Du eigentlich noch die ersten zwei Stranglers-Platten"?

Was der eine oder andere noch kennt, ist eine Band, die bereits in den frühen Achtzigern, immerhin die Blütezeit der Punk und New Wave-Bands, gute und damals zeitgemäße "Rockmusik" anbot, die zu einem musikalisch erstklassige Songs ablieferte, spieltechnisch überzeugend war und in kurzer Zeit Kultstatus sowohl bei Späthippies, als auch Punks und Wavern inne hatte:
New Model Army. Ja, die gibt´s immer noch. Im vorigen Jahr mit einem furiosen Auftritt beim
Bizarre-Festival, nachdem man einige Jahre nichts mehr Neues von Ihnen gehört hatte, erschien in diesen Tagen (rechtzeitig zu einer neuen Tournee) ein neues Album: "Strange brotherhood".
Was bringt eine Band noch zustande, die es über gut und gerne 15 Jahre (mit Unterbrechnungen) gibt und deren vermeintlich beste Songs bereits geschrieben wurden? - Kurz gesagt - ein sehr solides Album, ja. "Wir sind ohne große Vorgaben ins Studio gegangen, haben etliche Songs
aufgenommen und uns alles zum guten Schluß angehört. - Das Fazit: Ein typisches Army-Album eben, wir wissen selbst nicht, wie´s dazu immer kommt". So in etwa der Kommentar der Band zur neuen CD - überraschend vor allem wenn man weiß, daß sämtliche Bandmitglieder privat völlig andere und höchst unterschiedliche Musik hören (angeblich läuft bei Sänger Justin Sullivan seit
Jahren nur HipHop).

Zu den Songs der neuen CD.
Den Reigen eröffnet "Wonderful way to go" ein typischer Opener mit viel (Keyboard)-Pathos in den ersten Sekunden des Tracks. Entwickelt sich dann zum typischen Up-Tempo-Titel, der die Armies bekannt gemacht hat. Glasklar, Sullivan´s druckvolle Stimme, ebenso druckvoll und exakt die Arbeit der Rhythmen-Section mit Baß und Drums, dazu eben der bekannte Gitarrenklang mit Flangereffekt und die spärlich, unterstützend eingesetzten Keyboards - mal als Strings, mal als Hammondorgel.
Ich werde bei der Bewertung von "Strange brotherhood" (insgesamt mehr als 57 Minuten lang) mal von der bewährten "Track für Track"-Beurteilung abgehen und folgendes verkünden: Wer die Army kennt, sollte ohne Zögern zugreifen, wer die Band (und deren Musik) nicht kennt, sollte eher zu einer älteren CD greifen und wer sie noch nie mochte, für den ändert sich nichts.
Echte Army-Rockmusik eben - so gut wie eh und je! Some things never chance!

New Model Army - Strange Brotherhood - 1 / 1

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